Schulen und Angst nehmen
So kann Künstliche Intelligenz in Versicherungen funktionieren.
Marius Perger. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (KI) waren beim „Futurehub: Versicherungen“ des Konferenz- und Seminaranbieters imh GmbH zuletzt Thema einer Expertendiskussion. „Irrsinnige Power“ für Versicherer ortet Valerie Brugger, Head of Marketing, Innovation & Digital Sales bei der Wiener Städtischen, in der KI. Neue Geschäftsprozesse seien möglich, um Kunden besser und schneller servicieren zu können. Nötig sei es aber, bei Entscheidungen eine menschliche Kontrolle zwischenzuschalten, sagt Brugger: „Wir wollen Künstliche Intelligenz und Kunden nicht ohne einen Menschen durchschalten.“
Für Marguerita Sedrati-Müller von der Rechtsanwaltskanzlei Schönherr ist KI „mein Assistent, der ihr hilft, Aufgaben besser zu machen“. Und Thomas Üblacker, Chief Innovation Officer und Leiter IT bei der Partner Bank, streicht vor allem Denken, Lernen und Kreativität der Maschine hervor.
Wie man KI im Unternehmen einführen sollte
Zum Einsatz von KI in Unternehmen gebe es verschiedene Herangehensweisen, so Sedrati-Müller. Schlecht wäre es, KI „über alle Mitarbeiter d‘rüberzustülpen“ oder von ihrer Arbeitsweise abzubringen; man solle zuerst anschauen, wie Mitarbeiter arbeiten und was sie brauchen. Anschließend solle man herausfinden, welche Lösungen es gibt, Begeisterte im Unternehmen suchen, die Lust haben, etwas auszuprobieren und erst dann eine Anschaffung vornehmen.
Tests seien besonders wichtig, pflichtet ihr Brugger bei. Bei technologischen Innovationen wie KI sei es wichtig, eine Pilotphase zu starten und zu schauen, was funktioniert und was nicht funktioniert. Entscheidend sei es auch, Mitarbeiter zu schulen, um ihnen Angst zu nehmen.
Vergleich von Digitalisierung und KI
„Digitalisierung ist die Basis, damit KI arbeiten kann“, erläutert Üblacker; innerhalb der Digitalisierung ist KI dann ein Werkzeug. „Tatsächlich muss Digitalisierung zuerst passieren“, betont Sedrati-Müller. Durch die Digitalisierung sei es möglich, Arbeitsabläufe effizienter zu gestalten; Künstliche Intelligenz sei ein Teil davon. Üblacker ergänzt, dass Künstliche Intelligenz in Wirklichkeit auch eine Software ist.
Die Frage der Ethik
„KI und Ethik bzw. Moral stehen einander nicht im Weg“, ist Brugger überzeugt. Weil aber KI einerseits Wohlstand sichern und Arbeitsprozesse erleichtern kann, andererseits die Gefahr einer Entmenschlichung oder Entdemokratisierung bestehe, sei die KI-Regulierung der EU ein richtiger Schritt. Sedrati-Müller betont aber auch die große Verantwortung der Menschen angesichts der Horrorszenarien, was KI alles kann: „Ich hoffe, dass wir einen sorgsamen Umgang mit KI haben, ohne dass uns das jemand vorschreibt.“
Schon in naher Zukunft werde es aber gar keine Wahlmöglichkeit mehr geben, so Sedrati-Müller: „Irgendwann kommen wir an den Punkt, wo wir alle KI verwenden. Nein zu sagen, geht nicht mehr lang.“
Im Zusammenhang mit ethischen Fragen dürfe man auch nicht vergessen, welche Möglichkeiten KI beispielsweise im Bereich der Geldwäsche oder Terrorfinanzierung biete, betont Üblacker. Ohne KI stünden weniger Instrumente zur Verfügung.
Künstliche Intelligenz und die Mitarbeiter
Jede industrielle Revolution habe die Jobprofile verändert, so Üblacker. Natürlich würden manche Berufe wegfallen und es gebe eine „Grundangst“; andererseits würden aber auch neue Berufe entstehen. Brugger verweist dazu auf Studien, dass sich bis 2030 80 % der Berufsfelder neu erfinden werden; man sehe schon jetzt, dass Unternehmen auf der Suche nach bestimmten Spezialisten sind.
Sedrati-Müller empfiehlt deshalb, sehr viel Zeit in die Ausbildung der Mitarbeiter zu investieren. Nicht nur jungen, auch älteren Mitarbeitern solle man die Möglichkeit geben, entsprechende KI-Kompetenz zu erwerben. „Dann verschwindet auch die Angst, dass KI Jobs wegnimmt.“
Und schließlich würden auch neue Jobs geschaffen werden, so Sedrati-Müller. Denn es brauche Menschen, die anderen beibringen, wie man mit KI umgeht: „Das funktioniert nebenbei schlecht.“
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