Zwei Schwellenriesen auf dem Vormarsch

Indien und Indonesien haben für Anleger einiges zu bieten.

Christian Sec. Indien und Indonesien gelten unter den Top-20-Wirtschaftsnationen laut dem Internationalen Währungsfonds (IWF) als die am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt bis 2028. Indiens Wachstum wird laut IWF in den kommenden fünf Jahren 6,3 % betragen, Indonesiens Wachstum rund 5 %.

Diese Ausgangslage macht die beiden Emerging-Markets-Länder zu interessanten Anlagemärkten. Gemeinsamkeiten gibt es dabei viele. Indonesien hat in den vergangenen Jahren hunderte Wirtschaftssektoren für ausländische Eigentümerschaften geöffnet. In Indien sind unter der Regierung von Narendra Modi die meisten Beschränkungen für Auslandsinvestoren gefallen. Um die Beschäftigung im Land anzukurbeln, unterstützt der indische Premierminister durch sogenannte „Production-Linked Incentives“ die Neuansiedlung von Unternehmen im Produktionsbereich. Andere Strukturmaßnahmen, wie die Einführung einer einheitlichen Mehrwertsteuer, führten zu einem positiven Sentiment in der Wirtschaft, so Jürgen Maier, Fondsmanager für Emerging Markets, bei der RBI. „Der Produktionsbereich ist ein neuer Wachstumstreiber (neben IT-Outsourcing und der Pharmabranche) und werde in den kommenden Jahren deutlich wachsen.“ Allein die Elektronikproduktion soll sich bis 2026 auf 300 MrdUSD verdreifachen. So wird das Apple-Smartphone seit 2022 nicht mehr nur in China, sondern auch in Indien produziert. Bis 2027 sollen bereits die Hälfte aller iPhones aus Indien stammen.

Indonesien wiederum ist u.a. der größte Nickelabbauproduzent weltweit. Ein Glücksfall, denn Nickel ist ein zentraler Rohstoff in der Erzeugung batteriebetriebener Fahrzeuge. Um die Beschäftigung im eigenen Land zu halten, ist die Ausfuhr von ausgewählten reinen Rohstoffen wie Nickel verboten. Wer Nickel haben will, muss den Rohstoff in Indonesien weiterverarbeiten. Damit will Indonesien die Stufen in der Wertschöpfungskette weiter hinaufaufsteigen und ein globaler Hub für die Batterieerzeugung werden. Beiden Ländern gemein ist auch ein großangelegter Ausbau von Infrastrukturprojekten. Indien erhöht sein Straßennetz alljährlich um 10.000 Kilometer und Indonesien hat während der Amtszeit von Joko Widodo u.a. 18 Seehäfen, 21 Flughäfen gebaut.

Neue Wachstumslokomotive
Indonesien weist ein BIP pro Kopf von 5.100 USD auf, Indien gar nur 2.600 USD, und somit ist beiden Ländern ein riesiges Aufholpotenzial gemein. In den vergangenen zehn Jahren erzielte der MSCI-Indien ein annualisiertes Wachstum von 11,8 %. Der MSCI-Indonesien hinkt mit einem Wachstum von 2,4 % etwas hinterher. Das KGV des MSCI-Indien ist mit 26 fast doppelt so hoch, wie der indonesische Counterpart. „Dies liegt auch an der Indexzusammenstellung“, so Maier zum Börsen-Kurier. Der indische Index wird von privaten Banken, IT-Outsourcing-Unternehmen und Konsumunternehmen, die alle ein vergleichsweises hohes Gewinnwachstum aufweisen, dominiert. Damit ist auch die höhere Bewertung zu erklären, so Maier. Der MSCI-Indonesien hat neben Bankenwerten auch viele Rohstoffunternehmen gelistet, die aufgrund der volatilen Gewinnentwicklung eine niedrigere Bewertung aufweisen.

Auch wenn beide Aktienmärkte attraktive Investitionsmöglichkeiten sind, ist Maier längerfristig gerade für Indien positiver gestimmt, auch weil Indien China immer mehr als Wachstumslokomotive ablösen wird. Eine ähnliche Einschätzung trifft Harald Holzer, CIO und Vorstandsmitglied der Kathrein Privatbank, der jedoch zu bedenken gibt, dass die politische Situation und hier vor allem der zunehmende religiöse Nationalismus unter Modi, im Gegensatz zur inklusiven Regierungsform in Indonesien ein Risiko für eine nachhaltige Entwicklung darstellt.

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