Wie Wahlen und Politik die Wirtschaft beeinflussen

Reine volkswirtschaftliche Prognosen ohne geopolitische Analyse sind 2024 nicht zielführend.

Michael Kordovsky. Bereits seit dem 24. Feber 2022 prägt ein geopolitischer Konflikt das Wirtschaftsgeschehen. Der Ukrainekrieg trug über explodierende Erdgaspreise und eine Verteuerung von Weizen und Düngemittel wesentlich zum Inflationsschock im vergangenen Jahr bei. Im Falle einer stärkeren Eskalation mit der Folge eines möglichen Erdgaslieferstopps Russlands in die EU könnte er für eine weitere Teuerungswelle und Energiekrise sorgen. Russland ist weiters Verbündeter des Irans, Chinas und Nordkoreas, das Medienberichten zufolge die Hamas indirekt über den Iran mit Waffen versorgen könnte.

Taiwan-Konflikt kann eine Rezession auslösen
Besonders gefährlich ist der China-Taiwan-Konflikt. China intensivierte heuer seine militärischen Machtdemonstrationen rund um die Insel und schickt laufend Kampfflugzeuge in die Luftverteidigungszone Taiwans. Die Drohkulisse findet auch anlässlich der für Jänner 2024 geplanten Präsidentenwahl in Taiwan statt. Der Präsidentschaftskandidat und Vorsitzender der regierenden Demokratischen Fortschrittspartei, Lai Ching-te, wird von Peking als Separatist betrachtet, der Taiwan für unabhängig von China erklären wolle. Lai, der seit 2020 das Amt des taiwanesischen Vizepräsidenten innehat, weist aber darauf hin, dass Taiwan bereits unabhängig ist. China signalisiert nun verstärkt die Entschlossenheit, notfalls Taiwan militärisch zu erobern.

Sollte dieses Szenario eintreten, könnte China den Westen sofort durch eine Sperre der Formosa-Straße, auch Taiwanstraße genannt, unter Druck setzen. Durch diese 180 Kilometer breite Meerenge zwischen der chinesischen Provinz Fujian im Westen und der Insel Taiwan im Osten fährt fast die Hälfte aller Containerschiffe. Eine Sperre dieser Meeresenge würde globale Lieferengpässe und Lieferkettenunterbrechungen zur Folge haben.

Kommt es infolge einer Besetzung Taiwans durch chinesische Truppen seitens der USA, der EU sowie Australiens/Neuseelands zu Wirtschaftssanktionen gegen China, könnte Peking die Ausfuhr an seltenen Erden in diese Länder stoppen, was dort die Halbeiterindustrie lahmlegen würde.

Zumal mit Taiwan ohnehin ein Machtfaktor in der Elektronik-Branche ins Spiel kommt, denn zwei Drittel der für Auftraggeber produzierten Chips stammen im Jahr 2022 von der Insel, wobei Taiwan Semiconductor Manufacturing (TSMC) einen Weltmarktanteil in der Auftragsfertigung von Halbleitern von 56 % innehat. Bei Halbleitern der neuesten Generation liegt der Anteil sogar bei 92 %. Ein Viertel des Umsatzes macht TSMC dabei nur mit Apple. Sollte China dessen Auslieferungen im Zuge einer Besetzung Taiwans kontrollieren und vorübergehend kappen, könnte alleine dieses Ereignis in der Lage sein, über die Lieferausfälle entlang der Wertschöpfungsketten eine weltweite Rezession auszulösen.

Risikofaktor: Die US-Wahlen im kommenden Jahr
Vom zweiten auf das dritte Quartal 2023 beschleunigte sich das US-BIP-Wachstum von 2,4 auf 3,0 %, da gegenüber dem Vorjahresquartal aber auch das Wachstum der Staatsausgaben von 4,1 auf 4,7 % wuchs. Doch die Republikaner dominieren das Repräsentantenhaus und Präsident Joe Biden kann nur über Kompromisse kostspieligere Projekte umsetzen. Sobald der Fiskalimpuls aus diesem Jahr im Verlauf des Jahres 2024 abklingt, wird es kritisch. Die Wahlen rücken näher und schlechtere Wirtschaftsdaten würden durchaus in die Hände der Republikaner spielen.

Bei den am 5. November 2024 anstehenden Wahlen zum Repräsentantenhaus und zu einem Teil des Senats haben die Republikaner gute Karten. Die finalen Präsidentschaftskandidaten stehen hingegen noch nicht fest. Während die Demokraten voraussichtlich mit Präsident Biden als Kandidaten auf das „Altbewährte“ setzen, würde bei den Republikanern ein Spitzenkandidat Donald Trump das Publikum zu sehr spalten.

Somit steigt die Chance, dass Nikki Haley, Präsidentschaftskandidatin der „Grand Old Party“ wird. Unterstützt wird die frühere Gouverneurin des Bundesstaates South Carolina vom US-Milliardär Charles Koch. Diese Kandidatin wäre für Industrie und Börse positiv. Wie ein Match Trump gegen Biden verlaufen kann, zeigte sich hingegen schon am 6. Jänner 2021 beim Sturm auf das Kapitol. Würde es Trump sogar erneut zum US-Präsidenten bringen, dann droht wieder ein größerer Handelskonflikt mit China.

Eine Verhinderung der Kandidatur Trumps könnte somit den Präsidentschaftswahlkampf und die Zeit danach viel berechenbarer machen. Trump als republikanischer Spitzenkandidat steht demgegenüber eher für unangenehme Ereignisse und eine erhöhte Gefahr von Marktturbulenzen.

Schlussfolgerung
Da es 2024 noch in zahlreichen anderen wichtigen Ländern wie Russland, Indien, Indonesien, Pakistan, Taiwan, Iran, Mexiko und Südafrika Wahlen gibt und derzeit noch ein eskalierender Nahost-Konflikt und der Ukraine-Krieg im Nachrichtenfokus stehen, kann davon ausgegangen werden, dass das Jahr 2024 ein Jahr der (geo-)-politischen Börsen mit (geo-)politischen Einflüssen auf die Weltwirtschaft wird.

Foto: Pixabay / Marcel Elia