Der Kampf um Seltene Erden

Trotz Entspannung erwartet die IEA eine unsichere Versorgungslage.

Roman Steinbauer. Die Versorgungslage bei kritischen Mineralien wie Lithium, Kobalt, Nickel, Kupfer, Graphit sowie 17 Elemente von Seltenen Erden hat sich seit 2022 entspannt. Doch nimmt die Abhängigkeit zu diesen „Schlüssel-Rohstoffen“ in der auf Diversifikation setzenden Energiewirtschaft rascher als angenommen zu. Diese Entwicklung zeigt die jüngste Ausgabe des „Global Critical Minerals Outlook 2025“ der Internationalen Energie Agentur (IEA) vom 25. Mai auf. Der globale Abnahmeanteil der Energieproduzenten an Nickel beträgt immerhin 62 %, an Lithium 80 %, an Kobalt 82 % und an Graphit 99 %. Fakt ist: Wenn auch die Ölindustrie teils durch die politische Agenda der USA wieder Unterstützung erfährt, führt dies laut IEA derzeit zu Investitionskürzungen, aber keineswegs zu einer Umkehr der Energietransformation.

Trügerisches Gleichgewicht
Die IEA sieht überhaupt eine neuerliche Brisanz um kritische Mineralien heranziehen. Denn die Dominanz weniger Exportstaaten nimmt, trotz weltweit steigender Förderung, weiter zu. 2024 entfielen auf nur drei Länder 86 % des Gesamt-Angebots – 2020 waren es noch 82 %. Indonesien steht bei Nickel, China bei Mangan, Sulfate und Phosphor (Gallium: 99 %) der Verfügbarkeit an vorderster Stelle. Der Förderanteil Chinas liegt bei 19 der 20 strategischen Mineralien bei mehr als 70 %. 15 Elemente verzeichnen dabei eine Preisvolatilität, die jene des Rohöls übertrifft. Weiters stehen weltweit 55 % der gesuchten Rohstoffe unter Exportkontrolle. Dazu verlangsame sich die Erschließung neuer Förderprojekte in Europa, und die Explorationsdynamik nahm global nur noch um 4 % zu (2023: +14 %).

Und so prognostiziert die IEA für den Nickelmarkt bis 2035 ein Angebotsdefizit von 30 %. Die in Paris ansässige Energiebehörde weist explizit auf mögliche Engpässe hin. Deren Direktor Fatih Birol äußerte sich zur Lage beunruhigt: „Gegenüber Lieferschocks werden die Lieferketten noch fragiler. Zur zuverlässigen Versorgung braucht es vorrangig eine relative Preisstabilität, eine Widerstandsfähigkeit zu Handelsbeschränkungen und gegen technische Ausfälle. Im 21. Jahrhundert wurden kritische Mineralien zum wichtigsten Faktor für die globale Energiesicherheit.“

Bloß ein Intermezzo an Verfügbarkeit?
Aus dem 310 Seiten umfassenden Bericht der IEA filterte der Börsen-Kurier: Der Bedarf der Energiewirtschaft zog im Vorjahr durchgehend (von +3 % im Kupfer bis zu +29 % bei Lithium) weiter an. Im Gegensatz zu klassischen Basismetallen gaben 2024 die Preise jener Materialien, die für die Batterieherstellung nachgefragt werden (Silber, Platin, Mangan, Nickel, Graphit, Kobalt, Lithium, Uranium sowie die Gruppe Seltener Erden), aber teils bis zu über 30 % (Lithium) nach. Ursache dafür war eine Angebotszunahme, die die steigende Nachfrage teils erheblich übertraf. Der Überhang betrug bei Kupfer 1 % und bis zu 6 % bei Nickel, Kobalt, Graphit und Seltenen Erden.

Ergänzend: Wie die Bloomberg vergangene Woche verlautbarte, erhielten Chinas Exporteure erneut die Erlaubnis der Regierung, kritische Mineralien wieder in die USA zu liefern. Gegenüber dem Sender umriss der Leitende Mitarbeiter des Royal United Services Institute (RUSI), Charles Parton, die starke Position der zweitgrößten Wirtschaftsmacht um die sensible Ware mit den Worten: „Das ist eine Waffe, die China stets einsetzen wird.“

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