„Entwicklung an der Börse bleibt spannend“
Robert Ertl, Vorstand der Bayerischen Börse und zuständig für das Handelssystem Gettex, im Interview.
Börsen-Kurier: Wie erklären Sie sich den starken Jahresauftakt auf Gettex?
Robert Ertl: Normalerweise ist das erste Quartal des Jahres immer ein sehr lebhaftes, was die Umsätze betrifft. Und das ist auch heuer der Fall. Die Zahl der Trades liegt bereits jetzt schon deutlich über dem Vorjahreszeitraum und dem bisherigen Rekordquartal, dem vierten Quartal 2024. Getrieben wird der Börsenhandel überwiegend von der Politik. Das alte Sprichwort „politische Börsen haben kurze Beine“ bewahrheitet sich derzeit also nicht. Neben der erratischen Politik von US-Präsident Donald Trump, tragen aber auch die Maßnahmen, die wir im Vorjahr eingeleitet haben, um den Handel auf Gettex für Anleger attraktiver zu machen, zur positiven Entwicklung bei.
Börsen-Kurier: Wer ist für die starke Entwicklung der letzten Wochen verantwortlich? Deutsche oder internationale Anleger?
Ertl: Das wissen wir nicht genau, da der Börsenhandel ja anonym ist. Da müssten Sie die Banken, Broker und Neo-Broker fragen, bei denen die Anleger ihre Orders aufgeben. Wir gehen aber davon aus, dass der überwiegende Teil der Trades aus Deutschland stammt.
Börsen-Kurier: In was wurde hauptsächlich investiert?
Ertl: Auch wenn wir auch in anderen Assetklassen, wie etwa bei Zertifikaten eine starke Dynamik sehen, so bleiben Aktien trotzdem unser Hauptprodukt. Während früher schwerpunktmäßig internationale Aktien und US-Werte gehandelt wurden, sind seit Anfang 2025 deutsche Aktien wieder verstärkt im Blickpunkt der Anleger. Das zeigt sich auch aktuell bei den fünf meistgehandelten Papieren unter denen sich auch Rheinmetall, Nvidia, Hensoldt, Deutz und Renk finden.
Börsen-Kurier: Weil Sie eingangs die im Vorjahr eingeleiteten Maßnahmen angesprochen haben, im Jänner haben Sie neue Handelszeiten eingeführt. Wie wird das von den Anlegern angenommen?
Ertl: Seit Februar können zwischen 7.30 und 23 Uhr alle Aktien, ETFs, ETNs, ETCs, Fonds und Anleihen getraded werden. Davor war das nur zwischen 8 und 22 Uhr möglich. Die neuen Handelszeiten werden jedenfalls sehr gut angenommen. Gerade in der Berichtsaison. Viele US-Unternehmen veröffentlichen ihre Zahlen nämlich nach 22 Uhr (CET). Und dass jetzt bereits ab 7.30 Uhr gehandelt werden kann, hat den Hintergrund, dass viele deutsche und europäischen Unternehmen ihre Zahlen sehr früh veröffentlichen. Die Anleger können jetzt sehr schnell auf Impulse reagieren.
Börsen-Kurier: Was können Anleger neben der Einführung der neuen Handelszeiten heuer noch erwarten?
Ertl: 2024 hat sich bei uns unter anderem mit dem Relaunch der Gettex-Website, der Entwicklung von vier Risiko-Indikatoren für Europa und Nordamerika, die die Risikoneigung der Investoren wiedergeben, dem neuen Zertifikate-Finder (auf der Website) und der Ausstrahlung des Podcasts „Börse aufs Ohr“ mit seinem Zertifikate-Schwerpunkt ja bereits einiges getan. Nach der Einführung der neuen Handelszeiten wollen wir im zweiten Quartal das Angebot auf sämtliche der mehr als 8.300 Aktien, die an der Börse München gehandelt werden können, ausweiten. Zudem wollen wir 2025 ein, zwei neue Bankpartner und Zertifikate-Anbieter präsentieren.
Börsen-Kurier: Bleibt 2025 ein gutes Börsenjahr?
Ertl: Das ist eine gute Frage. Die Börse ist ähnlich wie der Fußball. Man weiß nie so recht was passieren wird. Man kann aber davon ausgehen, dass in der Regierungszeit von Donald Trump weiterhin für Überraschungen gesorgt sein wird. Daher sollte auch die Entwicklung an der Börse spannend bleiben und die Volatilität hoch. Und dass derzeit gerade im März, im oft ruhigsten Monat im sonst sehr lebhaften ersten Quartal bei uns so viel los ist, könnte darauf hindeuten, dass die Handelsumsätze in 2025 hoch bleiben werden.
Foto: Bayrische Börse AG