Insiderhandel sendet Warnsignale

Seit September trennen sich viele Führungskräfte weltweit von eigenen Aktien.

Roman Steinbauer. Die Rahmenbedingungen wirken für die Aktienmärkte günstig. Die Inflationsraten gehen zurück, relevante Notenbanken erfüllen bereits erwartete Zinssenkungen. Doch gibt es Hinweise, die Skepsis nähren. Führende Indizes sind unterdessen stolz oder ausreichend bewertet. So weist der S&P 500 ein KGV von 28, der Euro Stoxx 50 eines von 16 auf. Dazu stiegen die Ölnotizen im laufenden Monat wieder an.

An einem Nebenschauplatz drängt aber eine weitere Komponente ins Rampenlicht. Die Aktien-Abgabequote hochrangiger Mitarbeiter (sogenannte „Insider“; das bezieht sich in der Regel auf die Management-Ebene, Anm.) liegt seit Wochen weit über deren Kaufquote. Für professionelle Marktteilnehmer und Anlagestrategen stellt dies immerhin zumeist eine zusätzliche Entscheidungskomponente dar.

Von 1. bis 10. Oktober lag der US-Finanzdaten-Plattform GuruFocus nach die geglättete Kauf-/Verkaufs-Relation der Insider (Buy/Sell-Ratio) bei 0,28, nachdem der September-Wert 0,31 ergab. Dies signalisiert folglich, dass sich jüngst der Optimismus unter den Geschäftsführern weiter zurückzog und negative Aussichten die Oberhand gewannen. Diese ermittelte Buy/Sell-Ratio zeigt dabei den Gesamttrend an Zuversicht bzw. Pessimismus der Führungsebenen in den US-AGs an. So steht ein Wert von mehr als 1,00 für einen Überhang des Kaufvolumens, je mehr dar-unter liegend, umso höher der Verkaufsüberhang. Zumeist wird das Überspringen dieser neutralen Schwelle nach oben von Marktteilnehmern als Kaufsignal interpretiert. Auch werden die Daten des Insiderhandels nicht selten als Indikator herangezogen, um Boden- oder Top-Ausbildungen an den Aktienmärkten früh zu erkennen. An vorderster Front bezüglich einer Trennung von eigenen Anteilen durch das Management steht aktuell der prominente, favorisierte Tech-Gigant Nvidia. An den fünf Handelstagen bis zum 10. Oktober veräußerten die Entscheider rund 125.000 Anteilscheine, ein Monat zurückblickend 3 Millionen Stück, drei Monate vorlaufend wurden sogar 7 Millionen Aktien des eigenen Arbeitgebers abgestoßen. Käufe blieben vollends aus.

Einnahme einer zweiten Perspektive
Warum aber ist die Beobachtung der Insider-Trades wichtig: Führungskräfte verfügen über eine Langfrist-Betrachtung und eine exakte Einsicht zur Auftragsauslastung. Die Umsetzung deren Aktivitäten zu eigenen Aktien (soweit keine Sperrfrist bzw. „Lock-up“-Periode wirkt) ist danach bloß ein Ausdruck des „menschlichen“ Bestrebens, Gewinne zu maximieren. Selten korreliert aber die umfassende Buy/Sell-Ratio mit der Marktstimmung an den Finanzplätzen. Im Gegenteil: In äußersten Fällen kann er im Vergleich zu Sentiment-Indikatoren vollkommen konträr ausschlagen. Vielsagend ist der Umstand, dass US-Führungskräfte am 1. März 2020 (Zuspitzung der Corona-Krise) seit November 2008 mit einer Ratio von 1,85 am stärksten eigene Aktien erwarben.

Einfacher Datenzugang für Privatanleger
Da die US-Aktienmärkte nach wie vor den Trend vorgeben, verdienen die verpflichtenden Einreichungen der Führungsriege der Gesellschaften bei der Börsenaufsichtsbehörde SEC das größte Augenmerk. Im Zuge der „SEC Formular 4“-Meldungen haben Firmenmanager die Anzahl und den Preis gekaufter bzw. verkaufter Aktien (inklusive darauf basierender Derivate wie Optionen) binnen zweier Handelstage nach dem Transaktionstag den Behörden zu melden. Oft unterschätzt: Spätes-tens einen Tag darauf sind diese Handelstätigkeiten auf Kanälen wie nasdaq.com, finviz.com oder insidermonkey.com für Privatanleger (großteils kostenlos) ersichtlich.

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