Oberbank-Chef liest Politikern die Leviten
Die Österreicher sparen und sorgen wieder vermehrt vor.
Rudolf Preyer. „Wir haben hierzulande keine Wirtschaftspartei und wir sind ein Hochsteuerland.“ Dass in seinem Fall nicht mehr mit Altersmilde zu rechnen ist, unterstrich CEO Franz Gasselsberger (Foto) zuletzt in der Pressenkonferenz der Oberbank eindrücklich.
Weitere Stationen seiner Tour de Force: „Wir haben keine Arbeitsmarkt-, keine Kapitalmarkt-, keine Pensions-, keine Verwaltungsreform bekommen.“ Und: „Die Menschen erhalten keine Hilfe für den langfristigen Vermögensaufbau. Sie glauben auch nicht mehr an die Garantie staatlicher Pensionen.“ Daher boomen das Sparen und die private Vorsorge, so der Bankchef, dessen Fazit lautet: „Ich bin mit der politischen Situation und dem Reformstau alles andere als zufrieden. Es herrscht überall Stillstand, wohin das Auge reicht.“
Erstmals setzen lassen – der Blick auf die Halbjahresergebnisse der Oberbank überzeugt auch von Gasselsbergers Managementfähigkeiten.
Historisches operatives Ergebnis
Vorneweg: Die Oberbank weist das beste operative Ergebnis in der Geschichte des Instituts auf. Unterm Strich blieb jedoch ein leichter Rückgang des Periodenüberschusses nach Steuern, dieser verringerte sich um 12,3 % auf 201,4 Millionen Euro. Verantwortlich dafür sei die Beteiligung an der Voestalpine gewesen, an der die Bank rund 8 % hält. Nach einem Sondereffekt in der Vorjahresperiode entspreche das aktuelle Beteiligungsergebnis wieder dem „langjährigen Durchschnitt“.
Die Sparquote in Österreich liege bei hohen 9 %, dementsprechend verzeichnete die Bank seit Jahresbeginn ein Plus von 3,2 % bei den privaten Spareinlagen auf 39,1 Milliarden Euro. Bei Versicherungsprodukten und Fondssparplänen sei gar ein Plus von 10 % erzielt worden. Bei den Privatkrediten kam es allerdings zu einem Einbruch um 8,3 % auf 3,66 Milliarden Euro. Das Firmenkreditvolumen stieg um 5,8 % auf 16,9 Milliarden Euro, das Zinsergebnis legte um 17,1 % auf 329,4 Millionen Euro zu. Der Gesamtbestand an Leasingforderungen erhöhte sich um 9 % auf 2,8 Milliarden Euro. Das Kreditrisiko habe sich – nach dem Corona-bedingten Stillstand im Insolvenzgeschehen – „normalisiert“ so Gasselsberger. Auch wenn die Firmeninsolvenzen über dem Vor-Corona-Niveau liegen, blieben doch die Privatinsolvenzen unter diesem Wert. Wohnbaufinanzierungen haben bei der Oberbank im ersten Halbjahr sogar um 17 % zugelegt, was durchaus „kein Strohfeuer“ sei, so der CEO. Auch das internationale Kreditgeschäft – Deutschland +8 %, Ungarn +7 %, Tschechien +4 – laufe „gut“. Die gesamten Risikovorsorgen seien um 9,3 % auf 402 Millionen Euro gesunken. Das Eigenkapital habe sich um 6,8 % auf 3,96 Milliarden Euro erhöht, damit sei die Kernkapitalquote von 17,2 auf 18,3 % gestiegen.
Expansionsstrategie fruchtet
Wachstumspläne hat die Bank, die 175 Filialen in Österreich, Deutschland, Tschechien, der Slowakei und Ungarn betreibt, weiterhin in Deutschland. Gasselsberger: „Die Oberbank verträgt in Deutschland locker einen zweistelligen Filialzuwachs.“ Den Schwerpunkt hat die Bank mit derzeit rund 50 Filialen bei den nördlichen Nachbarn vor allem im Firmenkundengeschäft, das Wachstum in diesem Segment bezifferte der CEO mit 8 %. Vom in Deutschland „überaus kostspieligen Privatkundengeschäft“ möchte man dort weiter absehen.
Und schließlich: „Man muss auch die positiven Dinge betonen.“ Gasselsberger versprühte in der Pressekonferenz auch Optimismus: Der Inflationsrückgang und erwartbare Zinssenkungen seien „Vorboten für eine Stimmungsaufhellung in Österreich“. Die gegenwärtige Lage sei folglich „besser als die Stimmung“.
Zuletzt schrieb Gasselsberger der Politik ins Stammbuch: „Es wären klare Signale notwendig, wie der Wirtschaftsstandort Österreich nachhaltig gestärkt werden kann. Ich sehe aber zurzeit niemanden, der so etwas sagen könnte.“
Foto: Peter Rigaud