Backup für den österreichischen Kapitalmarkt

Ohne die Infrastruktur- und Backoffice-Services der OeKB würde der heimische Markt nicht funktionieren.

Tibor Pásztory. Die Oesterreichische Kontrollbank AG (OeKB) ist einer breiten Öffentlichkeit vor allem durch ihre Aktivitäten in der Exportfinanzierung und -absicherung bekannt. Dabei würde ohne OeKB der Kapitalmarkt nicht funktionieren, denn ohne deren Dienstleistungen im Hintergrund gäbe es keine Wertpapiere, die ihren Namen auch verdienen. Der Börsen-Kurier unterhielt sich mit der Vorständin Angelika Sommer-Hemetsberger über die kapitalmarktbezogenen Aufgaben der OeKB und was man am österreichischen Kapitalmarkt noch verbessern könnte.

Börsen-Kurier: Kurz zur Einleitung – der Oesterreichischen Kontrollbank AG steht eine Doppelspitze vor. Wie sind die Zuständigkeiten zwischen Ihnen und Helmut Bernkopf aufgeteilt?

Angelika Sommer-Hemetsberger: Die Verantwortungsbereiche sind klar getrennt. Der Exportbereich, also Export Finance, Export Garantien und International Finance liegen bei Helmut Bernkopf. Darüber hinaus ist er für Marketing und Kommunikation, das Personalwesen, rechtliche Angelegenheiten, Compliance, Treasury und ESG verantwortlich. Meine Zuständigkeiten betreffen vor allem die Verantwortungsbereiche Capital Market Services, aber auch Finance, IT-Services, Organisation und Risk Controlling, auch den Risikobereich der Export Services betreffend.

Börsen-Kurier: Fokussieren wir auf den Kapitalmarktbereich. Lässt sich in einem Satz beschreiben, welche Services Sie diesem bieten?

Sommer-Hemetsberger: Ganz einfach! Wir begleiten das Wertpapier über seinen gesamten Lebenszyklus. Und tatsächlich fungieren wir bereits als Geburtshelfer von Wertpapieren, indem wir die ISIN-Nummern vergeben und als gesetzliche Meldestelle den Emissionskalender und den Prospekt des Emittenten entgegennehmen. Schließlich erstellen wir digitale Sammelurkunden und nehmen sie zur Verwahrung.

Börsen-Kurier: Dies alles dient noch der Emissionsvorbereitung. Was folgt dann?

Sommer-Hemetsberger: Dann werden die Wertpapiere emittiert. Wir, genauer gesagt, unsere Tochter OeKB CSD, verbuchen diese dann im Zuge der Emission. Danach fängt eine unserer kapitalmarktbezogen wichtigsten Aktivitäten an, indem wir im Sekundärmarkt, also im börslichen Handel, in sämtliche Börsengeschäfte an der Wiener Börse eintreten, indem wir den Käufern wie den Verkäufern einen reibungs- und risikolosen Ablauf gewährleisten. Dieses Clearing wird von der Tochtergesellschaft CCP.A durchgeführt. Ähnlich verhält es sich beim außerbörslichen Handel, aber dort ist die OeKB CSD verantwortlich.

Börsen-Kurier: Das klingt alles sehr digitallastig. Wie war das früher?

Sommer-Hemetsberger: Tatsächlich sind mittlerweile schon 85 % aller Sammelurkunden digital verbrieft. Aber wir sind seit 1946 tätig. Damals haben wir die ersten Bundesschatzscheine emittiert. Seit 1949 sind wir Abwicklungsstelle für die Wiener Börse. Damals war von „digital“ noch nicht die Rede und die Papierberge hoch. Seit 2021 gib es die papierlose digitale Sammelurkunde.

Börsen-Kurier: Die Aufgaben von OeKB CSD und CCP.A betreffen eigentlich Ihr Kerngeschäft. Warum ist dieses ausgelagert? Und, naiv gefragt, was haben Investoren wie Emittenten davon?

Sommer-Hemetsberger: Die Auslagerung erfolgte jeweils aus regulatorischen Gründen. Beide Unternehmen erfüllen als Österreichs zentrale Wertpapiersammelbank bzw. zentrale Gegenpartei in Wertpapier- und Strombörsegeschäften höchste europäische Standards und nutzen die vom Eurosystem bereitgestellte Plattform TARGET2-Securities. Mit ihren hocheffizienten und sicheren Services sorgen für das reibungslose Funktionieren des heimischen Kapitalmarkts. Darüber hinaus erfüllen wir in der OeKB eine Reihe von weiteren gesetzlichen Funktionen. So stellen wir unter anderem eine zentrale Infrastruktur zur Verfügung, mit der diverse Melde- und Informationspflichten einfach und kostenschonend durchgeführt werden können. Dazu zählen beispiels-weise Kapitalmarktprospekte und Meldungen zum Emissionskalender, Dokumente zu Fonds und zu Wertpapieren oder auch Adhoc-Meldungen. Als Meldestelle liefern wir zudem die Grundlage für die steuerlichen Daten bei der Berechnung der KESt.

Börsen-Kurier: Ohne diese breitgefächerten Backoffice-Services würde der Kapitalmarkt tatsächlich nicht funktionieren. Aber nun zu etwas anderem. Der österreichische Kapitalmarkt funktioniert und gilt zurecht als äußerst seriös. Aber gibt es nicht einige Themen, die noch Luft nach oben haben?

Sommer-Hemetsberger: Ja, da fällt mir zunächst die mangelnde Finanzbildung ein. Hier gibt es in der breiten Bevölkerung teilweise massive Wissenslücken. Man muss daher schon in den Schulen beginnen. Eine weitere Baustelle wäre, dass KMU sich nur schlecht über den Kapitalmarkt finanzieren können. Hier müssen sicher noch Finanzinstrumente gefunden bzw. bestehende besser genutzt werden. Aber es liegt auch im kulturellen Bereich: Zwar gibt es an der Wiener Börse zwei für KMU gedachte Börsensegmente, den Direct Market und den Direct Market Plus, aber ein Börsenlisting bedeutet auch erhöhte Transparenz und die Bereitschaft, Informationen zu teilen. Hier wäre oft ein Umdenken angesagt.

Börsen-Kurier: Dem können wir nur zustimmen. Wir danken für das Gespräch.

Foto: OeKB / David Sailer