Pensionsfinanzierung braucht mehrere Hebel

Fiskalratspräsident Christoph Badelt im Interview mit dem Börsen-Kurier.

Manfred Kainz. Eine mutige Pensionsreform? Sie war kein Thema in der türkis-blauen Regierungsära, und auch nicht in der schwarz-grünen Legislaturperiode. Jetzt erlebt Österreich wieder Verhandlungen zur Bildung eines Regierungsprogrammes. Was die Betreffenden zum Thema Alterssicherung bedenken sollten?

Im Gespräch mit dem Börsen-Kurier formulierte Christoph Badelt (Foto) ein paar Leitpflöcke. Der em. Univ.-Prof. für Wirtschafts- und Sozialpolitik und ehemalige Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts ist Vorsitzender des Produktivitätsrates sowie Präsident des Fiskalrates (der frühere „Staatsschuldenausschuss“). Dieses unabhängige Gremium hat ein breites gesetzlich festgelegtes Aufgabenspektrum zur Überwachung der Fiskaldisziplin: Von Analysen der Staatsverschuldung und der Budgetpolitik über finanzpolitische Vorschau bis zu Empfehlungen zur Fiskalpolitik und Budgetausrichtung.

Erhöhungen
Badelts gute Nachricht zuerst. Es ist nicht so, dass die Pensionen nicht zu finanzieren wären. Aber nun kommt sein Aber: Durch die demographische Entwicklung – also alternde Bevölkerung, mehr Pensionisten im Verhältnis zu Einzahlenden – steigen die Pensionsausgaben und das belastet die öffentlichen Haushalte zusehends. Das „Grundproblem“ ist also, dass unsere demographischen Gegebenheiten die Staatsfinanzen generell „belastend beeinflussen“.

Also was tun? Der Fiskalratspräsident ist da klar für mehrere Ansatzpunkte: Es brauche – erstens – eine Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters. Das Argument, dass viele Menschen nicht aus dem Arbeitsleben in die Pension überwechseln würden, sieht er nicht als Gegenargument. Auch nicht das Argument, dass es reiche, das faktische Pensionsantrittsalter zu erhöhen, also an das gesetzliche heranzuführen. Das sei „keine Alternative“, sondern – zweitens – „auch notwendig“. Und die Meinung, Work-Life-Balance und Teilzeitarbeit reiche, weil man ohnehin „keine Pension bekommen wird“, sei falsch. Hingegen brauche es mehr Menschen in Beschäftigung.

Schrittweise
Wie eine Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters aussehen könnte? Badelt: „Maßvoll schrittweise und langfristig“ angelegt. Also beispielsweise: Etappenweise Erhöhung des Pensionsalters um zwei Jahre über einen Zeitraum von zehn Jahren. Früh angekündigt und beginnend in zwei Jahren: Verlängerung des Antrittszeitpunktes um zwei Monate pro Jahr.

Beitragserhöhungen sieht der Fiskalratschef „nicht als jetziges Thema“. Denn die Pensionsbeiträge seien jetzt schon hoch. Stattdessen sei eher bei „außertourlichen Pensionserhöhungen“, die das Versicherungsprinzip aufweichen, Einsparungsdisziplin nötig. Um Pensionsausgleichszulagen zu minimieren, gehe es darum, mehr Leute „in Beschäftigung zu bringen“ und zu halten.

Gesamtkonzept
Seit Jahrzehnten gibt es von vielen Seiten (etwa der Versicherungswirtschaft) Rufe nach fiskalischer Förderung, also steuerlichen Anreizen für die Altersvorsorge; beispielsweise Steuerbegünstigungen für Beiträge in die zweite und dritte Pensions-„Säulen“, Halbierung bis Abschaffung der Versicherungssteuer für Pensionsvorsorgeprodukte, und/oder KESt-Befreiung von Anlagedepots, die der Eigenvorsorge dienen. Badelt ist da zurückhaltend: Statt solcher „Einzelpositionen“ brauche es vielmehr ein „gesamthaftes Budgetkonsolidierungskonzept“. Und darauf aufbauend eine „völlige Umorientierung im Budget“. Heißt in Zahlen: Einsparungen von „jenseits von zehn Milliarden Euro jährlich“ – um „Geld frei zu schaufeln“ für die großen Investitionsbrocken „Gesundheit, Infrastrukturen, Technologie“. Die wiederum die für die Pensionsfinanzierung nötige Beschäftigung bringen würden.

Regierungsprogramm
Was sollte also in einem hoffentlich baldigen Regierungsprogramm stehen? Ein breit getragenes Programm brauche mehreres, so Badelt: Mehr Anreize, um das Pensionsalter in Beschäftigung zu erreichen; als auch Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters. Aber das alles „sozial ausgewogen“. Und er gibt den Regierungsverhandlern mit: „Bei jeder Koalitionsverhandlung müssen sich alle in ihren Positionen bewegen. Sonst geht gar nichts.“

Foto: Lisi Niesner