Rüstung, Raumfahrt und Cybersecurity
Derzeit krisenfeste Segmente mit teils noch günstig bewerteten Aktien.
Michael Kordovsky. Ähnlich wie im Kalten Krieg fließen immer mehr staatliche Gelder in Rüstung und Raumfahrt. Eine Wachstumsbranche ist dabei auch die Cybersicherheit. Die Bereiche Landesverteidigung und Cybersicherheit sind miteinander verflochten, denn ein Teil zukünftiger Kriegsführung besteht auch in Cyberattacken. Darüber hinaus haben viele Rüstungsfirmen auch Standbeine in der Luft- und Raumfahrt. Nicht umsonst nennt man den Sektor „Aerospace & Defense“, dessen Aktien entsprechend performen.
Der 29 Werte enthaltende „MSCI World Aero and Defense Index“ liegt seit Ende 1994 (bis 30. August 2024) mit 11,62 % pro Jahr im Plus, verglichen mit 8,04 % p.a. im MSCI World. In den vergangenen drei Jahren waren es sogar 16,07 % p.a., verglichen mit 6,90 % p.a. im MSCI World. In dem Segment steckt also Momentum und das hat triftige Gründe, denn der seit 24. Feber 2022 tobende Ukraine-Krieg veranlasste die NATO-Länder ihr Verteidigungsbudget aufzustocken. 23 der 32 NATO-Staaten werden 2024 das Ziel von 2 % des BIP für Verteidigungsausgaben erreichen. Die NATO-Staaten geben insgesamt rund 1,35 Billionen Euro (davon fällt der Löwenanteil auf die USA) für Verteidigung aus, was einem Anstieg von 10,9 % entspricht. Laut Zion Market Research sollte der globale Aerospace&Defense-Markt von 2022 bis 2030 um 8,2 % p.a. auf umgerechnet 1.249,2 Milliarden Euro wachsen. Noch dynamischer wächst der Cybersicherheitsmarkt, und zwar laut Grand View Research von 2023 bis 2030 um 12,3 % p.a.
Wachstumsdynamik bei US-Rüstungskonzernen
Während die Rheinmetall-Aktie zwischenzeitlich mit +106 % auf Jahressicht bereits heiß gelaufen ist, sind diverse internationale Rüstungs-Blue-Chips noch einigermaßen bodenständig bewertet. Ein Klassiker der Rüstung, Luft- und Raumfahrt ist RTX. 90 % aller kommerziellen Weltraumflüge des US-Verteidigungsministeriums werden von Produkten des Unternehmens unterstützt. Das Produktspektrum reicht von der Raketenabwehr, Militärfahrzeugen, Raketen, Sensoren, Elektronik für die Raumfahrt bis hin zu Flugzeugtriebwerken und Flugzeugteilen. Laut Analystenkonsens von Zacks Investment Research sollte von 2024 auf 2025 der Gewinn/Aktie um knapp 18 % steigen und das für 2025 geschätzte KGV liegt per 4. September bei akzeptablen 18,8.
Starke Ertragsdynamik zeigt der Luft-, Raumfahrt- und Verteidigungskonzern Lockheed Martin. Bei 9 % Umsatzsteigerung im zweiten Quartal konnte der freie Cashflow um rund 95 % verbessert werden und aufgrund eines erfreulichen Geschäftsverlaufs hat das Management den Umsatz- und Gewinn-Ausblick für das Gesamtjahr 2024 nach oben revidiert. Ein wichtiges Produkt des Unternehmens ist das Mehrzweckkampfflugzeug F-35, das sich einer starken Nachfrage erfreut. Laut Zacks lagen in den vergangenen vier Quartalen die veröffentlichten Gewinne/Aktie permanent über den Analystenprognosen und ein für 2025 erwartetes KGV von 19,9 ist akzeptabel.
Mit einem für 2025 geschätzten KGV von 18 etwas günstiger ist General Dynamics, die neben Panzer, Schiffen und U-Booten auch Geschäftsflugzeuge (Gulfstream Aerospace) herstellt. Im zweiten Quartal konnte das Unternehmen bei 18 % Umsatzanstieg den Gewinn/Aktie um 20,7 % steigern.
Eisenbahninfrastruktur auf dem Mond
Über ein besonders interessantes Raumfahrtprojekt verfügt Northrop Grumman, bekannt für Drohnen, den Tarnkappenbomber B-2 sowie das Kampfflugzeug F-14. Northrop Grumman soll für die Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) das Konzept für ein Eisenbahnnetz auf dem Mond erstellen, denn bis zum Jahr 2035 soll eine Mondinfrastruktur entstehen, die Energieversorgung, Transport und Kommunikation gewährleistet. Mit einem KGV von 18,9 hat die Aktie noch Luft nach oben.
Aufgeteilt auf die Standbeine Luft/Raumfahrt, Rüstung und Digitale ID/Cybersicherheit ist Thales, deren Auftragseingänge im ersten Halbjahr 2024 um 26 % auf 10,77 Milliarden Euro stiegen. Bei 8,9 % Umsatzanstieg konnte der Nettogewinn um 57 % auf 1,02 Milliarden Euro gesteigert werden. 2023 hat Thales das Cybersicherheitsunternehmen Imperva übernommen. Damit erweitert Thales sein Cybersicherheitsportfolio und ermöglicht eine Kombination von Lösungen zum Schutz von Anwendungen, Daten und Identitäten im gesamten digitalen Ökosystem der Kunden. Diese Übernahme sollte bis 2027 bei einem organischen Umsatzwachstum von 6 bis 7 % eine deutliche Rentabilitätsverbesserung ermöglichen. Laut Analystenkonsens unter finanzen.net sollte der Gewinn/Aktie von 2024 bis 2028 um 10,2 % p.a. wachsen und das für 2026 geschätzte KGV liegt auf Basis eines Aktienkurses von 146 Euro bei günstigen 13,7.
Auswertungen großer Datenmengen und Spezialsoftware für Geheimdienste und Regierungen bietet indessen Palantir Technologies, deren Lösungen Menschenhandel, Terror und Betrug bekämpfen. Aufgrund der besonderen Ausrichtung ist wegen „Seltenheitswert“ durchaus eine höhere Bewertung gerechtfertigt.
Die erwähnten Einzeltitel sind Investmentmöglichkeiten. Doch kompakt in 28 Titel des Bereichs Landesverteidigung inklusive Cybersecurity können Anleger über den „VanEck Defense UCITs ETF“ investieren, der per 4. September auf Jahressicht rund 43 % im Plus liegt.
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