Kanadas neuer Premier schafft Umwelt-Steuern ab

Carney will die Wirtschaft ankurbeln, auch um Trump die Stirn zu bieten.

Roman Steinbauer. Der am 14. März als Nachfolger von Justin Trudeau angetretene kanadische Premierminister Mark Carney schaffte als erste aufsehenerregende Amtshandlung schon am 1. April die CO2-Steuern für Verbraucher per Ministerrichtlinie ab.

Laut deutscher Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Bundes, Germany Trade & Invest (GTAI), verabschiedete der flächenmäßig zweitgrößte Staat bis 2023 mit dem „Greenhouse Gas Pollution Act“, dem „Impact Assessment“ und dem „Canadian Net-Zero Emissions Accountability Act“ drei Gesetze zum Klimaschutz. Dabei hatte jedes Territorium die Möglichkeit, ein System zu etablieren, das mit den Zielen des Bundes konform geht. Für alle Provinzen, die dem nicht nachkamen, trat ein CO2-Preissystem des Bundes in Kraft. Belastungen, die die Konsumenten betreffen, wurden nun jedoch annulliert.

Wirtschaft ankurbeln, um Trump die Stirn zu bieten
In einer Zeit, in der ein US-Präsident Kanada mit seinen 9.985 Mio km² (somit flächenmäßig größer als die Vereinigten Staaten selbst) skurriler Weise als 51. Bundesstaat in die Vereinigten Staaten eingliedern will, zeigt sich nun: Carneys Weg ist keineswegs „grün“, die Stimulierung der Wirtschaft ist vorrangig, die Abgrenzung zu Donald Trump indes dennoch eindeutig.

Im Magazin The European führte der Herausgeber Ansgar Graw (Graw ist unter anderem für die Konrad-Adenauer-Stiftung tätig) vor allem eine, alles überlagernde Ursache für Carneys Sieg gegen seinen konservativen Konkurrenten Pierre Poilievre an. Der Autor, der kürzlich sein Buch „Trump, Chancen und Risiken für Amerika und die Welt“ veröffentlichte, führt Carneys Wahlsieg auf dessen unmissverständliche, harte Wortwahl nach Trumps Zoll-Ankündigungen zu Ungunsten der kanadischen Autozulieferindustrie zurück. Nach Ansicht Graws verfingen sich die prägnanten Ansagen des als „ideologiefrei“ bezeichneten ehemaligen Gouverneurs der Bank of England – wie „die Vereinigten Staaten sind für uns kein verlässlicher Handelspartner mehr“ – in den Köpfen der Wähler.

Zu Sätzen wie „die bisher vertiefte Integration zu den USA ist vorbei“ bot der 60jährige darüber hinaus einen Pfad an, der eine Annäherung an Europa versprach und ergänzte: „Unsere Handelsbeziehungen werden sich in einem zuvor nicht für möglich gehaltenen Tempo auf andere Felder ausrichten. Wir werden unser Land verteidigen.“

Noch keine Belebung erkennbar
Die jüngsten Daten für Kanada nehmen sich durchwachsen aus. So meldete das staatliche Statistikamt in Ottawa für April gegenüber dem Vormonat ein zartes BIP-Wachstum von 0,1 %, das einem Rückgang im März (-0,2 %) folgt. Die Kern-Inflationsrate (ohne die volatilen Energiepreise) kam im März im Vergleich zum Vorjahresmonat bei +2,2 % zu liegen, befindet sich damit aber über dem Niveau der letzten drei Quartale 2024. Die Arbeitslosenrate (das Statistikamt erhebt die Quote jener Menschen, die aktiv Arbeit suchen) wurde für März mit 6,7 % ausgewiesen, steigt somit seit zwei Jahren kontinuierlich an. Im Einzelhandel konnte (nach drei aufeinander folgenden Monaten mit Minuszeichen) wieder eine Belebung zur Vorperiode um 0,7 % verzeichnet werden. Wie in Mitteleuropa drücken jedoch steigende Lohnkosten, die im Februar (diese Erfassung hinkt stets nach) mit +5,4 % deutlich anzog.

Relevant für das ressourcenreiche Land ist stets die Preislage der Rohwaren. Der Rohstoffindex (RMPI), der die Einkaufspreise für Produzenten misst (ebenso ein Inflationsindikator), ermäßigte sich im März um 1,0 % (M/M). Die Bank of Canada senkte seit März 2024 die Zinssätze in der Spitze bei 5,0 % auf aktuell noch 2,75 %.

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