Outperformer Banken und Versicherungen
Finanzwerte der Wiener Börse zeigen Stärke und das hat auch fundamentale Gründe.
Michael Kordovsky. Finanzwerte der Wiener Börse sind derzeit im Aufwind. Der ATX Financials, der sechs Banken- und Versicherungstitel enthält, lag in den vergangenen zwölf Monaten per 27. September mit 39,4 % im Plus, verglichen mit 14,9 % Plus des ATX Prime. Was steckt hinter dieser Stärke der Finanzwerte? Der Börsen-Kurier hat sich sechs interessante Titel dieser Gewinnerbranche genauer angesehen.
Bawag Group weiterhin aussichtsreich
Mit einem Plus von 45 % befindet sich die Bawag-Aktie seit Jahresbeginn auf Aufholjagd, und das hat triftige Gründe: Neben einer Steigerung der operativen Kernerträge um 4 % im ersten Halbjahr und des Nettogewinnes um 7 % auf 342,1 Millionen Euro sowie einer auffallend niedrigen Quote fauler Kredite (NPL-Ratio: 1,1 %) beflügeln zukünftige Ertragsperspektiven im Zuge jüngster Akquisitionen. Dazu CEO Anas Abuzaakouk im Juli: „Wir haben das zweite Quartal mit einem Überschusskapital in Höhe von 770 Millionen Euro abgeschlossen, das wir in zwei strategische Akquisitionen investieren. Im Februar haben wir einen Kaufvertrag zum Erwerb der niederländischen Knab Bank unterzeichnet, wovon ein Beitrag zum Ergebnis vor Steuern von mehr als 150 Millionen Euro im Jahr 2026 erwartet wird. Anfang Juli haben wir einen Kaufvertrag zum Erwerb des Consumer Lending Business von Barclays in Deutschland unterzeichnet, mit einem erwarteten Beitrag zum Ergebnis vor Steuern von mehr als 100 Millionen Euro im Jahr 2027.“
Analysten rechnen laut Konsens unter finanzen.at von 2024 bis 2027 mit einem Gewinnwachstum/Aktie von rund 12 % p.a., weshalb ein für 2025 geschätztes KGV von 7,2 (Kurs: 69,55 Euro) weiter Luft nach oben zulässt, zumal die Dividendenrendite bei 7,2 % liegt.
Oberbank als starke „Regionalbank“
Ein „Hidden Champion“ ist die Oberbank-Stammaktie, die in den vergangenen zehn Jahren (bis Ende Juni) mit einem Plus von 184 % um rund 183 %-Punkte besser als der Bankenindex „Stoxx Europe 600 Banks“ abschnitt. Im ersten Halbjahr 2024 erwirtschaftete der Konzern das zweitbeste Halbjahresergebnis und das beste operative Ergebnis der Geschichte. Das Firmenkundengeschäft verlief erfreulich. Die Märkte Tschechien und Ungarn trugen zum Kreditwachstum bei. Mittlerweile hat sich auch die Nachfrage nach Wohnbaukrediten belebt. Aller-dings ist der Periodenüberschuss vor Steuern um 7,2 % auf 258,7 Millionen Euro zurückgegangen, was mit dem Beitrag der Voestalpine zum Beteiligungsergebnis zusammenhängt, das sich – nach einem außergewöhnlichen Beitrag im Vorjahr – wieder „normalisierte“.
Bei einem Aktienkurs von 70 Euro liegt auf Basis eines annualisierten Ergebnisses pro Aktie von 5,71 Euro das für 2024 geschätzte KGV bei 12,3. Das ist gerechtfertigt, denn eine harte Kernkapitalquote von 18 % und Gesamtkapitalquote von 20,2 % zeugen von Qualität.
Erste Group und RBI günstig bewertet
Die Erste Group strebt nach einem starken ersten Halbjahr 2024, in dem bei einer Steigerung von Zinsüberschuss und Provisionsüberschuss um 3,5 bzw. 11,6 % das Betriebsergebnis um 10,6 % auf 2,97 Milliarden Euro anstieg, für 2024 eine Eigenkapitalverzinsung von 15 % an. Hinzukommen eine niedrige NPL-Ratio von 2,4 % und eine finale harte Kernkapitalquote von 15,5 %. Blickt man zurück auf den Zeitabschnitt 2019 bis 2023 so konnte der Buchwert/Aktie von 32,9 auf 45,6 % gesteigert werden, und für die Jahre 2025 und 2026 rechnen die Analysten mit einem stabilen Nettogewinn.
Auf Basis eines Kurses von 49 Euro liegt die Dividendenrendite bei 5,5 % und das für 2025 geschätzte KGV bei 7,3.
Der Aktienkurs der RBI geriet hingegen aufgrund des Russlandgeschäfts unter Druck, dessen Wegfall jetzt bereits weitgehend eingepreist sein könnte. Rückläufige Verwaltungsaufwendungen und weniger Wertminderungen auf finanzielle Vermögenswerte ermöglichten der RBI im ersten Halbjahr eine Steigerung des Konzernergebnis um 7,3 % auf 1,32 Milliarden Euro. Mit einer harten Kernkapitalquote inkl. Ergebnisses von 17,3 % und einer Eigenmittelquote von 21,4 % ist die RBI in einer guten Ausgangsposition.
Selbst ausgehend von einem rückläufigen Ergebnis pro Aktie liegt bei einem Kurs von 18 Euro das für 2026 geschätzte KGV lediglich bei 3,2.
Uniqa und VIG mit Dividendenvorteil
Seit 2012 zahlt die Uniqa jedes Jahr eine Dividende aus, zuletzt im Juni waren es 0,57 Euro/Aktie, woraus bei einem Kurs von 7,45 Euro eine satte Dividendenrendite von 7,65 % resultiert. Die Chancen auf weiterhin hohe Dividendenzahlungen stehen gut: zweistellige Zuwächse in der Schaden- und Unfallversicherung und in der Krankenversicherung führten dazu, dass im ersten Halbjahr die verrechneten Prämien um 8,8 % auf 4,1 Milliarden Euro stiegen und sich das Ergebnis vor Steuern um 19 % auf 278 Millionen Euro verbesserte. Im ersten Halbjahr 2024 wurde die neue Gesellschaft „Uniqa Sustainable Business Solutions“ ins Leben gerufen, die Firmenkunden hilft, sich auch abseits der klassischen Versicherung vor ESG-Risiken zu schützen. Bleiben die Erträge – so wie die Analysten derzeit erwarten – auch in den kommenden Jahren auf hohem Niveau, dann besteht weiterhin Spielraum für großzügige Dividenden.
Bei der Vienna Insurance Group (VIG) ermöglichen ein breites Versicherungsportfolio in Zentral- und Osteuropa, ausgedehnte Vertriebsaktivitäten in Kombination mit einem konservativen Veranlagungs- und Rückversicherungsmanagement qualitatives Wachstum. Im ersten Halbjahr 2024 stiegen die versicherungstechnischen Erträge um 10 % auf 5,91 Milliarden Euro bei einem Wachstum der verrechneten Prämien um 7,9 % auf 7,89 Milliarden Euro. Das Halbjahresergebnis pro Aktie stieg um 2,4 % auf 5,38 Euro. Verfolgt man die Dividendenhistorie zurück bis 2005, so gab es seit diesem Jahr jedes Jahr eine Dividendenzahlung. Zuletzt lag diese im heurigen Mai bei 1,40 Euro/Aktie, woraus bei einem Kurs von 29,85 Euro eine Dividendenrendite von 4,7 % resultiert. In den vergangenen fünf Jahren lag der Gesamtertrag der VIG-Aktie (bis 26.9.) bei 48,5 %.
Laut dem Analystenkonsens unter MarketScreener sollte von 2023 bis 2026 der Gewinn/Aktie von 4,31 auf 5,534 Euro wachsen, woraus ein für 2026 geschätztes KGV von nur noch 5,4 resultieren würde. Entsprechend trauen die Analysten der VIG bis 2026 im Schnitt eine Anhebung der Dividende von 1,40 (2023) bis 2,024 Euro zu.
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