Die EU überarbeitet die Regeln
Überarbeitung der Regeln für grüne Finanzprodukte, verstärkter Fokus auf Klimarisiken.
Andreas Dolezal. Die aktuelle Definition nachhaltiger Finanzprodukte in der EU-Offenlegungsverordnung SFDR gilt unter Experten und Asset Managern als nicht besonders geglückt. Zwar weisen Studien regelmäßig steigende Anlagevolumina für „grüne“ Anlageprodukte aus, ob diese tatsächlich zum vollständigen Erreichen der visionären EU-Klimaziele – Klimaneutralität bis 2050 – beitragen, ist mittlerweile aber auch auf EU-Ebene fraglich.
Kritik an SFDR
Bereits im Dezember 2022 leitete die EU-Kommission die Überarbeitung der SFDR ein. Im Rahmen zweier Konsultationen holte sie Rückmeldungen zu etwaigen Mängeln und zur Verbesserung der Funktionsweise ein. Finanzbranche und Öffentlichkeit sparten dabei nicht mit Kritik. Als Schwachstellen der SFDR wurden unter anderem mangelnde Rechtsklarheit, die geringe Relevanz bestimmter Offenlegungspflichten (Produktinformationen) und Probleme hinsichtlich der Datenverfügbarkeit genannt.
Dadurch mobilisieren die geltenden Vorschriften weniger private Investitionen in nachhaltige Geschäftspraktiken und die strategischen Ziele Europas. Diese Mängel gelte es mit gezielten Vereinfachungen und Anpassungen zu beheben. Die Kommission erkennt auch an, dass die Schwachstellen zu unverhältnismäßigen operativen Kosten für die Finanzindustrie geführt haben. Die mangelnde Vergleichbarkeit nachhaltiger Finanzprodukte berge zudem die Gefahr von Grünfärberei.
Transitionsprodukte in Planung
Noch ist nicht absehbar, wann mit der fertig überarbeiteten SFDR zu rechnen ist. Das Ziel ist jedenfalls, sie sowohl für Finanzindustrie als auch Endanleger klarer zu gestalten, etwa durch das Straffen und Reduzieren der Offenlegungspflichten und der neuen Kategorisierung von nachhaltigen Finanzprodukten. Beispielsweise sollen künftig nicht nur jene Wirtschaftstätigkeiten als nachhaltig investierbar gelten, die im Sinne der EU-Taxonomie bereits nachhaltig sind, sondern auch jene, die sich erst auf dem Weg dorthin („Transition“) befinden.
Nachhaltiges Risikomanagement
Bereits seit 1. April verfügbar, ist der neue Leitfaden der Finanzmarktaufsicht FMA zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken. Die FMA versteht darunter beispiels-weise Klimarisiken, die durch den Klimawandel entstehen oder infolge des Klimawandels verstärkt werden, sowie soziale Risiken, Rechts- und Reputationsrisiken und Greenwashing-Risiken.
Solche und weitere Risiken können nicht nur wesentliche negative Auswirkungen auf den Wert von Vermögenswerten, wie finanzierten oder versicherten Gebäuden, haben, sondern auch die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie die Reputation eines Unternehmens. Nachhaltigkeitsrisiken sollen daher (noch mehr als sie das bereits sind) integrierter Bestandteil des Risikomanagements von Finanzdienstleistern wie Banken, Versicherungen, Pensionskassen und Wertpapierfirmen sein.
Klimarisiken werden relevanter
Welche dramatischen Folgen klima- und umweltbezogenen Extremwetterereignisse für Unternehmen und Bevölkerung haben können, führten erst im September 2024 die großflächigen Überschwemmungen im Wiener Tullnerfeld vor Augen. Die FMA beziffert in einem Praxisbeispiel die Schäden bei Unternehmen auf rund 1,3 Milliarden Euro, entstanden durch Produktionsausfälle, beschädigtes Inventar sowie Ausfälle bei Betrieben in der Lieferkette.
Naturkatastrophen können sich direkt negativ auf die Schuldentragfähigkeit der betroffenen Unternehmen auswirken. Solche Kreditrisiken müssen finanzierende Banken vorsorglich bewerten und reduzieren, indem beispielsweise die regionale Konzentration von Krediten bzw. Vermögenswerten zur Besicherung reduziert wird.
Als besonders anfällig für Klimawandelfolgen nennt die FMA unter anderem Land- und Forstwirtschaft (etwa durch Ernteausfälle, erhöhtes Waldbrandrisiko), Tourismus (Anstieg der Schneefallgrenze) sowie Bauen und Wohnen (erhöhter Kühlbedarf).
Greenwashing-Risiko
Mit der steigenden Nachfrage nach „grünen“ Anlageprodukten rückt der Anlegerschutz stärker in den Fokus. Finanzinstitute sind zum Beispiel verpflichtet, beim Vertrieb nachhaltiger Produkte im Vorfeld mögliche Interessenkonflikte zu ermitteln und im Beratungsprozess die Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden abzufragen und zu berücksichtigen. Dazu sei es notwendig, dass Kunden die verschiedenen Nachhaltigkeitsgrade der Produkte hinreichend verstehen, denn nur so können sie Greenwashing erkennen und fundierte Anlageentscheidungen treffen, unterstreicht die FMA.
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