Analysten werden vorsichtiger
Nach Stimmungswechsel: Entwicklung ist hilfreich, um das Portfolio zu optimieren.
Roman Steinbauer. Seit rund zwölf Wochen haben Anleger einen sich rasch vollziehenden Stimmungswechsel zu verdauen. Noch Anfang Februar waren 22 deutsche Aktientitel laut einer Auswertung der Analyse-Agentur Morningstar unterbewertet. Unmittelbar darauf gab es Abstufungen und Kürzungen diverser Wertpapier-Kursziele von im Dax-Index enthaltenen Gesellschaften, bevor wiederum eine Erholung um sich griff.
Betroffen von Rückstufungen waren am 21. Februar die Deutsche Börse, am 7. März der Rüstungshersteller Hensoldt – bis zu Rückversicherern wie Münchner oder Hannover Rück in der vergangenen Woche.
Downgrade-Meldungen mehrten sich ebenso zu US-Aktien. Von diesen News wurden am 21. April Amazon und nur drei Tage danach IBM erfasst. Dies setzte dem Dow-Jones-Index erheblich zu. Darüber hinaus berichtete die US-Finanzwochenzeitung Barron‘s bereits am 14. April über die Feststellung der New Yorker Investmentbank Citi, wonach die US-Aktienmärkte nicht mehr als bevorzugter Handelsplatz zu empfehlen seien.
Abkoppeln von Hysterie-Wellen
Ein weiteres Mal zeigte sich: Auf eine Flut an Downgrades folgen Verkaufswellen an den Finanzmärkten. Erfahrene Portfolio-Manager raten indes innezuhalten und vor panikartigen Verkäufen zu reflektieren. So sprach sich die Strategin der Merrill Bank of America Privat Bank, Marci McGregor, in der Marktanalyse der dritten Aprilwoche des Hauses zu Vorsicht vor einem emotionalen Handeln infolge von negativen Schlagzeilen aus und mahnte an: „Man sollte einen vorausblickenden Ansatz wählen, wie sich das Kaufverhalten entwickeln könnte, sobald die hohe Unsicherheit entweicht.“
McGregor empfiehlt, sich geradewegs in derartigen Marktsituationen eine potenzielle Einkaufsliste bereit zu halten. Die Analystin unterstreicht, eine gesteigerte Volatilität biete für einen Portfolio-Umbau Richtung Langfrist-Diversifizierung oft ideale Chancen.
Am falschen Fuß erwischt zu werden
Treffen Abstufungen Anleger unvorbereitet, ist es oft ein schwieriges Unterfangen, schlüssige Entscheidungen zu treffen. Wird da-durch der Gesamtmarkt negativ beeinflusst, ist Vorsicht geboten, sich emotional der allgemeinen Verkaufswelle anzuschließen. Eine Abstufung einer Aktie, die sich im eigenen Portfolio befindet, wirkt schmerzhaft.
Auf lange Sicht steht dies aber nicht unbedingt für eine düstere Aussicht. Denn es ist von Bedeutung, die angegebene Ursache für die mindere Benotung durch das Institut zu kennen. Trübte sich das Umfeld für die Branche durch externe Faktoren ein oder verliert das Unternehmen im eigenen Sektor an Wettbewerbsfähigkeit? Kamen klare Strategien des Managements abhanden? Sprengen jüngste Kurs-einbrüche den Rahmen der eigenen Risikotoleranz oder der Akzeptanz zur Volatilität? Wurden selbst gesetzte Kursverlust-Grenzen durchbrochen?
In jedem Fall ist es vorteilhaft, die finanzielle Stabilität sowie Stellung der Produkte des Unternehmens zur Konkurrenz grob abschätzen zu können. Änderte sich zu diesen Punkten kaum etwas, lohnt sich oft ein Abwarten bis zu einer Kurserholung der Notizen.
Investoren, die eine Langfrist-Strategie verfolgen, zeigen sich durch derartige „Zwischenrufe“ bezüglich der Aktieneinstufungen durch Investmentbanken in der Regel eher unbeeindruckt. Antizyklisch agierende Akteure mit langem Atem kaufen wiederum gerade im depressiven Nachhall von Abstufungen solide Blue-Chip-Aktien mit einer kontinuierlichen Dividenden-Historie.
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