Die Strategievielfalt richtig nutzen

Selbst Märkte und Aktienkurse, die nicht vom Fleck kommen, bieten Zertifikate-Anlegern Chancen.

Raja Korinek. Das Interesse an Zertifikaten ist bei heimischen Anlegern zurück. Laut dem Zertifikate Forum Austria war der September von starker Aktivität geprägt. Das Handelsvolumen stieg im Vergleich zum August um 93,5 % auf 299,4 Millionen Euro. Das „Open Interest“, das gesamte von Privatanlegern investierte Volumen, wuchs auf 15,4 Milliarden Euro. Dabei machten sich die Nachwehen des turbulenten Börsen-Augusts bemerkbar. 100-%-Kapitalschutz-Produkte legten deutlich zu, wie aus dem Bericht hervorgeht. Hier wurde mit knapp 117 Millionen Euro das stärkste Handelsvolumen verzeichnet.

Doch Anleger können auch Chancen am Aktienmarkt mit einem Teilschutzprodukt nutzen. Wie der Name verrät, ist der Kapitalschutz begrenzt, dafür winken höhere Renditechancen. Solche Produkte können etwa im aktuellen Umfeld ihre Stärken ausspielen: „Trotz zahlreicher ökonomischer und geopolitischer Risiken notieren die Märkte auf historischen Hochs. Einige finanzwirtschaftliche Gesetzmäßigkeiten wurden bereits im Zuge des langen Tiefzinsumfeldes außer Kraft gesetzt“, holt Heiko Geiger (Foto), Zertifikate-Experte bei der Bank Vontobel, im exklusiven Gespräch mit dem Börsen-Kurier, aus.

Kommt der Crash?
Deshalb seien zahlreiche Anleger skeptisch über die weitere Entwicklung der Märkte. „Die verschiedenen Markt-Szenarien reichen von Crash oder Rezession bis hin zu einem anhaltend hohem Niveau.“ Jedenfalls passten diverse volkswirtschaftliche Kennziffern nicht mehr zu dem Verhalten der Märkte, konstatiert Geiger. „Für solch ein Umfeld bieten Zertifikate zahlreiche Möglichkeiten.“ Beispielsweise können sich Anleger mit „Put-Optionen“ oder „Short-Produkten“ ihr Aktien- oder ETF-Portfolio für einen bestimmten Zeitraum und bis zu einem im Vorfeld definierten Niveau absichern. Denn mit solchen Hebelprodukten setzen Anleger auf fallende Märkte. Allerdings ist auch das Risiko eines Totalverlusts hoch, sollten die Märkte in die gegenläufige Richtung tendieren.

Obendrein bieten Renditeoptimierungsprodukte, zum Beispiel Aktienanleihen, die Möglichkeit, an weiteren Marktsteigerungen begrenzt zu partizipieren oder auf Seitwärtsmärkte zu setzen. Denn diesem Produkt liegt eine Aktie zugrunde, wobei gleich bei der Emission ein Basispreis festgesetzt wird. Anleger erhalten obendrein eine fixe Kuponzahlung. Notiert die Aktie zum Laufzeitende auf oder über dem anfangs festgesetzten Basispreis, erhalten Anleger das Nominale zurück. Liegt der Kurs hingegen unter dem Basispreis, bekommen Anleger die Aktien angedient. Diese kann man dann aber im Depot halten.

Neue Thementrends im Fokus
Neue Themen werden oftmals etwa mit Partizipationsprodukten abgedeckt. Wie sich dies von Themenfonds und -ETFs unterscheidet? „Wenn es neue Themen und Trends zu erschließen gibt, ist das Zertifikat am schnellsten im Markt. Fonds und ETFs benötigen in der Regel eine längere Vorlaufzeit. Somit gelingt Anlegern mit Hilfe von Zertifikaten ein viel schnellerer Einstieg in einen aktuellen Marktrend“, erklärt Geiger.

Doch es gibt weitere Unterschiede. Rechtlich handele es sich bei einem Themenzertifikat um eine Schuldverschreibung mit Emittentenrisiko, bei einem Fonds oder ETF hingegen um ein Sondervermögen. Bei der Bank Vontobel hat man sich übrigens jüngst den Themen Quantum Computing – mit dem „Solactive Quantum Computing Partizipationszertifikat“ – sowie Adipositas – mit dem Partizipationszertifikat auf den „Diabetes and Weight Management Basket“ – gewidmet.

Foto: Vontobel