Realwirtschaftsinvestments abseits der Börse

ELTIF 2.0 öffnet Privaten unkompliziert die Tür zur Welt der Private-Equity-Beteiligungen.

Michael Kordovsky. European Long-Term Investment Funds (ELTIF) wurden von der EU geschaffen, um neben Institutionellen auch Privatanlegern den direkten Zugang zu langfristigen Beteiligungen an nicht börsennotierten Unternehmen (Private Equity) sowie Infrastrukturprojekten zu ermöglichen. Ziel ist es, privates Kapital stärker zur Finanzierung des Mittelstands und wichtiger Infrastrukturvorhaben zu aktivieren. Ursprünglich geregelt wurde diese Anlagekategorie in der ELTIF-1.0-Verordnung aus dem Jahre 2015. Doch zu komplexe und restriktive Auflagen führten dazu, dass ELTIFs ein Nischenprodukt blieben. Mit dem ELTIF 2.0 erfolgte eine Entbürokratisierung und ein erleichterter Zugang für Privatanleger: Diese können nun mit geringen Mindestanlagesummen investieren wie professionelle Anleger.

Chance für Anleger und Vermögensberater
Auch österreichische Anleger können sich nun wieder – unabhängig von Nettovermögen und An-lagequoten – über einen Vermögensberater unmittelbar an mittelständischen Unternehmen beteiligen. Ein bedeutender Schritt, denn 99 % aller Unternehmen agieren abseits der Börse und so konnten sich Anleger auch nur an dem einen Prozent beteiligen.

„Private-Equity-Fonds des Buy-out-Spektrums für mittelständische Unternehmen beteiligen sich mehrheitlich an Hidden Champions, erarbeiten individuelle Wachstumsstrategien und setzen sie in den folgenden fünf bis sieben Jahren um. Das Ziel ist dabei immer dasselbe: Den Wert des Unternehmens nachhaltig zu steigern, um es anschließend mit Gewinn wieder zu verkaufen“, erklärt Birgit Schmolmüller (Foto), Geschäftsführerin von MPE (Munich Private Equity) Austria, im Gespräch mit dem Börsen-Kurier. Beispiele erfolgreicher Mittelständler mit PE-Background sind das tschechische Sicherheitssoftware-Unternehmen Avast und die beiden österreichischen Innovatoren Agilox (fahrerlose Logistikstapler) und Innio (Wasserstoffmotoren und Gasmotoren zur Stromerzeugung).

Dachfondsprinzip
Breit gestreut kann in diese Unternehmen über einen ELTIF investiert werden, der nach dem Dachfondsprinzip in diverse Zielfonds investiert. So beteiligen sich Anleger insgesamt an bis zu mehr als einhundert Firmen verschiedener Länder und Branchen im Sinne der Anlagesicherheit. Die Renditen können nach Kosten und vor Steuern – je nach Szenario – im Bereich von 6 bis 10 % p.a. liegen. Universitätsstiftungen, Pensionskassen in Übersee und auch Family Offices sind entsprechend in Private Equity investiert. Laut einer Goldman-Sachs-Umfrage bei 166 Family Offices fielen 2023 rund 26 % des Portfolios auf Private Equity.

Für österreichische Kleinanleger ist diese Anlagekategorie oft völliges Neuland. Doch über ELTIF bekommen sie über ihren Vermögensberater nun einen Zugang. Dazu Schmolmüller: „Mit dem ELTIF können Berater ihren Kundenportfolios einen stabilen Baustein mit attraktiver Renditekomponente hinzufügen. Für die Kunden heißt das: bessere Diversifikation und niedrigere Volatilität. Die Berater profitieren von einem Produkt mit geringem Betreuungsaufwand.“

Allerdings sollten sie sich die verschiedenen Konzepte der Private-Equity-ELTIFs genau ansehen. „So können wenige Einzelobjekte oder hunderte Beteiligungen enthalten sein. Auch der Investitionsfokus – ob Start-ups, Mittelstand oder Großkonzerne – beeinflusst das Rendite-Risiko-Profil deutlich. Dazu gibt es nun semi-liquide Konzepte, die dem eigentlichen Naturell von Private Equity widersprechen. Es gilt also verschiedene Parameter zu beachten“, erklärt Schmolmüller.

Ein aktuelles Beispiel: stabiles Europa
Der „MPE Mid Market Private Equity ELTIF“ für europäische mittelständische Unternehmensbeteiligungen etwa wird derzeit von Munich Private Equity bis Jahresende zur Zeichnung angeboten. Die Aufbauphase läuft bis Ende 2029. Ab 2030 beginnen die Ausschüttungen und die geplante Laufzeit endet voraussichtlich Ende 2037. Ab 5.000 Euro können Anleger einsteigen. Das Agio beträgt 5 %. Ein Vorteil des Produkts soll laut Schmolmüller der Schwerpunkt auf mehr als 100 europäischen Firmen sein: „Die EU zählt zu den stabilsten Anlageregionen weltweit – mit demokratischen Systemen, klaren Regeln und hoher Marktreife für Private Equity. Die Deal-Aktivität ist entsprechend hoch. Gerade der Mittelstand, oft als ‚Rückgrat der Wirtschaft‘ bezeichnet, bietet zahlreiche Investitionsmöglichkeiten. Viele dieser Unternehmen treiben Innovation und Wachstum und verfügen über erhebliches Potenzial zur Wertsteigerung – besonders innerhalb der vielfältigen Märkte der EU.“ Die Auswahl der Zielfonds erfolgt in einem Due-Diligence-Prozess. „Grundsätzlich suchen wir nur Zielfonds aus, die bereits bewiesen haben, dass sie erfolgreich den Wert von Unternehmen steigern können – auch in Krisenzeiten. Wichtig ist uns auch, dass die Fondsmanager selbst mit privatem Geld in ihre Fonds investiert sind. So kann die Interessengleichheit mit unseren Anlegern sichergestellt werden“, so Schmolmüller abschließend.

Foto: MPE Austria