2024 ein Jahr des Übergangs im Biotech-Segment
Christian Koch, der Leiter des Investment-Teams von BB Biotech, im Gespräch.
Klaus Schweinegger. BB Biotech investiert in Gesellschaften des Wachstumsmarkt Biotechnologie und ist einer der weltweit größten Anleger in diesem Bereich. Die BB Biotech-Aktie (ISIN: CH0038389992) ist an der SIX Swiss Exchange und an der Deutschen Börse notiert. Der Fokus der Beteiligungen liegt auf börsennotierten Gesellschaften, die sich auf die Entwicklung und Vermarktung neuartiger Medikamente mit einem Mehrwert für das Gesundheitssystem konzentrieren.
Börsen-Kurier: Herr Koch, das Biotech-Segment hat in den vergangenen Jahren einige Turbulenzen erlebt. Wie beurteilen Sie die Entwicklung in 2024?
Christian Koch: 2024 war ein Jahr des Übergangs. Nach einer Phase schwacher Performance und gedämpfter Anlegerstimmung hat sich der Sektor im vierten Quartal strukturell erholt. Anleger haben sich wieder verstärkt auf Fundamentaldaten konzentriert – klinische Meilensteine, regulatorische Fortschritte und erfolgreiche Kommerzialisierungen rückten in den Fokus. Einige unserer Positionen wie Scholar Rock, Wave Life Sciences und Edgewise Therapeutics haben in diesem Umfeld stark zugelegt, ein Zeichen für das wiedererstarkte Anlegervertrauen. Trotz dieser positiven Entwicklungen bleibt die Volatilität hoch, und selektives Investieren ist wichtiger denn je.
Börsen-Kurier: Was erwarten Sie für 2025? Setzt sich die Erholung fort?
Koch: Wir sehen vielversprechende Signale dafür, auch wenn es kurzfristig volatil bleiben dürfte. Die Pipeline vieler Biotech-Unternehmen hat sich gefestigt, und 2025 dürfte ein wichtiges Jahr werden. Die Bewertungen sind weiter-hin attraktiv, insbesondere für Unternehmen mit innovativen Therapien in der mittleren bis späten Entwicklungsphase. Zudem steigt der Druck auf die Pharmakonzerne, ihre Pipelines zu erneuern. Wir erwarten eine anziehende M&A-Aktivität, was sich bereits mit der Übernahme von Intra-Cellular Therapies durch Johnson & Johnson für rund 15 MrdUSD zeigt. Insgesamt bleiben wir optimistisch, setzen aber auf eine disziplinierte Titelauswahl.
Börsen-Kurier: Welche Rolle spielen regulatorische Entwicklungen in den USA für den Biotech-Sektor?
Koch: Die politische und regulatorische Landschaft ist ein entscheidender Faktor. Die US-Präsidentschaftswahl hat für Unsicherheit gesorgt, insbesondere im Gesundheitssektor. Die Ernennung von Robert F. Kennedy Jr. zum Gesundheitsminister wirft Fragen hinsichtlich künftiger FDA-Entscheidungen und Medikamentenerstattungen auf. Gleichzeitig könnte die Berufung von Martin Makary als FDA-Leiter Stabilität bringen. Der Inflation Reduction Act bleibt ebenfalls ein Thema, da er Medikamentenpreise unter Druck setzt. Unternehmen mit klar differenzierten Therapieansätzen könnten aber davon profitieren.
Börsen-Kurier: Sie haben Anfang des Jahres die Leitung des Investment-Management-Teams übernommen. Welche strategischen Anpassungen haben Sie vorgenommen?
Koch: Wir haben unseren Investmentprozess verfeinert, um noch gezielter Kapital zu allokieren. Unser Bewertungsmodell wurde dynamischer, sodass wir schneller auf Marktveränderungen reagieren können. Wir haben unsere Einstiegs- und Exitstrategien optimiert und uns verstärkt auf Unternehmen mit nachgewiesenem Proof-of-Concept fokussiert. Gleichzeitig haben wir unser Team ausgebaut – vor allem in den USA, dem Zentrum der Biotech-Industrie.
Börsen-Kurier: Was bedeutet das konkret für die Zusammensetzung des Teams?
Koch: Ein Meilenstein war der Ausbau unserer US-Präsenz: Seit Dezember 2024 leitet Wendy Lam die wachsende Niederlassung in New York. Mit ihrer umfassenden Biotech-Investmenterfahrung und ausgezeichneten Vernetzung in der Branche stärkt sie unsere Position vor Ort. Auch in der Schweiz haben wir unser Team erweitert – Anna Guinot Aguado ergänzt uns mit wertvoller Expertise in der Onkologie und im Venture-Capital-Sektor.
Börsen-Kurier: Abschließend die Frage: Wie positionieren Sie sich im laufenden Jahr?
Koch: Das Jahr 2025 wird für mehrere unserer Portfolio-Unternehmen ein entscheidendes Jahr. Argenx erweitert den Einsatz seines Autoimmun-Medikaments Vyvgart mit einer neuen Fertigspritze und zusätzlichen Indikationen. Alnylam wiederum steht kurz vor der Markteinführung von Amvuttra zur Behandlung einer schweren Herzerkrankung (ATTR-Kardiomyopathie) und adressiert damit einen großen medizinischen Bedarf. Aber auch in der klinischen Forschung gibt es spannende Entwicklungen: Incyte arbeitet an der Entwicklung krankheitsmodizfizierender Therapien gegen myeloproliferative Neoplasie, eine seltene Blutkrebserkrankung, und prüft eine vielversprechende orale Behandlung für Hidradenitis suppurativa, eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung. Und last but not least: Rivus untersucht in einer großen Studie, ob seine neue Therapie effektiv gegen die weit verbreitete Stoffwechselerkrankung MASH hilft.
Foto: BB Biotech