Das Ende der US-Dominanz?

Anleger müssen sich auch im zweiten Halbjahr auf ein schwieriges Umfeld einstellen.

Red./ks. Die Handelspolitik von Donald Trump bleibt ein Unsicherheitsfaktor für die Weltwirtschaft. Anlegerinnen und Anleger müssen sich deshalb auch im zweiten Halbjahr 2025 auf ein weiterhin schwieriges Umfeld einstellen, schreiben die Experten des Steiermärkische Sparkasse Private Banking. Möglicherweise bringt dieses Jahr sogar eine Wende hinsichtlich der starken Dominanz der US-Kapitalmärkte.

Pragmatismus gegenüber Trump
Nachdem die Börsen im Februar Höchststände erreicht hatten, folgte ein markanter Rückschlag – insbesondere rund um den „Liberation Day“ am 2. April. Die Mehrheit der Marktteilnehmer geht aber zwischenzeitlich wohl davon aus, dass Trumps Ziel nicht darin bestehen kann, möglichst hohe Zölle für Importe zu verlangen und damit sowohl die US-Wirtschaft als auch die Aktienmärkte an die Wand zu fahren. Vielmehr setzt sich vermehrt die Meinung durch, dass der US-Präsident eine Art Verhandlungstaktik verfolgt. Somit sind die Märkte schwer zu prognostizieren, da sie weiterhin auf seine Äußerungen reagieren werden. Allerdings dürfte sich eine gewisse Gewöhnung und eine Portion Pragmatismus im Umgang mit dieser Unberechenbarkeit eingestellt haben.

Das Thema Zölle ist somit nach wie vor nicht vom Tisch. Anfang Juli läuft der 90-tägige Aufschub gegenüber der EU aus und auch bei der vorläufigen Einigung zwischen China und den USA sind noch viele Detailfragen offen.

Risikoappetit nimmt wieder zu
Trotz weiterhin bestehender Unsicherheit wagen sich die Anleger wieder aus der Deckung – das Schlimmste für die Weltwirtschaft scheint abgewendet zu sein. Gleichzeitig fielen die Unternehmensergebnisse im ersten Quartal besser als erwartet aus. Währenddessen sendet die US-Wirtschaft bereits Signale der Abkühlung aus und auch die Konjunkturaussichten für den Rest der Welt werden verhaltener. Dass allerdings die Zölle nach wie vor spürbar höher sind als vor dem 2. April und der Protektionismus weltweit auf dem Vormarsch ist, ignorieren die Börsen derzeit. Auch die Gefahr, die von der „one big beautiful bill“ ausgeht, die Steuererleichterungen und eine damit verbundene signifikant höhere US-Staatsverschuldung – womit strukturell höhere Zinsen drohen – vorsieht, ist zuletzt etwas in den Hintergrund getreten. Kurzum: An den Finanzmärkten heißt es derzeit wieder Risk on.

Old Europe is back
Zumal die globalen Investoren eine „alte“ Region wieder neu entdeckt haben: Europa. Europäische Aktien haben zuletzt eine bemerkenswerte Wende hingelegt. Während sich der US-Index S&P 500 seit Jahresbeginn nur wenig verbesserte, legte das europäische Pendant Eurostoxx50 mehr als 10 % zu. Aufgrund der aktuellen Dollarschwäche liegt der S&P 500 Index in Euro sogar mit rund 8,4% im Minus (Daten YTD per 13.6.2025).

Milliardenbeträge strömen in europäische Aktien, während US-Titel Mittelabflüsse verzeichnen. Neben der politischen Stabilität und der damit verbundenen rechtlichen Sicherheit punkten Europa-Aktien mit vergleichsweise günstigen Bewertungen. Auch die Lösung der Schuldenbremse in Deutschland und die geplanten milliardenschweren Ausgaben für Infrastruktur und Rüstung haben das positive Momentum für Europa verstärkt.

USA auf Verliererposten?
Sollte 2025 wirklich zu einem der seltenen Jahre werden, in denen Europa die USA an den Aktienmärkten hinter sich lassen kann? Auch wenn sich die Bedingungen für Innovationen und Kreativität als Folge der Trump-Politik verschlechtern, dürfte der Vorsprung von US-Firmen gerade im Tech-Bereich für Jahre unaufholbar bleiben. Zwar hat auch Europa Unternehmen in Zukunftssektoren wie erneuerbare Energien oder Medizintechnik, zudem attraktive Luxusmarken, die von der expansiveren Fiskalpolitik und niedrigeren Zinsen profitieren könnten. Die Qualität der Geschäftsmodelle und die Innovations-Pipelines sprechen aber derzeit noch für amerikanische Unternehmen.

2025: Große Belastungen
Die Entwicklungen haben aber Zweifel an der Dominanz der US-Kapitalmärkte aufgeworfen. Von zollbedingter Unsicherheit bis hin zu Veränderungen in der globalen Politiklandschaft – die Belastungsfaktoren für US-Vermögenswerte haben zugenommen. Es ist jedoch noch zu früh, um die Dynamik der USA gänzlich abzuschreiben. Die USA sind nach wie vor weltweit die flexibelste und vielfältigste wirtschaftliche Großmacht, die sich durch starke Kapitalmärkte und ein beispielloses Ökosystem für Innovationen auszeichnet.

Global investierende Anleger sollten daher im Sinne einer breiten Streuung in den USA und in Europa investiert sein.

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