Trotzen Small Caps dem Markt?

Aktien von kleinkapitalisierten US-Firmen zogen bis Ende Juli überproportional an.

Roman Steinbauer. Ob in Tokio, New York oder an führenden Handelsplätzen Europas: Die Kursschwankungen und auch die Rückgänge an den Weltbörsen nahmen jüngst eklatant zu. Der Volatilitätsindex VIX sprang binnen zweier Wochen von 12 auf teils mehr als 18. Und noch ist für Investoren und Anleger nicht auszumachen, ob bloß eine Korrektur stattfindet oder bereits ein negativer Wendepunkt an den Märkten eingeleitet wurde.

„Abverkauf“ bei Tech-Aktien
Abseits der Schlagzeilen um bisher favorisierte, gewichtige Aktien sticht Beobachtern indes eine unterschiedliche und interessante Charakteristik der Chart-Verläufe der Index-Kategorien ins Auge. Jene Aktienkorb-Register, in denen während der vergangenen Quartale vorrangig gesuchte, schwer gewichtete Tech-Unternehmen beinhaltet sind, büßten kürzlich Tagesabschläge von mehr als 3 % ein. Indizes, in denen kleinere Gesellschaften zusammengefasst sind (Small Caps), verhielten sich hingegen weit stabiler.

Abzulesen war diese Entwicklung bereits seit Anfang Juli an der Stärke des Russell-2.000-Index. Diese Signalwirkung lässt einen Trendwechsel zu geringer kapitalisierten Werten vermuten. So legte der Russell, indem die nach Marktwert 2.000 kleineren der 3.000 bedeutendsten US-Unternehmen gelistet sind, im Vormonat von 2.050 um knapp 8 % auf 2.210 Punkte zu. Der S&P 500 (der Index der gewichtigsten 500 US-Titel) konnte hingegen gerade noch um 1,2 % auf 5.520 Punkte steigen.

Aktuell lässt sich diese Rotation allerdings nicht an deutschen Börsen beobachten. So büßte der 70 Titel umfassende SDax im genannten Zeitraum 1 % auf 14.300 Punkte ein, während der Dax 40 (trotz deutlicher Auf- und Abschläge) insgesamt auf der Stelle trat.

Überzeugung contra Abneigung
Der US-Sender CNBC thematisierte Ende Juli die entstandene Diskrepanz und den sich abzeichnenden Trendwechsel. In einem Interview gestand der Chefanalyst des Finanzforschungsinstitutes Fundstrat Global Advisors, Tom Lee, Small Caps für August noch ein kräftiges Aufwärtspotenzial um 15 % zu. Konträr war hingegen die Sichtweise des Kollegen Sameer Samana, er ist Senior Global Marktstratege des Finanzdienstleisters Wells Fargo. Er bremst einen vermuteten „Hype“ um eine bevorstehende Anlagerotation. Samana glaubt eher an ein Strohfeuer und argumentiert: „Hinter Small Caps stehen oft Gesellschaften alter Prägung wie Textil oder Fast Food. Warum sollten die plötzlich gekauft werden und das den KI-Hype aushebeln?“

Abgrenzung zu Mikro-Aktien
Keineswegs ist die resistente Entwicklung gering gewichteter Aktien im Juli mit „Microcap“-Papieren (das sind Mikro-Aktien, die oft unter 1 Euro oder US-Dollar notieren, Anm.) gleichzusetzen. Häufig werden mittels jener Aktien Kursschwankungen bei Unternehmen spekulativ ausgenützt, obwohl diese eine dünne Kapitalausstattung aufweisen.

Darüber hinaus trat eine Situation ein, die im Zuge der starken Aktienmärkte zu denken gibt. Nach Angaben von S&P Global Market Intelligence Data notierten am 25. Juli in Summe 448 an US-Börsen gelistete Aktien unter 1 USD. Noch vor einem Jahr war dies bei 108, vor zwei Jahren bei 67 Titel der Fall. Experten orten ein „explosives Wachstum an Penny Stocks“ – Forderungen strengerer Listing-Kriterien an die Securities and Exchange Commission (SEC) werden bereits lauter.

Foto: AdobeStock / Dizain