Globalisierung wird weiter voranschreiten
Trotz Zollkonflikten und eingeschränkter Lieferketten wird die Vernetzung im 21. Jahrhundert nicht weniger.
Red. Das war eine zentrale Aussage beim jüngsten Expertengespräch des Steiermärkischen Sparkasse Private Banking am Wiener Standort, zu dem Alexander Eberan (am Bild ganz rechts), Leiter Private Banking Wien, zwei prominente Experten eingeladen hatte. Christian Helmenstein (2. von rechts), Chefökonom der Industriellenvereinigung und Professor für Volkswirtschaftslehre/SCU, sowie Andreas Beck (ganz links), Gründer und CEO der Index Capital GmbH in München, diskutierten über „den neuen Unilaterismus“, so der Titel der Veranstaltung. Im angeregt teilnehmenden Publikum war auch die Spitze der Steiermärkischen Sparkasse in Person von Georg Bucher (2. von links), der als Vorstandsvorsitzender ab Mitte des Jahres die Geschicke der Bundesländersparkasse leiten wird, vertreten.
Neue Weltordnung
Bei ihrem professionellen Blick auf die neue Weltordnung, ihre Auswirkung auf die Weltwirtschaft und die Kapitalmärkte sowie die Folgen für Investoren zeigten sich Helmenstein und Beck unisono gelassen. Der Angriff Russlands auf die Ukraine und die ungewöhnliche Wirtschaftspolitik von US-Präsident Donald Trump würden zwar das Bild einer von zuvor von Frieden und wirtschaftlicher Kooperation geprägten Weltordnung verändern, so Helmenstein. Aber: „Ich bin nicht pessimistisch für die Globalisierung. Es wird sogar im Welthandel der Zukunft mehr Lieferketten geben, wir werden also im 21. Jahrhundert mehr Globalisierung sehen, auch in Form neuer Allianzen.“ Man könne die „Lieferketten nicht sprengen“, unterstrich Beck, wofür der Grund auf der Hand liege: Die Menschen auf der ganzen Welt streben nach Wohlstand und wollen möglichst niedrige Preise für Güter bezahlen. Der Garant dafür sei die Globalisierung.
„Trump hat keine Chance“
Besonderen Fokus legten beide Experten auf die Rolle von Trump im neuen Spiel der Mächte. Mit einem US-Anteil von 11 % am Welthandel habe er mit seinem Zollkrieg „keine Chance“, sagte Helmenstein. „Während in den USA die Inflation steigt und die Zinsen durch eine konsequente Geldpolitik der US-Notenbank Fed hoch bleiben werden, haben die Kapitalmärkte ihr Vertrauen in Trump verloren. Auch die Ratingagenturen haben bereits mit Herabstufungen reagiert.“ Gleichzeitig profitiere Europa von den jüngsten Entwicklungen. Europa sei relativ attraktiver geworden, brauche aber tiefgreifende Reformen.
Auch die Wirtschaftsmacht China habe durch ihre Standhaftigkeit gegenüber den Zolldrohungen des US-Präsidenten an Standing gewonnen. „Man kommt an China nicht vorbei,“ sagte Beck. Sogar ein von vielen gefürchteter Angriff auf Taiwan würde daran nichts ändern, vermutet er. Es wäre ein Fehler, China als wichtigen wirtschaftlichen Player des 21. Jahrhunderts zu ignorieren, bestätigt auch Helmenstein, der Unverständnis darüber äußerte, dass sich Österreich nicht um Ansiedlungen chinesischer Produzenten bemühe. So würde etwa im Bereich der Photovoltaik trotz der Importe billiger Panele aus China 70 % der Wertschöpfung in Österreich generiert.
Bester Ratgeber: Gelassenheit
Wie sollten also Investoren auf die neuen Entwicklungen reagieren? Der beste Ratgeber für Anleger in einer Welt, die sich neu ordnet, sei Gelassenheit, betonte Beck, der ausgebildeter Mathematiker ist: „Ein weltweit breit gestreutes Portfolio schützt. Damit investiert man sozusagen in eine Weltholding. Meine Untersuchungen von rund 90.000 Portfolios zeigten auch, dass man vor allem durch zyklisches Handel Geld verliert.“ Ein Aktienanteil von mindestens 60 %, wie ihn das Steiermärkische Sparkasse Private Banking für ein gemischtes Portfolio empfiehlt, ist bei mittel- bis langfristiger Anlage ein Minimum, um eine gute Performance zu erreichen und auch, um das Vermögen vor Inflation zu schützen. „Der Aktienmarkt ist wie ein Inflationskorb“, präzisierte Beck, der auf YouTube hohe Zugriffsraten hat. Einmal mehr brachte er das Erfolgsmodell des Norwegischen Staatsfonds auf den Tisch. Dieser passt seine Aktienquote durch antizyklisches Kaufen und Verkaufen von Assets regelmäßig an, sodass diese stets
70 % beträgt.
Foto: Steiermärkische Sparkasse / Caroline Frank