Fundamentale Wiener Schnäppchen

Welche Aktien nach massiven Kursverlusten jetzt interessant sind.

Michael Kordovsky. Nicht alle Unternehmen, deren Aktien massive Kursverluste hinnehmen mussten, haben wirtschaftliche Probleme. Oft führen mangelndes Interesse von Marktteilnehmern bzw. die fehlende Bereitschaft von Anlegern, sich genauer zu informieren, zu ungerechtfertigten Vorurteilen. Doch ein zweiter Blick spricht oft eine ganz andere Sprache.

Im Falle der RBI, die noch immer eine Lösung für das Russland-Geschäft sucht, würde in den ersten neun Monaten 2023 das Ergebnis nach Steuern ohne Russland und Belarus gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 29 % auf 1.186 Millionen Euro steigen (verglichen mit 2.274 Millionen Euro beim Ergebnis aus fortgeführten Geschäftsbereichen). Die harte Kernkapitalquote würde ohne Russland noch immer bei 14,4 % liegen. Das Institut kann gut von den Geschäften außerhalb Russlands leben. Im Ausblick auf das Gesamtjahr 2023 würde ohne Russland und Belarus der Zinsüberschuss anstatt bei 5,6 bis 5,7 noch immer bei 4,2 bis 4,3 Milliarden Euro liegen, und wirft man einen Blick auf den Analystenschätzungskonsens unter finanzen.at, dann würde das Ergebnis pro Aktie bis 2025 nur auf 4,75 Euro sinken, woraus bei einem Kurs von 15,17 Euro ein KGV von 3,2 resultieren würde.

Selbst eine Qualitätsaktie wie die Bawag, die von der Ukraine und Russland nicht direkt betroffen ist, ist auffallend günstig. Der vom Institut angepeilte Gewinn pro Aktie sollte 2023 bei mindestens 8,20 Euro liegen, woraus bei einem Kurs von 47,66 Euro ein KGV von max. 5,8 resultieren würde.

Niedergeprügelte Industriewerte
Die AT&S-Aktie liegt im laufenden Jahr rund 25 % im Minus. Das aktuelle konjunkturelle Umfeld belastet und führte im ersten Halbjahr 2023/24 (endete am 30.9.) dazu, dass bei einem Umsatzrückgang um 23,9 % das Betriebsergebnis um 55 % einbrach. Doch das Unternehmen steuert mit Kostenoptimierungs- und Effizienzprogrammen entgegen. Gleichzeitig laufen die Erweiterung von Produktionskapazitäten in Kulim (Malaysia) und der Ausbau des Standorts Leoben. Für das Geschäftsjahr 2026/27 rechnet das Unternehmen mit einem Umsatz von rund 3,5 Milliarden Euro (2022/23: 1,79 Milliarden Euro) und einer Ebitda-Marge von 27 bis 32 % (2022/23: 23,3 %). Laut Analystenschätzungskonsens von MarketScreener sollte von 2023/24 bis 2025/26 der Gewinn pro Aktie von 1,40 auf 7,90 Euro steigen, woraus bei einem Kurs von 24,04 Euro ein für 2025/26 erwartetes KGV von 3,04 resultiert.

Semperit hat binnen drei Monaten rund 31 % an Wert verloren. Zwar ging das Betriebsergebnis in den ersten neun Monaten 2023 um 36,3 % auf 30,9 Millionen Euro zurück, doch die begonnenen Einsparungen entfalten gerade ihre Wirkung. Blickt man auf den Analystenkonsens von MarketScreener, dann sollte nach dem Übergangsjahr 2023 ab 2024 ein Gewinnschub einsetzen und das für 2025 erwartete KGV läge bereits bei 4,9, während das aktuelle Kurs/Buchwert-Verhältnis in etwa 0,7 beträgt.

Zu den „geprügelten“ Werten zählt auch der Beleuchtungsspezialist Zumtobel, der in der Lage war, in den Geschäftsjahren 2018/19 bis 2022/23 den Cashflow aus dem operativen Ergebnis von 56,8 auf 140,2 Millionen Euro zu steigern und somit auch die Eigenkapitalquote von 28,5 auf 42,1 % zu verbessern. Im ersten Quartal 2023/24 sind Rückgänge im Komponentengeschäft infolge voller Kundenlager eine Herausforderung, doch Zumtobel hat die Kosten im Griff. Analysten rechnen damit, dass sich die Gewinne in den kommenden Jahren auf etwas niedrigerem Niveau einpendeln werden. Zukünftige KGVs von rund 6 erscheinen denkbar.

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