Zartes Konjunktur-Pflänzchen
Zölle belasten den Welthandel, dennoch gibt es laut Experten positive Signale.
Raja Korinek. Die globale Wirtschaft steht aufgrund der Handelspolitik des US-Präsidenten vor großen Herausforderungen. Einen Ausblick gab Stefan Bruckbauer, Chefvolkswirt der UniCredit Bank Austria, im Rahmen seines Vortrages „Europa in der Zeitenwende – Aussichten für Konjunktur, Inflation und Zinsen“ auf dem 19. Zertifikate Kongress Austria (ZFA), den der Börsen-Kurier als Medienpartner begleitete.
Gleich zu Beginn verwies Bruckbauer auf die leicht positiven Entwicklungen. So habe zuletzt der Welthandel ein wenig an Dynamik gewonnen. Einzig, die Entwicklung dürfte zum Teil auf Vorzieheffekte in den USA zurückzuführen sein, um die angekündigten US-Zölle möglichst noch zu vermeiden, mahnt der Experte vor allzu viel Euphorie. Die globale Industrieproduktion zeige ebenfalls Zeichen einer Stabilisierung, „und zwar auch in Österreich“.
Zölle dämpfen das Wachstum
Doch wie könnte es nun im Lichte der Zollmaßnahmen weitergehen? „Der Handelskrieg kostet globales Wachstum, vor allem in den USA“, konstatiert Bruckbauer. Der Ökonom liefert konkrete Zahlen. So dürfte die Weltwirtschaft heuer um 2,7 % und im kommenden Jahr um 2,9 % wachsen. In den USA dürften die Zahlen 1,5 %, respektive 1,9 % erreichen. Wie stark der Rückgang dabei ausfallen könnte, verdeutlicht der Vergleich mit den BIP-Zahlen von 2024: Da wuchs die US-Wirtschaft um 2,8 %.
Durchaus schwächer fallen die Prognosen diesseits des Atlantiks aus. So dürfte das Plus in der Eurozone bei nur 0,9 % liegen, im Jahr 2026 dann voraussichtlich 1 % erreichen. Noch verhaltener wird die Entwicklung für Österreich eingeschätzt. Die Wirtschaft dürfte um nur 0,1 % und im kommenden Jahr, dann zumindest um 1,1 % wachsen. Dennoch habe sich die Konjunkturstimmung hierzulande im Mai verbessert – eine Entwicklung, die Bruckbauer als kleinen Schritt in die richtige Richtung sieht. „Der Konjunkturindikator der UniCredit Bank Austria stieg deutlich auf minus 2 Punkte. Damit erreichte der Indikator den besten Wert seit einem Jahr“, betont der Fachmann, warnt aber auch vor allzu viel Euphorie: „Trotz des Anstiegs signalisiert der Indikator eine Fortsetzung der verhaltenen Konjunkturentwicklung.“
Stimmung hellt sich auf
Bruckbauer hebt ein weiteres Detail hervor: Er führt den Anstieg des Indikators insbesondere auf die Stimmungsaufhellung im Dienstleistungssektor zurück. Dort sei der konjunkturelle Gegenwind im Mai deutlich abgeflaut. Die Begründung fällt klar aus: „Die positive Wirkung niedrigerer Zinsen und der wiedergewonnenen Kaufkraft der Konsumenten, die sich auch in einer Stimmungsverbesserung unter den Verbrauchern zeigte, kompensierte die Verunsicherung durch die erratischen US-Zollankündigungen, Sorgen um den Arbeitsplatz und die Auswirkungen des restriktiveren Budgetkurses der Regierung.“
Überhaupt erhole sich die Konsumentenstimmung in der Eurozone insgesamt. Rückenwind könnte etwa von der aktuell hohen Sparquote kommen. Sie lag 2024 laut Eurostat bei 14,45 % des verfügbaren Einkommens. Auch die Lohnabschlüsse fielen aufgrund der zuletzt höheren Inflation üppig aus. „Darunter litt jedoch vor allem Österreichs Wettbewerbsfähigkeit“, so Bruckbauer.
Sinkflug des US-Dollar
Und wie sieht es auf dem Devisenmarkt aus? Schließlich ist der US-Dollar zum Euro in den vergangenen Monaten gesunken. Zuletzt – per 19. Juni – notierte die Währung bei knapp 1,15 USD zum Euro. Bis Ende 2025 könnte die Währung auf 1,12 USD sinken, bis Ende 2026 hingegen wieder auf rund 1,14 USD steigen.
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