Wie turbulent wird das kommende Börsenjahr?
Vor allem Trumps Zollpläne verunsichern Anleger. Experten erklären, worauf es nun ankommt.
Raja Korinek. Der Staub rund um die US-Präsidenten-Wahl Donald Trumps hat sich gelegt. Luca Paolini, Chefstratege bei Pictet Asset Management (AM), hat dessen Folgen für die Weltwirtschaft analysiert. So dürfte die US-Wirtschaft im kommenden Jahr um 1,9 % wachsen, und damit leicht schwächer als heuer. Freilich, zu der Abschwächung dürften Trumps Zollpläne beitragen, meint Paolini. Sie sind mit 60 % auf chinesische Waren, sofern sie in dem Ausmaß kommen, besonders hoch angesetzt.
Für die Importe aus dem Rest
der Welt dürfte der Tarifsatz bis zu 20 % betragen – bis auf zwei Ausnahmen. So hat Trump angekündigt, bei Amtsantritt Zölle auf Waren aus Mexiko und Kanada mit 25 % zu belegen. „Er hat aber bewusst das Tor für Verhandlungen bis zu seinem Amtsantritt offengelassen“, ergänzt Michael Weidner, Geschäftsführer und Co-Head of Global Fixed Income bei Lazard Asset Management (AM). So gebe es die Chance auf eine Entkräftung, meint Weidner.
Weniger Steuern und Regulierung
Paolini verweist auf weitere Vorhaben, zu denen Steuersenkungen sowie die Deregulierung zählen. Dies könnte dem Pictet-AM-Profi zufolge für einen Schub der Wirtschaft sorgen und negative „Zolleffekte“ dämpfen. Auch auf den Börsen scheinen solche Pläne anzukommen. Allein die Aussicht auf niedrigere Unternehmenssteuern haben den US-Märkten weiteren Rückenwind nach dem Wahlausgang verpasst, hebt Lazard-Experte Weidner hervor.
Doch wie könnte sich die Eurozone entwickeln? Vor allem aus Deutschland mehren sich negative Meldungen. „Aber im gesamteuropäischen Kontext inklusive Südeuropa ist das Wachstum ordentlich“, so Weidner von Lazard AM. Konkrete Prognosen liefert Pictet AM: So dürfte die Region 2025 um 1,2 % wachsen, nach einem geschätzten Plus von 0,8 % im laufenden Jahr. Die Schwellenländer könnten 2025 gar um gut 4,3 % wachsen, die Weltwirtschaft um 2,8 %.
Hohe Bewertungen an den Börsen
Doch wie sieht die Lage auf den Kapitalmärkten aus? Schließlich haben zahlreiche Aktienindizes neue Rekordhochs erreicht ebenso wie der Goldpreis. Und der Zinsaufschlag von Unternehmensanleihen gegenüber Staatsanleihen ist extrem niedrig, hält Paolini fest. „Solch ein Umfeld gab es zuletzt 2007.“ Darauf folgte die Finanzkrise. Noch will der Pictet-AM-Chefstratege die Entwicklung nicht überbewerten. Solange sich die makroökonomischen Aussichten nicht verschlechterten, gebe es keine Gefahr größerer Korrekturen.
Auch die Unternehmensgewinne dürften 2025 weiter steigen. Während die Konsens-Schätzungen von einem Plus von 13 % ausgehen, ist man bei Pictet AM vorsichtiger. Dort liegen die Schätzungen bei 7 %. Insgesamt sei man bei Aktien noch immer übergewichtet, insbesondere mit US-Titeln. Zwar sei das Kurs-Gewinn-Verhältnis beim S&P 500 von zuletzt 23 recht stattlich. „Doch erst ab einem Niveau von 25 werden US-Aktien besonders teuer“, betont Paolini. Dann würde man in europäische Werte umschichten, die derzeit sehr günstig seien.
Mögliche Kurskatalysatoren könnten Friedensverhandlungen der Ukraine mit Russland sein, meint Paolini. Er zählt auch positive Signale aus Deutschland dazu, etwa dann, wenn die Schuldenbremse gelockert würde und Investitionen erhöht würden. Und wie sieht es bei den Bonds aus? Hier bevorzugt Paolini Staatsanleihen aus Großbritannien, kurz laufende Hochzinsanleihen aus der Eurozone – die Verzinsung sei interessant, die Ausfallquote gering – und Schwellenländeranleihen.
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