Insolvenz: Aktionäre dürften leer ausgehen

Die heimische Biotech-Firma hat ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung beantragt.

Patrick Baldia. Auch wenn es bekannt war, dass die Marinomed Finanzierungsbedarf hat und bis auf Weiteres keine schwarzen Zahlen schreiben wird, so kam die Nachricht vom vergangenen Dienstagabend, dass das Unternehmen ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung beantragt, wohl für viele Aktionäre überraschend. Erst im Juni bei der HV erklärte CEO Andreas Grassauer, dass man zwar eine negative Eigenkapitalquote habe, dafür aber eine positive Fortbestehungsprognose. Damit habe man Kapitalgeber wie die Europäische Investitionsbank (EIB), die den Zinsendienst der Biotech-Firma gestundet hat, überzeugen können.

„Die benötigten Finanzmittel zur Sicherstellung der Liquidität der Gesellschaft konnten kurzfristig nicht aufgebracht werden und eine Zahlungsunfähigkeit droht. Weiters konnten Umsatzerwartungen für das Geschäftsjahr 2024 bisher nicht wie angenommen realisiert werden“, begründete die Marinomed nun den Antrag auf die Einleitung eines Sanierungsverfahrens. Konkret wären die Umsätze aus dem Verkauf der Carragelose-Produkte gesunken, und auch der Abschluss weiterer Partnerschaften für die Marinosolv-Produkte habe sich verzögert. Mit dem Sanierungsverfahren soll das Unternehmen nun nachhaltig finanziell stabilisiert werden.

Laut Marinomed belaufen sich die Verbindlichkeiten und Rückstellungen per 31.07.2024 zu Buchwerten auf insgesamt rund 25 Millionen Euro. Im Liquidationsfall und einer Abwicklung im Konkurs sei von Passiva von rund 31 Millionen Euro auszugehen. In diesem Fall rechnet die Creditreform mit einer Quote von 13 %. „Das Unternehmen bietet seinen Gläubigern eine Sanierungsquote von 20 %, zahlbar innerhalb von zwei Jahren ab Annahme. Inwieweit diese Quote angemessen und erfüllbar ist, wird von dem zu bestellenden Insolvenzverwalter noch geprüft werden“, so Peter Stromberger vom KSV 1870. Von der Insolvenz betroffen wären jedenfalls 48 Mitarbeiter.

Geschäftsmodell nicht risikofrei
„Man darf nicht vergessen, dass das Geschäftsmodell der Marinomed nicht risikofrei war“, sagt IVA-Präsident Florian Beckermann im Gespräch mit dem Börsen-Kurier. Über den „klassischen Nischenwert mir geringer Marktkapitalisierung“. Es sei äußerst zeitaufwändig und mit hohen Kosten verbunden, die Arzneimittel und Medizinprodukte aus dem Bereich Virologie und Immunologie auf den Markt zu bringen. Laut dem Anlegerschützer können die Aktionäre nach dem aktuellen Stand nicht davon ausgehen, dass sie zumindest einen Teil des von ihnen investierten Kapitals wiedersehen werden. „Bekanntlich sind Eigenkapitalgeber im Insolvenzfall schlechter gestellt als die Fremdkapitalgeber.“

Was passiert mit den Aktien der Marinomed? Nachdem der Handel mit den Papieren der Gesellschaft am vorvergangenen Mittwoch bis 14:05 Uhr ausgesetzt war, informierte die Wiener Börse zu Mittag per Aussendung, dass mit Wirkung vom Donnerstag, den 15. August 2024, die Aktien der Korneuburger Biotech-Firma aus dem Prime Marktet in das Marktsegment Standard Market Continuous verschoben werden würden. Wie geht es weiter? „Der Handel wird bald einschlafen und die Wiener Börse die Notiz beenden“, meint Beckermann.

Gegründet wurde die Marinomed 2006 als Spin-off der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Der Börsengang erfolgte 2019.

Auf Basis des aus der Rotalge gewonnenen Wirkstoffs Carragelose wurde ein Portfolio von Produkten zur Behandlung viraler Atemwegsinfektionen entwickelt. Im Vorjahr wuchs die Produktpalette im Bereich Immunologie um ein allergenblockierendes Nasenspray und ein allergenblockierendes Nasenspray und feuchtigkeitsspendende Augentropfen. Weiters soll die aktive Pipeline mehrere Produktkandidaten in der Spätphase der Entwicklung umfassen.