Was US-Zölle für die Börse bedeuten

Die im US-Wahlkampf angekündigten Zölle, hätten erhebliche Folgen, so Experten.

Patrick Baldia. Lange hat US-Präsident Donald Trump nach seinem Amtsantritt im Jänner nicht gefackelt und die Diskussion um die im Wahlkampf angekündigten Zölle auf Einfuhren in die USA in Gang gesetzt. In den Raum gestellt wurden in den vergangenen Wochen neben Handelsbeschränkungen auf Stahl- und Aluminiumimporte zu-letzt auch Zölle auf Autos, Pharmazeutika, Halbleiterchips und Holz. Zwar erinnern Experten an die erste Amtszeit von Trump, als auf aggressive Drohungen oft Verhandlungen mit weniger drastischen Ergebnissen folgten. Gleichzeitig warnen sie auch vor negativen Auswirkungen für Wirtschaft und Kapitalmärkte.

Die globalen Märkte zeigten sich zuletzt von der Zoll-Debatte weitgehend unbeeindruckt. Die Ernüchterung könnte allerdings schnell eintreten, so Experten. Bei J.P. Morgan Asset Management geht man etwa davon aus, dass im Falle der Einführung der im Wahlkampf angekündigten Zölle der durchschnittliche Zollsatz auf US-Warenimporte auf fast 12 % des Gesamtwerts der US-Importe ansteigen würde und damit auf den höchsten Stand seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Folgen für Welthandel, Inflation und Kapitalmärkte wären erheblich, so ihre Schlussfolgerung. Kapitalmarktstratege Tilman Galler verweist auf die Handelskonflikte während Trumps erster Präsidentschaft, die den globalen Warenverkehr nachhaltig beeinflusst hätten. Seit Dezember 2017 sei etwa der Importanteil chinesischer Güter in die USA von 21,5 auf 13 % zurückgegangen.

Zölle könnten Inflation treiben
Für Galler unterscheiden sich die aktuellen Rahmenbedingungen in zweierlei Hinsicht von 2018: „Erstens ist der Wert des handelsgewichteten US-Dollars 25 % höher und zweitens ist der angedrohte Zollanstieg deutlich massiver.“ Daher sei es schwieriger, die negativen Folgen der US-Zölle mit Wechselkursanpassungen zu kompensieren. Die Folge: Die Margen ausländischer Exportunternehmen könnten stärker unter Druck geraten und die Preise für US-Konsumenten stärker steigen. Im Falle einer noch schärferen Zollpolitik als angekündigt, drohe auch ein negativer Wachstumsschock für die globale Wirtschaft.

„Die letzten Wochen haben gezeigt, dass Zölle für den ATX von geringerer Bedeutung sind als andere Themen“, sagt Christoph Schultes, Chief Analyst Equity CEE bei der Erste Group, im Gespräch mit dem Börsen-Kurier. Auch wenn Diskussionen über Zölle immer wieder zu Rücksetzern führen würden. Ohnehin sei die Zahl der Unternehmen, die an der Wiener Börse von den angekündigten Zöllen betroffen sei, sehr überschaubar. Dazu würden unter anderem Voestalpine, Palfinger, SBO und Amag zählen. Wie stark sie letztlich von Handelsbeschränkungen betroffen sind, hänge davon ab, wieviel sie in die USA exportieren bzw. dort in eigenen Werken produzieren.

Beispielsweise produziert SBO in den USA und Kanada. Die Amag besitzt das Werk Alouette in Kanada, wäre also von Zöllen betroffen. Allerdings sind die USA sehr stark abhängig von Kanada, was Aluminium angeht, daher ist es fraglich, ob Zölle eine große Auswirkung auf die Nachfrage nach Aluminium haben, oder ob die höheren Preise einfach akzeptiert werden.

Zudem besteht die Möglichkeit, das Aluminium in andere Länder zu verkaufen, also auch bei der Amag sollten sich – auch wenn noch nicht abschätzbar – die Auswirkungen der Zölle in Grenzen halten. „Das größere Thema sind derzeit die Rohstoffpreise, die zu einem Druck auf die Margen führen“, so Schultes.

Unternehmen, die im Automotive-Bereich tätig sind, wie die Voestalpine oder Andritz, schützt wiederum nach Einschätzung von Schultes auch ein diversifiziertes Geschäftsmodell. Die Voestalpine hat im Übrigen kürzlich die Auswirkungen von Zöllen auf das Unternehmen als verkraftbar erklärt und die Kosten mit 30 bis 40 Millionen Euro beziffert.

Diversifizierte Portfolios
Angesichts der drohenden Zollentwicklungen legen jedenfalls Experten Anlegern stärker diversifizierte Portfolios ans Herz. „Alternative Investments können dazu beitragen, einige der Aufwärtsinflationsrisiken abzumildern, während europäische Staatsanleihen im Falle eines deflationären Schocks einen Puffer bieten sollten“, sagt Galler. Im Aktienbereich stünden europäische Werte be-sonders im Risiko. Schließlich würden 24 % der Umsätze der Unternehmen im MSCI Europa aus den USA kommen.

Auch Madeleine Ronner, sie ist Fondsmanagerin bei der DWS, glaubt, dass US-Zölle europäische Aktien belasten könnten. Ebenso wie deutsche. „Mögliche US-Strafzölle auf europäische Produkte haben den Markt Anfang Februar durchgerüttelt. Sollten sie höher ausfallen als erwartet, würde das zumindest einige Dax-Unternehmen deutlich belasten“, sagt sie.

Wer am Wiener Börsenparkett aktiv ist und sich gegen das Makro-Thema Zölle absichern möchte, könnte sich Versorgern, Telekom-Unternehmen und Versicherungen widmen, die von möglichen Zöllen gar nicht betroffen sind. „Bei anderen Branchen, wie zum Beispiel Banken, steht die gesamtwirtschaftliche Entwicklung im Vordergrund“, so Schultes abschließend.

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