Wie Anleger vom KI-Boom profitieren können
Chancen wie Risiken sind für Firmen der Branche enorm, Experte rät zu Diversifikation.
Red/ks. Für Raj Shant, Managing Director bei Jennison Associates, befinden wir uns in der Spätphase des Investitionszyklus im Universum der Künstlichen Intelligenz. Im Interview mit dem Börsen-Kurier erklärt er, wie Anleger nichtsdestoweniger von dieser revolutionären Entwicklung profitieren können und auf was dabei zu achten ist.
Börsen-Kurier: Sind wir noch in der ersten Welle der KI, also bei der Infrastruktur, oder sind wir bereits weiter fortgeschritten?
Raj Shant: Bei jeder großen Revolution lässt sich ein wiederkehrendes Muster erkennen. Die ersten großen Erträge stammen aus den Bereichen Hardware und Infrastruktur. Bei der generativen KI waren dies GPU-Chips und Rechenzentren. Mit der Veröffentlichung des R1-Modells von Deepseek wurde der Übergang zu Software und Anwendungen beschleunigt, die daraufhin leichter zugänglich wurden. Somit befinden wir uns in der späten Phase des Investitionszyklus und in der frühen Phase der Anwendungs- und Verbreitungsphase.
Börsen-Kurier: Welche Unternehmen profitieren hier am stärksten? Können Sie uns Beispiele nennen?
Shant: Die größten Profiteure der Infrastruktur-Investitionsphase waren Hardware-Unternehmen wie Nvidia und Broadcom. Von der erwarteten „Token-Explosion“ werden die Hyperscaler profitieren, da sich die Technologie in den meisten Bereichen der Wirtschaft und Gesellschaft weiterverbreitet. Dies wird zu einer Zunahme der Nutzung sowie zu einer größeren Breite und Tiefe der ausgeführten Aufgaben führen. Zu den wichtigsten Rechenzentrumsbetreibern zählen Amazon AWS und Microsoft Azure.
Börsen-Kurier: Wie schlagen sich die „MAG 7“ im Bereich KI? Wer liegt hier vorne?
Shant: Wie zuvor FAANG verliert auch die Abkürzung „MAG 7“ bereits an Bedeutung und Kohärenz. Besser ist es, von Big Tech zu sprechen, die in dieser Anfangsphase der KI-Revolution aufgrund der hohen Kosten in diesem Bereich generell vorne liegen. In den nächsten Phasen der Einführung und Verbreitung besteht jedoch die Chance, dass Big Tech seine Führungsrolle verliert, wenn KI-native Unternehmen an Bedeutung gewinnen.
Börsen-Kurier: Alle reden derzeit über Europa. Gibt es in Europa Unternehmen, die sich im Bereich KI besonders hervorheben?
Shant: Europäische Unternehmen sind mit dem Risiko eines restriktiven regulatorischen Rahmens konfrontiert, während der US-Markt Innovation priorisiert. Die attraktivsten Chancen werden wahrscheinlich noch lange Zeit in den USA und China zu finden sein. SAP gilt derzeit zwar als Marktführer, aber es bleibt abzuwarten, ob generative KI neue Chancen für etablierte Softwareunternehmen bietet oder ob neuere, günstigere und schnellere KI-Agenten auf den Markt kommen, die den Kunden neue Optionen bieten.
Börsen-Kurier: Wie gut sind KI-Agenten heute schon? Wie wird sich dieser Trend entwickeln?
Shant: Generell sollte man immer davon ausgehen, dass die KI-Version, die wir heute verwenden, die schlechteste ist, die wir jemals verwenden werden, da sich KI so schnell verbessert. Möglicherweise werden KI-Agenten letztendlich die bahnbrechende Anwendung sein, die generative KI in den Mainstream bringt. Eventuell werden sie aber auch einfach die vorherrschende Methode sein, um Unternehmen und Privatpersonen die Leistungsfähigkeit der KI zur Verfügung zu stellen – ohne dass es einer eigenständigen App bedarf.
Börsen-Kurier: Welchen Rat würden Sie Anlegern geben, die in KI investieren möchten?
Shant: Die Veränderungen sind rasant und tiefgreifend. Sie bergen für einige Unternehmen enorme Chancen, für andere hingegen existenzielle Risiken. Die größten Erfolge in den nächsten drei bis fünf Jahren könnten AI-native Unternehmen erzielen, die gerade erst gegründet werden. Es ist ratsam, sich über ein diversifiziertes Portfolio in diesem vielversprechenden Bereich zu engagieren, dies jedoch über Experten zu tun, die über fundierte Kenntnisse und die Ressourcen verfügen, um diesen dynamischen Bereich angemessen zu verfolgen.
Foto: Jennison Associates