Auf Schnäppchen-Jagd gehen
Nicht nur am US-Tech-Sektor, auch an der Wiener Börse finden sich Gelegenheiten.
Patrick Baldia. Die letzten Wochen hatten es an den Börsen wahrlich in sich. Nachdem die Ankündigung überraschend hoher Zölle durch US-Präsident Donald Trump unter Anlegern vorübergehend Panik ausgelöst hat (allein an den US-Börsen wurden Anfang April Milliarden US-Dollar „vernichtet“), bleibt das Umfeld weiter unsicher. Selten zuvor war es so schwer, eine Prognose für die Zukunft abzugeben. Nur so viel scheint klar: die Stimmung an den Aktienmärkten ist so schlecht wie schon lange nicht mehr.
Mit einer raschen Normalisierung der Lage, ganz zu schweigen von einer Rückkehr zu alten Höchstständen, rechnen Experten jedenfalls nicht. Zu erwarten sei keine „V-förmige“, aber eine sich über mehrere Quartale erstreckende moderate Erholung, heißt es etwa bei Raiffeisen Research.
Für Alois Wögerbauer, Geschäftsführer der 3 Banken-Generali Investment-Gesellschaft, befinden wir uns aktuell in einer Phase, in der die Märkte alles neu definieren würden. „Sie kann über Wochen, unserer Meinung nach aber mindestens über das gesamte zweite Quartal anhalten“, sagt er zum Börsen-Kurier.
So unsicher die Lage auch scheint, nicht von der Hand zu weisen ist, dass die starken Kursrückgänge der vergangenen Wochen Anlegern auch Chancen eröffnen. „Die stärksten Verlierer werden die größten Gewinner sein“, meint Manuel Schleifer von Raiffeisen Research. „US-Tech sollte daher das Feld anführen.“
Für Wögerbauer drängen sich da drei Namen auf: Alphabet, Amazon und Microsoft. Sie wären zuletzt um rund 20 bis 30 % billiger geworden. „Ich sehe in den nächsten fünf Jahren kein Szenario, in dem diese Unternehmen nicht erfolgreich sein sollten“, sagt er.
Chancen im ATX Prime
Auch im ATX Prime haben sich interessante Gelegenheiten ergeben. Etwa bei Unternehmen, die sich eigentlich auf einem positiven Trend befanden, über die letzten vier Wochen aber starke, für Wögerbauer „in fundamentaler Hinsicht nicht nachvollziehbare“, Kursrückgänge verzeichneten. Interessant wären etwa Andritz, Palfinger, SBO und Wienerberger.
Auf europäischer Ebene scheine der Bau- und Rüstungssektor interessant. Ein paar Beispiele: Heidelberg Materials, Holcim und Sika. In Europa sollte man jedenfalls etwas langfristiger denken. „Schließlich wird es seine Zeit dauern, bis sich die Infrastruktur- und Rüstungspakete in den Zahlen der Unternehmen spiegeln werden.“
Bei BlackRock wurden europäische Aktien zuletzt auf „neutral“ hochgestuft. „Eine größere Einheit und eine wachstumsfreundliche Agenda in ganz Europa könnten die Nachfrage möglicherweise deutlich ankurbeln“, erklärt Roelof Salomons vom Investment Institute des weltgrößten Asset Managers. Bevor man jedoch optimistischer werde, werde man zunächst beobachten, wie die Eurozone auf die sich verändernde globale Dynamik reagiere und ihre strukturellen Herausforderungen angehe. Selektive Chancen für Anleger sieht der Experte ebenfalls in Branchen, die mit Verteidigungs- und Infrastrukturausgaben verbunden wären, ebenso wie im Finanzsektor.
Insgesamt empfehlen Experten Anlegern, nicht in Extreme zu verfallen, sondern maximal kleinere Adaptionen vorzunehmen, wie beispielsweise die USA etwas zu reduzieren. In der größten Volkswirtschaft der Welt gebe es auf Sektoren- und Einzeltitelebene weiterhin Gelegenheiten. „Anleger sollten erwägen, ihr Portfolio in weniger teure Aktienmärkte zu diversifizieren“, so Monica Defend, Leiterin des Amundi Investment Institute.
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