IPO-Potenzial häufig ungenutzt

KMUs in Europa, die einen Börsengang andenken, stehen vor erheblichen Hürden.

Red./ks. Strenge Transparenz- und Berichtspflichten, hohe Kosten für den Börsengang sowie laufende Compliance-Auflagen schrecken viele mittelständische Unternehmen davon ab, an die Börse zu gehen. Im Gegensatz zu großen Konzernen, die über umfangreiche Ressourcen verfügen, fehlt es kleineren Unternehmen oft an Kapital und Expertise, um die hohen Anforderungen zu erfüllen. Zudem befürchten viele Unternehmer einen Kontrollverlust und verspüren hohen Druck durch die Quartalsberichterstattung.

Vorbild USA?
„Im Vergleich zu den USA ist das Potenzial kaum ausgeschöpft, das Mindset und die Rahmenbedingungen sind Faktoren, die in Zukunft geändert werden müssen, um als Weltregion wettbewerbsfähig zu bleiben“, kennt Stefan Petrikovics (Foto), Gründer der SMG Holding, die Herausforderungen. Mit seinem Unternehmen ist er auf IPO-Sponsoring im europäischen Raum spezialisiert und begleitet KMU als Partner von der Idee bis zum Listing. In Europa sieht der Finanzexperte enormes Potenzial: „Wir sehen besonders in den drei Märkten Immobilien, Technologie und Energie enorme Chancen. Auch im Tourismussektor besteht ein deutlicher Aufholbedarf, denn obwohl dieser deutlich größer als jener der USA ist, machen der öffentliche Kapitalmarkt und der Anteil an börsennotierten Unternehmen nur einen Bruchteil aus.“

Oft auch Vorurteile
Dabei sind die Gründe für die Zurückhaltung vielseitig. Neben den oft fehlenden fachlichen, personellen und finanziellen Ressourcen haben viele Unternehmer auch Vorurteile gegenüber einem Börsengang. Um diese aus dem Weg zu räumen, fordern Experten umfassende Beratungsangebote und Fördermaßnahmen, die die potenziellen Vorteile vermitteln.

Zurückhaltend zeigen sich in Europa und vor allem auch in Österreich, die institutionellen Investoren. Während in den USA gerade sie einen großen Teil der Risikofinanzierung ausmachen, ist dies in Europa nur bedingt der Fall. „Vielmehr wird bei Investitionen hierzulande viel Wert auf Risikoarmut gelegt. Das ergibt ein Henne-Ei-Problem: Fehlen in Europa die KMU, die an die Börse wollen, oder fehlen die Investoren, die dies möglich machen würden? Langfristig orientierte Investoren würden vor allem den KMU eine Planungssicherheit geben und die Angst vor einem Börsengang lindern“, weist Petrikovics gegenüber dem Börsen-Kurier auf die verzwickte Lage hin.

Bessere Bedingungen für KMU
Experten fordern gezielte Maßnahmen, um eine Trendwende zu ermöglichen und Börsengänge attraktiver zu machen. Dazu zählen vereinfachte regulatorische Prozesse mit weniger Bürokratie und angepassten Reporting-Pflichten. Auch steuerliche Anreize können dazu beitragen, den Kapitalmarkt als Finanzierungsquelle zu stärken.

Ohne die notwendigen Reformen wird das erhebliche Potenzial für Börsengänge in Europa wohl weiterhin ungenutzt bleiben. Eine proaktive Unterstützung von KMU könne nicht nur deren Wachstum fördern, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit des gesamten europäischen Wirtschaftsraums stärken, so Petrikovics.

Foto: SMG / Wexplore