Krebskiller mit Renditepotenzial
Dank neuer Therapieansätze wird Krebs immer besser behandelbar.
Stefan Riedel, München. International bekannt und profitabel geworden ist Moderna mit seinem Covid-19-Impfstoff Spikevax. Die Milliardeneinnahmen geben dem US-Biotechunternehmen ein dickes Cash-Polster, um etliche neue klinische Kandidaten zur Marktreife zu bringen. Eines der spannendsten Projekte ist mRNA-4157, ein Krebs-Impfstoff, den Moderna zusammen mit dem US-Pharmakonzern Merck&Co entwickelt.
Konferenz bewegt die Aktienkurse
Auf der ASCO 2024, dem weltweit wichtigsten Fachkongress für die Krebsmedizin, präsentierten beide Firmen in der Vorwoche vielversprechende Wirksamkeitsdaten. Demnach verringerte mRNA-4157 als Kombinationstherapie mit dem Krebsmittel Keytruda bei Schwarzem Hautkrebs um 49 % häufiger als die alleinige Behandlung mit Keytruda das Risiko, dass sich die Melanome erneut bildeten. Mit dem Aktienkurs von Moderna ging es als Reaktion auf die Resultate deutlich nach oben. Die zulassungsrelevante klinische Studie soll Ende 2029 die entscheidenden Daten liefern. Für Merck wäre das ein Erfolg zur rechten Zeit: 2028 läuft der Patentschutz für Keytruda aus. Mit 25 MrdUSD im Jahr 2023 ist Keytruda das mit Abstand umsatzstärkste Krebsmedikament.
Für Markus Manns, Fondsmanager bei Union Investment, wäre ein Durchbruch umso bemerkenswerter, weil Krebsimmuntherapien aus der Klasse der sogenannten „Checkpoint-Inhibitoren“ wie Keytruda mit einem Problem zu kämpfen haben: „Es ist schwer, die Wirksamkeit weiter zu verbessern, ohne dass sich durch die Kombination mit einem anderen Immunmodulator die Nebenwirkungen erhöhen.“
Zwei Pharma-Pioniere
Von den neuen Therapieansätzen prägten die Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADCs) auf der ASCO 2024 wie im Vorjahr das Bild. ADCs sind ein Killertrio, das Tumorzellen beseitigt, ohne dabei benachbartes Gewebe zu schädigen. Möglich macht es das Zusammenspiel von chemischen Wirkstoffen, die Krebszellen beseitigen, einem Antikörper, der bei einem bestimmten Protein der Tumorzelle angreift, und einem Linker, der die beiden anderen Komponenten verbindet. „ADC-basierte Krebstherapien haben den großen Vorteil, dass sie mit Hilfe der hohen Bindungsaffinität der Antikörper genau bei den Tumorzellen andocken und in diese eindringen, ehe die Zellgifte freigesetzt werden“, erläutert Lukas Leu, Fondsmanager bei Bellevue Asset Management.
AstraZeneca und Daiichi Sankyo sind mit Enhertu die Pioniere. Zugelassen ist die ADC-Therapie bislang bei HER2-positivem Brustkrebs mit Metastasenbildung für Patientinnen, bei denen zwei vorherige Therapien nicht mehr anschlagen. Im Jahr 2020, also drei Jahre nach der Zulassung, erzielte Enhertu Jahresumsätze von 3,1 Milliarden US-Dollar (2,87 Milliarden Euro). Branchenexperten taxieren das jährliche Umsatzpotenzial auf mehr als 10 Milliarden US-Dollar (9,26 Milliarden Euro).
Und wie mit Infimzi und Tagrisso, zwei anderen Krebsarzneien mit Milliardenumsätzen, arbeitet AstraZeneca daran, den Einsatz von Enhertu in andere Krebsarten zu erweitern. Pfizer hat sich durch die Übernahme der Biotechfirma Seagen in gleich drei neue Wirkstoffklassen eingekauft.
Für Anleger lässt sich mit Pharmaaktien das Risiko besser diversifizieren. Biotechfirmen haben dagegen im Erfolgsfall den größeren Kurshebel nach oben – und bei Rückschlägen die größere Absturzgefahr.
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