Gewerbeimmobilien: Ein Risiko für heimische Banken?
Tiefpunkt dürfte noch nicht erreicht sein, FMA sieht sich zum Handeln gezwungen.
Marius Perger. Nur 11 % der Teilnehmer an der Aufsichtskonferenz der FMA glauben, dass der Tiefpunkt bei den Preisen für Gewerbeimmobilien bereits überwunden ist. Das geht aus einer im Vorfeld der Veranstaltung durchgeführten Befragung hervor. Positiver sah das Daniel Tomanek, Direktor beim auf Gewerbeimmobilien spezialisierten Dienstleister CBRE, in einer Podiumsdiskussion zum Thema „Gewerbeimmobilien und Banken“. Er glaubt, dass das Tief bereits erreicht wurde, nun sollte es wieder bergauf gehen – „aber nicht so schnell, wie es in den letzten Jahren bergab gegangen ist“.
Bis 2027 rechnet er mit einem Renditerückgang um 10 bis 15 %, ob man jemals wieder Renditen wie 2022 sehen werde, sei ungewiss. Die größten Risiken erkennt Tomanek beim Einzelhandel, hohe Nachfrage gebe es bereits bei Wohnen und Büro, auch bei Hotels sei die Nachfrage gut, etwas schwächer dagegen bei Industrie und Logistik.
Finanzierungsstrukturen anpassen
Claudia Höller, für Risiko zuständiges Vorstandsmitglied der BKS Bank, sieht es als Hauptaufgabe, „in mühsamer Kleinarbeit“ mit Kunden zu versuchen, die Struktur der Finanzierungen an die heutige Normalzeit anzupassen. Man sei heute wieder dort, wo man vor der Niedrigzinsphase war, so würden Wohnungen heute auch erst wieder nach der Fertigstellung verkauft. Das sei eigentlich kein Krisenzeichen, allerdings würden die Finanzierungsstrukturen nicht dazu passen. Derzeit liege die NPE-Quote (notleidendes Obligo) in diesem Bereich bei 2,9 %. Diese werde zwar in Richtung 5 % steigen, was aber kein Grund sei, den Gewerbeimmobiliensektor abzuschreiben.
Christine Dornaus, bis vor kurzem bei der Wiener Städtischen Versicherung für Immobilien zuständig und jetzt Geschäftsführerin der Bundesimmobiliengesellschaft, ging auf das Geschäftsmodell der Hausherren ein: Für diese sei Schnelligkeit kein Thema, sie würden langfristig in Immobilien investieren und bei den Mieten nicht ans obere Ende des Preisbandes gehen, was langfristig zu besseren Erträgen und weniger Leerstand führe. Darüber hinaus seien sie eigenkapitalstark, was ihnen die Möglichkeit gebe, zuzukaufen: Hausherren würden weiter investieren, und das wirke stabilisierend. Auch bei einer steigenden Zinskurve sollte nichts passieren, und das gelte auch für Gewerbeimmobilien, so Dornaus.
Thema für FMA „ganz weit oben“
Birgit Niessner, Direktorin in der OeNB, betont, dass Gewerbeimmobilien zinssensitiv sind, einen Aufschwung erwartet sie erst 2025. Das Gewerbeimmobilienportfolio der Banken in Österreich sei „auffällig“, seit Ende 2022 seien die notleidenden Kredite in diesem Bereich massiv angestiegen, während sie bei anderen Krediten rückläufig waren. Und beim Anteil der Hypothekarkredite an Unternehmen an der Bilanzsumme liege Österreich in der EU an fünfter Stelle. „Wir müssen schauen, dass wir nicht in Richtung Risikoverschärfung gehen“, so Niessner.
Auf die Forderungen der Banken an Unternehmen aus Hochbau und Immobilienwirtschaft ging auch Ursula Hauser-Rethaller, FMA-Expertin für die Bankenaufsicht, ein. Es gebe hier eine hohe Konzentration bei österreichischen Banken, bei einem Drittel von ihnen würden diese Forderungen mehr als 20 % der Bilanzsumme ausmachen. Die FMA müsse auf solche Entwicklungen reagieren und Maßnahmen ergreifen. Erst vor wenigen Tagen habe das Finanzmarktstabilitätsgremium davor gewarnt, das Risiko bei der Finanzierung gewerblicher Immobilien zu unterschätzen, die FMA sei beauftragt worden, „sektorale Systemrisikopuffer“ einzuführen, um das Risiko zu dämpfen. Wenig Verständnis dafür zeigt aber Höller: Es sei unklar, was dieser Puffer für die Finanzstabilität bringen soll, die Kurzfristigkeit des Denkens müsse überwunden werden.
Für die FMA jedenfalls steht das Thema Gewerbeimmobilien „ganz weit oben“, betonte Moderator Michael Hysek, Bereichsleiter Bankenaufsicht, abschließend.
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