Hebelzertifikate als Portfolioabsicherung

Die Märkte steuern auf kritische Ereignisse zu. Rechtzeitige Absicherung ist Trumpf.

Michael Kordovsky. Die Rekordmargen der Pandemiezeit konnten US-Unternehmen auf Dauer nicht halten. Gewinnwarnungen und ernüchternde Ausblicke mehren sich. Darüber hinaus drohen nach den zuletzt starken Renditerückgängen am Bondmarkt, die mit teils überzogenen Leitzinssenkungserwartungen zusammenhängen, erste Anzeichen dafür, dass die Leitzinsen noch länger hoch bleiben könnten – inklusive von Rückschlägen an den Bond- und Aktienmärkten.

Hinzukommen (geo-)politische Risiken. Doch ein ganzes Portfolio glattzustellen ist mit hohen Transaktionskosten verbunden. Die bessere Alternative liegt in einer temporären Absicherung von Aktien- und Anleihen-Positionen mit Short-Hebelzertifikaten (Knock-outs).

Worauf bei Absicherungen zu achten ist
Der Vorteil von Knock-out-Zertifikaten liegt darin, dass deren realisierte Kursgewinne nicht dem persönlichen Einkommenssteuertarif unterliegen, sondern dass nur 27,5 % KESt abzuliefern sind. Der Nachteil liegt in der Knock-out-Schwelle, bei deren Erreichen das Papier in der Regel wertlos verfällt. Der für eine exakt vollständige Absicherung erforderliche Einsatz errechnet sich dabei wie folgt: Abzusicherndes Portfoliovolumen dividiert durch den Hebel des Zertifikats. Liegt dieser beispielsweise bei 8, erfordert ein 70.000-Euro-Depot zur Absicherung einen Einsatz von 8.750 Euro. Je höher der Hebel, desto geringer wird der erforderliche Einsatz. Das Problem, das dann auftritt, ist der schwindende Abstand zur Knock-out-Schwelle. Auch sollte dabei bedacht werden, dass ein Aktien(-Fonds)-Portfolio, außer im Falle vollständig hedgebarer Index-ETFs, nie 1:1 abgesichert werden kann. Man kann improvisieren, indem man bestimmte Aktienfonds und Einzeltitel in Gruppen zusammenfasst, die mit einem absicherbaren Index, auf den Short-Hebelzertifikate existieren, einigermaßen korrelieren. Dann erfolgt für das betreffende Volumen eine Absicherung über Short-Hebelzertifikate auf diesen Index. Es ist also ein sogenannter „Proxy-Hedge“.

Nehmen wir an, ein Portfolio besteht durchgerechnet aus US-Aktien verschiedener Branchen (Large/Mega Caps) im Wert von 50.000 Euro. Dann käme dafür ein Short-Zertifikat auf den S&P 500 in Frage. Ein konkretes Beispiel wäre diesbezüglich die Selektion eines Short-Knock-out-Zertifikats auf der Webseite von „Onvista“. Der Abstand zum Knock-out sollte bei endloser Laufzeit (open end) idealerweise über der Jahresvolatilität des Index (S&P 500: 12,7 %) liegen (und der Hebel wird auf 10 begrenzt). Im erwähnten Fall gelangt der „Open-End-Turbo-Optionsschein-Short“ auf den S&P 500 (ISIN: DE000GP4GKG9) des Emittenten Goldman Sachs zum Einsatz. Per 5. Jänner (8:41 Uhr) lag der Hebel bei 7,6 und der Abstand zum Knock-out bei ca. 13 %. Um (theoretisch) den 50.000-Euro-Depotteil abzusichern, ist ein Einsatz von 6.580 Euro erforderlich. Weitere gut absicherbare Basiswerte wären beispielsweise der Euro Stoxx 50, der Dax und der Nasdaq 100 (z. B. bei Technologiefonds).

Deutsche Bundesanleihen mit Restlaufzeiten von achteinhalb bis zehn Jahren oder im „Proxy-Hedge“ europäische Staatsanleihenfonds mit Schwerpunkt des genannten Laufzeitspektrums können mit einem Short-Hebelzertifikat auf den Euro-Bund-Future abgesichert werden. Ein Beispiel wäre der von J.P. Morgan emittierte „Open-End-Turbo-Optionsschein (Short)“ mit der ISIN DE000JQ77CN9, der per 5. Jänner (09:15 Uhr) bei einem Abstand zum Knock-out von 10,05 % einen Hebel von 9,95 aufweist.

Schnell reagieren, nur kurzfristige Zeiträume absichern
Die genannten Instrumente dienen nur einer Absicherung über kurze kritische Zeiträume von wenigen Wochen. Beispielsweise über den März, in dem wichtige geldpolitische Entscheidungen fallen sowie die Präsidentenwahl in Russland stattfindet, erscheint dies sinnvoll – ebenso wie jetzt vor der Wahl in Taiwan.

Achtung: Sollte in einem kritischen Szenario die Absicherung funktionieren, dann sollten im Falle besonders schneller Absicherungsgewinne diese mitgenommen werden. Entwickelt sich hingegen der Aktien- und/oder Bondmarkt weiter positiv, sind Stopps zur Absicherungsverlustbegrenzung erforderlich, denn mit dem Hebel ist nicht zu spaßen.

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