Coface: „Bleibt alles anders?“

Der Kreditversicherer wiegt politische Chancen wie Risken einer unruhigen Zeit ab.

Tibor Pásztory. Der internationale Kreditversicherer Coface hielt letzte Woche in Schloss Schönbrunn seine jährliche Country Risk Conference ab, in deren Rahmen unter anderem der ehemalige BarackObama-Wahlkampfstratege Julius van de Laar Einblick in die Wahlkampfstrategien der beiden Präsidentschaftskandidaten Kamala Harris und Donald Trump sowie Ausblick auf die wirtschaftlichen Folgen der nahenden Präsidentschaftswahlen gab.

Van de Laar ist eine in deutschen Medien durchaus bekannte Größe, die es versteht, auf eloquente Weise tiefe Kenntnisse der US-amerikanischen Innenpolitik zu vermitteln. In einer Zeit, die nicht nur Unsicherheit, sondern auch die eine oder andere lustige Abkürzung bringt (in vorliegendem Fall VUKA = Volatilität, Unsicherheit, Komplexität, Ambiguität), nahm dabei der Begriff „perception“ (Wahrnehmung) ein. Tatsächlich, so van de Laar, der sich nicht gerade als Trump-Fan zu verstehen gab, wird dem republikanischen Kandidaten bescheinigt, ein wahrer Meister des Spiels mit der Wahrnehmung durch breite Wählerschichten zu sein, selbst dann, wenn diese mit der Realität nichts zu tun hätten. Die Frage, wer denn nun die höheren Siegeschancen hätte, Harris oder Trump, konnte und wollte freilich auch Van de Laar nicht beantworten, wenn-gleich alle derzeitigen Umfragen auf ein Aufholen der derzeitigen Vizepräsidentin hindeuteten, deren sichtbarste Schwäche ihre mangelnde Wirtschaftskompetenz zu sein scheint. Ein Schelm, dem hier nicht Bill Clintons legendärer Sager „It‘s the economy, stupid!“ einfällt! Dem Vortragenden fiel er jedenfalls ein …

Tatsächlich wurde bei Coface eine ausführliche Untersuchung der derzeitigen Wirtschaftslage der Vereinigten Staaten verfasst, die, um es vorwegzunehmen, zum Schluss kam, dass der Inflation Reduction Act (IRA) der – an sich gar nicht so erfolglosen – Präsidentschaft Joe Bidens nicht immun gegen die derzeitige Unsicherheit sei, wer denn die Wahl am 5. November gewinnen sollte. Ein Hochrisikothema sei dabei die Energiepolitik, da sich eine Trump Administration gegen den Ausbau von Windfarmen „from day one“, so Donald Trump, stellen würde. Dieses Kernstück des IRA umfasst schließlich über zehn Jahre gerechnet geplante klimarelevante Investitionen von 370 Milliarden US-Dollar (331,40 Milliarden Euro) sowie ein Kredit-volumen von 220 Milliarden US-Dollar (197,05 Milliarden Euro) für alternative Energieprojekte wie Windfarmen, Wasserstoff, Sonnenenergie und ähnliches.

Stattdessen plane Trump, so die Studie, eine strikte Unterstützung der Ölindustrie, spekulierend auf höhere Unabhängigkeit der US-Energieversorgung von anderen Staaten sowie auf ein Sinken der Ölpreise durch forciertere Ölförderung, wobei in den USA sowieso noch nie so viel Erdöl gefördert wurde wie 2024. Auch erwarte sich Trump so mehr Arbeitsplätze in Krisenregionen. Die im IRA enthaltenen geplanten Investitionen in alternative Energiequellen werden von der republikanischen Partei hingegen als unnötig, wenn nicht schädlich, gesehen. Ganz allgemein sei von republikanischer Seite ein „Downsizing“ von Bundeskompetenzen in Sachen Umwelt und Klima geplant. Das Sagen sollten stattdessen (lokale) Gerichte haben.

Diese Unsicherheit, so schließt der Bericht, habe bereits jetzt zu Verschiebungen und Absagen von IRA-Projekten geführt.

Foto: AdobeStock / Tiero