Ein großes ethisches Dilemma
Die Rüstungsindustrie verzeichnet ein Kursfeuerwerk und kämpft um Anerkennung in der Fondsindustrie.
Christian Sec. 2023 wurden 2,44 Billionen US-Dollar (2020: 1,98 Billionen US-Dollar) für die Landesverteidigung weltweit ausgegeben. Sowohl in Europa als auch global steigen die Militärausgaben. Deutschland hat einen 100-Milliarden-Euro-Sonderfonds eingerichtet, um seine Streitkräfte zu modernisieren. Frankreich plant eine Erhöhung des Verteidigungsbudgets um ein Drittel bis 2030.
Auch außerhalb von Europa sind ähnliche Trends zu beobachten. Japan und Südkorea haben ihre Verteidigungs-Etats deutlich aufgestockt, wobei der Anstieg in Japan im vergangenen Jahr bei 11% lag. Mit mehr als 900 Milliarden US-Dollar, was 42 % der weltweiten Militärausgaben entspricht, führen die USA die Liste der Verteidigungsausgaben an.
Der „MSCI World Aerospace und Defense Index“ erzielte in den letzten drei Jahren eine annualisierte Rendite von 16 %, während der MSCI World nur 6,9 % erreichte. Aktien großer US-Rüstungskonzerne wie Lockheed Martin (+32 % YTD), General Dynamics (+16,46 % YTD) und Raytheon (+45,71 % YTD) verzeichnen erhebliche Kurssteigerungen.
Auch deutsche Rüstungsunternehmen wie Rheinmetall profitieren von der starken Auftragslage. Rheinmetall erzielte im Juni den größten Auftrag in der Firmengeschichte mit der Lieferung von Artilleriemunition an die Bundeswehr im Wert von bis zu 8,5 Milliarden Euro. Und noch immer ist Luft nach oben. Denn trotz der Rekordausgaben bleiben die meisten europäischen Nato-Mitglieder bei ihren Verteidigungsausgaben weiterhin hinter dem Nato-Ziel von 2 % des BIPs zurück.
Nachhaltige Rüstung
Immer mehr Stimmen fordern, die ehemals geächtete Rüstungsbranche in das ESG-Universum der Taxonomie aufzunehmen. Laut Kapitalmarktexperte Wolfgang Matejka wird sich die EU künftig intensiver mit der Definition des jeweiligen Geschäftsmodells befassen. Er glaubt, dass eine Unterscheidung zwischen Angriffs- und Verteidigungswaffen sowie deren Interpretation im Kontext der Staaten, die sie einsetzen, wahrscheinlich ist.
Magdalena Kuper, Leiterin Nachhaltigkeit beim deutschen Fondsverband BVI, erklärte in einem Interview, dass gemäß den Mindeststandards der EU-Behörde ESMA, die im Mai 2024 definiert wurden, nur völkerrechtlich geächtete Waffen wie Streubomben sowie chemische und biologische Waffen in nachhaltigen Fonds verboten sind. Und auch die Kathrein Privatbank ist der Meinung, dass ESG-Standards und der Verteidigungssektor nicht zwingend unvereinbar sind, stellt aber die ethische Frage.
Eine Studie von Morningstar (2024) zeigt, dass 70 % der Artikel-8-Fonds und 90 % der Artikel-9-Fonds keine Beteiligungen an Waffenherstellern haben. Laut Kathrein Privatbank könnten sich diese strengen Investitionsrichtlinien ändern, da immer mehr Investoren erkennen, dass der Verteidigungssektor eine zentrale Rolle bei der Wahrung von Demokratie und Menschenrechten spielt. Und wie lange will man noch auf die Kursfeuerwerke der Branche verzichten?
Einige Finanzdienstleister, wie die schwedische Bank SEB, haben bereits ihre Investitionsrichtlinien gelockert und schließen den Verteidigungssektor nicht mehr grundsätzlich aus. Die starke Nachfrage nach Fonds mit Rüstungsschwerpunkt wird am „Future of Defence UCITS ETF“ (ISIN: IE000OJ5TQP4) deutlich, der erst im vergangenen Jahr aufgelegt wurde und in der Zwischenzeit ein Fondsvolumen von 356 Millionen Euro erreicht hat.
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