Brauchen wir den digitalen Euro wirklich?

Die Diskussion über Kosten und Nutzen nimmt Fahrt auf.

Andreas Dolezal. Am 28. Juni des heurigen Jahres hat die EU-Kommission den Rahmen für die digitale Form des Euro vorgelegt, den die Europäische Zentralbank als Ergänzung zu Bargeld ausgeben könnte. Gleichzeitig soll sichergestellt werden, dass EU-Bürger und Unternehmen weiterhin Zugang zu Euro-Banknoten und -Münzen haben. Bargeld und digitaler Euro sollen also parallel existieren. Kritiker monieren daher, dass der digitale Euro überflüssig ist. Es fehle schlicht-weg der Bedarf.

Warum ist die EZB für den digitalen Euro?
„Ein digitaler Euro wäre eine Neuerung, die das Leben erleichtert“, schreibt die EZB auf ihrer Internetseite. Er wäre ein allgemein akzeptiertes digitales Zahlungsmittel, das in Geschäften, online oder zwischen Privatpersonen verwendet werden kann. Mit zahlreichen elektronischen Zahlungssystemen und Bargeld im Portemonnaie bezahlen wir schon heute überall bar oder unbar. Worin die echte Neuerung besteht, die unseren Alltag erleichtert, bleibt offen.

Laut EZB könnte der digitale Euro dazu beitragen, die Abhängigkeit Europas von nichteuropäischen privaten Zahlungsdienstleistern zu verringern, und so deren marktbeherrschender Stellung entgegenzuwirken. Mit einem erfolgreichen digitalen Euro könne Europa eine globale Vorreiterrolle im digitalen Finanzwesen übernehmen.

Indirekt gibt die EZB also zu verstehen, dass sie in das bisher von privaten Banken und Zahlungsdienstleistern beherrschte Geschäftsfeld vordringen will. Um diesen das Geschäft nicht gänzlich zu entreißen, ist eine Obergrenze von 3.000 digitalen Euro pro Person geplant. Auch der Konkurrenz durch Krypto-Assets wie Bitcoin möchte die Zentralbank augenscheinlich etwas entgegensetzen.

Wer trägt die Kosten für den digitalen Euro?
Die grundlegende Nutzung wird kostenlos sein. Banken sollen bei der Bereitstellung des digitalen Euro als zentrale Anlaufstelle für Privatpersonen, Handel und Unternehmen dienen und sämtliche Dienstleistungen für die Nutzer erbringen. Zwar sieht die EZB vor, dass das Eurosystem die Kosten für die Einrichtung eines Systems und der Infrastruktur tragen soll, Banken gehen trotzdem davon aus, dass hohe Kosten auf sie zukommen.

Die Begeisterung der Händler ist ebenfalls gedämpft. Sie wären verpflichtet, den digitalen Euro als Zahlungsmittel anzunehmen, und fürchten die Kosten für die dazu notwendige Infrastruktur. Ausgenommen wären nur sehr kleine Händler, für die die anfallenden Investitionen unverhältnismäßig wären. Diese verständliche Ausnahme konterkariert aber das Ziel der EZB, den digitalen Euro zum allgemein akzeptierten Zahlungsmittel zu machen.

Worin liegt der Unterschied zu Krypto-Assets?
Im Gegensatz zu Krypto-Assets wie Bitcoin wäre der digitale Euro Zentralbankgeld. Zitat EZB: „Daher wäre er risikofrei.“ Und weiter: „Überdies würden Privatsphäre und Datenschutz gewahrt, denn private Emittenten (Anm.: von Krypto-Assets) können personenbezogene Daten auch für kommerzielle Zwecke nutzen.“

Die Befürchtung vieler Kritiker und Datenschützer, dass mit dem digitalen Euro auch die digitale Überwachung sämtlicher Zahlungsströme kommt, räumt die Zentralbank damit nicht aus.

Wann kommt der digitale Euro?
Ob ein digitaler Euro tatsächlich kommt und ausgegeben wird, ist noch nicht endgültig entschieden. Die Vorbereitungsphase hat im November 2023 begonnen, der Rechtsrahmen muss auf europäischer Ebene erst final verabschiedet werden. Geht es nach der EZB, kann man in fünf Jahren mit dem digitalen Euro bezahlen.

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