Wirecard-KapMuG: Feierlaune für EY?

Enttäuschendes Zwischenergebnis für Wirecard-Geschädigte

Florian Beckermann. Es war eine verstörende Nachricht für die geschädigten Anleger im deutschen KapMuG-Verfahren der Wirecard-Pleite vergangene Woche. Das befasste OLG München hatte ein Zwischenergebnis veröffentlicht. Kurzform: Man sieht im Bestätigungsvermerk des Wirecard-Wirtschaftsprüfers Ernst & Young Deutschland („EY“) keine Kapitalmarkt-relevante Information im Sinne des (alten) Gesetzes. Eine Haftung von EY in diesem Verfahren verliert damit an Wahrscheinlichkeit. Nicht wenige Anleger zogen beide Augenbrauen in die Höhe. In der ersten Reaktion unkten einige: Man mag kaum eine praxisfernere Einschätzung abgeben.

Im KapMuG-Verfahren, ausgeschrieben „Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz“, gibt es in Deutschland die Möglichkeit einer „Sammelklage“. Die Anführungszeichen sind Absicht, da es keine Sammelklage nach US-Vorbild ist. Vielmehr werden mit einem Musterkläger eine Reihe von Fragen entschieden, anhand deren eine Einzelfallentscheidung leichter fallen soll. Insofern ist es eher eine Klags-Managementtool, als eine Sammelklage. Selbst unter Juristen ist es wenig beliebt – nicht zuletzt wegen langer Verfahrensdauern bisher. Der Fall der Deutschen Telekom dauerte 20 Jahre und der Musterkläger verstarb über die Prozessdauer. Vorteil: Geschädigte können sich leicht beteiligen. Dies haben bei Wirecard knapp 30.000 Anleger getan, unter ihnen einige tausend Österreicher. Die Aktie war in Österreich nicht nur bei mutigen Tradern beliebt.

Ein Grund, warum auch konservative Investorenkreise Wirecard kauften, lag in der Existenz des Bestätigungsvermerks durch die renommierte Wirtschaftsprüfungskanzlei EY, die großes Vertrauen genoss. Der mögliche Kriminalfall, lanciert durch die Vorstände Markus Braun, Jan Marsalek und Co., beschäftigt die Strafgerichte und Verfolgungsbehörden (es gilt die Unschuldsvermutung). Er rückte aber auch die Prüfungstätigkeit von EY in Zweifel. Soweit, dass EY als einer der gewichtigen Schadensersatzquellen von großem Interesse ist. Das KapMuG zielte hierauf.

Pikant: Aufgrund des Wirecard-Falls hatte der Deutsche Bundestag ein Gesetz beschlossen, welches den Bestätigungsvermerk des Wirtschaftsprüfers deutlicher als relevante Kapitalmarktinformation qualifiziert. Für Fälle zeitlich nach Wirecard ist die Beurteilung einfacher. Diskutabel ist, ob das neue Gesetz die bisherige Praxisrealität nur „klarstellt“ und somit schon zuvor eine Haftung bejaht werden könnte. Das OLG verneint dies.

Fazit: Ein ‚Zwischenergebnis‘ ist weder ein erstinstanzliches Urteil noch eine endgültige Entscheidung dieser Fallfrage. Nicht nur der Instanzenzug, sondern auch andere Entscheidungen in Parallelverfahren mögen die Einschätzung des OLG München korrigieren. Für Feierlaune bei EY oder allzu große Enttäuschung bei den Anlegern scheint es etwas verfrüht. Andere Verfahren, z. B. das Verfahren des DSW (Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz) über eine niederländische Stiftung, bleiben gefährlich und aufrecht.

Florian Beckermann ist Vorstand des IVA – Interessenverband für Anleger

 

 

Rechnung ohne Wirt(schaft) gemacht

Grüner Deal: EU-Kommission kündigt massive Vereinfachungen der grünen Regulatorik an.

Andreas Dolezal. Als die damals neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Dezember 2019 den „Grünen Deal“ präsentierte, war die Welt noch eine andere. Der von Klimaschutzaktivistin Greta Thunberg initiierte „Schulstreik für das Klima“ wuchs zur globalen Bewegung „Fridays for Future“ an, grüne Regierungsbeteiligungen in Deutschland und Österreich machten den Kampf gegen den Klimawandel zu zentralen Themen. Die Auswirkungen der viel zitierten Klimakatastrophe wurden auch für die Bevölkerung immer sichtbarer. Das visionäre EU-Ziel der Klimaneutralität bis 2050 folgte diesem Zeitgeist, machte die Rechnung aber ohne die Wirtschaft und mit zu wenig Realitätssinn.

Bürokratie-Monster
Aus dem Deal, der ursprünglich nur 29 Seiten umfasste, ist, ausgehend von der EU-Taxonomie, über die Jahre ein Monstrum geworden, das viele tausend Seiten Gesetzestext umfasst: Von A wie Abfallrahmenrichtlinie über Lieferkettengesetz (CSDDD) und Nachhaltigkeitsberichtspflichten (CSRD/ESRS) bis Z wie (CBAM-)Zertifikate. In dieses enge regulatorische Korsett gezwängt, sollen Unternehmen dazu beitragen, Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent der Erde zu machen.

Trickle-Down-Effekt unterschätzt
Was in der Finanzindustrie seinen Anfang nahm, sickerte sukzessive zur gesamten europäischen Wirtschaft durch: eine horrende Bürokratie. Der Plan, nur große Unternehmen in die Pflicht zu nehmen, verpuffte. Denn die Großen können ihre „grünen“ Pflichten nur erfüllen, wenn sie auch ihre kleinen Lieferanten einbinden. So entstand eine Kaskade an direkt und indirekt betroffenen Unternehmen aller Größen, der so genannte Trickle-Down-Effekt.

Zu komplex, auch für den Regulator
Zusätzlich bewahrheitete sich das Sprichwort, dass viele Köche den Brei verderben. Im Dickicht der Regelwerke verlor auch der europäische Gesetzgeber den Überblick. Viele Rechtsakte sind inhaltlich und zeitlich nicht aufeinander abgestimmt, die EU schaffte es mehrfach nicht, die sich selbst gesetzten Fristen für Detailregelungen einzuhalten. Mitgliedstaaten hinken mit der nationalen Umsetzung von EU-Richtlinien hinter-her, wie zum Beispiel Österreich mit dem Umsetzen der CSRD. Rechtsunsicherheit für Unternehmen paart sich von Beginn an mit dem Grünen Deal.

Mehr Optimismus als Realismus
Manche visionären Pläne der EU klingen auf dem Papier hervorragend und erstrebenswert, sind für die Realität aber viel zu optimistisch (etwa die grüne Vorreiterrolle für die ganze Welt) bis hin zu technisch gar nicht realisierbar (der EU-Rechnungshof empfiehlt etwa der EU-Wasserstoff-Strategie dringend einen Realitätscheck). Gemeinsam mit Bürokratie-Last und Trickle-Down-Effekt nährte dies den Widerstand der Wirtschaft.

Herausfordernde Zeiten
Die grüne Regulatorik verlangt Unternehmen in der aktuell wirtschaftlichen und geopolitisch schwierigen Phase sehr viel ab. Nach der Corona-Pandemie kämpfen Betriebe weiterhin mit hohen Energie- und Rohstoffpreisen, dem Fachkräftemangel und der Konsumflaute. Österreich und Europa stecken in einer Rezession. Mitten im Bewältigen dieser Herausforderungen, die für Unternehmen, unseren Wohlstand und unser gesellschaftliches Gefüge existenziell sind, beansprucht die grüne Regulatorik finanzielle und personelle Ressourcen, die große Unternehmen Millionen Euro kostet und kleine bis mittlere Unternehmen schlichtweg überfordert.

EU-Kommission erkennt Realität
„Damit Europa aufholen kann, müssen wir auch unseren Unternehmen das Leben leichter machen“, kündigte EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen Ende November 2024 an. Zu viel Berichterstattung, zu viele Überschneidungen, zu komplex und zu teuer, um sie einzuhalten, sei die Bürokratie, gestand sie ein

Am 26. Februar 2025 präsentierte die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Omnibus-Verordnung, mit der EU-Taxonomie, Nachhaltigkeitsberichtspflichten und Lieferkettengesetz vereinfacht werden sollen. Die Wirtschaft begrüßt diesen Schritt als wichtig und unverzichtbar, Klimaaktivisten und NGOs befürchten, dass Klima- und Umweltschutz abgeschafft werden.

Nachhaltigkeit bleibt in zentrales Thema, die grüne Regulatorik findet lediglich den Weg zurück in die Realität.

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Brüssel lockert Abgasnormen für Autohersteller

EU-Kommission erspart der Automobilindustrie Milliardenstrafzahlungen.

Andreas Dolezal. Europäische Automobilhersteller haben es gerade schwer. Zu lange setzten sie ausschließlich auf den Verbrennungsmotor, erst spät erfolgte der Schwenk zur Elektromobilität. Rezession, Konsumflaute und gestrichene Vergünstigungen für E-Autos drücken den Neuwagenabsatz. In großen Märkten wie China verlieren sie Marktanteile an einheimische Hersteller. In den USA drohen ihnen hohe Einfuhrzölle. Und das Jahr 2025 hätte zum Horrorjahr mit Milliardenstrafzahlungen werden können.

Strenge Flottengrenzwerte
Als Beitrag zu den EU-Klimazielen müssen Automobilhersteller den durchschnittlichen CO2-Ausstoß aller verkauften Neuwagen, den sogenannten „Flottengrenzwert“, Jahr für Jahr reduzieren. Ab 1. Jänner 2025 liegt dieser Wert bei nur noch 93,6 Gramm CO2 pro Kilometer. Auch Kleinwagen stoßen bei diesem Wert an ihre technischen Grenzen. Ein Renault Clio mit 67 PS-Benzinmotor verursacht (kombiniert nach WLTP) beispielsweise 121 Gramm CO2 pro Kilometer, ein Audi A3 mit einem 116-PS-Dieselmotor mindestens 118 Gramm.

Allein mit Verbrennungsmotoren ist der strenge CO2-Grenzwert unerreichbar. Damit alle verkauften Neuwagen – vom Kleinwagen bis zum Luxus-SUV – durchschnittlich nur mehr 93,6 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen, müssen Automobilhersteller (mehr) Elektro-Autos verkaufen. Denn diese haben per EU-Definition einen CO2-Ausstoß von null Gramm.

Flaute bei Elektro-Autos
Die Absatzflaute bei Elektroautos macht den Herstellern aber einen Strich durch die Rechnung. Firmenkunden haben sich eingedeckt, Private halten sich zurück, nicht zuletzt deshalb, weil wichtige Absatzmärkte wie Deutschland die Kaufprämien gestrichen haben. Auch attraktive Steuervorteile für Elektroautos werden derzeit eher gestrichen als neu eingeführt. In Österreich soll ab 1. April 2025 die motorbezogene Versicherungssteuer anfallen, von der E-Autos bis dato verschont blieben.

Hinzu kommt, dass gerade deutsche Hersteller am Bedarf vorbei entwickelt haben. Viele Modelle sind zu groß und damit zu teuer für die Mehrzahl der Konsumenten, die gerne kleine E-Autos hätten – und diese vermehrt bei chinesischen Autobauern kaufen.

Drastische Strafen für CO2-Sünder
Als es den europäischen Automobilherstellern dämmerte, dass sie die CO2-Emissionsziele im Jahr 2025 nie und nimmer erreichen werden, schrien sie im vergangenen Jahr laut auf. Denn es drohten ihnen Strafzahlungen von bis zu 16 Milliarden Euro. Davon hat sie die EU-Kommission Anfang März befreit. „Wir werden an unseren vereinbarten Emissionszielen festhalten, jedoch mit einem pragmatischen und flexiblen Ansatz“, verkündete Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, nachdem sie schon im Jänner einen „strategischen Dialog über die Zukunft der europäischen Automobilindustrie“ einleitete.

Flexibler in Bezug auf CO2-Ziele
Automobilhersteller müssen den Flottengrenzwert von 93,6 Gramm CO2 pro Kilometer nicht bereits im Jahr 2025 erreichen, sondern erst im Durchschnitt der Jahre 2025 bis 2027. Dies ermögliche es den Autobauern, „etwaige Defizite in einem oder zwei Jahren durch Überschreitungen in den anderen Jahren auszugleichen und gleichzeitig die allgemeinen Ziele für 2025 beizubehalten“, gibt sich die Kommission überzeugt.

Parallel dazu möchte Brüssel Anreize für den Umstieg auf emissionsfreie Fahrzeuge bieten und das Vertrauen der Verbraucher durch Maßnahmen wie eine verbesserte Batteriegesundheit und Reparierbarkeit stärken. Die europäische Autoindustrie erspart sich (vorerst) nicht nur horrende Strafzahlungen, die EU stellt zusätzlich 1,8 Milliarden Euro bereit, um die europäische Batterieproduktion anzukurbeln und das Wachstum der Autobranche zu unterstützen.

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Dividenden klettern auf Rekordwert von 1,75 BioUSD

Und auf für das laufende Jahr 2025 wird ein Gesamtwachstum von 5 % erwartet.

Janus Henderson/Red. Laut dem aktuellen „Janus Henderson Global Dividend Index“ stiegen die weltweiten Dividenden 2024 auf einen Rekordwert von 1,75 Billionen US-Dollar – ein Plus von 6,6 % auf bereinigter Basis. Das Jahresergebnis lag leicht über der Prognose des Assetmanagers von 1,73 Billionen US-Dollar, was hauptsächlich auf die unerwartet starke Entwicklung in den USA und Japan im letzten Quartal zurückzuführen ist. Die Ausschüttungen für das vierte Quartal stiegen bereinigt um 7,3 %.

Im Jahresverlauf war das Wachstum in Europa sowie in den USA und Japan kräftig. Einige wichtige Schwellenländer wie Indien und Teile Asiens wie Singapur und Südkorea verzeichneten ebenfalls ein ordentliches Wachstum. 17 der 49 Länder im Index erzielten Rekorddividenden, darunter einige der größten Dividendenzahler wie die USA, Kanada, Frankreich, Japan und China.

Leichter Rückgang in Deutschland
„Die Dividendenausschüttungen in Deutschland gingen 2024 bereinigt um 0,3 % zurück und beliefen sich auf 51,7 Milliarden US-Dollar (47,5 Milliarden Euro). Drei große Kürzungen beeinträchtigten die Gesamtsumme. Bayer kürzte seine Dividende um 95 % bzw. 2,5 Milliarden US-Dollar, um die Schulden aus der Übernahme von Monsanto 2016 zu reduzieren. Auch BMW reduzierte erheblich mit der Absicht, die Dividende nach der Rekordausschüttung von 2023 wie-der auf ein normaleres Niveau zu bringen. Und der private Gesundheitskonzern Fresenius strich seine Dividende, um weiterhin staatliche Subventionen zu erhalten“, erklärt Daniela Brogt, Head of Sales für Deutschland und Österreich bei Janus Henderson. Das Gesamtbild war jedoch positiver. „89 % der deutschen Unternehmen haben ihre Dividende entweder erhöht oder konstant gehalten – der Median der Erhöhung auf Unternehmensebene lag bei 5,7 %“, fasst Brogt das Ergebnis zusammen.

Tech-Giganten geben Ton an
Große Unternehmen, die erstmals eine Dividende ausschütteten, hatten insgesamt einen überproportionalen Einfluss. Die größten Dividendenausschüttungen kamen von Meta und Alphabet in den USA sowie von Alibaba in China. Zusammen schütteten sie 15,1 Milliarden US-Dollar aus und trugen 1,3 %-Punkte bzw. ein Fünftel zum weltweiten Dividendenwachstum 2024 bei.

Bankensektor sehr großzügig
Aus sektoraler Sicht kam fast die Hälfte des Dividendenwachstums 2024 aus dem Finanzsektor – insbesondere aus dem Bankensektor, dessen Dividenden bereinigt um 12,5 % stiegen. Die Dividenden des Mediensektors verzeichneten ebenfalls ein gutes Wachstum und verdoppelten sich auf bereinigter Basis dank der Zahlungen von Meta und Alphabet. Das Wachstum war jedoch sehr breit aufgestellt: Telekommunikation, Baugewerbe, Versicherungen, Gebrauchsgüter und Freizeit verzeichneten allesamt zweistellige Zuwächse. Die schwächsten Sektoren waren Bergbau und Verkehrswesen, die zusammen 26 Milliarden US-Dollar weniger auszahlten als im Vorjahr.

Der größte Zahler
Microsoft war das zweite Jahr in Folge der mit Abstand größte Dividendenzahler weltweit. Der nach der Übernahme von Pioneer Resources erweiterte Exxon-Konzern stieg auf Platz zwei – eine Position, die er zuletzt 2016 belegte.

Weltweit erhöhten 88 % der Unternehmen ihre Dividenden oder hielten sie konstant, und der Median, also die durchschnittliche Steigerung der Unternehmen, lag bei 6,7 %.

Positiver Ausblick
Für das kommende Jahr rechnet Janus Henderson mit einem Dividendenwachstum von 5,0 %, was den Gesamtbetrag der Ausschüttungen auf einen Rekordwert von 1,83 Millionen US-Dollar bringen würde. Da der US-Dollar gegenüber vielen Währungen zulegt, was die Gesamtwachstumsrate verlangsamt, dürfte das bereinigte Wachstum für das Jahr eher bei 5,1 % liegen.

Jane Shoemake vom Global Equity Income Team bei Janus Henderson sagt: „Einige der wertvollsten Unternehmen der Welt, vor allem diejenigen, die ihre Wurzeln im US-Technologiesektor haben, zahlen zum ersten Mal Dividenden. Damit entkräften sie die Behauptung, diese Gruppe würde diesen Weg der Kapitalrückgabe an die Aktionäre meiden. Sie beweisen damit, dass sie genau wie die erfolgreichen Unternehmen vor ihnen mit zunehmender Reife Liquiditätsüberschüsse erwirtschaften, die sie an ihre Anleger zurückgeben können. Diese Unternehmen geben dem weltweiten Dividendenwachstum derzeit einen deutlichen Schub.

Generell scheint 2025 ein Jahr der Unsicherheit für die Weltwirtschaft zu sein. Sie dürfte weiterhin in einem vernünftigen Tempo wachsen, aber das Risiko von Zöllen und möglichen Handelskriegen könnte zusammen mit der hohen Staatsverschuldung in vielen großen Volkswirtschaften 2025 zu weiterer Marktvolatilität führen. Auf einigen Anleihemärkten sind die Renditen bereits auf den höchsten Stand seit Jahren gestiegen. Höhere Marktzinsen bremsen die Investitionen, verlangsamen das längerfristige Gewinnwachstum und erhöhen die Finanzierungskosten, was sich auf die Profitabilität auswirkt. Dennoch erwarten die Märkte nach wie vor steigende Unternehmensgewinne in diesem Jahr – den Konsensprognosen zufolge um mehr als 10 %. Auch wenn dies angesichts einiger der aktuellen weltwirtschaftlichen und geopolitischen Herausforderungen zu optimistisch ist, gibt es für einkommensorientierte Anleger eine gute Nachricht: Dividenden erweisen sich über Konjunkturzyklen hinweg meist als wesentlich stabiler als Gewinne. Die Unternehmen können nach eigenem Ermessen entscheiden, wie viel sie an die Aktionäre ausschütten, sodass die Einkommensströme aus Dividenden viel weniger schwanken. Daher erwarten wir für dieses Jahr einen neuen Rekord bei den Dividenden.“

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US-Wirtschaft startet etwas schwächer ins neue Jahr

Notenbank Fed dämpft Hoffnung auf weitere Lockerung der Geldpolitik.

BLI/Red. Die Wirtschaft der USA scheint das aktuelle Jahr etwas schwächer begonnen zu haben, verglichen mit dem robusten Wachstum, das sie im gesamten Jahr 2024 verzeichnete, so Guy Wagner von Banque de Luxembourg Investments. „Eine hohe Vergleichsbasis nach dem starken Anstieg des Inlandsverbrauchs im vierten Quartal und die zerstörerischen Brände in Kalifornien scheinen das Wachstum in den ersten beiden Monaten des Jahres 2025 leicht beeinträchtigt zu haben“, sagt der Chief Investment Officer des Assetmanagers. „Der anhaltende Anstieg der Haushaltseinkommen deutet jedoch darauf hin, dass das etwas zurückhaltendere Verhalten der US-Verbraucher nicht zu einem neuen Trend werden dürfte, der sich noch verstärken wird. In Europa nährt die Aussicht auf eine handlungsfähige christlich-sozialdemokratische Koalition in Deutschland und die rasche Bereitstellung von Finanzmitteln auf europäischer Ebene zur Wiederbewaffnung des alten Kontinents die Hoffnung auf eine wirtschaftliche Wiederbelebung.“ In China könnte die Einführung von Zöllen durch die USA zu einem Zeitpunkt, an dem die Exporte die dynamischste Komponente des Bruttoinlandsprodukts darstellen, die staatlichen Behörden dazu veranlassen, die Maßnahmen zur Unterstützung des Binnenkonsums bald zu verstärken. In Japan lag der BIP-Anstieg im vierten Quartal 2024 dank der starken Exporte deutlich über den Erwartungen, wobei der Binnenkonsum jedoch kaum zum Wachstum beitrug.

Inflation stagniert seit Monaten
Nach ihrem deutlichen Rückgang von den Rekordwerten, die 2022 erreicht wurden, stagniert die Inflation seit einigen Monaten. So stieg in den USA die Gesamtinflationsrate von 2,9 % im Dezember auf 3,0 % im Jänner. In der Eurozone sank die Gesamtinflationsrate leicht.

US-Notenbank dämpft Hoffnung
Im Februar hielten die beiden wichtigsten Zentralbanken keine Sitzungen ab. „Im Laufe des Monats dämpften die US-Geldpolitiker weiterhin die Hoffnungen auf eine weitere Lockerung der Geldpolitik und deuteten an, dass sie den Status quo vorziehen, solange die Inflation keine Anzeichen einer deutlicheren Verlangsamung verzeichnet“, betont der luxemburgische Ökonom. Selbst in der Eurozone begannen die Behörden, das Potenzial für weitere Zinssenkungen zurückhaltender zu beurteilen, um nicht die Gefahr einer schnellen Rückkehr einer beschleunigten Inflation zu riskieren.

Euroraum: Langfristige Zinssätze fast unverändert
Die Anzeichen für ein weniger robustes US-Wirtschaftswachstum zu Jahresbeginn führten zu einem Rückgang der langfristigen Zinssätze in den USA. Im Euroraum blieben die langfristigen Zinssätze fast unverändert aufgrund der Aussicht auf eine deutliche Erhöhung der Militärausgaben auf dem alten Kontinent finanziert durch zusätzliche neue Schulden. So sank der zehnjährige Referenzzinssatz nur geringfügig in Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien.

Europäische Aktien mit günstigem Trend
Im Februar kaschierte der leichte Rückgang des führenden globalen Aktienindex „MSCI All Country World Index Net Total Return“ die heterogenen Entwicklungen an den Aktienmärkten sowohl auf geografischer als auch auf sektoraler Ebene. Wagner: „Trotz der Schwäche der Wall Street hielten die europäischen Aktien ihren günstigen Trend vom Jahresbeginn aufrecht, da die Hoffnung besteht, dass die wahrscheinliche Abkehr von der fiskalischen Orthodoxie in der Eurozone zur Aufrüstung des alten Kontinents eine spürbarere wirtschaftliche Erholung auslösen könnte.“

Unter den Schwellenländern zeigten sich die chinesischen Börsen besonders euphorisch, wobei der Hang Seng Index in Hongkong sogar um 13,4 % (in HKD) zulegte und damit seine Rallye fortsetzte, die seit der Ankündigung des Sprachmodells für Künstliche Intelligenz von DeepSeek begonnen hatte. „Auf Sektorenebene verzeichneten Basiskonsumgüter, Immobilien und Finanzen die höchsten Zuwächse, während Konsumgüter, Kommunikationsdienste und Technologie die deutlichsten Rückgänge auswiesen.“

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MIPIM 2025: Wo sich aktuell Immo-Investments lohnen

Exklusive Marktnews von Principal Asset Management und eine Einschätzung von Corum.

Rudolf Preyer. „2025 erlebt einen rasanten Start mit Transaktionen und Investoraktivitäten, die am Immobilienmarkt Fahrt aufnehmen“ so Rachel Shone, Managing Director Real Estate bei Principal Asset Management. Es wird allgemein erwartet, dass geopolitische Kräfte den Fokus vieler Diskussionen auf der MIPIM bestimmen werden, da diese Faktoren die Investoren – wenig überraschend – stark beeinflussen.

Sehen und gesehen werden: Seit 1990 hat sich die MIPIM (Marché International des Professionnels de l‘immobilier; heuer von 11. bis 14. März) im sonnigen Cannes zum „Place to be“ für global aufgestellte Immobilienentscheider in den Bereichen Wohn- und Gewerbeimmobilien sowie Betriebsansiedlung entwickelt.

Strategien zum Investieren
Angesichts drohender US-Zölle, einer Minderheitsregierungen in Frankreich, der Regierungsneubildung in Deutschland und fortlaufender Konflikte in Europa sowie dem Nahen Osten sollten diese Faktoren als potenzielle Gegenwinde gesehen werden, auf die sich Investoren bei der Verwaltung ihrer Portfolios einstellen müssen, so wieder Shone: „Daher rechnen wir damit, dass sich Strategien auf Bereiche mit langanhaltendem Wachstum konzentrieren werden sowie Assetklassen in größeren Finanzmärkten, die weniger anfällig für Volatilität sind.“ Nichtsdestoweniger sehe Principal Asset Management dieses Jahr auch Lichtblicke am Immobilienmarkt. Es wird angenommen, „dass 2025 dank stabilisierender Immobilienwerte und gut positionierten Fundamentaldaten die richtigen Zutaten hat, um ein guter Jahrgang zu werden.“ Wo sieht Shone gute Möglichkeiten? „Wir präferieren Strategien für einzelne Sektoren. Dabei bleibt unser Appetit für Wohnen, Logistik und alternative Sektoren am größten.“

Zudem gebe es keine Anzeichen dafür, dass die Nachfrage nach Rechenzentren zeitnah sinken könnte. „Principal“ nimmt an, dass dieser Sektor angesichts der Angebotsbeschränkungen, die sich aus der Verfügbarkeit von Strom und Land ergeben, stark wachsen wird.

Und schließlich Hotels: Sowohl operativ als auch beim Transaktionsvolumen erzielten Hotels 2024 starke Ergebnisse. Die Nachfrage bleibt hoch, während das Angebotswachstum auf einem sehr niedrigen Niveau verweilt, weshalb der Ausblick auf 2025 positiv ist. Dazu Shone abschließend: „Wir favorisieren weiterhin interessante Value-Add-Möglichkeiten.“

Logistik und Einzelhandel weiter gefragt
Der Börsen-Kurier hat Corum Investments um ein Statement zur MIPIM gebeten. Martin Linsbichler, Country Manager Austria, sagt: „Wir bei Corum haben normalerweise eine andere Sichtweise als die meisten anderen Marktteilnehmer. Ich denke aber, das Hauptthema wird das Licht am Ende des Tunnels sein, das nach dem Ende der Inflation in Europa und ihren Folgen jetzt sichtbar wird.“ Die EZB hat nun die Zinsen um 0,25 auf 2,5 % gesenkt. Infolgedessen werden laut Corum die Immobilienpreise steigen, wie es in einigen Anlageklassen seit dem zweiten Halbjahr 2024 bereits passiert ist.

Welche Assetklassen den Geschmack des Marktes treffen werden? Im Jahr 2025 werden das laut Linsbichler von Corum wahrscheinlich immer noch Logistik und Einzelhandel sein. „Das bedeutet auch, dass die Preisnachlässe für Büroimmobilien in Europa immer noch recht gut sind.“

Wer aller aus Österreich an die Côte d‘Azur anreist und vor Ort vertreten ist, findet sich hier, am: oesterreichstand.at/mipim – traditionell gibt man sich am „Austria Pavillon“ ein fröhliches Stelldichein der Branche. Für heuer werden rekordverdächtige 80 heimische Unternehmen ebendort erwartet.

Foto: oesterreichstand.at

 

 

Hat die EU gegen die USA Chancen?

Der Zolldisput zwischen der Union und den Staaten kennt keine Gewinner.

Florian Beckermann. Es ist kein Geheimnis, dass die zweite Trump-Administration das Thema der Strafzölle gegen die EU hoch priorisiert. Das Tempo ist rasant. Die EU-Vertreter hocken schwitzend daneben und hoffen, dass es schon nicht so schlimm werden könnte. Doch Donald Trump liebt die Eskalation und die EU ist ein gefundenes Opfer? Abwarten.

Strafzölle erzeugen ein Lose-Lose-Szenario. Sie verteuern Importe, sie erzeugen höhere Kosten für Verbraucher. Eine steigende Inflation ist oft die Folge. Globale Lieferketten werden gestört und auch hier verteuern sich die Produkte für den Endverbraucher. Die gesamte Wettbewerbsfähigkeit leidet – Arbeitsplätze, Wirtschaftswachstum sowieso. Die Vergeltungsmaßnahme – Gegenzoll – belastet die Situation weiter. Investitionen in solchen Szenarien unterbleiben, eine globale Produktionsverlagerung setzt ein. Darüber hinaus werden nicht wettbewerbsfähige Unternehmen am Leben gehalten, mit entsprechenden verheerenden Konsequenzen später. Letztlich leiden insbesondere niedrige Einkommen besonders unter dieser Situation.

USA und EU beglücken sich bereits heute mit Zoll-Böswilligkeiten (z. B. für Eisen-, Stahl- und Aluminiumerzeugnisse). Am 12. März werden dann 25 % hierfür aufgeschlagen. Die EU revanchiert sich mit Zöllen gegen Produkte aus US-Bundesstaaten, die Trump unterstützt haben, z. B. Harley Davidson in Florida.

Wie könnte man einem Eskalationsszenario durch umfassende Importzölle begegnen? Einstweilen kaufen die US-Amerikaner europäische Produkte und bezahlen in Dollar. Was wiederum zum Kauf von US-Anleihen oder Aktien führt. Die Finanzkraft landet partiell wieder in Europa. Bekanntermaßen sind US-Fonds die größten Investoren auf den europäischen Märkten. Ihre Erträge übertreffen gar europäische Profite in den USA. Ähnlich geht es den Einkünften aus US-Dienstleistungen gegenüber der EU, auch hier hat die EU ein Defizit.

Der österreichische Ökonom Gabriel Felbermayr sieht hierin eine Chance, einen wirkungsvollen Gegenschlag zu setzen, indem man einen Strafzoll hier ansetzt. Was bei Dienstleistungen noch aussichtsreich erscheint, kann gerade bei Kapitaleinkünften nach hinten losgehen. US-Fonds haben selten Probleme damit, ihre Investments mit Verlust zu verkaufen. Emotionalität gibt es nicht. Der Verlust wäre enorm, da sie selbst als Käufergruppe ausfielen. Europäische Investoren/Anleger sind zwar finanziell in der Lage, gegenzuhalten, doch die europäische Aktienkultur würde die Chance nicht ergreifen (können), selbst wenn man den Willen dazu besäße. Gleichermaßen darf man das Exposure europäischer Anleger in den USA nicht vergessen, es ist massiv. Ein Gegenzoll hätte ähnliche Effekte. Ein fulminanter Börsenabschwung wäre jedenfalls zu erwarten.

Angesichts der kurzen Zeitachse Trumps in Sachen Strafzölle, scheint eine Beruhigung der Lage politisch nicht einzutreten. Zu leicht ist politisches Kleingeld verdient, zu spät werden die katastrophalen Folgen sichtbar. Die Abschreckung durch eigene Defizitsektoren Trump von einer weiteren Eskalation abzuhalten, ist ein gefährliches Spiel – aber nicht verloren. Besser wäre jedoch für alle, das Spiel gänzlich sein zu lassen.

Florian Beckermann ist Vorstand des IVA – Interessenverband für Anleger

 

 

Warum die Künstliche Intelligenz vor einem Paradigmenwechsel steht

Ein Kommentar von Christophe Braun, Equity Investment Director bei Capital Group

(04.03.) Künstliche Intelligenz ist weiterhin das Thema, das Anleger am meisten umtreibt. Laut Christophe Braun, Equity Investment Director bei Capital Group, sei es entscheidend, den nächsten Schritt in der KI-Entwicklung vorauszusagen. Der Experte ist sich sicher, dass KI aktuell an einem entscheidenden Wendepunkt stehe: „Wir sehen in der KI nicht nur eine technologische Evolution, sondern eine Revolution, die sämtliche Wirtschaftssektoren grundlegend verändern wird.“

Mit einem aktuellen Marktvolumen von rund 420 Milliarden US-Dollar habe sich Künstliche Intelligenz bereits als zentraler Wachstumstreiber etabliert. Doch Prognosen zufolge werde die Branche bis 2030 auf beeindruckende 1,8 Billionen US-Dollar anwachsen – eine Entwicklung, die das Potenzial dieser Technologie unterstreiche. „Wenn wir auf die Geschichte technologischer Innovationen blicken, stellen wir fest, dass selbst erfahrene Analysten das tatsächliche Marktwachstum häufig unterschätzen“, erläutert Braun und verweist auf Daten, die zeigen, dass die Wachstumsprognosen für frühere technologische Umbrüche – darunter Computer, Internet und Cloud – im Durchschnitt um 144 Prozent zu niedrig angesetzt waren.

Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für den derzeitigen Paradigmenwechsel sei das rasante Wachstum von KI-Anwendungen wie ChatGPT. Während dieses KI-Modell nur fünf Tage benötigt habe, um eine Million Nutzer zu erreichen, habe Instagram dafür 2,5 Monate gebraucht und Netflix sogar 3,5 Jahre. Diese Geschwindigkeit verdeutliche, wie rasant sich der Markt entwickle und welche enorme Nachfrage nach KI-Technologien bestehe.

Wertschöpfungskette auf vier Ebenen
Dieser Fehler könne sich nun wiederholen, denn die Wertschöpfung innerhalb der KI-Branche erstrecke sich über mehrere essenzielle Ebenen, die alle eine zentrale Rolle für den weiteren Fortschritt spielen würden:

1. Halbleiter: Die Basis für leistungsfähige KI-Modelle liege in modernsten Chiptechnologien. Unternehmen, die spezialisierte Halbleiter für KI-Anwendungen entwickeln, könnten erheblich von der steigenden Nachfrage profitieren.

2. Infrastruktur: Die nächste Ebene umfasse Cloud- und Rechenzentrumskapazitäten, die notwendig seien, um KI-Modelle zu trainieren und auszuführen. Große Tech-Unternehmen würden massiv in Rechenleistung investieren, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu sichern.

3. Modelle: Fortschritte bei den KI-Algorithmen selbst bildeten die dritte Säule. Hier würden große Sprachmodelle, multimodale Systeme und spezialisierte KI-Anwendungen das Innovationspotenzial weiter steigern.

4. Anwendungen: Die Endnutzung der KI-Technologie in der Wirtschaft sei die vierte und vielleicht spannendste Ebene. Von Automatisierung über medizinische Diagnostik bis hin zu individualisierten Kundeninteraktionen – die Anwendungsfälle seien nahezu unbegrenzt und hätten das Potenzial, Geschäftsmodelle grundlegend zu transformieren.

Während diese Entwicklung einen erheblichen Mehrwert für die Industrie mit sich bringe, sei jedoch auch zu erwarten, dass die Schere zwischen den Gewinnern und Verlierern dieser Transformation groß sein werde. Unternehmen, die frühzeitig in KI-Technologie investieren und diese effizient nutzen würden, könnten überproportional profitieren, während traditionelle Geschäftsmodelle unter Druck geraten könnten.

China und USA übernehmen die Führungsrolle
Zudem werde sich die KI-Welt vermutlich bipolar entwickeln, wobei die USA und China die Hauptrollen spielen dürften. Die USA würden die technologische Führungsrolle für die gesamte westliche Welt übernehmen, während China seinen Markt größtenteils für sich selbst dominiere. Diese geopolitische Aufteilung könne weitreichende wirtschaftliche und strategische Konsequenzen nach sich ziehen.

Abschließend hebt Braun hervor, dass die Investitionschancen im KI-Sektor bereits heute beträchtlich seien. „Wir stehen erst am Anfang eines exponentiellen Wachstumszyklus, dessen gesamte Dimension aktuell noch schwer zu erfassen ist“, lautet sein Fazit.

 

 

Wie wichtig Analysten und HVs für Investoren sind

Diskussion des IVA zur Bedeutung von Analysen und Hauptversammlungen für Privatanleger.

Marius Perger. „Die verschiedenen Perspektiven aufzeigen“ wolle der Börsen-Kurier-Partner Interessenverband für Anleger (IVA), sagte dessen Präsident Florian Beckermann (2. von rechts) zu Beginn des Streitgesprächs „Analyst vs. Anleger“ in der Vorwoche in der Säulenhalle der Wiener Börse. Friedrich Mostböck (ganz links), Chefanalyst der Erste Group und Präsident der Oesterreichischen Vereinigung für Finanzanalyse & Asset Management (ÖVFA), betonte, dass Aktienanalyse mehr eine Kunst als eine „formale Zahlengeschichte“ sei. Sein Rüstzeug seien natürlich Zahlen, aber auch Soft facts, und er brauche viel Gefühl und Gespür für Timing. Es gehe darum, Informationen herauszufinden, inwieweit sich Aktien besser oder schlechter entwickeln als der Markt.

Immer weniger Analysen
Privatinvestor Rupert-Heinrich Staller (ganz rechts) kritisierte, dass die großen Banken in Österreich immer weniger heimische Unternehmen analysieren. Es sei nicht möglich, Unternehmen zu covern, deren Marktkapitalisierung unter 100 Millionen Euro liegt, die weniger als 10 % Streubesitz haben und keine Investor Relations betreiben, erklärt Mostböck.

Gerade in jenen Unternehmen, die nicht gecovert werden, seien deutlich mehr österreichische Privatanleger als internationale Institutionelle investiert, so Staller. Privatanleger hätten auch keinen Zugang zu professionellem Research. Seit dem Inkrafttreten von MiFID II dürfen Analysen nur noch an institutionelle Kunden, nicht aber an Privatanleger weitergegeben werden, sagt Mostböck. Es gebe aber aus seinem Haus beispiels-weise Factsheets zu allen gecoverten Werten, was für einen Retail-Aktionär ausreichend sei. Und informationsmäßig werde dieser von Anlageberatern in den Banken versorgt.

Für die gecoverten Unternehmen seien Analysten als Multiplikatoren wichtig, so Bernd Maurer (2. von links), früher selbst Analyst und nun Head of Capital Markets beim Flughafen Wien. Sie machen Informationen für den Markt zugänglich, häufig sei der Fokus auf Analysen größer als jener auf Unternehmensmeldungen. Und man dürfe Analysten nicht auf die geschriebene Analyse reduzieren, sie seien Sparringpartner für Investoren und wissen „so viel mehr als den geschriebenen Zettel“.

Privatanleger braucht HV
Analysten würden den Vorstand persönlich kennen und brauchen nicht auf Hauptversammlungen zu gehen, so Mostböck: „Ich höre dort keine Neuigkeiten.“ Dem kontert Staller: „Einen Analysten kann ich anlügen, ihm Geschichten erzählen. In der HV müssen die Organe die Wahrheit sagen.“ Für Privataktionäre sei die HV wichtig, gesteht Mostböck zu: Dies sei die einzige Gelegenheit für sie, Kontakt zu Vorstand und Aufsichtsrat und einen Überblick zu bekommen, wie die Gesellschaft intern funktioniert. Maurer ergänzt: Gerade in der HV erhalte man einen persönlichen Eindruck vom Management, von dessen Herangehensweise und von der Art, wie es Fragen beantwortet. Staller pflichtet dem bei: Man könne in einer HV sehen, wie der Vorstand unter Druck reagiert und wie er „mit den blödesten Fragen eines Aktionärs umgeht“.

Weniger wichtig sind für Staller Investoren-Calls: Ihre Qualität habe in jüngerer Zeit abgenommen, auch weil von Seite der Analysten meist nur wenige qualitätsvolle Fragen gestellt werden. Und auch bei Investorentreffen erfahre man wenig. Es habe aber niemand einem Analysten verboten, gescheite Fragen zu stellen, sagt Maurer: Es gehe darum, so viel wie möglich zu fragen, dann bekomme man umso mehr Information.

Eine große Bedeutung für Investoren habe schließlich Corporate Governance, und das nicht erst, seit ESG zur Mode geworden ist. Wesentliches Kriterium dabei sei die Interaktion des Vorstands untereinander, so Staller. Und „das sehe ich nur in der HV“. Überhaupt sei Corporate Governance für ihn bei Hauptversammlungen ein „Kernfragenkomplex“, um herauszufinden, ob er sich auf das Management verlassen kann.

Foto (v. l. n. r.): Friedrich Mostböck, Bernd Maurer, Florian Beckermann sowie Rupert-Heinrich Staller / IVA

 

 

IPO-Potenzial häufig ungenutzt

KMUs in Europa, die einen Börsengang andenken, stehen vor erheblichen Hürden.

Red./ks. Strenge Transparenz- und Berichtspflichten, hohe Kosten für den Börsengang sowie laufende Compliance-Auflagen schrecken viele mittelständische Unternehmen davon ab, an die Börse zu gehen. Im Gegensatz zu großen Konzernen, die über umfangreiche Ressourcen verfügen, fehlt es kleineren Unternehmen oft an Kapital und Expertise, um die hohen Anforderungen zu erfüllen. Zudem befürchten viele Unternehmer einen Kontrollverlust und verspüren hohen Druck durch die Quartalsberichterstattung.

Vorbild USA?
„Im Vergleich zu den USA ist das Potenzial kaum ausgeschöpft, das Mindset und die Rahmenbedingungen sind Faktoren, die in Zukunft geändert werden müssen, um als Weltregion wettbewerbsfähig zu bleiben“, kennt Stefan Petrikovics (Foto), Gründer der SMG Holding, die Herausforderungen. Mit seinem Unternehmen ist er auf IPO-Sponsoring im europäischen Raum spezialisiert und begleitet KMU als Partner von der Idee bis zum Listing. In Europa sieht der Finanzexperte enormes Potenzial: „Wir sehen besonders in den drei Märkten Immobilien, Technologie und Energie enorme Chancen. Auch im Tourismussektor besteht ein deutlicher Aufholbedarf, denn obwohl dieser deutlich größer als jener der USA ist, machen der öffentliche Kapitalmarkt und der Anteil an börsennotierten Unternehmen nur einen Bruchteil aus.“

Oft auch Vorurteile
Dabei sind die Gründe für die Zurückhaltung vielseitig. Neben den oft fehlenden fachlichen, personellen und finanziellen Ressourcen haben viele Unternehmer auch Vorurteile gegenüber einem Börsengang. Um diese aus dem Weg zu räumen, fordern Experten umfassende Beratungsangebote und Fördermaßnahmen, die die potenziellen Vorteile vermitteln.

Zurückhaltend zeigen sich in Europa und vor allem auch in Österreich, die institutionellen Investoren. Während in den USA gerade sie einen großen Teil der Risikofinanzierung ausmachen, ist dies in Europa nur bedingt der Fall. „Vielmehr wird bei Investitionen hierzulande viel Wert auf Risikoarmut gelegt. Das ergibt ein Henne-Ei-Problem: Fehlen in Europa die KMU, die an die Börse wollen, oder fehlen die Investoren, die dies möglich machen würden? Langfristig orientierte Investoren würden vor allem den KMU eine Planungssicherheit geben und die Angst vor einem Börsengang lindern“, weist Petrikovics gegenüber dem Börsen-Kurier auf die verzwickte Lage hin.

Bessere Bedingungen für KMU
Experten fordern gezielte Maßnahmen, um eine Trendwende zu ermöglichen und Börsengänge attraktiver zu machen. Dazu zählen vereinfachte regulatorische Prozesse mit weniger Bürokratie und angepassten Reporting-Pflichten. Auch steuerliche Anreize können dazu beitragen, den Kapitalmarkt als Finanzierungsquelle zu stärken.

Ohne die notwendigen Reformen wird das erhebliche Potenzial für Börsengänge in Europa wohl weiterhin ungenutzt bleiben. Eine proaktive Unterstützung von KMU könne nicht nur deren Wachstum fördern, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit des gesamten europäischen Wirtschaftsraums stärken, so Petrikovics.

Foto: SMG / Wexplore

 

 

Gelingt Luxus nunmehr die Wende?

Die Umsätze schwächelten zuletzt teilweise, chinesische Käufer hielten sich zurück.

Raja Korinek. Luxus bleibt gefragt. Dennoch kühlte sich 2024 der Gesamtmarkt ein wenig ab. Dies geht aus der jährlichen „Luxury Goods Worldwide Market“-Studie hervor. Sie wird vom US-Beratungshaus Bain & Company gemeinsam mit Fondazione Altagamma, der italienischen Handelsorganisation für italienische Hersteller von Luxusgütern, herausgegeben.

Umsatzrückgang 2024
Demnach sanken die Ausgaben auf 1,478 nach 1,498 Billionen Euro im Jahr 2023. Hierzu wurden sämtliche Bereiche miteinbezogen, von exquisiten Reisen und teuren Boliden bis hin zu persönlichen Luxusgütern – ein wichtiger Kernbereich im Übrigen, wie man bei Bain & Company festhält. Dazu zählen Schmuck, teure Taschen und hochpreisige Bekleidung. Allein dieser Bereich verzeichnete einen Umsatzrückgang von beinahe 2 % auf 363 Milliarden Euro.

Die Gründe sind vielfältig. So wird auf die Zurückhaltung chinesischer Konsumenten verwiesen. Schließlich schwächelt die Konjunktur wie auch der Immobilienmarkt. Ausgerechnet darin haben viele Chinesen einen guten Teil ihrer Ersparnisse investiert. Heiko Geiger, Zertifikate-Experte bei der Bank Vontobel, hebt gegenüber dem Börsen-Kurier einen weiteren Aspekt hervor: „Insbesondere die Gruppe junger, aufstrebender Konsumenten, die den Löwenanteil der chinesischen Luxusgüterkunden ausmachen, wandten sich ab. Der Trend ist angesichts der hohen chinesischen Jugendarbeitslosigkeit von fast 20 % wenig verwunderlich.

Schwäche bremst sich ein
Auch Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank, hat sich den Sektor angesehen: So seien die Branchenumsätze allein im 4. Quartal um nur noch 1 % gesunken, verweist der Experte auf die Verlangsamung. Die Bandbreite ist allerdings groß. LVMH verzeichnete einen geringen Umsatzrückgang im Jahresvergleich auf 23,93 Milliarden Euro. Wesentlich höher war das Minus bei Kering, zu dem etwa Gucci gehört, wo der Umsatz auf 4,39 Milliarden Euro sank.

Zudem seien die Unternehmen optimistisch, dass die Nachfrage insbesondere aus den USA wieder zurückkomme, meint Stephan. Kreditkartendaten zeigten, dass das vergangene Quartal das zehnte in Folge war, in dem weniger für Luxusartikel ausgegeben wurde als im jeweiligen Vorjahresquartal. Im Jänner wurden aber wieder steigende Ausgaben beobachtet, ein Umstand, der zahlreichen Sektor-Aktien Rückenwind verschafft hatte. Ob die Kurse derzeit weiteres Potential haben, bleibe abzuwarten. Stephan findet die Branchenaktien inzwischen recht teuer bewertet, wie er sagt.

Kommen bald Zölle?
Hinzu sollten handelspolitische Geschehnisse nicht unterschätzt werden, so Geiger. „Obwohl Luxusgüter zum aktuellen Zeitpunkt nicht im Fokus von Donald Trumps Zöllen stünden, bereite die Ungewissheit Sorgen. Die Hersteller schauen jedoch nicht nur untätig zu.“ So produziere LVMH bereits an mehreren US-Standorten und könnte bei entsprechenden Entwicklungen weitere Produktionskapazitäten dorthin verlagern.

Anleger, die der Branche weiteres Potenzial einräumen, können darauf mit dem Luxury-Performance-Indexzertifikat der Bank Vontobel setzen. Darin enthalten sind zehn Titel, so etwa der Schweizer Uhrenhersteller Richemont, der italienische Jackenhersteller Moncler sowie Kering und LVMH. Wer etwa Kering in nächster Zeit nur ein begrenztes Plus einräumt, kann darauf mit einem Discount-Zertifikat der BNP Paribas setzen. Der Cap liegt bei 280 Euro, der Break-Even-Kurs bei 252,39 Euro. Bewertungstag ist am 20.06.2025. Verluste sind bei beiden Produkten möglich.

Foto: AdobeStock / Tor Gilje KI generiert

 

 

2024 ein Jahr des Übergangs im Biotech-Segment

Christian Koch, der Leiter des Investment-Teams von BB Biotech, im Gespräch.

Klaus Schweinegger. BB Biotech investiert in Gesellschaften des Wachstumsmarkt Biotechnologie und ist einer der weltweit größten Anleger in diesem Bereich. Die BB Biotech-Aktie (ISIN: CH0038389992) ist an der SIX Swiss Exchange und an der Deutschen Börse notiert. Der Fokus der Beteiligungen liegt auf börsennotierten Gesellschaften, die sich auf die Entwicklung und Vermarktung neuartiger Medikamente mit einem Mehrwert für das Gesundheitssystem konzentrieren.

Börsen-Kurier: Herr Koch, das Biotech-Segment hat in den vergangenen Jahren einige Turbulenzen erlebt. Wie beurteilen Sie die Entwicklung in 2024?

Christian Koch: 2024 war ein Jahr des Übergangs. Nach einer Phase schwacher Performance und gedämpfter Anlegerstimmung hat sich der Sektor im vierten Quartal strukturell erholt. Anleger haben sich wieder verstärkt auf Fundamentaldaten konzentriert – klinische Meilensteine, regulatorische Fortschritte und erfolgreiche Kommerzialisierungen rückten in den Fokus. Einige unserer Positionen wie Scholar Rock, Wave Life Sciences und Edgewise Therapeutics haben in diesem Umfeld stark zugelegt, ein Zeichen für das wiedererstarkte Anlegervertrauen. Trotz dieser positiven Entwicklungen bleibt die Volatilität hoch, und selektives Investieren ist wichtiger denn je.

Börsen-Kurier: Was erwarten Sie für 2025? Setzt sich die Erholung fort?

Koch: Wir sehen vielversprechende Signale dafür, auch wenn es kurzfristig volatil bleiben dürfte. Die Pipeline vieler Biotech-Unternehmen hat sich gefestigt, und 2025 dürfte ein wichtiges Jahr werden. Die Bewertungen sind weiter-hin attraktiv, insbesondere für Unternehmen mit innovativen Therapien in der mittleren bis späten Entwicklungsphase. Zudem steigt der Druck auf die Pharmakonzerne, ihre Pipelines zu erneuern. Wir erwarten eine anziehende M&A-Aktivität, was sich bereits mit der Übernahme von Intra-Cellular Therapies durch Johnson & Johnson für rund 15 MrdUSD zeigt. Insgesamt bleiben wir optimistisch, setzen aber auf eine disziplinierte Titelauswahl.

Börsen-Kurier: Welche Rolle spielen regulatorische Entwicklungen in den USA für den Biotech-Sektor?

Koch: Die politische und regulatorische Landschaft ist ein entscheidender Faktor. Die US-Präsidentschaftswahl hat für Unsicherheit gesorgt, insbesondere im Gesundheitssektor. Die Ernennung von Robert F. Kennedy Jr. zum Gesundheitsminister wirft Fragen hinsichtlich künftiger FDA-Entscheidungen und Medikamentenerstattungen auf. Gleichzeitig könnte die Berufung von Martin Makary als FDA-Leiter Stabilität bringen. Der Inflation Reduction Act bleibt ebenfalls ein Thema, da er Medikamentenpreise unter Druck setzt. Unternehmen mit klar differenzierten Therapieansätzen könnten aber davon profitieren.

Börsen-Kurier: Sie haben Anfang des Jahres die Leitung des Investment-Management-Teams übernommen. Welche strategischen Anpassungen haben Sie vorgenommen?

Koch: Wir haben unseren Investmentprozess verfeinert, um noch gezielter Kapital zu allokieren. Unser Bewertungsmodell wurde dynamischer, sodass wir schneller auf Marktveränderungen reagieren können. Wir haben unsere Einstiegs- und Exitstrategien optimiert und uns verstärkt auf Unternehmen mit nachgewiesenem Proof-of-Concept fokussiert. Gleichzeitig haben wir unser Team ausgebaut – vor allem in den USA, dem Zentrum der Biotech-Industrie.

Börsen-Kurier: Was bedeutet das konkret für die Zusammensetzung des Teams?

Koch: Ein Meilenstein war der Ausbau unserer US-Präsenz: Seit Dezember 2024 leitet Wendy Lam die wachsende Niederlassung in New York. Mit ihrer umfassenden Biotech-Investmenterfahrung und ausgezeichneten Vernetzung in der Branche stärkt sie unsere Position vor Ort. Auch in der Schweiz haben wir unser Team erweitert – Anna Guinot Aguado ergänzt uns mit wertvoller Expertise in der Onkologie und im Venture-Capital-Sektor.

Börsen-Kurier: Abschließend die Frage: Wie positionieren Sie sich im laufenden Jahr?

Koch: Das Jahr 2025 wird für mehrere unserer Portfolio-Unternehmen ein entscheidendes Jahr. Argenx erweitert den Einsatz seines Autoimmun-Medikaments Vyvgart mit einer neuen Fertigspritze und zusätzlichen Indikationen. Alnylam wiederum steht kurz vor der Markteinführung von Amvuttra zur Behandlung einer schweren Herzerkrankung (ATTR-Kardiomyopathie) und adressiert damit einen großen medizinischen Bedarf. Aber auch in der klinischen Forschung gibt es spannende Entwicklungen: Incyte arbeitet an der Entwicklung krankheitsmodizfizierender Therapien gegen myeloproliferative Neoplasie, eine seltene Blutkrebserkrankung, und prüft eine vielversprechende orale Behandlung für Hidradenitis suppurativa, eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung. Und last but not least: Rivus untersucht in einer großen Studie, ob seine neue Therapie effektiv gegen die weit verbreitete Stoffwechselerkrankung MASH hilft.

Foto: BB Biotech

 

 

Pensionskassen: einfache Produkte und leichter Zugang

Es gelte, auch kleine Unternehmen zu erreichen, sagt VBV-Pensionskassen-CEO Günther Schiendl.

Marius Perger. „Ich bin Optimist und glaube, dass die Dinge funktionieren“, sagt Günther Schiendl, (Foto) seit September des Vorjahres CEO der VBV-Pensionskasse AG, im persönlichen Gespräch mit dem Börsen-Kurier. Das staatliche Pensionssystem in Österreich funktioniere gut und sei auch finanzierbar, „solange es Wirtschaftswachstum und Innovation gibt“. Allerdings sei zu bedenken, dass es in den vergangenen drei Jahren hierzu-lande kein Wachstum gegeben habe.

Was die Pensionskassen betrifft, seien alle Großunternehmen und die meisten großen mittelständischen Unternehmen abgedeckt. Was fehlt, seien viele kleine Unternehmen. Hier gelte es einen Zugang zu finden, nötig sei dafür ein einfaches Produkt. Der Mensch sei bequem, Produkte müssten daher so gestaltet sein, dass sie dieser Bequemlichkeit entgegenkommen. Es gehe darum, Arbeitgeber und Betriebsräte zu überzeugen, „den Rest macht die Pensionskasse“. Und darum, leicht zugänglich zu sein – daran arbeite man.

Nicht alle in einem Veranlagungstopf
Als die Pensionskassen in Österreich vor 35 Jahren geschaffen wurden, habe es einen sehr homogenen Bestand gegeben, betont Schiendl. Das habe sich geändert, heute gebe es viele, die bereits eine Pension beziehen, und sehr viele junge Menschen in den Unternehmen.

Es sei problematisch, wenn sich alle diese Menschen in einer Veranlagungs- und Risikogemeinschaft (VRG) befinden. Dies führe zu „extremen Zielkonflikten“, man tue den Menschen damit nichts Gutes. Auflösen könne man dieses Problem mit einem Lebensphasenmodell. Dabei gehe es darum, bis zu einem Alter Mitte 50 Vermögen aufzubauen, dann folgt eine Übergangsphase, anschließend soll eine konservative Strategie für stabile Pensionen sorgen. Dazu habe man im Vorjahr ein Modell zum automatischen „Life cycle pension investing“ entwickelt. Dies diene dazu, die Ansparphase zu optimieren, so Schiendl. Damit werde es möglich, auch bei einem niedrigen Rechnungszins nach 30 Jahren einen hohen Kapitalstock und damit eine gute Pension zu erzielen. Der weitaus überwiegende Teil der Berechtigten wäre dann in der für sie altersmäßig optimalen VRG.

Kleine technische Details ändern
Seit langem tragen die Pensionskassen vor allem Wünsche zu steuerlichen Erleichterungen an die Politik heran. Realistischer und damit sinnvoller sei es aber, kleine technische Änderungen zu fordern, deren Umsetzung den Staat nichts kostet, sagt Schiendl. So wäre es wichtig, dass der Rechnungszins erst dann final festgelegt wird, wenn der Arbeitnehmer in Pension geht und nicht schon beispielsweise 30 Jahre vorher vom Arbeitgeber mit der Pensionskasse fix vereinbart wird. So könnte jede Generation mit einem Rechnungszins in Pension gehen, der marktnahe ist.

Eintreten sollte die Politik in die Diskussion um ein Obligatorium für Pensionskassen, wie es in skandinavischen Staaten oder der Schweiz existiert. „Wir haben das bei den Vorsorgekassen, warum nicht auch bei den Pensionskassen?“, stellt Schiendl die Frage in den Raum.

Lebensphasenmodell auch für Pensionisten
Möglich wäre es auch, das Lebensphasenmodell für Pensionisten zu öffnen und ihnen die gleiche Möglichkeit zu geben wie den Anwartschaftsberechtigten, nämlich zwischen konservativen, ausgewogenen oder dynamischen Anlagestrategien mit unterschiedlich hohen Ertragserwartungen und Risikogehalt zu wählen. Heute seien viele Menschen aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung auch 30 Jahre in Pension. Für sie ändere sich die Welt ebenfalls und nicht jeder will eine vorsichtige Anlagestrategie, weil nicht jeder Pensionist gleich ist, so Schiendl.

(K)ein Imageproblem?
Immer wieder kommt es wegen der Vornahme von Pensionskürzungen zu Kritik an Pensionskassen. Hier gebe es sehr viel „selektive Wahrnehmung“, betroffen seien nur wenige alte Verträge mit hohem Rechnungszins. Das „stabile Pensionskassensystem“ will sich Schiendl „nicht kaputtreden lassen“. Tatsächlich sei das Image sowohl bei Arbeitgebern als auch bei Betriebsräten und Anwartschaftsberechtigten gut, betont Schiendl. Bei Umfragen würden mehr als 90 % der Kunden angeben, zufrieden oder sehr zufrieden zu sein. Auch erhöhe die VBV regelmäßig Pensionen. Mit einigen Pensionistengruppen befinde man sich in einem sehr konstruktiven Dialog, es gebe allerdings eine kleine Gruppe, die Kritik übt. Begegnen könne man der Kritik, indem man zuhört und sich gemeinsam an einen Tisch setzt; notwendig sei aber Dialogbereitschaft auf beiden Seiten. Wichtig sei, faktenbasiert zu informieren. So seien Pensionskassen beispielsweise verpflichtet, ihre Anlagen zu diversifizieren. Ein Vergleich mit einem Einzelindex sei daher nicht möglich, man dürfe ein privates Depot nicht mit einer Pensionskasse verwechseln.

Foto: VBV / Tanzer

 

 

Ein Wort zur Bankenabgabe …

Vorsicht! Die Gefahren einer solchen fiskalischen Maßnahme sind immens. (26.02.)

Florian Beckermann. Eine kritische Haltung zur Bankenabgabe in dieser Kolumne ist keine Überraschung. Es ist kaum verwunderlich, dass hier für die wirtschaftlichen Interessen der tausenden Bank-Aktionäre in Österreich aufgezeigt wird. Die folgenden Punkte richten sich nicht gegen steuerliche Solidarität, es geht nicht um Schuldzuweisungen oder ideologische Vorbehalte. Basierend auf Tatsachen sollen nochmals die Gefahren einer solchen fiskalischen Maßnahme herausgearbeitet werden:

1. Signalwirkung: Eine sachfremde „Abgabe“ erzeugt international den Eindruck der steuerlichen Willkür. Die negativen Effekte für den Markt sind tiefgreifend. Das Vertrauen wird nachhaltig gestört. Die bloße Existenz einer solchen Abgabe reicht!

2. Wettbewerbsnachteil: Heimische Banken verlieren an Attraktivität im internationalen Vergleich – nicht nur als Aktieninvestment, sondern auch als Geschäftspartner. Bei der dringenden Bankenkonsolidierung am europäischen Markt wird der Standort geschwächt.

3. Kostenüberwälzung: Banken geben

die Abgabe über höhere Gebühren oder schlechtere Konditionen an Kunden weiter. Die Profiteure sind beispielsweise ausländische Direktbanken. Ist das sinnvoll?

4. Wachstumsbremse: Analog verteuert eine Zusatzsteuer die Kreditvergabe, hemmt Investitionen und damit wirtschaftliches (Binnen-)Wachstum. Ein Wachstum, welches Österreich dringend benötigt.

5. Doppelbelastung: Banken zahl(t)en bereits hohe Steuern und Regulierungsgebühren. In den 18 Jahren seit der Finanzkrise wurde hochverzinsliches, staatliches „Rettungskapital“ zurückgezahlt. Unmengen von teuren regulatorischen Risikopuffern wurden eingebaut. Erst in diesen Tagen erreichen die Bankaktien wieder das Niveau von 2007 – bei einer vielfach größeren Geldmenge. Die regulatorische Belastung hat den Plafond erreicht.

6. Fehlanreize: Finanzgeschäfte wandern (weiter) in den unregulierten Schattenbankensektor ab. Finanzierungsquellen jenseits einer staatlichen Überwachung werden weiter gestärkt. Die Causa Signa könnte ein warnendes Beispiel vor einer solchen Entwicklung sein.

7. Gießkannenprinzip: Auch risikoarme Banken werden belastet, ohne die eigentlichen Ursachen von Finanzkrisen zu adressieren – Haupttreffer werden wohl bei Erste Group und Bawag gelandet. Ein Lenkungseffekt dieser „Abgabe“ fehlt bisher völlig.

8. Bürokratiekosten: Hoher Verwaltungsaufwand für Banken und Behörden. Unzweifelhaft wird eine solche Abgabe zu komplexen Einhebungs- und Vermeidungsberechnungen führen. Zusätzliche Kapazitäten werden dort gebunden.

Fazit: Bankinvestments liefen in den vergangenen Jahren gut. Basierend auf den Zinsvorgaben der EZB und einer ausgehungerten Kostenstruktur blieb auch bei geringem taktischen Geschäftsgeschick einiges im Institut. Diese Profite wecken Begehrlichkeiten, insbesondere in Zeiten einer forcierten Budgetknappheit.

Für den Markt und den Aktionär wirken diese Wünsche mehr als befremdlich, geradezu verfehlt. Die Auswirkungen auf unseren Standort sind toxisch. Und Aktienhistorisch gesehen sind die Auswirkungen unfair. Es bleibt zu hoffen, dass die politischen Parteien in ihrem Bemühen um ausgewogene Lösungen für das Budgetproblem noch weitere Möglichkeiten prüfen.

Florian Beckermann ist Vorstand des IVA – Interessenverband für Anleger

 

 

Was ein Frieden in der Ukraine Anlegern bringt

Aussicht auf Gespräche zwischen den USA und Russland sorgt für einen Paradigmenwechsel.

Raja Korinek. Diese Nachricht sorgte für reichlich Aufsehen: Am 12. Februar wurde bekannt, dass US-Präsident Donald Trump mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin telefoniert hatte, um ein Treffen – in Saudi-Arabien – zu vereinbaren.

Das Ziel ist klar, es geht um Friedensgespräche zur Ukraine. Dass die EU-Führungsspitze nicht eingeladen war, schlug in Europa ebenso hohe Wellen wie die Aussagen des US-Vizepräsidenten James David „JD“ Vance auf der jüngsten Münchner Sicherheitskonferenz. Dort forderte Vance Europa auf, mehr in die eigene Verteidigung zu investieren.

Märkte reagieren überwiegend positiv
Auf den Märkten kamen die Nachrichten jedenfalls gut an. Gleich mehrere Segmente zählen sichtlich zu den Gewinnern, wie der Börsen-Kurier recherchiert hat. Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank, wirft insbesondere einen Blick in den Osten Europas und hebt etwa den WIG Ukraine Index in Warschau hervor. „Dieser ist seit dem 5. Februar dieses Jahres um rund 35 % gestiegen und erreicht damit den höchsten Stand seit Beginn des Russland-Ukraine-Krieges.“

Zur Erklärung: Im Index sind Unternehmen gelistet, die ihren Sitz in der Ukraine haben und bzw. oder einen Großteil ihrer Umsätze ebendort erzielen. „Sollte es zu einer dauerhaften diplomatischen Lösung kommen, könnte dies auch den Aktienmärkten der osteuropäischen Anrainerstaaten positive Impulse geben.“ Selbst auf den ATX färbte die Aussicht positiv ab, ein Umstand, der nachvollziehbar ist. Schließlich sind zahlreiche Firmen eng mit Osteuropa verzahnt. Der Deutsche-Bank-Experte räumt jedoch auch ein, dass ein Scheitern möglicher Verhandlungen und eine weitere Eskalation nicht auszuschließen seien.

Verteidigung einmal mehr im Fokus
Die Aussicht auf höhere Verteidigungsausgaben in Europa nach der Münchner Sicherheitskonferenz beschert deutschen Rüstungskonzernen weiteren Rückenwind, so etwa den Aktien von Rheinmetall, Renk und Hensoldt. Selbst der Stahlhersteller ThyssenKrupp profitierte vor rund einer Woche von einem Kommentar von Jason Fairclough, Analyst bei der Bank of America. Darin verwies Fairclough auf den verborgenen Firmenwert der Rüstungssparte ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS). TKMS baut unter anderem konventionelle U-Boote und entwickelt Über- und Unterwassertechnologien für die Marine.

Überlegungen zu einem möglichen Börsengang Ende 2025 oder Anfang 2026 stellte Thyssen bereits im November 2024 an. Erst vergangenen Dezember unterzeichneten sowohl Deutschlands als auch Norwegens Marine jeweils einen Vertrag für U-Boot-Bestellungen bei TKMS.

Bernd Meyer, Chefanlagestratege bei der Berenberg Bank, verweist auf weitere mögliche Gewinner. Er zählt dazu Maschinenbau- und Grundstoffunternehmen. „Sie könnten vom Wiederaufbau der Ukraine profitieren.“ Auch jene Firmen mit hohem Energiebedarf hebt Meyer positiv hervor.

Nicht alle Anlageklassen profitieren
Der Berenberg-Bankexperte verweist in diesem Zusammenhang auf den Ölpreis. „Die Möglichkeit einer Normalisierung der Beziehungen zwischen den USA und Russland und damit einer Aufhebung der Sanktionen gegen Russland lastete zuletzt auf der europäischen Nordseemarke Brent-Rohöl.“ Auch die Entwicklungen am Devisenmarkt sollte man nicht übergehen. Meyer sieht Chancen einer Euro-Erholung zu Lasten des US-Dollars. Einzig, die Entwicklungen rund um neue Zölle sollten auch nicht unterschätzt werden, wobei abzuwarten bleibt, wie weitreichend sie ausfallen werden.

Foto: AdobeStock / Brodion Bondarenko

 

 

Was US-Zölle für die Börse bedeuten

Die im US-Wahlkampf angekündigten Zölle, hätten erhebliche Folgen, so Experten.

Patrick Baldia. Lange hat US-Präsident Donald Trump nach seinem Amtsantritt im Jänner nicht gefackelt und die Diskussion um die im Wahlkampf angekündigten Zölle auf Einfuhren in die USA in Gang gesetzt. In den Raum gestellt wurden in den vergangenen Wochen neben Handelsbeschränkungen auf Stahl- und Aluminiumimporte zu-letzt auch Zölle auf Autos, Pharmazeutika, Halbleiterchips und Holz. Zwar erinnern Experten an die erste Amtszeit von Trump, als auf aggressive Drohungen oft Verhandlungen mit weniger drastischen Ergebnissen folgten. Gleichzeitig warnen sie auch vor negativen Auswirkungen für Wirtschaft und Kapitalmärkte.

Die globalen Märkte zeigten sich zuletzt von der Zoll-Debatte weitgehend unbeeindruckt. Die Ernüchterung könnte allerdings schnell eintreten, so Experten. Bei J.P. Morgan Asset Management geht man etwa davon aus, dass im Falle der Einführung der im Wahlkampf angekündigten Zölle der durchschnittliche Zollsatz auf US-Warenimporte auf fast 12 % des Gesamtwerts der US-Importe ansteigen würde und damit auf den höchsten Stand seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Folgen für Welthandel, Inflation und Kapitalmärkte wären erheblich, so ihre Schlussfolgerung. Kapitalmarktstratege Tilman Galler verweist auf die Handelskonflikte während Trumps erster Präsidentschaft, die den globalen Warenverkehr nachhaltig beeinflusst hätten. Seit Dezember 2017 sei etwa der Importanteil chinesischer Güter in die USA von 21,5 auf 13 % zurückgegangen.

Zölle könnten Inflation treiben
Für Galler unterscheiden sich die aktuellen Rahmenbedingungen in zweierlei Hinsicht von 2018: „Erstens ist der Wert des handelsgewichteten US-Dollars 25 % höher und zweitens ist der angedrohte Zollanstieg deutlich massiver.“ Daher sei es schwieriger, die negativen Folgen der US-Zölle mit Wechselkursanpassungen zu kompensieren. Die Folge: Die Margen ausländischer Exportunternehmen könnten stärker unter Druck geraten und die Preise für US-Konsumenten stärker steigen. Im Falle einer noch schärferen Zollpolitik als angekündigt, drohe auch ein negativer Wachstumsschock für die globale Wirtschaft.

„Die letzten Wochen haben gezeigt, dass Zölle für den ATX von geringerer Bedeutung sind als andere Themen“, sagt Christoph Schultes, Chief Analyst Equity CEE bei der Erste Group, im Gespräch mit dem Börsen-Kurier. Auch wenn Diskussionen über Zölle immer wieder zu Rücksetzern führen würden. Ohnehin sei die Zahl der Unternehmen, die an der Wiener Börse von den angekündigten Zöllen betroffen sei, sehr überschaubar. Dazu würden unter anderem Voestalpine, Palfinger, SBO und Amag zählen. Wie stark sie letztlich von Handelsbeschränkungen betroffen sind, hänge davon ab, wieviel sie in die USA exportieren bzw. dort in eigenen Werken produzieren.

Beispielsweise produziert SBO in den USA und Kanada. Die Amag besitzt das Werk Alouette in Kanada, wäre also von Zöllen betroffen. Allerdings sind die USA sehr stark abhängig von Kanada, was Aluminium angeht, daher ist es fraglich, ob Zölle eine große Auswirkung auf die Nachfrage nach Aluminium haben, oder ob die höheren Preise einfach akzeptiert werden.

Zudem besteht die Möglichkeit, das Aluminium in andere Länder zu verkaufen, also auch bei der Amag sollten sich – auch wenn noch nicht abschätzbar – die Auswirkungen der Zölle in Grenzen halten. „Das größere Thema sind derzeit die Rohstoffpreise, die zu einem Druck auf die Margen führen“, so Schultes.

Unternehmen, die im Automotive-Bereich tätig sind, wie die Voestalpine oder Andritz, schützt wiederum nach Einschätzung von Schultes auch ein diversifiziertes Geschäftsmodell. Die Voestalpine hat im Übrigen kürzlich die Auswirkungen von Zöllen auf das Unternehmen als verkraftbar erklärt und die Kosten mit 30 bis 40 Millionen Euro beziffert.

Diversifizierte Portfolios
Angesichts der drohenden Zollentwicklungen legen jedenfalls Experten Anlegern stärker diversifizierte Portfolios ans Herz. „Alternative Investments können dazu beitragen, einige der Aufwärtsinflationsrisiken abzumildern, während europäische Staatsanleihen im Falle eines deflationären Schocks einen Puffer bieten sollten“, sagt Galler. Im Aktienbereich stünden europäische Werte be-sonders im Risiko. Schließlich würden 24 % der Umsätze der Unternehmen im MSCI Europa aus den USA kommen.

Auch Madeleine Ronner, sie ist Fondsmanagerin bei der DWS, glaubt, dass US-Zölle europäische Aktien belasten könnten. Ebenso wie deutsche. „Mögliche US-Strafzölle auf europäische Produkte haben den Markt Anfang Februar durchgerüttelt. Sollten sie höher ausfallen als erwartet, würde das zumindest einige Dax-Unternehmen deutlich belasten“, sagt sie.

Wer am Wiener Börsenparkett aktiv ist und sich gegen das Makro-Thema Zölle absichern möchte, könnte sich Versorgern, Telekom-Unternehmen und Versicherungen widmen, die von möglichen Zöllen gar nicht betroffen sind. „Bei anderen Branchen, wie zum Beispiel Banken, steht die gesamtwirtschaftliche Entwicklung im Vordergrund“, so Schultes abschließend.

Foto: Pixabay / YvonneHuijbens

 

 

Der Optimismus bei US-Small Caps steigt

Entsprechende Aktien führten den Markt Ende 2024 an. Wird sich das fortsetzen? Ein Gastkommentar von Michele A. Ward, sie ist Portfolio Specialist bei T. Rowe Price.

Michele A. Ward. Small-Cap-Aktien stellen eine wirklich wichtige Ergänzung zu ihren größeren Pendants in den USA dar. In der Regel machen Large-Cap-Aktien langfristig etwa 80 % des US-Marktes aus und kleinere Unternehmen etwa 20 %. Viele Anleger verfolgen zwar bei Large-Cap-Investitionen in den USA einen passiven Ansatz, doch bei Small-Cap-Investitionen ist dies weitaus schwieriger. In den letzten 25 Jahren ist die Zahl der börsennotierten US-Unternehmen erheblich zurückgegangen. Vor 25 Jahren gab es mehr als 7.000 Unternehmen. Heute sind es weniger als 4.000. Und infolgedessen hat sich die Qualität der Small-Cap-Benchmark im Laufe der Zeit verschlechtert. Es gibt viel mehr Unternehmen, die keine Gewinne erwirtschaften, und viele Unternehmen, die hoch verschuldet sind. Diese stellen einen Teil eines passiven Portfolios dar. Für Anleger ist es schwieriger geworden auszuwählen. Wo finden sie beispielsweise Unternehmen, die heute vielleicht keine Gewinne erwirtschaften, aber in Zukunft viel Gewinn erzielen wird.

Seit Mitte Oktober haben Small-Cap-Aktien den Markt angeführt. Tatsächlich war der November mit fast zweistelligen Renditen der viertbeste Monat für Small-Cap-Aktien in den Jahren seit 1926. Und Small-Cap-Aktien übertrafen ihre größeren Pendants um etwa 300 Basispunkte. Ist dies also eine grundlegende Veränderung für Small-Cap-Aktien? Nun, wir wissen es nicht mit Sicherheit, aber unser Kapitalmarktstratege, hat kürzlich festgestellt, dass es viele Dinge gibt, die für Small-Cap-Aktien bis 2025 günstig sind. Zu den größten Pluspunkten für Small-Cap-Aktien gehören Fusionen und Übernahmen. Da 90 % der übernommenen Unternehmen in den Vereinigten Staaten in der Vergangenheit kleine Unternehmen waren, ist dies ein positiver Aspekt. Und das Jahr 2024 selbst war sehr stark, mit einer fast rekordverdächtigen Anzahl an abgeschlossenen Transaktionen. Dafür gibt es wirtschaftliche Gründe, unabhängig davon, was in Washington passiert ist. Große Unternehmen brauchen Wachstum, und kleine Unternehmen bieten dies oft.

Und ihre Bewertungen sind im Vergleich zu ihren größeren Pendants wirklich attraktiv. Dies ist also eine gute Gelegenheit, zu einem größeren Unternehmen zu wachsen. Eine positivere Prognose der Federal Trade Commission könnte diesen Trend in den kommenden Jahren fortsetzen. Sollte die neue Regierung in Washington ihre Vorschläge für weniger Regulierung umsetzen, dürfte dies kleinen Unternehmen mehr zugutekommen als großen Unternehmen; insbesondere, weil die Kosten für die Einhaltung der Vorschriften für sie eine größere Belastung darstellen als für ihre größeren Pendants. Und schließlich steigt der Optimismus bei kleineren Unternehmen. Tatsächlich zeigt die jüngste Messung den größten Anstieg seit mehr als 30 Jahren. Dies wird wahrscheinlich eine aufgestaute wirtschaftliche Nachfrage freisetzen und vielleicht das Wachstum ankurbeln, wenn wir auf das Jahr 2025 und darüber hinausblicken.

Die größten Risiken, die wir heute sehen, sind die Inflation und die Fed. Die Inflation wird wahrscheinlich auf ihrem Abwärtstrend innehalten oder vielleicht wieder ansteigen, wenn man die Auswirkungen bedenkt, die sowohl von den Zöllen als auch von möglichen Maßnahmen in der Einwanderungspolitik ausgehen werden. Nun war die Inflation in der Vergangenheit nicht unbedingt ein so großes Problem für Small-Cap-Aktien, wie viele Anleger befürchten.

Tatsächlich waren Small-Cap-Aktien in den 1970er Jahren, der inflationsreichsten Zeit der jüngeren Vergangenheit, Marktführer. Darüber hinaus wird die Fed bei ihrem bevorstehenden Programm für Zinsänderungen wahrscheinlich einen vorsichtigeren Ton anschlagen. Der Markt rechnet be-reits mit weniger Zinssenkungen als bisher. Für Unternehmen, die eine Refinanzierung benötigen, ist das ein Problem. Unser Portfolio weist jedoch im Allgemeinen bessere Bilanzen auf, sodass das Refinanzierungsrisiko geringer ist. Dies unterstreicht, wie wichtig es ist, bei Small-Cap-Investitionen selektiv vorzugehen. Das ist immer wichtig, aber wahrscheinlich nie so wichtig wie 2025 und darüber hinaus.

Foto: T. Rowe Price

 

 

Weshalb Wasser kostbarer wird

Die Ressourcen sind begrenzt, der Verbrauch steigt. Ein Brancheninvestment bietet Chancen.

Raja Korinek. Es ist ein Tag, der wohl zunehmend an Bedeutung gewinnen wird: Am 22. März ist einmal mehr der jährliche Welt-wassertag. Dieser wurde Ende 1992 von den Vereinten Nationen ins Leben gerufen, um das Bewusstsein für die Bedeutung von sauberem Trinkwasser zu steigern. Denn weltweit haben immer weniger Menschen entsprechend Zugang. Die Erde ist zwar zu zwei Dritteln mit Wasser bedeckt. Jedoch sind nur 0,5 % davon als Trinkwasser nutzbar.

Die Reserven werden dabei zunehmend strapaziert. So ist etwa die globale Landwirtschaft für 70 % des Verbrauchs verantwortlich, Tendenz steigend. Denn die Dürren und Hitzephasen aufgrund des Klimawandels nehmen zu. Diesen Umstand bekommen inzwischen auch immer mehr Regionen zu spüren. Berichten zufolge habe sich etwa auf Zypern die Wasserknappheit im Winter weiter verschärft. Die Regierung prüfe nun den Betrieb zusätzlicher Entsalzungsanlagen, wie es weiters heißt. Freilich, dabei handelt es sich um einen von zahlreichen Lösungsansätzen.

Wachsende Weltbevölkerung
Tanja Gudjons
von der BNP Paribas Asset Management verweist auf einen weiteren Aspekt: „Die Weltbevölkerung wächst.“ Laut Vereinten Nationen werden bis 2050 zehn Milliarden Menschen den blauen Planeten bewohnen. Sie alle brauchen Trinkwasser. Obendrein schreitet die Urbanisierung in vielen Schwellenländern voran, wodurch für immer mehr Menschen ein Anschluss an die Wasserversorgung ermöglicht werden muss – wie auch zu Abwasserfazilitäten. In vielen Industrienationen stehen dringende Sanierungsmaßnahmen an, um marode Leitungen zu sanieren. Weiters verbraucht die Industrie jede Menge Wasser. So werden etwa immer mehr Datenzentren gebaut – sie müssen entsprechend gekühlt werden. Gudjons zieht ein klares Fazit: „Seit Beginn des 20. Jahrhunderts ist der Wasserverbrauch weltweit um 600 % gestiegen.“

Selbst die Politik widmet sich inzwischen diesem Thema. Laut dem jüngsten Bericht der Europäischen Kommission über den Zustand der Gewässer in der EU sind aktuell nur 39,5 % der Oberflächengewässer in einem guten ökologischen Zustand und nur 26,8 % erreichen einen guten chemischen Zustand. Dies sei vor allem auf eine Kontamination durch toxische Schadstoffe zurückzuführen. Die Länder sind deshalb aufgefordert, die Sanierung von Gewässern zu beschleunigen, die Anpassung an Dürreperioden zu verbessern und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu verstärken.

Auf Konzerne mit Lösungen setzen
Anlegern bieten solche Entwicklungen interessante Chancen. So gibt es längst zahlreiche Unternehmen, die Lösungen für den steigenden Wasserbedarf anbieten. Bei KBI stehen vor allem Industriewerte im Fokus, wie zum Beispiel Xylem aus den USA. Das Unternehmen stellt Geräte für Wasser- und Abwasseranwendungen her. Die japanische Kurita Water Industries ist im Bereich der Wasseraufbereitung tätig. Ein weiterer Teil des Fonds investiert in Versorger, wie zum Beispiel die französische Veolia, die derzeit im Übrigen die größte Einzelposition darstellt. Geografisch entfällt gut die Hälfte des Fondsvermögens auf die USA, gefolgt von UK und Japan.

Ähnlich fällt die Aufteilung nach Sektoren und Regionen im „BNP Paribas Funds Aqua Fonds“ aus. Größte Einzelgewichtung ist in diesem Portfolio der US-amerikanische Versorger American Water Works. Und der Industriegase-Hersteller Linde, mit Sitz in Irland, ist auch in der Wasseraufbereitung tätig.

Bei den Produkten müssen Anleger beachten, dass auch Verluste möglich sind.

Foto: Ricardo Niels Mayer / Fotolia

 

 

Politisches Weiterwurschteln wäre schlimm

Was droht dem Wirtschaftsstandort Österreich als nächstes? (19.02.)

Florian Beckermann. Realwirtschaft und Börsenwirklichkeit klaffen auseinander. Wirtschaftsvertreter wechseln vom taktischen Alarmismus bald zur Dauer-Sirene. Österreichs Industrieproduktion schrumpft am stärksten in der Euro-Zone (-9,5 %). Staatsquote und Abgabenlast sind am Plafond. Dazu ist der Staat politisch gelähmt. Trotz Börsenhoch verstärkt sich die Depression – fiskalische Raubideen wie die Bankenabgabe gießen Öl ins Feuer. Der Blick in die USA beruhigt nicht. Ein Update.

Mit der legendären mehrjährigen Verschlafenheit erreichte der ATX Total Return letzte Woche sein Allzeithoch. Der Dax/Nasdaq etc. übertreffen sich seit Jahren. Gerade der Vergleichsindex Dax ist weniger von der Binnenwirtschaft abhängig, er ist vielmehr ein partieller Weltwirtschaftsindex. Die ATX-Höhe hängt fundamental an der Bewertung der Banken und Versicherungen, letztlich dem Zinsniveau. Deutschland und Österreich sind aber Binnenkonjunkturschwächlinge. ATX/Dax sind daher nicht völlig repräsentativ. Die Binnenwirtschaft schlägt Alarm – politische Hilfe vergeudet blind Zeit in Koalitionsverhandlungen. Ein Ergebnis ist nicht zählbar. Ähnlich zur Sicherheitspolitik klaffen auch für die Wirtschaft politischer Gestaltungswille und realitätsgetriebene Erfordernisse auseinander.

Anders in den USA: Die zweite Trump-Regierung prescht mit einem Kahlschlag in Regulatorik und Institutionen sowie massiven Steuerentlastungen derart vor, dass Staatswirtschafts-Europa (und Österreich) nur noch Standort-Rettungspolitik betreiben kann. Donald Trumps System-Axt, geschwungen von Elon Musk, wird aufzeigen, welche Institutionen oder Steuern entbehrlich sind. Frei nach Milton Friedman: „Wirtschafts-, Agrar-, Bildungs-, Wohnbau- oder Arbeitsministerium usw.? Abolish.“ Die US-Einkommensteuer (!) wackelt. Die Wettbewerbsvorteile sind kaum zu beziffern. Wenn man noch bedenkt, welche Staatslasten in Europa durch angemessene Verteidigungskosten noch hinzukommen werden, wird der Stress der heimischen Wirtschaft nachvollziehbar. Aber Trump wäre nicht Trump hätte er nicht ein diabolisches Sedativ für Europa in der Tasche: Der schnelle (Zwangs-)Frieden in der Ukraine. Eine Erlösung für die europäische Politik und ein Booster für die Märkte. Die Vorlage für ein politisches Weiterwurschteln mit geringem Erkenntnisgewinn? Langfristig ein sehr teurer Deal für Europa, wohl nicht nur geopolitisch.

Fazit: „Niemals das erste Angebot annehmen“ oder „manchmal ist der beste Deal, derjenige den man nicht macht“ sind Business-Sprüche, die übertragen in die Welt der Politik schwerwiegende (traurige) Konsequenzen haben können. Wir sehen es gerade im Koalitionschaos in Österreich. Andererseits ist das Verschlanken eines Staates, Deregulierung und Kostensenkung wie in den USA gerade vorgemacht, hoch interessant. Österreich wäre nach Jahrzehnten der Staatsausdehnung gut beraten, hier genau abzuschauen. Besser als guter Beifahrer, denn als schlechter. Es geht um mehr als nur Peanuts.

Florian Beckermann ist Vorstand des IVA – Interessenverband für Anleger

 

 

Trumps Zölle: Die möglichen Auswirkungen in den USA und anderswo

Die angedrohten Zölle von Trump erschüttern die Märkte. Die Schroders-Ökonomen George Brown (Senior US Economist) und David Rees (Leiter der globalen Wirtschaftspolitik) diskutieren die möglichen Auswirkungen.

(17.02.) Die globalen Aktien fielen am 3. Februar und der US-Dollar stieg, als bekannt wurde, dass die USA ab dem 4. Februar Zölle auf Waren aus Mexiko, Kanada und China erheben werden. Am selben Tag wurde bekannt, dass die Zölle gegen Mexiko und Kanada nicht nach dem ursprünglichen Zeitplan umgesetzt würden, sondern für einen Monat pausiert würden, was zu einer gewissen Umkehr der Marktreaktion führte. China wehrte sich mit Zöllen in Höhe von 10 bis 15 % auf eine Reihe von US-Waren (ab dem 10. Februar) und einer kartellrechtlichen Untersuchung gegen Google.

Die Marktreaktion zeigt, wie schwierig es für Anleger ist, politische Maßnahmen wie Zölle einzuschätzen. Die Finanzmärkte warten nicht darauf, alle Details zu erfahren, bevor sie mögliche Auswirkungen einpreisen, was zu einer erhöhten Volatilität in allen Anlageklassen führt.

Sind Zölle nur eine Verhandlungstaktik?
Das Weiße Haus erklärte, die Zölle zielten darauf ab, Druck auf die drei Länder auszuüben, um die illegale Einwanderung und den Drogenfluss in die USA zu bekämpfen. Bisher scheint dies effektiv gewesen zu sein, da Mexiko und Kanada sich darauf geeinigt haben, die Grenzsicherheit im Gegenzug für eine Verzögerung des Inkrafttretens der Zölle zu verschärfen.

Ein ähnliches Szenario haben wir im Januar gesehen, als Kolumbien US-Militärflügen mit abgeschobenen Migranten die Einreise verweigerte. Die USA drohten Kolumbien mit Handelszöllen, und Kolumbien erlaubte daraufhin die Einreise des Flugzeugs, um die Verhängung von Zöllen zu verhindern.

Die Zölle gegen Mexiko und Kanada wurden jedoch pausiert, nicht abgeschafft. Präsident Trump hat seine Plattform, einschließlich der sozialen Medien, genutzt, um die Zölle zu erklären: Er scheint bereit zu sein, die potenziellen wirtschaftlichen Schmerzen in Kauf zu nehmen, die sie in Form von Börsenverlusten und höheren Preisen für die US-Verbraucher verursachen könnten. Aus dieser Perspektive können die Anleger nicht davon ausgehen, dass es sich bei Zolldrohungen um eine reine Verhandlungstaktik handelt.

Wie umfangreich sind die vorgeschlagenen Tarife?
Am Wochenende des 1. und 2. Februar erließ Trump eine Durchführungsverordnung, die Zölle von 25 % auf alle Importe aus Mexiko und Kanada (mit Ausnahme eines Zolls von 10 % auf Öl aus Kanada) sowie zusätzliche Zölle von 10 % auf Importe aus China vorsieht.

Während seiner ersten Amtszeit hatte Trumps Handelskrieg mit China nur minimale Auswirkungen auf die Inflation. Die Preise der elf von den Zöllen betroffenen Kategorien stiegen um 2,5 %, was die Inflation des US-Kern-CPI (Verbraucherpreisindex) nur um etwa 0,1 % erhöhte.

Die angekündigten Zölle gegen Kanada und Mexiko dürften jedoch eine größere Wirkung haben, wenn sie so strikt umgesetzt werden, wie ursprünglich vorgeschlagen. Ein Grund dafür ist, dass ein viel größerer Teil des Handels betroffen wäre, wenn Mexiko und Kanada beteiligt wären. Auf diese Länder entfallen 28,3 % der gesamten US-Importe gegenüber 13,6 % auf China.

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hätten die vorgeschlagenen Zölle auf die USA?
Die Zölle gegen Mexiko und Kanada wurden für einen Monat ausgesetzt, aber jede Einführung von Zöllen deutet auf eine höhere Inflation und ein geringeres Wachstum der US-Wirtschaft hin.

In unseren jüngsten Wirtschaftsprognosen haben wir ein Szenario skizziert, das wir als „aggressiven Trump“ bezeichnen. Dieses Szenario basiert auf umfassenderen Zöllen als bisher angekündigt sowie auf erheblichen Abschiebungen von Migranten.

Die Prognosen für Wachstum und Inflation würden sich in diesem Szenario in eine „stagflationäre“ Richtung bewegen, wobei sich die Wachstumsaussichten in den USA abschwächen, begleitet von einer höheren Inflation und einem niedrigeren Wachstum bzw. einer niedrigeren Inflation für den Rest der Welt.

Allerdings ist die US-Wirtschaft heute viel stärker als während Trumps erster Amtszeit. Die relativ hohe Nachfrage bedeutet, dass die Unternehmen besser in der Lage sein werden, Preiserhöhungen weiterzugeben. Ein starker US-Dollar und niedrigere Gewinnmargen der Unternehmen werden immer noch unter Druck gesetzt werden, aber wahrscheinlich nicht so stark wie in der Vergangenheit.

Könnten betroffene Länder die Zölle umgehen?
China stand während der ersten Amtszeit von Präsident Trump im Mittelpunkt der Zölle. Das Land konnte aber einen Großteil der Zölle vermeiden, indem es Waren durch Drittländer, einschließlich Mexiko, umleitete.

Offensichtlich wäre die Umleitung von Gütern für Mexiko und Kanada viel schwieriger, da die Waren auf dem Landweg transportiert werden. Das bedeutet, dass die Auswirkungen dieser Zölle, wenn sie erhoben werden, dieses Mal wahrscheinlich größer sein werden als in Trumps erster Amtszeit.

Was bedeutet das für China und die EU?
Es wird erwartet, dass sich Trump in den kommenden Tagen mit Präsident Xi Jinping treffen wird, was die Möglichkeit eines Kompromisses eröffnet. Wenn nicht, wird China wahrscheinlich seine Währung abwerten, um die Auswirkungen der Zölle auszugleichen, wie es im ersten Handelskrieg der Fall war. Die Behörden werden sich des Risikos bewusst sein, dass eine schwächere Währung die bereits trübe Stimmung im Inland noch zusätzlich belastet. Die rasche Einführung von Zöllen erhöht aber auch die Wahrscheinlichkeit eines größeren fiskalischen Impulses zur Unterstützung des Binnenwachstums.

Bisher wurden keine Zölle gegen die EU angekündigt, obwohl Trump dies versprochen hat. Für EU-Unternehmen besteht die Gefahr, dass China angesichts der Zölle auf chinesische Exporte in die USA Produkte in der EU zu Dumpingpreisen anbietet.

Für den Fall, dass sich das Gespräch auf Europa verlagert, wird die EU wahrscheinlich ein Abkommen aushandeln wollen, bevor die Zölle in Kraft treten. Europa könnte versuchen, mehr Waffen und LNG (Liquified Natural Gas) von den USA zu kaufen. Die EU erwirtschaftet Außenhandelsüberschüsse (d. h. sie exportiert mehr als sie importiert), und wenn sie aufgrund von Zöllen die Nachfrage in den USA verlieren würde, wäre es schwierig, diese durch Nachfrage aus anderen Ländern zu ersetzen.

 

 

2025: das Jahr von Chinas Aktien?

Trotz vieler Herausforderungen sehen Experten Chancen für einen Aufschwung.

Patrick Baldia. Kommt es heuer, nach drei Jahren Bärenmarkt, zum langersehnten Comeback chinesischer Aktien? Zumindest mit Hinblick auf die chinesische Astrologie könnte die Ausgangslage dafür besser sein, steht doch das Jahr im Tierkreiszeichen der Schlange. Und das war in der Vergangenheit meist nicht vorteilhaft für die Börsen, wie auch Analysen belegen. Nur ein Beispiel: 1929, als es zum „Schwarzen Freitag“ kam, stand im Zeichen des Reptils.

Ivy Ng, CIO für die Region Asien-Pazifik der DWS, verweist darauf, dass Schlangen in der chinesischen Astrologie auch mit Weisheit, Anpassungsfähigkeit und strategischem Denken in Verbindung gebracht werden. „Schlangen sind für ihre Fähigkeit bekannt, sich mit Geduld und Präzision durch komplexes Gelände zu bewegen – Eigenschaften, die besonders relevant sind, wenn wir auf die Wirtschafts- und Kapitalmarktaussichten für China im Jahr 2025 schauen“, sagt sie.

Tatsächlich steht die chinesische Wirtschaft vor großen Herausforderungen. Dazu zählen der kriselnde Immobilienmarkt, hohe Jugendarbeitslosigkeit und die Schuldenkrise der lokalen Regierungen. Ganz zu schweigen von einem möglichen neuen Handelskonflikt mit den USA. Laut aktuellem Stand sind chinesische Einfuhren in die USA mit Zöllen von 10 % belegt. Im Gegenzug hat China unter anderem auf Kohle, Flüssigerdgas und landwirtschaftliche Maschinen aus den USA Zölle eingeführt. Beobachter befürchten, dass das ab dem zweiten Quartal negative Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum Chinas haben könnte.

Hoffnung auf Stimulus-Maßnahmen
Andererseits besteht die Hoffnung auf weitere fiskalpolitische Stimulierungsmaßnahmen der chinesischen Regierung. Bereits im vergangenen Herbst haben u.a. Programme zur Ankurbelung von Konsum und Modernisierungsinvestitionen eine vorübergehende Rallye am Aktienmarkt ausgelöst. Peking habe Ende 2024 sehr deutlich signalisiert, dass die Toleranzschwelle für eine Schwäche der Wirtschaft und der Aktienkurse überschritten sei, und dass man alles tun werde, um den Abwärtstrend zu stoppen, meint etwa Stephen Li Jen, CEO von Eurizon SLJ Capital. Nachsatz: „Das wird wahrscheinlich auch 2025 der Fall sein.“

DWS-Expertin Ivy Ng erwartet, dass Chinas Aktienmärkte 2025 zunächst in einer engen Bandbreite handeln dürften. Für Entspannung sorgen könne im Laufe des Jahres ein Durchbruch im Handelskonflikt mit den USA. Bis dahin würden Anleger Vorsicht walten lassen. „Der entscheidende Faktor für die Stimmung an den Märkten wird die Veränderungsrate bei den Unternehmensgewinnen sein“, sagt sie.

Lohnt es sich für Anleger überhaupt, auf das „China-Risiko“ einzugehen? „Wie die USA ist China für Investoren einfach zu groß, um es direkt oder indirekt vollständig zu meiden“, hält Stephen Li Jen fest. Aktuell scheint jedenfalls ein China-Index oder -Fonds riskanter als Einzelaktien. Experten erinnern an die Größe und Vielseitigkeit des chinesischen Aktienmarktes und damit auch an unterschiedliche Bewertungen und Wachstumsaussichten der Branchen und Unternehmen.

Aussichtsreich scheinen Sektoren, die weniger von Export und Produktion abhängen, wie Dienstleistungen und Basiskonsumgüter. Auf der Rechnung haben Experten etwa die Tech-Werte Alibaba, Tencent Holdings Ltd. und Xiaomi. Interessant sei auch der weltgrößte E-Autohersteller BYD, der kürzlich eine neue Innovation im Bereich des autonomen Fahrens vorgestellt hat. Allein seit Mitte August hat das Papier um fast 70 % zugelegt. Positiv: Analysten erwarten mehrheitlich weitere Kursanstiege. Die ISINs der vorgestellten

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Der Aufstieg Afrikas

Börsengewinne mit den Wachstumsmärkten der Zukunft.

Michael Kordovsky. Die afrikanischen Volkswirtschaften rücken immer stärker in den Fokus internationaler Investoren. Laut Internationalem Währungsfonds (IWF) wird Sub-Sahara-Afrika in den kommenden Jahren im Schnitt um rund 4 % pro Jahr wachsen – damit zählt die Region zu den dynamischsten Wirtschaftsräumen weltweit. Unter den Wachstumstreibern finden sich Megatrends wie eine rasch wachsende Bevölkerung, zunehmende Urbanisierung und eine breite Digitalisierung, die vor allem in der Fintech- und Telekommunikationsbranche Afrikas neue Potenziale eröffnet. Der S&P Africa 40 Index liegt per 14. Februar 2025 auf Jahressicht 18 % im Plus und der Stoxx Morocco TMI sogar 26 %.

Vielfalt statt Einheitsmarkt
Afrika ist kein homogenes Gebilde, sondern ein Kontinent mit 54 Staaten, unterschiedlichsten Regulierungen und stark variierenden Rohstoffvorkommen. Während ölreiche Nationen wie Nigeria wirtschaftliche Aufschwünge und Abschwünge oft an den Ölpreis koppeln müssen, profitieren Länder wie Kenia, Äthiopien oder Côte d‘Ivoire stärker von einem expandierenden Dienstleistungs- und Agrarsektor. Marokko wie-derum investiert in Solar- und Windkraft, um sich als grüner Energie-Hub zu positionieren.

Das Potenzial lässt sich an konkreten Zahlen ablesen: Laut IWF-Daten wuchs die Region Sub-Sahara-Afrika im Jahr 2023 bereits um 3,6 % und 2025 soll sich das BIP-Wachstum auf 4,2 % beschleunigen, gefolgt von mehr als 4,3 % von 2026 bis 2028. Côte d‘Ivoire, Ruanda oder Äthiopien verzeichneten in den letzten Jahren teils Wachstumsraten von mehr als

7 %. Gleichzeitig fördern Initiativen wie die African Continental Free Trade Area (AfCFTA) den innerkontinentalen Handel, indem sie Zollbarrieren abbauen und die Freizügigkeit von Personen und Gütern erleichtern. Außerdem haben chinesische Firmen und Finanzinstitute in zahlreichen afrikanischen Ländern die Infrastruktur modernisiert.

Neben Südafrika – traditionell die größte Volkswirtschaft mit dem am besten entwickelten Finanzmarkt und den Tourismushochburgen Ägypten, Marokko und Mauritius – rücken weitere Staaten ins Rampenlicht: Kenia punktet mit innovativen Fintech-Unternehmen (M-Pesa von Safaricom) und einem dynamischen Agrarsektor. In Äthiopien liegen – trotz politischer Spannungen – die Märkte für Telekommunikation und Textilproduktion im Aufwind, weil die Bevölkerung rasch wächst. Ghana wiederum versucht, sich von Gold- und Öleinnahmen unabhängiger zu machen und investiert in die Agrarindustrie.

Solche Diversifizierungspolitiken können attraktive Chancen eröffnen, sind aber keineswegs risikofrei: Fehlende Infrastruktur, Korruption oder schwankende Währungen können die Rendite schnell schmälern. Für eine breite Beteiligung an der Wertentwicklung vieler Länder hat daher ein Korb aus unterschiedlichen Märkten Sinn.

Boom an Afrikas Börsen
Auf dem Kontinent gibt es rund 30 Börsenplätze, die insgesamt diverse Anlagechancen bieten. Beson-ders im Blickpunkt stehen die Johannesburg Stock Exchange (JSE) in Südafrika – größte und liquideste Börse des Kontinents – sowie die Börsen in Lagos (Nigeria) und Nairobi (Kenia). Der FTSE/JSE All Share Index zeigte sich in den vergangenen Jahren robust, obwohl das Land mit diversen innenpolitischen Herausforderungen zu kämpfen hat. Per 31. Jänner liegt dessen Performance in den vergangenen fünf Jahren (in Heimatwährung) bei 84,7 %. bzw. 13,1 % p.a. Nigeria wiederum profitiert von der großen Bevölkerung und einem beachtlichen Konsummarkt, leidet aber unter Währungs- und Inflationsrisiken. Aus diesem Grund liegt in US-Dollar gerechnet der MSCI Nigeria Index per Ende Januar 2025 mit mehr als 64 % im Minus.

Hingegen nimmt man den „MSCI Frontier Markets Africa Index“ (US), der zwölf afrikanische Märkte abdeckt, dann liegt dieser auf Jahressicht (per 31.1.) um 17,6 % im Plus. Das ist nach einer längeren Durststrecke mit nur 0,5 % p.a. auf fünf Jahre ein Comeback. Seit 31. Mai 2002 liegt die Langzeitperformance bei 8,27 % p.a. Die Bewertungsniveaus sind mit einem KGV von 12 und einer Dividendenrendite von 3,90 % (per 31.1.2025) günstig. Der Index besteht zu rund 63 % aus Marokko, 15 % Kenia, 10 % Mauritius und rund 5 % Tunesien.

Fonds und ETFs für den Afrika-Boom
Um das Risiko zu streuen, setzen viele Anleger auf Fonds oder ETFs mit Schwerpunkt Afrika. Beispiele sind der „Amundi Pan Africa UCTIS ETF“: Dieser bildet den aus 30 Werten bestehenden SGI Pan Africa Index ab. Es geht um Unter-nehmen, die in Afrika aktiv sind. Am stärksten gewichtet sind per 31.1.2025 Südafrika (33,4 %), Marokko (24,5 %), Kanada (21,6 %) und Ägypten (9,1 %). Finanzwerte und Grundstoffe sind zusammen mit rund 72 % gewichtet.

Wer nur Südafrika abdecken möchte, wird im „iShares MSCI South Africa UCITS ETF“ fündig, der den „MSCI South Africa Capped Index“ abdeckt. Das Portfolio des ETF hat ein günstiges KGV von 13,6 und ein Kurs-Buchwert-Verhältnis von 1,83 (per 31.1.2025). Finanzwerte sind in diesem Index mit fast 39 % am stärksten gewichtet.

Eine ausgewogenere Ländergewichtung bei Südafrika-Schwerpunkt (38,2 %) bietet der „Robeco Afrika Fonds EUR E“, der nach Südafrika die Länder Ägypten, Nigeria und Kenia mit je 13,5 %; 11,4 % bzw. 8 % am stärksten gewichtet, gefolgt von Ghana, Mauritius und Botswana. Der Finanzsektor ist hier sogar mit 48,4 % (per 31.12.2024) vertreten.

Eine weitere Alternative ist der „DWS Invest Africa LC“, der die Länder Südafrika (36,5 %), Ägypten (32,5 %), Großbritannien (13,7 %) und Marokko (7,1 %) zuletzt am stärksten gewichtet hat.

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Wie Berater für Kunden Mehrwert generieren können

Adviser‘s Alpha – eine Best-Practice-Richtlinie für hochwertige Finanzberatung.

Marius Perger. Seit mehr als 20 Jahren entwickelt der US-amerikanische Finanzdienstleister und Vermögensberater Vanguard Group, der für mehr als 60 Mio Anleger rund 9,9 BioUSD Assets under management verwaltet, das „Adviser-Alpha-Konzept“. Beratern sollen damit Strategien an die Hand gegeben werden, um nachweisbaren Mehrwert zu generieren. Der Börsen-Kurier sprach mit Cora Kaczmarek, Sales Executive bei Vanguard Deutschland.

Börsen-Kurier: Können Sie uns die Kernaussagen des „Adviser-Alpha-Konzepts“ kurz beschreiben?
Cora Kaczmarek: Unser Adviser‘s Alpha ist ein wissenschaftlich fundiertes Konzept, das zeigt, wie Finanzberater und -beraterinnen gezielt Mehrwert für ihre Kundschaft schaffen können und Ansätze dazu vermittelt, welche Bedeutung eine gute Beratung dabei hat. Im Fokus des Konzepts stehen die strategische Vermögensplanung, diszipliniertes Investieren und die Vermeidung kostspieliger Anlagefehler, beispielsweise durch kurzfristiges Markt-Timing oder die Auswahl einzelner Wertpapiere. Besonders in volatilen Marktphasen ist es entscheidend, dass Anleger und Anlegerinnen nicht aus Angst oder Unsicherheit Fehlentscheidungen treffen und bei-spielsweise bei kurzfristigen Markteinbrüchen ihre Wertpapiere verkaufen – hier können Berater und Beraterinnen durch professionelles Verhaltenscoaching unterstützen. Unsere Studien belegen, dass eine konsequente Anwendung von Adviser‘s Alpha eine jährliche Mehrperformance von bis zu 3 % generieren kann – nicht durch Spekulation, sondern durch kluge, langfristig bewährte Strategien.

Börsen-Kurier: Wie kann das Konzept von Beratern eingesetzt werden?
Kaczmarek: Es lässt sich sehr gut in bestehende Beratungsprozesse integrieren, da es auf drei zentrale Prinzipien setzt.

Erstens, die Portfolio-Strukturierung: Für den langfristigen Anlageerfolg ist eine durchdachte Asset-Allokation und kosteneffiziente Implementierung im Portfolio der Grundstein des Konzepts. Das impliziert die Berücksichtigung der persönlichen Ziele und Risikotoleranz der Kunden sowie die Minimierung der Gesamtkosten der Geldanlage bei Berücksichtigung von langfristigen Marktentwicklungen.

Zweitens besagt das Konzept, dass Berater und Beraterinnen ihre Expertise für die steuerliche Optimierung des Portfolios und die Ruhestandsplanung nutzen. Die richtige Platzierung von Anlagen innerhalb steuerlich begünstigter Strukturen kann langfristig erhebliche Vorteile bringen und Kosten einsparen, wodurch überdurchschnittliche Renditen generiert werden können.

Das dritte Prinzip umfasst das bereits genannte Verhaltenscoaching. Anlegerinnen und Anleger neigen dazu, emotional zu handeln. Eine der wichtigsten Aufgaben der Beratung ist es daher, Kunden langfristig auf Kurs zu halten. Ein erfolgreicher Berater baut dazu eine langfristige, vertrauensvolle Beziehung zu seinen Kunden auf, die auf offener Kommunikation und Transparenz basiert.

Das Besondere an dem Konzept ist dabei, dass Berater und Beraterinnen keine radikal neuen Strategien entwickeln müssen, sondern es nutzen können, um ihre Kunden systematisch besser durch Marktzyklen zu führen.

Börsen-Kurier: Welche Voraussetzungen müssen Berater dafür haben? Gibt es Schulungen bzw. Unterlagen?
Kaczmarek: Eine erfolgreiche Beratung benötigt neben finanziellem Fachwissen auch ein tiefes Verständnis für das Verhalten und die Emotionen der Kunden. Genau hier setzt das Konzept an und bietet umfassende Studien, Schulungen und Leitfäden, die Beratern und Beraterinnen helfen, diese Prinzipien gezielt einzusetzen. Finanzberater und -beraterinnen unterstützen ihre Kunden damit bei der Überwindung von kognitiven Verzerrungen und emotionalen Entscheidungen, die oft zu suboptimalen Anlageentscheidungen führen.

Aber natürlich bleiben Fachwissen und die kontinuierliche Weiterbildung sehr wichtig, denn die Finanzmärkte entwickeln sich stetig weiter. Um hier Berater und Beraterinnen zu unterstützen, haben wir letztes Jahr ein kostenfreies digitales Beratungsprogramm ins Leben gerufen – Vanguard 365 – mit dem Berater und Beraterinnen auf exklusives Research und Marktanalysen jederzeit zugreifen können, um ihre Beratungskompetenz zu stärken und langfristige Kundenbeziehungen aufzubauen.

Börsen-Kurier: Berater sind ja zu „Best Practice“ verpflichtet. Wie weit kann Adviser‘s Alpha dazu beitragen?
Kaczmarek: Es ist im Kern eine Best-Practice-Richtlinie für hochwertige Finanzberatung. Unsere Studien belegen, dass bis zu 150 Basispunkte (1,5 %) der jährlichen Rendite allein durch Verhaltenscoaching gesichert werden können, indem Kunden langfristig an ihrer Strategie festhalten und beispielsweise nicht in Panik verkaufen. Hinzu kommen die Vorteile einer kosteneffizienten Implementierung und einer steueroptimierten Anlagestrategie. Durch die Anwendung dieser nachweislich erfolgreichen Methoden können Berater und Beraterinnen sich nicht nur klar von Wettbewerbern abheben, sondern auch einen objektiv messbaren Mehrwert für ihre Kunden erzielen.

Börsen-Kurier: Wie profitiert ein Berater vom Einsatz von Adviser‘s Alpha?
Kaczmarek: Die Finanzberatung verändert sich: Kunden suchen nicht mehr nur jemanden, der ihnen einzelne Produkte verkauft (das können sie mittlerweile selber), sondern einen strategischen Partner für ihre finanzielle Zukunft. Adviser‘s Alpha hilft Beratern und Beraterinnen dabei, genau diese Rolle zu erfüllen. Wer das Konzept einsetzt, kann nicht nur bessere Anlageerfolge für seine Kunden schaffen, sondern stärkt auch deren Vertrauen und Loyalität – und das führt langfristig zu höherer Kundenzufriedenheit, Weiterempfehlungen und einem nachhaltigen Wachstum des eigenen Geschäfts.

Börsen-Kurier: Wie weit sind die Angebote der Versicherer dazu geeignet, Adviser‘s Alpha einzusetzen?
Kaczmarek: Versicherungsprodukte – insbesondere fondsgebundene Lösungen – können eine sinnvolle Ergänzung im Rahmen des Adviser‘s-Alpha-Ansatzes sein, wenn sie langfristige Anlageziele unterstützen. Wichtig ist, dass Berater und Kunden gemeinsam prüfen, wie sich eine Polizze in die individuelle Finanzplanung einfügt und welche Vorteile sie im Hinblick auf Steueroptimierung, Risikomanagement und Kapitalaufbau bietet. Gerade in Österreich sind die steuerlichen Aspekte ein wichtiges Thema.

Adviser‘s Alpha fokussiert sich darauf, die gesamte Vermögensstruktur eines Kunden zu optimieren – dazu können natürlich auch Versicherungsprodukte gehören, wenn sie effizient, fair bepreist und auf die Bedürfnisse des Anlegers abgestimmt sind. Die richtige Auswahl und Strukturierung dieser Lösungen ist daher ein zentraler Aspekt der Finanzplanung.

Börsen-Kurier: Wie ist der Anlageerfolg messbar?
Kaczmarek: Anleger und Anlegerinnen fragen verständlicherweise: „Wie erkenne ich, dass meine Beratung wirklich erfolgreich ist?“

Der Erfolg lässt sich anhand verschiedener Kriterien bewerten:

• Kosteneffizienz: Wurden unnötige Gebühren minimiert, um die Nettorendite zu maximieren? Hier kann eine Beratung Aufschluss geben, ob es noch Optimierungspotenziale gibt.

• Steueroptimierung: Wurden die besten steuerlichen Strukturen genutzt?

• Risikoadjustierte Rendite: Wurde ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Risiko und Ertrag erreicht?

• Langfristige Strategie-Treue: Hat der Kunde an seinem Plan festgehalten oder wurde er durch Marktbewegungen verunsichert?

Der wahre Erfolg zeigt sich langfristig: Kunden, die eine disziplinierte, kosteneffiziente und strategische Beratung erhalten, stehen am Ende besser da als Investoren und Investorinnen, die ohne professionelle Begleitung investieren. Das Konzept hilft der Beratung, diesen Mehrwert objektiv messbar zu machen und selbstbewusst zu kommunizieren. Es ist ein Konzept, von dem beide Parteien profitieren.

Adviser‘s Alpha ist kein theoretisches Konzept, sondern ein praxisnaher Ansatz, der Berater und Beraterinnen unterstützt, ihren Kunden langfristigen Anlageerfolg zu ermöglichen. Gerade in einem sich wandelnden Marktumfeld ist eine strategische Beratung der Schlüssel zu einer erfolgreichen und vertrauensvollen Kundenbeziehung.

Foto: Vanguard Deutschland

 

 

Zuviel Bürokratie: Schutz oder Belastung für Anleger?

Regeln werden immer komplexer, aber weniger treffsicherer. Das führt nicht zu besserer Beratung.

Marius Perger. Immer mehr Bürokratie zulasten der Privatanleger ortete Eric Samuiloff, Obmann der Fachgruppe Finanzdienstleister Wien in der WKO, bei einem Pressegespräch auf Einladung des Finanzjournalistenforums in der Vorwoche. Überregulierung diene nicht automatisch dem Schutz des Privatanlegers, so Samuiloff. Er kritisiert 2komplexe, jedoch damit nicht automatisch treffsichere Vorschriften in der Beratung“. Dies sei aber keine Kritik an den Aufsichtsbehörden: „Die machen ihren Job.“ Vielmehr gehe es darum, eine europäische Entwicklung aufzuzeigen, die dazu führe, dass der Aufwand in der Beratung zu hoch wird.

Komplexer, aber nicht treffsicher
In den vergangenen 20 Jahren seien die Regularien stetig komplexer, gleichzeitig aber weniger treffsicher geworden, betonte auch Günther Ritzinger, Experte für Wertpapieraufsicht und Compliance. Das mache ihm auf Makroebene Sorgen, weil es nicht zielführend sei. Die Treffsicherheit sei dabei am Maßstab der Zielsetzung der Regularien zu beurteilen. Erstes Prinzip, das diese verfolgen, sei Anleger- bzw. Verbraucherschutz, dazu kommen Integrität und Stabilität der Finanzmärkte. Am Maßstab dieser Ziele werde die Treffsicherheit immer schlechter, so Ritzinger. Außerdem nehme die Geschwindigkeit neuer Regularien ständig zu. Die Mischung dieser Faktoren führe zu einer immer angespannteren Situation bei Anbietern von Finanzdienstleistungen, was nicht zu besserer Anlageberatung, aber zu höheren Kosten für Anleger führe.

Bürokratie in jeder Phase der Beratung
Bereits im Onboarding-Prozess bei der Beratung bzw. Vermittlung beginne die Bürokratie. Es gebe „wahnsinnig viele Formulare und Fragestellungen“, die bei der Beratung von Neukunden zu beachten sind, betont Samuiloff. Allein für eine Wertpapierdepoteröffnung für die Fondsgebundene Lebensversicherung seien dies 40 bis 45 Seiten, deren Kenntnisnahme vom Kunden unterschrieben werden muss. Es stelle sich die Frage, ob die Beratung dadurch besser wird.

Probleme gebe es auch in der laufenden Betreuung. Samuiloff nennt als Beispiel die Atomkraft, die nun plötzlich als nachhaltig gelte: Hier stelle sich für den Berater die Frage: „Wie erkläre ich das meinem Kunden?“ Aufwendig sei auch die laufende Prüfung politisch exponierter Personen.

Eine weitere Herausforderung könne der Wechsel einer Bankverbindung darstellen. Denn für die neue Bank handle es sich um einen Neukunden, der Prüfungsprozess beginne von vorne und es sei möglich, dass die Mittelherkunft auch über einen sehr langen Zeitraum nachgewiesen werden muss.

Informationspflichten, Geldwäsche und mehr
Auf die vorvertraglichen Informationspflichten ging dann Ritzinger ein. Der Gesetzgeber wolle den Anleger auf eine wohlinformierte Basis stellen, doch dies funktioniere nicht: Das Paket an Unterlagen umfasse bis zu 150 Seiten. „Wie viele Verbraucher lesen die Dokumente?“, fragt Ritzinger.

Was den Geldwäschebereich und die Überprüfung der Mittelherkunft betrifft, gebe es angesichts der heuer auf die Republik zukommenden Prüfung der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) Befürchtungen, dass Österreich auf die „graue Liste“ kommt, so Veranstalter Martin Kwauka. Teilnehmer am Finanzmarkt würden in einer „Angstkultur“ leben und in vorauseilendem Gehorsam so streng wie möglich sein, um ja keinen Fehler zu machen. Kwauka kritisiert in diesem Zusammenhang auch die „sehr allgemeinen Regeln“ der Finanzmarktaufsicht, weshalb Rechtssicherheit fehle. Ritzinger weist dabei auch auf eine „gewisse Schieflage“ hin: Andere Branchen, wie Immobilienwirtschaft oder Gastronomie, die teilweise geldwäschegefährdeter seien, müssten weniger Regularien einhalten als Finanzdienstleister.

Ansätze zur Problemlösung
Grundsätzlich seien viele Vorschriften sinnvoll, so Ritzinger. Und: „Wir Menschen brauchen Regulierung.“ Es gehe allerdings um die Verhältnismäßigkeit, betont Samuiloff. Um die ausufernde Bürokratie in den Griff zu bekommen, sei es nötig, regulatorische Techniken zu überdenken, sagt Ritzinger. Wenn sie ins Leere gehen und nicht zielführend sind, müssten sie vereinfacht werden. Auch solle man überdenken, was die Aufsicht können soll. Der Gesetzgeber lasse in vielen Bereichen, so auch bei DORA (Digital Operational Resilience Act), Verhältnismäßigkeitsgrundsätze zu; es sei zu hoffen, dass die Aufsichtsbehörden dies in ihrer Interpretation berücksichtigen.

Vor allem aber müsse man in Österreich das Übel an der Wurzel packen, so Ritzinger abschließend: Es gehe um mehr und frühere Finanzbildung, um die Bevölkerung kapitalmarkttauglich zu machen. Wichtig wären nicht finanzmathematische Details, sondern eine Stärkung des Grundlagenwissens.

Foto: AdobeStock / alphaspirit

 

 

Trotz Krieg: Uniqa in der Ukraine profitabel

Das Commitment bleibt ungebrochen, der Krieg hat aber Auswirkungen auf das Geschäft.

Marius Perger. Rund drei Jahre dauert der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine mittlerweile – für die Uniqa Insurance Group AG Grund genug, in einer Pressekonferenz über die Lage der Tochtergesellschaft im Land zu informieren sowie Solidarität und Unterstützung für die Ukraine zu bekräftigen. Wolfgang Kindl, im Vorstand der Uniqa für den internationalen Markt zuständig, betonte, dass man sich in dieser schwierigen Zeit für die rund 840 ukrainischen Mitarbeiter, ihre Familien, aber auch für das ganze Volk verantwortlich fühle.

Das Commitment zur Ukraine sei in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unerschütterlich, so Kindl. Man stehe zum Volk der Ukraine und unterstütze seine Resilienz und Tapferkeit bei jeder Herausforderung. Olena Uljee, CEO der Uniqa Ukraine, betonte, dass das Unternehmen in der gesamten Zeit stets einsatzbereit geblieben sei, um die mehr als eine Million Kunden zu servicieren und ihnen ein Sicherheitsgefühl zu vermitteln.

Vielfältige Auswirkungen des Krieges
In der Ostukraine, die am stärksten vom Krieg betroffen ist, sei man schon zuvor unterrepräsentiert gewesen, weniger als zehn Prozent des Geschäfts hatte man dort generiert und sich bereits 2014 für einen Rückzug entschieden. Grundsätzlich seien Kriegsschäden nicht versicherbar, betont die Uniqa, und in den direkt betroffenen Regionen werden Risiken im Zusammenhang mit dem Krieg nicht übernommen. In anderen Gebieten habe man aber begonnen, bei kriegsbedingten Schäden bis zu 10 % des Werts zu ersetzen.

20 % der wehrfähigen, männlichen Mitarbeiter seien seit Kriegsbeginn einberufen worden, ein Mitarbeiter sei getötet worden, ein weiterer gelte als vermisst.

Seit 2006 in der Ukraine
Seit 2006 ist die Uniqa mit zwei Gesellschaften, der Uniqa Insurance Company (non-life) und der Uniqa Life Insurance Company, beide mit Firmensitz in Kiew, vertreten. Das Prämienvolumen betrug 2024 rund 4,2 Milliarden Ukrainische Hrywnja (UAH; Kurs aktuell rund 0,023 Euro). Insgesamt sei die Ukraine ein nicht sehr entwickelter Versicherungsmarkt; das gesamte Prämienaufkommen aller Versicherungen betrage rund 1 Milliarde Euro pro Jahr; zum Vergleich: Das Prämienaufkommen der Uniqa lag 2023 bei rund 7,2 Milliarden Euro.

Trotz des Krieges verzeichnet die Uniqa in der Ukraine aber deutliches Wachstum: Zwischen 2022 und 2024 stiegen die Prämien von 2,97 auf 4,19 Milliarden Hrywnja, was einer jährlichen Wachstumsrate von 18,7 % entspricht. Gleichzeitig ist die Uniqa in der Ukraine weiterhin profitabel; 2023 betrug der Vorsteuergewinn 17,5 Millionen Euro, was 6 % des Gewinns von Uniqa International entspreche. Man habe, seit man in den Markt eingetreten ist, stets Gewinne geschrieben, betont Kindl.

Krankenversicherung stark
Mit einem Anteil an den gesamten Prämien von 38 % hat die Krankenversicherung für die Uniqa in der Ukraine einen hohen Stellenwert. Dies sei Unternehmer-getrieben, angesichts des Arbeitskräftemangels zählen Krankenversicherungen zu den wichtigsten Benefits für Arbeitnehmer.

Die Schaden-/Unfallversicherung (mit Schwerpunkt auf Kfz) hat einen Prämienanteil von 52 %, Leben 10 %. 59 % der Prämien werden im Corporate- und Affinity-Bereich generiert, 20 % in Bank-Assurance und nur 21 % im Retail-Geschäft.

Zu den bedeutenden Angeboten im Gesundheitsbereich zähle der Zugang zu verschiedenen Services; so verfüge Uniqa in dem Land über 12.700 Partner unter anderem aus den Bereichen Pharmazie, Medizin und Kliniken. „Rückgrat“ für viele dieser Leistungen sei die Digitalisierung, so Kindl: Die ukrainischen Gesellschaften zählen zu den am stärksten digitalisierten Unternehmen in der Gruppe.

Soziales Engagement
Mehr als 400 Uniqa-Mitarbeiter aus der Ukraine seien nach Kriegsbeginn geflohen. Sie wurden von Kollegen anderer lokaler Uniqa-Gesellschaften umfassend unterstützt und erhielten temporäre Wohnmöglichkeiten – ein beeindruckendes Beispiel für gruppenweite Solidarität, so die Uniqa. Man habe ukrainische Mitarbeiter und deren Angehörige neben der Unterbringung auch finanziell, psychologisch und rechtlich unterstützt. Bis heute würden sogenannte „Uniqa Buddies“ geflüchteten Kollegen im täglichen Leben beistehen.

Bereits in den ersten Tagen nach Kriegsbeginn habe die Uniqa in Zusammenarbeit mit Caritas Österreich und dem Österreichischen Roten Kreuz eine Spendenaktion gestartet; damit konnte unmittelbare Hilfe im Krisengebiet geleistet werden. Darüber hinaus habe man bis heute Medikamente und medizinische Ausrüstung in die vom Krieg betroffenen Gebiete an Zentren für primäre Gesundheitsversorgung und Spitäler sowie diverse Ausrüstung für hybrides Lernen an Schulen geliefert.

Foto: Uniqa

 

 

Virtuelle Hauptversammlungen: Deutsche Götterdämmerung.

Endlich gibt es ein Umdenken bei den deutschen AGs – Vorbild ist Österreich. (12.02.)

Florian Beckermann. Das Format der rein virtuellen Hauptversammlung und deren Befürworter geraten ins Schwitzen. Nachdem in der österreichischen Hauptversammlungskultur das Format nahezu völlig abgelehnt wurde, zieht jetzt auch langsam der deutsche Markt nach. Das ist eine weitgehend gute Nachricht für Investoren und Kleinanleger, die zumindest einmal im Jahr die Verantwortlichen für ihre Investments einmal physisch zu Gesicht bekommen wollen. Elfenbeinturm-Gehabe des Managements kennt man zwar auch in Österreich, doch deutsche Ausmaße hat es nie erreicht. Ein positives Signal für unseren Markt bestätigt eine Vielzahl der Marktkenner.

Was ändert sich nun? Zweifellos haben viele Berater (oder besser „Beschützer“) dem rein virtuellen Format die Phalanx gemacht: Risikoärmer, da vorhersehbarer, mehr Beratungsaufwand, Aktionärsfragen vielleicht weniger spitz – eine vermeintliche Win-Win-Situation für Management und Beratung. Plus: Aufgrund der schieren Größe der Dax-Unternehmen und mehreren Tausend Aktionären ergab es auch im Einzelfall wirtschaftlich Sinn – fast ausschließlich in Deutschland. Den Nachteil des vermeintlichen Aktionärsunmutes nahm man billigend in Kauf, obwohl eine Vielzahl weiterer triftiger Argumente dagegensprechen.

Doch sukzessive hat das Umdenken mit dem völligen Ende der Pandemie nun auch Vorstandsetagen erreicht, die nicht als besonders verbunden zu ihren Aktionären gelten. Mit gewichtigen Konsequenzen: Gerade dort, wo man aufgrund von Pandemiewirkung und einer virtuellen Hauptversammlung noch über Schwierigkeiten hinweggeschaut hat, herrscht jetzt intensive Aktionärsfürsorge. Großinvestoren wie Deka oder Union Investment eskalieren jedes Jahr ihre Forderung, endlich wieder ins Präsenzformat zurückzukehren, um gerade die wichtige Auseinandersetzung wieder zu führen. Die deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz hat unlängst dem Vorstand der Investorenbegehr-resistenten Siemens Energy mit Nichtentlastung gedroht, sollte wieder eine virtuelle Versammlung durchgeführt werden bzw. man sich wieder vor den Aktionären verstecken wolle.

Die Wahl des Versammlungsformats ethisch zu goutieren und mittelfristig einen Governance-Fehltritt daraus abzuleiten ist das Ergebnis falscher Rechtssetzung des deutschen Gesetzgebers und der vermeintlichen Schutz-Lobbyisten. Wohl dem Unternehmen, welches sich auf die eigenen ethischen Standards verlassen hat und weiter-hin auf das Präsenzformat gesetzt hat.

Der IVA hat in unzähligen Äußerungen auf eine Best-Practice hingewiesen, die sich aus dem Markt entwickeln muss und nicht vom Amateur-Gesetzgeber erlassen wird. Dabei wurde stets auf das Präsenzformat mit sukzessiv-moderner werdenden Elementen verwiesen. Letztlich muss der Aktionär die Wahl haben, wie er teilnehmen möchte. Das fördert die Aktienkultur.

Florian Beckermann ist Vorstand des IVA – Interessenverband für Anleger

 

 

US-Zölle: Abwarten und Tee trinken

Keine Panik bei den heimischen Konzernen, wenn es um die drohenden Einfuhrzölle geht.

Christian Sec. Die Handelsbilanzdefizite mit europäischen Ländern sind Donald Trump ein Dorn im Auge. „Sie nehmen unsere Autos nicht, sie nehmen unsere landwirtschaftlichen Erzeugnisse nicht, im Grunde nehmen sie fast gar nichts.“ So argumentierte Trump seinen Grund, warum er Zölle gegen die EU verhängen wolle. Ein paar Tage später bezeichnete er das Handelsgebaren der EU als „eine Gräueltat“. Am Morgen nach dieser martialischen Wortspende verlor der Euro beim Handelsstart mehr als 1 % gegenüber dem Dollar. Europäische Aktien fielen noch stärker.

In Österreich betrug der Exportüberschuss gegenüber den USA 2023 6,8 Milliarden Euro. In Deutschland liegt dieser um den Faktor 10 höher. Offene Volkswirtschaften wie Deutschland und Österreich wären von potenziellen protektionistischen US-Maßnahmen und Verwerfungen im internationalen Handelsgefüge besonders betroffen, warnt IV-Präsident Georg Knill. Es liegen jedoch Strategien auf dem Tisch, um die drohenden Zölle abzuwenden, in dem mehr Waffen und Energie aus den USA eingekauft werden. Die EU-Präsidentin Ursula von der Leyen kündigte jedenfalls bereits an, dass Europa mehr Flüssiggas aus den USA beziehen könnte. Eine Kombination aus mehr Verteidigungsausgaben und mehr Militärequipment aus den USA zu importieren, wird von einflussreichen Medien wie dem Economist diskutiert. Schlussendlich haben die USA und Europa bei Themen wie Sicherheit, China und Ukraine gemeinsame Interessen. Gemeinsam zu agieren, würde im Falle eines Zollkonflikts dabei um einiges schwerer fallen, sind sich Experten einig.

Vor-Ort-Produktion
Die von den möglichen Zöllen betroffenen österreichischen Unternehmen selbst bleiben abwartend und beobachten die Situation, wie es oft nach Anfrage des Börsen-Kurier heißt. Der Grazer Maschinenbauer Andritz erwirtschaftet rund ein Sechstel seines Umsatzes in den USA. Jedoch wären die Auswirkungen eines Zollkonflikts überschaubar, da die lokale Beschaffung und Fertigung mittlerweile den größten Teil des Umsatzes in den USA ausmachen, Tendenz steigend, wie die Andritz uns gegenüber hervorhebt.

Auch der Lichtkomponentenhersteller ams Osram sieht aufgrund seiner globalen Aufstellung und flexiblen Fertigungsstrategie bei einer Einführung von Sonderzöllen keine großen Auswirkungen. Tatsächlich betreibt der Konzern drei Design-Zentren in den Vereinigten Staaten.

Und auch der Ziegelhersteller Wienerberger, der rund 20 % seines Umsatzes in Nordamerika tätigt, wäre mit seinen vielen Produktionsstätten in den USA wohl nur geringfügig von den möglichen Zöllen der Trump-Regierung betroffen.

Ende des Nearshorings
Anders die Situation für Unternehmen, die sich in Mexiko ansiedelten, um den US-Markt mittels sogenanntem „Nearshoring“ zu bedienen. Mit einem drohenden 25 %igen US-Importzoll für Güter aus Mexiko kommen damit ganze Lieferketten ins Wanken.

In Mexiko gibt es derzeit in etwa 100 österreichische Firmenniederlassungen mit rund 8.700 Mitarbeitern. Gerade die Automobilindustrie hat mit einer Vielzahl von Produktionsstandorten von dort aus den US-Markt beliefert. Neben den Autoherstellern wie BMW oder VW haben sich auch die Autozulieferer – wie die Voestalpine – in Mexiko angesiedelt. Aber auch der Salzburger Kranhersteller Palfinger teilte im Halbjahresbericht 2024 mit, dass der Konzern in Mexiko neue strategische Partner gewonnen habe, die zukünftig direkt an die Produktionsstandorte in den USA liefern sollen, um Transport- und Logistikkosten zu senken.

Die Auswirkungen von Trumps Zollpolitik darauf sind noch nicht abschätzbar.

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Squeeze-out bei Bank Austria Creditanstalt AG

Aufbesserung erwartet nach 17 Jahren Verfahrensverschleppung. Ein Gastkommentar von Dr. Wolfgang Leitner.

Im Verfahren auf Überprüfung der Barabfindung für die im Jahr 2007 aus der BA-CA ausgeschlossenen Aktionäre des Streubesitzes mit rund 7,3 Millionen Stück Aktien ist das Gerichtsverfahren in erster Instanz nach mehr als 17 Jahren kürzlich geschlossen worden.

Die mit der Abfindung von 129,40 Euro unzufriedenen Aktionäre haben von ihrem Recht Gebrauch gemacht, eine Erhöhung durch gerichtliche Überprüfung der Abfindung zu verlangen. Derartige Anträge haben 71 Aktionäre, davon 15, die über den IVA – Interessenverband für Anleger koordiniert waren, gestellt. Wenn es in einem derartigen Verfahren gelingt, eine Erhöhung zu erlangen, wirkt sich das zu Gunsten aller anderen, also auch auf die nicht am Verfahren beteiligten Aktionäre aus.

Im Verfahren hatte sich das Gericht zunächst des sogenannten „Gremiums zur Überprüfung des Umtauschverhältnisses“ – eines Streitschlichtungs- und Sachverständigenorganes – zu bedienen. Dort wurde das Verfahren aller-dings rund eineinhalb Jahrzehnte lang verschleppt und die von UniCredit angenommen Bewertung im Wesentlichen bestätigt.

Der Umstand, dass es einigen Großaktionären gelungen ist, sich im Wege von unter Geheimhaltung geschlossener Vergleiche Aufbesserungen von bis zu 15,758 Euro pro Aktie zu verschaffen, ist erst über gerichtliche Zeugenvernehmungen im Detail hervorgekommen. Das Gremium hatte sich geweigert, über dieses Thema zu verhandeln und war der Meinung, nur für die Bewertung berufen zu sein und nicht für Fragen der Gleichbehandlung von Aktionären.

Zeitraubend war auch die Klärung der Frage, welche Eigenkapitalrendite der Vorstand der BA-CA seiner Planrechnung vor dem Squeeze-out zu Grunde gelegt hat. TP Horwath als Squeeze-out-Prüfer nannte in seinem Bericht die Zahl 10,5 %.

Die Gutachten der Sachverständigen des Gremiums und des Gremiums selbst haben schwankende und letztlich auf rund 12 % sinkende Renditeerwartungen zu Grunde gelegt. Der schließlich erst vor drei Jahren vom Gericht bestellte Sachverständige Christian Imo konnte feststellen, dass der Vorstand in seiner Planrechnung von einem ROE von 20 % ausgegangen ist. Daraus folgend ergab sich eine Bewertung mit 176,88 Euro pro Aktie.

Da sich bei einer Unternehmensbewertung nach Ertragswert das schließliche Ergebnis nach der prognostizierten Ertragserwartung zum Bewertungsstichtag richtet, und der Vorstand selbst von der hohen Ertragsprognose von 20 % ROE ausgegangen ist, bin ich der Meinung, dass jedenfalls eine Erhöhung der Barabfindung um 47,77 Euro pro Aktie erfolgen sollte.

Autor Dr. Wolfgang Leitner war Rechtsanwalt bei der Kanzlei Leitner & Häusler

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„Werden Wachstumschancen schnell nutzen”

Die kürzlich erhaltene EU-weite MiCAR-Lizenz eröffnet Bitpanda viel Potenzial.

Patrick Baldia. Bei Bitpanda stehen die Zeichen auf Wachstum. Ende Jänner hat die heimische Krypto-Plattform als erster großer Player von der deutschen Finanzaufsicht BaFin eine MiCAR-Lizenz für die gesamte EU bekommen. Das reduziere sowohl die Komplexität als auch die Kosten und schaffe eine klare Grundlage, um das Geschäft weiter auszubauen, so das Unternehmen. Nun könne man das komplette Angebot an Produkten und Dienstleistungen in allen 27 Mitgliedsstaaten bzw. mehr als 450 Millionen Menschen an-bieten. Nicht umsonst spricht man von „unvergleichlichem Wachstumspotenzial“.

Was sind jetzt die weiteren Schritte? „Es ist nicht so, dass man mit einem Fingerschnippen sofort in allen 27 EU-Mitgliedsstaaten in relevanter Größe am Markt präsent ist“, so Lukas Enzersdorfer-Konrad, Deputy CEO von Bitpanda, zum Börsen-Kurier. Die MiCAR-Lizenz müsse zunächst im sogenannten „Passporting-Verfahren“ auf weitere Länder übertragen werden. Zudem verfolge man eine klare Strategie: In jedem Markt, in dem man aktiv sei, biete man ein auf die Bedürfnisse der lokalen Nutzer zugeschnittenes Produkt an – sei es in Bezug auf Kundenservice oder Zahlungsdienstleister. „So stellen wir sicher, dass unsere hohen Standards in puncto Sicherheit und Kundenzentrierung überall eingehalten werden“, meint Enzersdorfer-Konrad zu uns. Nachsatz: „Nichtsdestotrotz eröffnet MiCAR erhebliche Wachstumschancen für Bitpanda, die wir jetzt sehr schnell nutzen werden.“

MiCAR „großer Schritt“
Einschlägige Regulierung wurde in der Branche seit längerem gefordert. Mit der 2023 in Kraft getretenen MiCAR-Verordnung (für Markets in Crypto-Assets Regulation, Anm.) wurde jedenfalls ein harmonisierter Regulierungsrahmen für das öffentliche Angebot, die Zulassung zum Handel und die Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kryptowährungen geschaffen, der Innovationen fördert und die Nutzung des Potenzials von Krypto-Assets unter Wahrung der Finanzstabilität und des Anlegerschutzes ermöglicht.

Für Lukas Enzersdorfer-Konrad ist MiCAR ein „großer Schritt in die richtige Richtung“. Ein besonders wichtiger Aspekt sei der verbesserte Verbraucherschutz, der auf ein neues Level gehoben werde. Entscheidend ist für den Bitpanda Deputy CEO nun, dass die bestehenden Regeln konsequent durchgesetzt würden. „Die beste Regulierung nützt nichts, wenn sie nicht von allen Marktteilnehmern befolgt wird“, sagt er. Besonders Krypto-Plattformen aus Drittstaaten – etwa aus asiatischen Ländern – müssten klar zur Einhaltung dieser Vorschriften verpflichtet werden. Falls nötig, müsse die EU auch Akteure vom Markt ausschließen, die sich nicht an die Regeln halten.

In Österreich ist die MiCAR-Verordnung seit dem 30. Dezember 2024 voll anwendbar. An dem Tag hat die FMA, als zuständige Behörde, in einer Aussendung das Ende der „Wildwest-Ära auf den Krypto-Märkten“ erklärt. Die neuen, klaren Spielregeln würden mehr Rechtssicherheit und faire Bedingungen für den Wettbewerb schaffen. „Wir erwarten von den zukünftigen Beaufsichtigten eine konsequente ‚Compliance-first‘-Haltung“, geben die FMA-Vorstände Helmut Ettl und Eduard Müller die Marschrichtung vor. 2025 soll ein besonderer Fokus auf die Zulassungsverfahren für die Anbieter von Krypto-Assets gesetzt werden.

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Unterschiedliche Entwicklungen zweier Schwergewichte

Ein Marktkommentar von Christian Rom, Portfoliomanager bei DNB Asset Management, zu Ørsted und Enel.

Red. Im Bereich der erneuerbaren Energien sind Ørsted (ISIN: DK006 0094928) und Enel (IT0003128367) zwei der prominentesten Namen. Beide stehen vor Herausforderungen und Chancen, doch ihre jüngsten Entwicklungen könnten kaum unterschiedlicher sein. Während Ørsted mit erheblichen Problemen in seinem US-Offshore-Windportfolio ringt, profitiert Enel von der Stabilisierung der europäischen Energiemärkte. Ein genauer Blick auf die Zahlen und Fakten zeigt, wie unterschiedlich sich diese beiden Unternehmen im aktuellen Marktumfeld entwickeln.

Große Herausforderungen
Ørsted hat in den vergangenen Jahren eine beispiellose Serie von Herausforderungen erlebt, insbe-sondere im US-Markt. Das Unternehmen musste jüngst weitere Abschreibungen in Höhe von umgerechnet 1,62 Milliarden Euro verkünden. Diese setzen sich zusammen aus 0,6 Milliarden Euro, die durch gestiegene US-Langfristzinsen im vierten Quartal 2024 verursacht wurden, 0,7 Milliarden Euro, die den Wert von US-Seegrundstücken praktisch auf null reduzieren, und weiteren 0,6 Milliarden Euro, die durch gestiegene Investitionskosten beim Sunrise-Wind-Projekt resultieren. Die Gründe für diese Probleme sind vielfältig, reichen von internen Schwächen im Projektmanagement bis hin zu externen Faktoren wie einer restriktiveren Politik der Trump-Administration.

Die politischen Unsicherheiten in den USA stellen ein besonderes Risiko dar. Eine Executive Order der Regierung hat kürzlich alle Gebiete auf dem äußeren Kontinentalschelf von neuen Offshore-Windleasing-Verträgen ausgeschlossen. Dies betrifft zwar nicht Ørsteds bestehende Projekte wie Revolution Wind (704 Megawatt) und Sunrise Wind (924 Megawatt), doch die Entwicklung neuer Projekte könnte massiv erschwert werden. Gleichzeitig hat Ørsted in den letzten drei Jahren insgesamt 6 Milliarden Euro an Abschreibungen in seinem US-Geschäft verzeichnet. Das Unternehmen könnte diese Zahl auf bis zu 6,7 Milliarden Euro erhöhen müssen, falls zusätzliche steuerliche Vergünstigungen nicht bewilligt werden. Der Gesamtverlust an Marktkapitalisierung beträgt seit Ende August 2023 15,8 Milliarden Euro.

Trotz dieser Rückschläge bleibt Ørsted optimistisch. Für das Jahr 2024 prognostiziert das Unternehmen ein Ebitda von 3,3 Milliarden Euro, was in der Mitte seiner ursprünglichen Guidance liegt. Mit einer geplanten Wachstumsrate der Gewinne im hohen einstelligen Bereich bis 2030 und einer erwarteten Kapitalrendite (ROCE) von 14 % zeigt sich das Unternehmen weiterhin als Marktführer in einem wachsenden Segment. Insbesondere die global steigende Nachfrage nach Offshore-Windenergie bietet Ørsted Chancen, langfristig profitabel zu bleiben.

Unter neuer Führung
Ørsted hat sich kürzlich von seinem bisherigen CEO Mads Nipper getrennt. Sein Nachfolger ist der bisherige stellvertretende CEO und Chief Commercial Officer Rasmus Errboe. Dieser Wechsel war nicht vollständig überraschend, da Errboe bereits im März 2024 in diese Positionen berufen wurde. Errboe bringt mehr als ein Jahrzehnt Erfahrung bei Ørsted mit und hat verschiedene Schlüsselpositionen im Unternehmen bekleidet. Dies deutet darauf hin, dass er ein umfassendes Verständnis für das Geschäft besitzt. Seine Hauptaufgaben werden darin bestehen, operative Exzellenz und ein verbessertes Risikomanagement zu fördern, um das teure US-Markteintrittsdebakel als isoliertes Ereignis zu positionieren. Nach der Stabilisierung des Unternehmens wird der Fokus darauf liegen, Risiken zu minimieren und die Ziele für 2030 zu erreichen.

Polen als interessanter Markt
Mit Blick auf den Ausbau des polnischen Offshore-Marktes haben der polnische Energieversorger PGE und Ørsted die endgültige Investitionsentscheidung für den Bau des Offshore-Windparks Baltica 2 getroffen. Der Offshore-Windpark Baltica 2 in der Ostsee mit 1.500 MW Leistung ist ein Gemeinschaftsprojekt von PGE Polska Grupa Energetyczna und dem dänischen Offshore-Weltmarktführer Ørsted. Die Regierung in Polen treibt den Ausbau der Offshore-Windenergie voran und will bis 2040 insgesamt 18.000 MW (18 GW) Windkraftleistung in der Ostsee installieren. Ørsted bleibt aufgrund seiner starken Marktposition und seiner Expertise ein zentraler Akteur in der Branche.

Neuausrichtung bei Enel
Enel hingegen zeigt ein gänzlich anderes Bild. Das italienische Unternehmen hat von stabilisierten Strompreisen in Europa profitiert, die nach den durch den Ukraine-Konflikt ausgelösten Turbulenzen nun auf einem ausgeglichenen Niveau verharren. Diese Entwicklung hat die Bilanz des Unternehmens erheblich verbessert, insbesondere durch eine Reduzierung der Sicherheitenanforderungen im Bereich Hedging. Zudem haben sich die hydrologischen Bedingungen in Europa in den Jahren 2023 und 2024 erheblich erholt und befinden sich auf historischen Höchstständen, was die Stromerzeugung aus Wasserkraft stärkte. Diese positiven Entwicklungen haben geholfen, eine stabile Ertragslage und eine solide Performance an den Märkten zu erzielen.

Die strategische Neuausrichtung hat ebenfalls für Aufmerksamkeit gesorgt. Das Unternehmen setzt verstärkt auf Investitionen in Stromnetze, was von vielen Investoren begrüßt wurde. Der Fokus auf den Ausbau von erneuerbaren Energien wurde hingegen reduziert, was in der Branche gemischte Reaktionen hervorgerufen hat. Kritiker argumentieren, dass Enel sich langfristig durch die Verringerung seines Engagements in erneuerbaren Energien Marktpotenziale entgehen lassen könnte. Dennoch hat das Unternehmen durch diese Neuausrichtung kurzfristig Stabilität erreicht und bleibt ein Favorit vieler Anleger.

Potenzial bleibt ungebrochen
Die Entwicklung dieser beiden Unternehmen zeigt exemplarisch die Spannungen und Möglichkeiten im Sektor der erneuerbaren Energien. Ørsted kämpft mit kurzfristigen Herausforderungen, bleibt aber aufgrund seines führenden Marktanteils und der starken Position ein wichtiger Akteur. Enel hingegen hat kurzfristig Stabilität erreicht und könnte langfristig von einer stärkeren Fokussierung auf erneuerbare Energien profitieren. Anleger stehen damit vor einer strategischen Entscheidung: Auf die langfristigen Chancen eines angeschlagenen Marktführers wie Ørsted setzen oder die Stabilität eines etablierten Versorgers wie Enel bevorzugen.

Die Branche der erneuerbaren Energien bleibt ein Schlüsselfaktor für die globale Energiewende, und sowohl Ørsted als auch Enel spielen hierin zentrale Rollen. Trotz der Herausforderungen bleibt das Potenzial für Wachstum und Innovation in diesem Sektor ungebrochen.

Foto: AdobeStock / adobedesigner

 

 

Immobilieninvestments auf dem Prüfstand

Der OGH hat zuletzt vor allem Vermietern diesbezüglich Kopfzerbrechen bereitet. (05.02.)

Birgit Kraml. Wer Immobilien kauft, investiert in Wertsteigerung und Rendite. Wesentliches Kriterium sind dabei in der Regel die Bestandverträge. Neben der Miete spielen die Betriebskosten eine wesentliche Rolle, da sie – aus Vermietersicht – so weit wie möglich auf den Mieter überwälzt werden sollen. Auch das Mietrechtsgesetz sieht vor, dass die vom Vermieter aufgewendeten Kosten für das Gebäude vom Mieter zu tragen sind.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat in den vergangenen Jahren vor allem Vermietern diesbezüglich Kopfzerbrechen bereitet. Vorgegebene Klauseln (also solche die Allgemeine Geschäftsbedingungen gleichkommen bzw. vom Vermieter vorgegeben werden) müssen, wenn das Gegenüber Verbraucher ist, transparent sein.

Eine in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung ist unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist. Gemäß OGH ist jede Bestimmung, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde, eine allgemeine Geschäftsbedingung, auch dann, wenn der Vertrag individuell ausgearbeitet, aber einseitig vorformuliert wurde. Es reicht nicht aus, dass er erörtert wurde, vielmehr muss der Unternehmer zur Änderung des von ihm verwendeten Texte erkennbar bereit sein. Der OGH stellte klar, dass das Versenden eines Vertrags „zur Durchsicht“ dabei nicht ausreiche, um die Verhandlungsbereitschaft des Unternehmers kundzutun.

Konkret sah ein Vertrag vor, dass der Mieter „Bewirtschaftungskosten“ zu tragen hätte, wobei hier mit dem Adverb „insbesondere“ auf die §§ 21 ff MRG verwiesen wurde. Die beiden Erstinstanzen sahen im Adverb keine Verletzung des Transparenzgebots, der OGH stoß sich daran: Das Adverb ließe die Kläger im Unklaren darüber, was als Bewirtschaftungskosten zu verstehen sei. Er ließ den restlichen Teil der Bestimmung, der klar und eindeutig auf Betriebskosten gemäß §§ 21 ff MRG verwies, nicht gelten, da nach § 6 Abs 3 KSchG unklare und unverständliche Vertragsbestimmungen zur Gänze unwirksam sind und auch eine geltungserhaltende Reduktion nicht möglich ist.

Der Mieter kann daher sämtliche über die Jahre bisher bezahlten Betriebskosten zurückverlangen und muss auch in Zukunft keine Betriebskosten zahlen. Ob unter diesen Bedingungen ein Vermieter den Vertrag abgeschlossen hätte, darf dahingestellt bleiben.

Diese Entscheidung ist auch insofern bemerkenswert, als es nicht um eine Verbandsklage ging, die sich gegen typische Vertragsformblätter, die x-fach verwendet werden, oder gegen Kleingedrucktes, das ein Verbraucher überlesen könnte, richtete, sondern gegen einen individuell formulierten Mietvertrag, wobei sich Vermieter und Mieter auch kannten und befreundet waren und im Vorfeld auch mieterfreundliche Zugeständnisse vorbenommen worden waren. Auch auf die Frage, dass die Transparenz durch dispositives Recht (konkret §§ ff 21 MRG) klargestellt wären, ließ der OGH offen.

Davon abgesehen, dass Verbrauchern offensichtlich jegliches Verständnis und Mündigkeit abgesprochen wird, werden mit solchen Entscheidungen der Wert der Vertragsfreiheit und der (Jahrtausende alte!) Grundsatz „pacta sunt servanda“ in Frage gestellt.

Autorin Dr. Birgit Kraml, LL.M. ist Partnerin und leitet das Immobilienrechtsteam bei DLA Piper Rechtsanwälte in Wien

 

 

Drei weitere Leitzinssenkungen möglich

Wenig Potenzial der Fed versus größere Spielräume der EZB.

Michael Kordovsky. Die US-Notenbank Federal Reserve hat den Leitzins in ihrer jüngsten Sitzung am 29. Jänner unverändert bei 4,25 bis 4,50 % belassen. Damit bleibt die Geldpolitik angesichts der weiterhin erhöhten Inflation restriktiv. Dazu Fed-Chef Jerome Powell: „Wir wissen, dass eine zu schnelle oder zu starke Lockerung der geldpolitischen Restriktionen den Fortschritt bei der Inflationsbekämpfung beeinträchtigen könnte.“ Die Inflation bleibt ein zentrales Thema: Während sie in den vergangenen zwölf Monaten deutlich zurückging, verharrt sie zuletzt wieder auf einem leicht erhöhten Niveau. Die US-Verbraucherpreise stiegen im Dezember um 2,9 % im Jahresvergleich, nachdem sie bereits im dritten Monat in Folge angezogen hatten.

Auch der Arbeitsmarkt bleibt robust: Im Dezember sank die Arbeitslosenquote leicht auf 4,1 %, während 256.000 neue Arbeitsplätze geschaffen wurden. Powell erklärte, der Arbeitsmarkt sei „im Gleichgewicht“ und übe keinen zusätzlichen Inflationsdruck aus. Fakt ist, dass die Stundenlöhne der US-Privatwirtschaft ex Agrar im Dezember auf Jahresbasis nur noch um 3,93 % stiegen verglichen mit 4,25 % ein Jahr zuvor.

Interessant ist der politische Druck auf die Fed. Präsident Donald Trump fordert mit Verweis auf sinkende Ölpreise sofortige Zinssenkungen und erklärte provokant: „Ich kenne mich mit Leitzinsen besser aus als die Fed.“ Die Notenbank erwartet für 2025 jedoch nur zwei Zinssenkungen und bleibt angesichts möglicher Inflationstreiber – darunter Trumps geplante Zölle und Massenabschiebungen – vorsichtig. Powell ließ sich nicht auf einen direkten Schlagabtausch mit Trump ein und betonte: „Wir warten geduldig ab und müssen nichts überstürzen.“ Der Machtkampf zwischen Trump und der Fed dürfte sich in den kommenden Monaten weiter zuspitzen und der Markt preist derzeit am wahrscheinlichsten ein bis zwei Leitzinssenkungen ein.

Eurozone: Grünes Licht
Anders sieht es im Euroraum aus, dessen Leitwirtschaft Deutschland im dritten und vierten Quartal 2024 eine leicht schrumpfende Wirtschaftsleistung aufwies. Das BIP-Wachstum im dritten und vierten Quartal 2024 lag lediglich bei je 0,9 % und eine Rezession in der Industrie drückt auf die Industriegüterpreise ex Energie und nimmt langsam den Lohnkostendruck aus dem Markt. Die Inflationsrate ist von Dezember 2023 auf Dezember 2024 von 2,9 weiter auf 2,4 % gesunken. Lediglich Basiseffekte bei den Energiepreisen führten zuletzt wieder zu einem moderaten Anstieg.

Am 30. Jänner konnte somit der EZB-Rat die fünfte Leitzinssenkung um 0,25 %-Punkte einstimmig beschließen. Einlagenzins und Hauptrefinanzierungssatz wurden auf jeweils 2,75 bzw. 2,90 % zurückgenommen. Dieser Schritt war aber in den Geldmarktzinsen schon eingepreist. Und weitere Lockerungen erscheinen wahrscheinlich, was auch aus dem Wording von EZB-Präsidentin Christine Lagarde in der Pressekonferenz zur jüngsten geldpolitischen Entscheidung abgeleitet werden kann: „Der Disinflationsprozess schreitet gut voran. Die Inflation hat sich im Wesentlichen weiterhin im Einklang mit den Projektionen entwickelt und dürfte im laufenden Jahr zu unserem mittelfristigen Zielwert von 2 % zurückkehren.“ Im weiteren Verlauf der Rede folgte eine Präzisierung: „Die meisten Indikatoren der zugrunde liegenden Inflation haben sich im Einklang mit einer nachhaltigen Rückkehr der Inflation zu unserem mittelfristigen Zielwert entwickelt.“

Und noch konkreter lautet die gute Nachricht Lagards: „Unseren Erwartungen zufolge wird die Inflation kurzfristig um das aktuelle Niveau schwanken. Danach sollte sie sich nachhaltig um den mittelfristigen Zielwert von 2 % einpendeln. Der nachlassende Arbeitskostendruck und die anhaltende Wirkung unserer vorangegangenen geldpolitischen Straffung auf die Verbraucherpreise dürften diesen Prozess unterstützen.“

Ein weiterer Punkt ist die Schätzung des neutralen Leitzinsniveaus. Darüber gibt es zahlreiche Debatten und Publikationen. Der neutrale Zins, bei dem die Geldpolitik weder expansiv noch restriktiv wirkt, liegt nach bisherigen Schätzungen von Ökonomen der EZB im Bereich von 1,75 bis 2,5 %. Auf eine Journalistenfrage dazu reagierte Lagarde: „Wir sind derzeit restriktiv. Wir sind nicht bei der neutralen Rate. Diese Debatte ist völlig verfrüht. Wenn wir uns dem nähern, werden wir auf der Grundlage eines Forschungspapiers und einer Analyse des Stabes arbeiten, und das wird uns helfen zu bestimmen, wie nahe wir dran sind und wie unser geldpolitischer Kurs aussehen sollte.“

Risiken und Verzögerungsfaktoren
Aber es gibt noch Bremsfaktoren und Restrisiken. Noch im Würgegriff der einst hohen Inflationsraten befindet sich die Binneninflation. Dazu Lagarde: „Die Binneninflation, die der Teuerung bei Dienstleistungen eng folgt, ist nach wie vor hoch, da sich die Löhne und einige Dienstleistungspreise derzeit noch mit einer erheblichen Verzögerung an den zurückliegenden Inflationsschub anpassen. Gleichzeitig deuten die jüngsten Signale darauf hin, dass die Abschwächung des Lohndrucks anhält und die Gewinne eine Pufferfunktion haben.“

Während ein beschleunigter Wirtschaftsabschwung das Zinssenkungspotenzial erhöhen würde, gibt es auch inflationäre Risikofaktoren, die das Tempo rückläufiger Leitzinsen bremsen könnten. Dazu Lagarde: „Die Inflation könnte höher ausfallen, wenn die Löhne oder die Gewinne deutlicher steigen als erwartet. Aufwärtsrisiken für die Inflation ergeben sich auch aus den erhöhten geopolitischen Spannungen. Diese könnten die Energiepreise und die Frachtkosten auf kurze Sicht in die Höhe treiben und den Welthandel stören. Zudem könnten Extremwetterereignisse und die fortschreitende Klimakrise allgemein dazu führen, dass die Nahrungsmittelpreise stärker steigen als erwartet.“

Fazit
Ausgehend vom geschätzten neutralen Zinsniveau, aktuellen Inflationstrends, jüngsten Zinskurven und Expertenmeinungen erscheinen drei weitere Leitzinssenkungen der EZB im laufenden Jahr durchaus wahrscheinlich.

Foto: AdobeStock / chaylek dunkler

 

 

Brüssel kündigt Paket für Bürokratieabbau an

Mindestens 25 % weniger Verwaltungsaufwand für Unternehmen und 35 % weniger für KMUs.

Emanuel Lampert. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Stéphane Séjourné, Kommissar für Wohlstand und Industriestrategie, stellten in der vergangenen Woche in Brüssel den Kompass für Wettbewerbsfähigkeit vor „Einfacher, schlanker, schneller“: Dieses Motto soll die europäische Regulierung künftig kennzeichnen. Dieses Bekenntnis gab jedenfalls die EU-Kommission mit ihrem neuen „Kompass für Wettbewerbsfähigkeit“ ab.

Europa habe „alles, was es braucht“, um im Wettbewerb mit anderen großen Volkswirtschaften erfolgreich zu sein, sagte Kommissionspräsidentin von der Leyen. „Gleichzeitig müssen wir jedoch unsere Schwächen überwinden und wieder wettbewerbsfähig werden.“ Eine dieser Schwächen soll durch „Vereinfachung“ abgebaut werden. Anders ausgedrückt, soll „der Regelungs- und Verwaltungsaufwand drastisch reduziert werden“.

„Viel weiter gehen als bisher“
Denn immerhin räumt die Kommission in dem Papier ein: Trotz der bereits bestehenden Grundsätze für eine bessere Regulierung sei die regulatorische Belastung für zwei Drittel der EU-Unternehmen ein wesentliches Hindernis für langfristige Investitionen. Viele hätten darauf hingewiesen, dass Komplexität, Vielfalt und Dauer der Genehmigungs- und Verwaltungsverfahren Europa zu einem im Vergleich mit anderen Regionen weniger attraktiven Raum für Investitionen machen. Um Europas Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen, „müssen wir beim Bürokratieabbau viel weiter gehen als bisher“, schreibt die Kommission. Die Regulierung müsse verhältnismäßig, stabil, kohärent und technologieneutral sein. Umfassende Anstrengungen auf Unions-, mitgliedstaatlicher und lokaler Ebene seien erforderlich, um Regeln zu vereinfachen und Verwaltungsverfahren zu beschleunigen.

Durchforsten und regelmäßiger Austausch
In der Brüsseler Behörde ist ein eigener Kommissar mit der Durchforstung des EU-Rechtsbestandes beauftragt. Das Ziel: Wege finden, die Gesetzgebung nach Bedarf zu vereinfachen, zu konsolidieren und zu kodifizieren. Jeder Kommissar halte künftig regelmäßig auch Dialog mit Interessenvertretern, „zweimal jährlich“, um sich über Themen der Umsetzung der Regulierung auszutauschen, Bedenken der Wirtschaft zu hören und Möglichkeiten zur Vereinfachung und Entlastung zu identifizieren. „Reality-Checks“, die Dienststellen der Kommission mit Vertretern der Wirtschaft durchführen, sollen ebenso zum „Stresstest“ für die EU-Regulierung beitragen. Die Vereinfachung müsse von einem Verständnis der praktischen Funktionsweise von Wertschöpfungsketten geprägt sein und ein regulatorisches System im Auge haben, das mehr auf Vertrauen und Anreizen als auf detaillierter Kontrolle basiert.

Zielvorgaben für weniger Verwaltungsaufwand
Als ein konkretes Ziel hatte die Kommission bisher eine Verringerung der Berichterstattungspflichten um mindestens 25 % ausgegeben. Da Berichterstattung nur einen Teil des Aufwands darstelle, soll dieses Ziel künftig für die Kosten der gesamten administrativen Belastung gelten, im Falle von KMUs sollen es mindestens 35 % sein.

Das erste Paket ist für Februar angekündigt und soll unter anderem die Berichterstattung zur Nachhaltigkeit und die Taxonomie behandeln (der Börsen-Kurier berichtete bereits darüber). Besonderes Augenmerk will die Kommission dabei jenem Effekt widmen, dass umfangreiche Berichterstattungspflichten für größere Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette auf kleinere Unternehmen durchschlagen und bei diesen eine „exzessive“ Berichterstattung verursachen, „die von den Gesetzgebern nie beabsichtigt war“.

Neue Kategorie zwischen KMUs und den „Großen“
Die Verhältnismäßigkeit der Regulierung soll auch verbessert werden, indem eine neue Unternehmenskategorie definiert wird: Sie würde dann Unternehmen zusammenfassen, die größer als KMUs, aber kleiner als die ganz großen Unternehmen sind. Regulatorische Vereinfachungen würden auf diese Weise unionsweit „tausenden von Unternehmen“ mittlerer Kapitalisierung zugutekommen, heißt es von der Kommission.

Apropos KMU: Ein neuer KMU- und Wettbewerbsfähigkeits-Check in Folgeabschätzungen soll einen „Filter“ für neue Regulierungsvorhaben bilden. Dabei sollen nicht zuletzt Kostenunterschiede gegenüber internationalen Konkurrenten geprüft werden.

Im Übrigen gelte es, Unternehmen bei der Umsetzung der EU-Gesetzgebung besser zu begleitet, die Unterstützung dafür soll verstärkt werden. Hier wird digitalen Hilfsmitteln eine wesentliche Rolle zugedacht: Wo es geht, sollen Berichtspflichten digital erledigt werden können.

WKO: „Richtige Prioritäten“
Die Wirtschaftskammer begrüßte das Vorhaben der Kommission. Es identifiziere „die richtigen Stellschrauben“ und sei „ein wichtiges Signal“, so die stellvertretende Generalsekretärin Mariana Kühnel in einer Aussendung: „Jetzt ist es entscheidend, rasch in die Umsetzung zu kommen.“ Das Ziel, die Kapitalmarktunion mit einer Spar- und Investitionsunion „fair und effizient“ weiterzuentwickeln, sieht sie als „essenziellen Puzzlestein, um Investitionen in Wirtschaft und Innovation zu mobilisieren und damit die globale Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen zu steigern“. Die Beseitigung regulatorischer Hürden oder die Erleichterung grenzüberschreitender Finanzströme wären für die WKO „Schritte in die richtige Richtung“. Beim Abbau bürokratischer Hürden erwartet die Wirtschaft einen „höheren Gang“. Kühnel: „Nach unzähligen Ankündigungen brauchen die Unternehmen eine rasch spürbare Entlastung. Das ist mittlerweile überfällig.“

Foto: Europäische Union / Dati Bendo

 

 

Europas Chancen mit einem Puffer nutzen

Experten räumen diesseits des Atlantiks den Märkten Chancen ein und erklären weshalb.

Raja Korinek. Auch zu Beginn des neuen Börsenjahres dominieren Geschehnisse an den US-Märkten die Schlagzeilen. So rückten erneut Technologieaktien in den Fokus, nachdem US-Präsident Donald Trump verkündete, mittels seines Programms „Stargate“ die Künstliche Intelligenz (KI) ankurbeln zu wollen. Für Turbulenzen sorgte kurz danach Chinas Bekanntgabe eines eigenen Chatbots mit dem Namen DeepSpeek, der anscheinend zu weitaus günstigeren Kosten hergestellt werden kann.

Doch auch Europas Märkte bieten Chancen, die von Anlegern bereits genutzt werden, wie der Blick auf einige Indizes zeigen. So erreichte der Dax ein neues Rekordhoch und sprang jüngst über die Marke von 21.700 Punkte. Auch der Eurostoxx ist auf dem Weg, das alte Rekordhoch von 5.464 Punkten aus dem Jahr 2000 zu übertreffen.

Starke Preissetzungsmacht gefragt
Schließlich gibt es in Europa genügend Konzerne, denen reichlich Chancen eingeräumt werden – und das trotz der von Trump angedrohten Zölle. „So sind etwa Unternehmen mit starker Preissetzungsmacht und lokaler Präsenz viel weniger anfällig“, konstatiert Thorsten Winkelmann, Chief Investment Officer European and Global Growth bei AllianceBernstein.

Winkelmann sagt aber auch, „es bleibt abzuwarten, ob die harten Ankündigungen in die Tat umgesetzt werden“. Dennoch müssten Investoren sich auf die Möglichkeit vorbereiten, dass die US-Regierung ihr Ziel, so etwa die Rückverlagerung der US-Fertigung zu fördern, angehen werde.

Auf die Lieferketten kommt es an
Der Experte analysiert dazu mögliche Auswirkungen für Europa: So werden ihm zufolge europäische Unternehmen, die ihre Lieferketten bereits als Reaktion auf die Schocks während der Covid-19-Pandemie optimiert haben, deutlich besser in der Lage sein, auch mit einer härteren Zollpolitik Effizienz- und Gewinnwachstum zu erzielen.

Auch Unternehmen mit robusten Geschäftsmodellen, die in ihrer Branche eine starke Position einnehmen, werde es leichter fallen, ihre Lieferketten zu optimieren, um die Zölle zu bewältigen. „Einige europäische Unternehmen sind in den USA tätig und könnten sogar von den US-Zöllen profitieren, insbesondere im Industriesektor“, fügt Winkelmann hinzu. Dazu zählen etwa deutsche Großkonzerne wie BMW, BASF und Bayer.

Anleger, die auf die weitere – jedoch begrenzte – Entwicklung europäischer Aktien setzen wollen, können dies mit einem Capped-Bonuszertifikat tun. Bei diesem Produkt wird zum Laufzeitende eine fixe Bonuszahlung in Höhe etwa eines vorab festgelegten Indexstandes in Aussicht gestellt. Dieser festgelegte Kurs ist zu-gleich der Cap, da Anleger an Kurszuwächsen darüber hinaus nicht teilhaben. Je weiter der Kaufkurs des Zertifikats unter dem Cap liegt, desto größer sind die Renditechancen.

Barriere beachten
Doch all zu tief darf der Zertifikate-Kurs während der Laufzeit nicht sinken. Wird nach unten nämlich die Barriere berührt oder unterschritten, verfällt die Bonuszahlung. Der weitere Kursverlauf des Zertifikats richtet sich dann 1:1 an jenen des Basiswerts, weshalb Verluste möglich sind, während die Chancen nach oben auf den Cap begrenzt bleiben.

Ein solches Produkt auf den Dax bietet JP Morgan an. Der Cap liegt bei 50.000 Punkten, die Barriere bei 19.000 Punkten. Bewertungstag ist der 18.12.2026. Auf den Euro Stoxx 50 bietet etwa die Société Générale ein Capped-Bonuszertifikat an. Der Cap liegt bei 6.500, die Barriere bei 4.700 Punkten.

Foto: AdobeStock / beugdesign

 

 

Corum-Immo-Fonds: Entwicklung gegen den Trend

Im Gegensatz zu den meisten Immo-Fonds schlossen die Corum-Produkte 2024 mit ansehnlichen Renditen ab.

Patrick Baldia. Mit den Zinserhöhungen ab 2022 verloren bekanntlich viele Immobilienveranlagungen an Attraktivität. Zu den größten Verlierern gehören neben Aktien offene Immobilienfonds. Nachdem die heimischen Fonds 2023 unter Mittelabflüssen im Umfang von 1,7 Milliarden Euro litten, folgten 2024 weitere 1,6 Milliarden Euro. Insgesamt schrumpfte das verwaltete Vermögen in den vergangenen beiden Jahren um 30 % und liegt aktuell bei rund 7,6 Milliarden Euro. Vor den Zinserhöhungen folgte noch ein Rekordjahr dem nächsten, was auf die besondere Affinität der Österreicher zu offenen Immobilienfonds zurückgeführt wurde.

Keine Mittelabflüsse verzeichneten im Vorjahr – sowie im Übrigen auch in den Jahren davor – die in Österreich zugelassenen Gewerbeimmobilienfonds der französischen Immobilieninvestment-Gesellschaft Corum. Vielmehr verbuchten der Corum Origin und der Corum XL ein Plus von 21 % bei den Kapitalzuflüssen. Allein österreichische Privatanleger investierten 23,3 Millionen Euro bzw. um +104 % mehr als 2023. Damit war 2024 das beste Jahr für die Franzosen in Österreich seit dem Markteintritt 2018.

Während die Performance der heimischen offenen Immobilienfonds im Vorjahr zu wünschen übrig ließ, konnten sowohl der Corum Origin als auch der Corum XL mit +6,05 bzw. +5,53 % ihre Rendite-ziele neuerlich übertreffen. Konkret, Ersterer zum 13. Mal, Zweiterer zum 8. Mal in Folge.

Erfolgsgeheimnis: antizyklische Strategie
„Das ist zweifellos das Ergebnis unserer opportunistischen und antizyklischen Immobilienstrategie, die wir in ganz Europa verfolgen, sowie der sorgfältigen Auswahl unserer Mieter“, sagt Martin Linsbichler (Foto), Corum Country Manager in Österreich. „Nur mit Mietern höchster Bonität können die Renditeziele erreicht werden.“ Ein weiteres Erfolgsgeheimnis: Fremdkapital werde nur begrenzt eingesetzt, Immobilienkäufe großteils mit Mittelzuflüssen gestemmt. Positiv entwickelte sich auch die Bewertung der Portfolios. Wie Linsbichler erklärt, hätten unabhängige Experten den Fonds einen Anstieg von +2,57 % (Corum Origin) und +2,39 % (Corum XL) zugesprochen.

Streng genommen hinkt der Vergleich mit den heimischen offenen Fonds aber etwas. Denn bei den Corum-Produkten handelt es sich um SCPIs bzw. Gewerbeimmobilienfonds nach französischem Recht. Diese kaufen und verwalten Immobilien und müssen 100 % der Mieteinnahmen und Erlöse aus Immobilienverkäufen an die Anleger ausschütten. Anders als heimische offene Immobilienfonds müssen sie keine Cash-Reserven halten und unterliegen der Aufsicht der französischen Finanzaufsichtsbehörde AMF (für: Autorité des Marchés Financiers, Anm.). Laut Linsbichler werden die Corum-Fonds von der FMA als geschlossene Fonds eingestuft.

Im vergangenen Jahr sind die beiden Corum-Fonds um 16 Immobilien gewachsen. Investiert wurden 522 Millionen Euro, und zwar zu durchschnittlichen Anfangsrenditen von 9,30 % (Corum Origin) und 7,79 % (Corum XL). Gleichzeitig wurden mit vier Verkäufen knapp 10 Millionen Euro eingenommen. „Wir erwarten, dass sich diese Dynamik auch 2025 fortsetzt, und zwar bereits im ersten Quartal, denn aus heutiger Sicht zeichnen sich bereits mehrere Verkaufsmöglichkeiten ab“, verrät Linsbichler. Man würde etwa Immobilien mit Abschlägen zwischen 20 und 30 % angeboten bekommen. Zu Verkäufen könnte es vor allem in Großbritannien kommen. „Die Entwicklung des Pfunds spielt uns in die Hände und erhöht den Wert unserer dort gehaltenen Immobilien erheblich“, so Linsbichler abschließend.

Foto: Studio-alterego.com

 

 

Fondsmanager-Umfrage: „Make Europe Great Again“

Deutschland sticht positiv hervor, Fast-Rekord für den Zufluss in den Euroraum.

(30.01.) Während die Mehrheit der Fondsmanagerinnen und Fondsmanager weltweit weiterhin auf Aktien und einen stärkeren US-Dollar setzen, hat sich zuletzt eine neue Tendenz verdeutlicht. Die Fondsmanagerumfrage der Bank of America (Global Fund Manager Survey, FMS) mit dem Titel „Make Europe Great Again“ von Jänner 2025 ergab, dass kürzlich stark in europäische Werte umgeschichtet wurde, berichtet das Team der Steiermärkische Sparkasse Private Banking im jüngsten Marktkommentar.

Starker Zufluss in europäische Aktien
Die Bank of America (BofA) interviewte vom 10. bis 16. Jänner mehr als 200 professionelle Investorinnen und Investoren weltweit zu ihren Investmentpräferenzen und ihre Sicht auf die Weltwirtschaft und die Kapitalmärkte. Die Befragten verwalten insgesamt knapp 580 Milliarden US-Dollar an Anlagevermögen. Die Jänner-Umfrage ergab eine anhaltend positive Stimmung unter den Portfoliomanagern, wie ein Risikobarometer der BofA zeigt, das auf konjunkturellen Wachstumserwartungen, der Cash-Quote und der Aktienallokation basiert. Im Vergleich zum Vormonat gab es zwar eine leichte Abschwächung, doch der Risikoappetit bleibt hoch.

Der Dezember 2024 stand noch ganz im Zeichen von US-Aktien. Laut der BofA flossen aber zuletzt die zweithöchsten je gemessenen Volumina in Werte aus dem Euroraum. Einer der Hintergründe dürfte sein, dass sich bei Investoren die Meinung herausbildet, der neue, alte US-Präsident Donald Trump werde die europäische Wirtschaft nicht so stark belasten wie es wie mancherorts befürchtet wurde. Zweitens hatten sich die Profis auf die Suche nach „Nachzüglern“ gemacht, also nach Titeln mit Potenzial, die bislang nicht so stark gefragt waren.

Auch die Performance-Erwartungen fallen zugunsten Europas aus. Der EURO STOXX 50 hat auf Jahressicht die Nase gegenüber seinen US-Pendants vorne. Die erste Euphorie, als Trump ein goldenes Zeitalter für die USA versprach und die Anleger im November und Dezember kräftig in US-Aktien investierten, scheint sich langsam zu legen.

Innerhalb der Branchen war die Nachfrage nach Aktien aus den Bereichen Gesundheit und Basiskonsum hoch. Auch Rohstoffe und Technologiewerte waren gefragt. Dafür verringerten sie ihre Positionen in den USA, in Banken und Versicherern. Insgesamt sind Aktien im Vergleich zu Anleihen weiterhin deutlich übergewichtet. Die Bargeldquote bleibt auf einem sehr niedrigen Niveau von 3,9 %, was dem geringsten Wert seit Juni 2021 entspricht.

Niedrige Cash-Quote als Warnsignal?
Diese niedrige Cash-Quote könnte eine Kontraindikation sein. Laut BofA signalisierte ein Unterschreiten der Geldquote auf unter 4 % in der Vergangenheit einen guten Verkaufszeitpunkt. Seit dem Jahr 2011 wurde bereits zwölf Mal dieses Signal ausgelöst. Im Folgemonat gab der globale Aktienindex im Schnitt um jeweils 2,4 % nach, konnte sich aber in der Regel nach wenigen Monaten wieder erholen.

Wachstumserwartungen gedämpft
Die Wachstumserwartungen sind währenddessen gedämpft. Das Gros der Befragten geht von einer sich leicht abschwächenden Konjunktur in den USA und China aus. Negativ könnten sich ein chaotischer Anstieg der US-Anleiherenditen, Leitzinserhöhungen der US-Notenbank Federal Reserve und ein globaler Handelskrieg auswirken. Die Fondsmanager schätzen die Wahrscheinlichkeit für eine Rezession im Jahr 2025 für nur 5 % ein. 50 % der Befragten gehen anhaltend von einem „soft landing“ der Konjunktur aus. 79 % der Experten erwarten von der US-Notenbank in diesem Jahr Leitzinssenkungen, obwohl die Inflationserwartungen wieder nach oben zeigen.

Deutschland sticht positiv hervor
Im Länder-Ranking ist neuerdings Deutschland auf Platz Eins vorgerückt und hat Spanien auf Platz Zwei verwiesen, gefolgt von Italien. Schlusslichter sind Frankreich und Großbritannien. Vergangenes Jahr waren – ähnlich wie in den USA beim S&P 500 – lediglich sieben Unternehmen zu 98 % für die starke Jahresperformance des deutschen Aktienindex DAX verantwortlich, nämlich SAP, Telekom, Allianz, Siemens, Siemens Energy, Münchener Rück und Rheinmetall.

 

 

Aktien-Ausblick: Chancen auch außerhalb der USA

Ein aktueller Kommentar von Christophe Braun, Equity Investment Director bei Capital Group.

(30.01.) Sinkende Zinssätze, starkes Gewinnwachstum und umfassende Innovationen: US-Aktien haben die weltweiten Aktienmärkte in den letzten zehn Jahren dominiert. Mit Blick auf die Zukunft könnten jedoch Europa und die Schwellenländer wieder stärkere Opportunitäten bieten. Zu dieser Erkenntnis kommt Christophe Braun, Equity Investment Director bei Capital Group. Die Gründe dafür sieht er in einem stärker diversifizierten Aktienmarkt sowie in mehreren Branchen, die aufgrund der neuen Realität ein Gewinnwachstum verzeichnen könnten.

„Die US-Aktienmärkte sind mit einer Rallye in das Jahr 2025 gestartet“, sagt Braun. „Sie profitieren weiterhin von dem Schwung nach den US-Wahlen sowie einem Umfeld, das von breitem Wachstum geprägt ist.“ Die Pläne der neuen Administration in den USA könnten jedoch nicht nur für Rücken-, sondern auch für einiges an Gegenwind sorgen. Auf der Habenseite stünden Vorschläge für Steuersenkungen, höhere Verteidigungsausgaben und Deregulierung in einer Reihe von Unternehmenssektoren, darunter Banken, Energie, Luft- und Raumfahrt sowie Gesundheitsunternehmen.

„Andere Maßnahmen stellen für bestimmte Branchen eine Herausforderung dar“, so der Experte. „Die geplanten Zölle könnten langwierige Handelskonflikte mit wichtigen Handelspartnern auslösen und möglicherweise die Inflation wieder anheizen.“

Europäische Opportunitäten trotz schwachem Wachstum
Auch deshalb lohne sich ein Blick auf den europäischen Kontinent. Zwar leide die Region unter dem Krieg in der Ukraine, den hohen Energiepreisen und der engen Bindung an Chinas schleppende Wirtschaft, doch „die europäischen Unternehmen sind nicht gänzlich von der Gesundheit der heimischen Wirtschaft abhängig“, erläutert Braun. „Viele europäische Unternehmen haben globale Ertragsströme, die von einem starken säkularen Rückenwind profitieren.“

Globale Trends hätten den Grundstein für einen Investitionssuperzyklus gelegt, der Chancen für wendige europäische Industrieunternehmen eröffne. So liege beispielsweise der Flugverkehr heute über dem Niveau von vor der Corona-Pandemie, was die Nachfrage nach neuen Verkehrsflugzeugen antreibe. Airbus, einer von nur zwei großen Flugzeugherstellern weltweit, habe einen Auftragsbestand, der sich über ein Jahrzehnt erstrecke. Im Bauwesen hingegen biete die wachsende Vorliebe für langlebige Materialien, die die Energieeffizienz steigern und die Kosten senken. „Diese Trends stellen Investitionsmöglichkeiten dar, die sich über mehrere Jahrzehnte erstrecken, und wir befinden uns erst am Anfang“, resümiert Braun hinsichtlich der Potenziale des alten Kontinents. „In Europa gibt es einige große Industrieunternehmen, die in Bereichen Fuß fassen, die für ein langfristiges globales Wachstum reif sind.“

Schwellenländer profitieren von Diversifizierung
Das Wirtschaftswachstum in China sei weiterhin ausgesprochen schwach, die Wachstumsraten in anderen asiatischen Ländern sähen allerdings viel gesünder aus. „Dies könnte am ‚China-plus-One-Effekt‘ liegen, bei dem Unternehmen ihre Abhängigkeit von Lieferketten aus einer Hand verringert und ihre Produktionsstätten von China weg diversifiziert haben“, erläutert Braun. Dieser Trend könne einen neuen Schub bekommen, je nachdem, wie sich die Zölle unter der Trump-Regierung entwickeln. Während sich die ersten Diskussionen über die drohenden Zölle auf die negativen Auswirkungen konzentrieren würden, könnten die ASEAN-Staaten zu den möglichen Nutznießern gehören.

„Mehrere dieser südasiatischen Länder haben während und seit der ersten Trump-Regierung positive Auswirkungen des ‚Handelskriegs 1.0‘ erlebt“, so Braun. „Nach unseren Berechnungen ist der Anteil der ASEAN-Staaten an den US-Exporten seit 2018 um vier Prozent gestiegen, während der Anteil Chinas um fünf Prozent gesunken ist.“ Derzeit könnten die asiatischen Länder aufgrund der vergleichsweise niedrigeren US-Zollsätze einen größeren Kostenvorteil gegenüber China genießen: bis zu 60 % für China gegenüber 10-20 % für die ASEAN-Länder, wobei diese Zahlen noch bestätigt werden müssten.

In der Zwischenzeit gebe es nur wenige Alternativen für die Produktion außerhalb der ASEAN-Länder und Chinas. Der Anteil Chinas an den US-Importen von Produkten wie Telefonen und Kleidung liege immer noch bei über 25 %, was bedeute, dass die ASEAN-Länder noch Wachstumspotenzial hätten, wenn die USA eine härtere Gangart gegenüber China einlegen sollten.

Mexiko und Indien hinken hinterher
„Zwar haben auch Mexiko und Indien Anteile an den US-Ausfuhren übernommen, doch sind die Fortschritte im Vergleich zu den ASEAN-Ländern aufgrund von Standort- und kulturellen Nachteilen langsamer“, resümiert der Investment Director. „Es ist jedoch zu erwarten, dass ein ‚China plus One 2.0‘ langsamer und mit milderen Auswirkungen als in der Anfangsphase verlaufen wird.“

In den letzten Jahren habe sich das US-Handelsdefizit mit den ASEAN-Staaten erheblich vergrößert: Im schlimmsten Fall könne dies bedeuten, dass diese Länder mit höheren Zöllen belegt werden, im besten Fall, dass es zu langwierigen Handelsverhandlungen mit anhaltender Unsicherheit kommt.

 

 

Bitcoin: Vorsicht muss bleiben.

Eine Industrie findet ihren Weg in den Finanzmarkt. (22.01.)

Florian Beckermann. Viele Mitglieder des IVA haben eine grundsätzlich kritische Haltung zu Kryptowährungen. Nicht wenige teilen die Ansicht, dass deren Existenz die globale Nachfrage nach Geldwäsche widerspiegelt. Doch seit 15 Jahren beschäftigt sich Investorenszene mehr oder weniger zumindest mit der populärsten Kryptowährung Bitcoin. Mit der Zulassung eines börsengehandelten GoldmanSachs-ETFs bei der SEC im vergangenen Jahr erreicht sie einen Massenmarkt. Nicht zuletzt der Hype, den US-Präsident Donald Trump um die Währung entfachte, führte zu einem fulminanten Anstieg über 100.000 E im Wechselkurs. Wobei ein eigenes Interesse an der Wirksamkeit seines Memecoins hinzugedacht werden muss – ob seine Euphorie darüber hinaus positiv anhält, ist unklar. Jedenfalls nutzen viele Dienstleister diesen Boom für sich. Eine Industrie findet ihren Weg in den Finanzmarkt.

Der Erfolg hat viele Gründe: Neben dem politischen Rückenwind kommt seit Jahren ein Vertrauensverlust gegenüber der traditionellen Investmentindustrie den Kryptos entgegen. Die unübersichtliche Marktsituation der üblichen Inflationssicherungsinstrumente z. B. Gold, trägt dazu bei. Alternativen sind gefragt. So mischt sich bei vielen Anlegern stetig und interessiert Bitcoin ins Portfolio. Die Negierung von Krypto durch Anleger lässt mithin nach, man will dabei sein. Zuweilen auch nur in geringem Ausmaß. Weniger Gier, mehr Interesse scheint die Motivation zu beeinflussen.

Kritische Haltung ist weiter notwendig:
Es ist nicht zu vernachlässigen, dass insbesondere Bitcoin für die größten Finanzskandale der jüngeren Vergangenheit gesorgt hat. Die Milliardenpleite der Plattform FTX unter der Führung von Sam Bankman-Fried ist allen noch in Erinnerung – Bitcoin Tiefstkurs rund 17.000 E.

Des Weiteren steigt die kriminelle Energie mit steigendem Wert parallel. Milliarden in der Digitalwährung verschwinden jedes Jahr. Den Opfern ist es oft zu peinlich, eine Anzeige zu erstatten. Hunderte Millionen Dollar in Kryptowährungen werden weiterhin als Lösegeld für kriminelle Hackerattacken jährlich gezahlt – von illegalen Aktivitäten im Darknet ganz zu schweigen. Nur mit höchsten Compliance-Standards kann hier eine Legalitätszone geschaffen werden, die letztlich eine Etablierung dauerhaft ermöglicht.

Kapital heißt Verantwortung: In diesem Sinne muss sich jeder Investor überlegen, wem es nützt, wenn man nicht-staatliche Währungen bzw. Zahlungsformen unterstützt und westlich-geprägte, globale Leitwährungen erodiert? Dies ist alles zusätzlich zum Kursrisiko zu bedenken. Bekanntermaßen kein unpolitisches Kursrisiko, weitgehend losgelöst von wirtschaftlichen Prämissen. Natürlich ist in jeder Anlageform ein Risiko enthalten. Innovation inkludiert oft ein erhöhtes Risiko. Insbesondere rein künstliche Formen bedingen eine erhöhte Abhängigkeit. Die entsprechende Risikoabwägung, ja der Spekulationswille, sollte weiterhin die Beträge des Investments bestimmen.

Autor Florian Beckermann ist Vorstand des IVA – Interessensverband für Anleger

 

 

Postings für den guten Ruf

Der hohe Aufwand zeigt die Bedeutung von Social-Media für Unternehmen.

Christian Sec. Ein Blick auf die Social-Media-Kanäle der Unternehmen zeigt vielerorts einen Fokus auf Employer Branding. In einem ihrer letzten Postings auf Instagram zeigt die Strabag eine Fotoreihe eines Pilotprojekts, bei dem zwölf Lehrlinge eigenständig ein Reihenhaus aus Ziegeln bauen. Andere aktuelle Postings auf Instagram stellen Mitarbeiter vor, die einen Einblick in ihre Jobs geben. Gegenüber dem Interessenverband für Anleger (IVA) anlässlich der Hauptversammlung 2024 erklärt die Strabag, dass aufgrund des anhaltenden Fachkräftemangels die Social-Media-Aktivitäten durch diverse Zielgruppenkampagnen ausgeweitet wurden. Insgesamt unterstützten acht Vollzeitäquivalente die Social-Media-Aktivitäten im Geschäftsjahr 2023. Die Strabag ist auf allen relevanten Social-Media-Kanälen vertreten. LinkedIn hat dabei mit mehr als 290.000 Followern den größten Stellenwert.

Dies gilt auch für die OMV. Der Mineralölkonzern hat auf LinkedIn rund 230.000 Follower, auf Instagram z. B. lediglich 15.000. Die OMV will mit dem Social-Media-Auftritt die Sichtbarkeit der Marke erhöhen und die Interaktion mit der Community fördern, erklärt das Unternehmen gegenüber dem Börsen-Kurier. Im Geschäftsjahr 2023 kümmerten sich zwei Personen um die Social-Media-Belange des Unternehmens (1,6 Vollzeitäquivalente), wie der Konzern gegenüber dem IVA bekanntgab. Die OMV setzt in seiner Social-Media-Kommunikation vor allem darauf, sich als Vordenker im Energiesektor zu zeigen.

LinkedIn dominiert
Die dominante Stellung von LinkedIn als Kommunikations-Tool der Unternehmen erklärt Claudia Hajdinyak, Head of Corporate Communications bei Wienerberger, folgendermaßen: „LinkedIn ermöglicht es uns, authentisch und zielgruppengerecht mit einem globalen Publikum zu kommunizieren. Daher bleibt die Plattform ein zentraler Bestandteil der Kommunikationsstrategie, heute und in Zukunft.“ Die Social-Media-Aktivitäten werden vor allem in den Bereichen Vertrieb, Marketing und Personal integriert, erklärt Hajdinyak. 28.000 Follower hat der Baustoffanbieter auf LinkedIn. 20.000 sind es auf Facebook und rund 21.700 Abonnenten verfolgen die Aktivitäten von Wienerberger auf YouTube.

Die Ziele auf den einzelnen Kanälen sind unterschiedlich – je nach Plattform, erklärt ein Erste-Group-Sprecher in einer früheren Anfrage des Börsen-Kurier. Grundsätzlich kann man sagen, dass LinkedIn eine B2B-Plattform darstellt, während Instagram und Facebook die Endkunden ansprechen sollen. So läuft die neue „#glaubandich“-Kampagne, die die emotionale Bindung zwischen Vater und Sohn thematisiert nicht nur als TV-Spot, sondern wird auch auf YouTube, Instagram und Facebook verbreitet. Um auch das junge Publikum anzusprechen, ist die Erste Bank Sparkasse auch auf TikTok aktiv und hat dort bereits über 25.000 Follower.

Externe Hilfe
Für die Uniqa ist Social Media jedenfalls ein wichtiger Bestandteil zur Förderung der Markenbekanntheit und Kundenbindung. Die Uniqa beschäftigt ein vierköpfiges Team, das sich ausschließlich um die Entwicklung und Umsetzung von Social-Media-Strategien kümmert. Bei einzelnen Projekten kooperiert der Versicherer auch mit externen Agenturen, die bei der Konzeption, Umsetzung und Optimierung von Kampagnen unterstützen.

Die Ausgaben für den Zukauf externer Expertise variieren stark. Bei Andritz betrugen diese gruppenweit für 2023 rund 400.000 Euro, bei Wienerberger waren es vor zwei Jahren lediglich 18.000 Euro. Die Ausgaben für externe Kosten bei der Voestalpine beliefen sich im Jahr 2023 auf etwa 530.000 Euro, wie die Umfrage der IVA aus dem Vorjahr zeigt.

Foto: Pixabay / AzamKamolov

 

 

Geht es im Jahr der Schlange aufwärts?

Am chinesischen Neujahrstag, dem 29. Jänner, beginnt das „Jahr der Schlange“.

Tibor Pásztory. Aus diesem Anlass machen wir uns Gedanken über die chinesische Wirtschaft. Das Verhältnis China-USA wirkt sich auch auf Europa aus und wird so zum Dreiecksverhältnis. Da-rüber hinaus hat China auch auf seinem Binnenmarkt mit Problemen zu kämpfen, insbesondere dem Immobilienmarkt und einer zurückhaltenden Konsumnachfrage.

Schon seit Jahren weist der Börsen-Kurier darauf hin, dass Bäume nicht in den Himmel wachsen, auch nicht in China. Zweistellige Wachstumsraten p.a. kann es nicht ewig geben. Heute wäre die chinesische Regierung schon mit 5 % p.a. zufrieden. Der Börsen-Kurier steht mit dieser Meinung nicht alleine da: Auch Hans Selleslagh, Österreich-Sprecher von Freedom24, der europäischen Tochtergesellschaft, der an der Nasdaq notierten internationalen Investmentgruppe Freedom Holding Corp., die weltweit rund 555.000 Kunden betreut und über eine Marktkapitalisierung von sieben Milliarden US-Dollar verfügt, fragt sich, ob im Jahr der Schlange ein Umschwung gelingt.

Hinlänglich bekannt sind die US-Strafzölle auf chinesische Produkte, die derzeit in aller Munde sind. Diese gibt es allerdings schon seit 2007. Auch die Covid-Pandemie hat Spuren hinterlassen. Viele während des Immobilienbooms gebauten Objekte stehen immer noch leer. Es existiert eine hohe Jugendarbeitslosigkeit, und das Wohlstandsgefälle zwischen Stadt und Land steigt. Die Verschuldung der Regionalverwaltungen ist längst zum (öffentlich nicht zugegebenen) Problem geworden. Die Folge ist eine Beinahe-Deflation.

Was für 2025 positiv stimmt
Doch Selleslagh sieht auch Positives: „Jüngste Reformen haben ausländischen Investoren den Einstieg in chinesische A-Shares erleichtert, indem die Schwellenwerte für den Aktienbesitz gesenkt und die Behaltefrist verkürzt wurde.“ Dieser Schritt zeuge von der Entschlossenheit, den Markt zu öffnen und biete Möglichkeiten, ausländisches Kapital zu generieren. Darüber hinaus habe sich die chinesische Regierung der Ankurbelung des Konsums verschrieben, in deren Rahmen 10 Billionen Yuan (1,3 Billionen Euro) in lokale Infrastruktur und den Konsum fließen sollen.

Dies spricht dafür, dass China verstärkt auf seinen Binnenmarkt setzt, angesichts sinkender Nachfrage aus dem Ausland ist dies nachvollziehbar. Anlegern böten sich daher Chancen in Sektoren, die auf die Bedürfnisse der Konsumenten ausgerichtet seien, insbesondere in den Bereichen Technologie, elektronischer Handel und grüne Industrie, meint Selleslagh, wobei das politische Umfeld nicht unbeachtet bleiben sollte. Es gehe daher um eine Balance zwischen vernünftigem Risikomanagement und Wachstumspotenzial.

Asiatische Alternativen
Dass Asien als globaler Konjunkturmotor fungiert, ist nichts Neues. Doch warum muss es immer China sein? Taiwan, führend in der Herstellung von Halbleitern, und der Industriegigant Südkorea sind sowieso in aller Munde. Indien hat China bei der Einwohnerzahl bekanntlich schon überholt und expandiert kräftig. Für die nächsten Jahre werden 6 bis 7 % Wirtschaftswachstum p.a. erwartet. Tech-Startups stehen immer mehr im Fokus internationaler Investoren.

Selleslagh sieht auch Potenzial in Indonesien („reich an Rohstoffen und aufgrund seiner Nickel-Reserven Schlüsselfaktor in der Lieferkette für E-Auto-Batterien“). Thailand wiederum verfüge über gut entwickelte Produktionsstätten im Bereich der Auto- und Elektronikindustrie. Auch der Tourismus-Sektor erhole sich gut.

Foto: AdobeStock / Grafingator (KI generiert)

 

 

War Globalisierung gestern?

Zuerst der Pandemie-Schock und nun droht ein erneuter Zollkonflikt.

Michael Kordovsky. Das Freihandelsabkommen GATT ermöglichte, dass von 1995 bis 2023 das Welthandelsvolumen und der Wert des globalen Handelsumsatzes um jeweils 4 bzw. 5 % p.a. expandierten, wobei die WTO die Durchschnittszölle zuletzt mit 9 % quantifizierte. Doch in den vergangenen Jahren gab es zunehmend Bremsklötze für den Welthandel. Die Schutzzoll-Politik Donald Trumps führte 2019 dazu, dass der Welthandel um 2,5 % schrumpfte.

2020 kam noch die Pandemie hinzu – mit der Folge einer weiteren Schrumpfung um 7,5 %, gefolgt von einer kräftigen Erholung und einer Konsolidierung 2023. Die Pandemie führte immer wieder zu Lieferkettenunterbrechungen. Als Gegenmaßnahmen optimierten Unternehmen ihre Lieferketten und bauten höhere Lagerbestände auf, was eine kräftige Erholung befeuerte. Ab 2023 war dann der Abbau der hohen Lagerbestände die Herausforderung – eine Entwicklung, die auch noch das Jahr 2024 prägte und aus europäischer Perspektive wie folgt aussieht:

Exportschwäche und rückläufige Importe in Europa
Im Zeitraum Jänner bis November 2024 waren die Extra-Warenausfuhren der EU, also Exporte in Drittländer, wie z. B. die USA oder China, mit einem minimalen Wachstum gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres nahe der Stagnation. Ihr Wert stieg lediglich um 0,8 % auf 2,37 Milliarden Euro – ein Wert, der rund 14 % des EU-BIP im Jahr 2023 entspricht. Die Extra-EU-Einfuhren waren hingegen bereits um 4,2 % auf 2,23 Milliarden Euro rückläufig. Noch stärker ausgeprägt waren diese Tendenzen im Euroraum mit einem Extraausfuhr-Wachstum von nur noch 0,3 % und einem Rückgang der Extra-Einfuhren um 4,3 %, was auf den Abbau hoher Lagerbestände eines in der Rezession befindlichen Industriesektors zurückzuführen ist.

Im November 2024 entwickelten sich dann sowohl die Extra-Ausfuhren der EU als auch des Euroraums mit je 1,2 bzw. 1,6 % negativ. Aufgrund der schwachen Konjunktur in Europa war auch der EU-Binnenhandel bzw. der Intra-EU-Handel in den ersten elf Monaten 2024 um 2,6 % rückläufig. Dieser Rückgang hat sich im November 2024 gegenüber dem Vorjahresmonat sogar auf 5,4 % beschleunigt.

Betrachtet man die EU-Ausfuhren im November nach Ländern, so waren diese nach China, Brasilien und Großbritannien um jeweils 12,8 %, 6,8 % bzw. 4,3 % rückläufig. Die Exporte in die USA stiegen nur noch um 1,6 % auf 46,8 Milliarden Euro. Der wichtige US-Markt könnte sich aber infolge neuer Schutzzölle durch die Trump-Administration zukünftig sogar rückläufig entwickeln.

Zollkonflikt kostet Wirtschaftswachstum
Was zukünftige Schutzzölle bedeuten könnten, hat bereits im Oktober 2024 das Centre d’études prospectives et d’informations internationales (CEPII), ein französisches Forschungsinstitut für internationale Wirtschaft, errechnet: Im zentralen Szenario werden die US-Zölle auf alle Produkte aus allen Ländern außer Kanada und Mexiko um 10 %-Punkte erhöht, während die USA die Zölle auf Einfuhren aus China um 60 %-Punkte anheben. Alle Handelspartner der USA ergreifen Vergeltungsmaßnahmen: Sie erhöhen die Zölle auf US-Waren um die gleiche Spanne (10 bzw. 60 %-Punkte im Fall von China). Nur Kanada und Mexiko ändern ihre Handelspolitik nicht. Alle diese Zolländerungen erfolgen im Jahr 2025.

Die Folgen: Im Vergleich zum Baseline-Szenario der bisherigen Handelspolitik würde 2030 das globale Exportvolumen um 3,4 % schrumpfen, was 0,5 % weniger Weltwirtschaftsleistung bedeutete. Chinas Exporte in die USA würden vergleichsweise um 80,5 % und die US-Exporte nach China um 58 % einbrechen. Deutschlands Exporte in die USA und nach China würden 2030 um je 12,7 bzw. 6,1 % niedriger sein als im Falle des Status quo.

Dafür würden die deutschen Exporte nach Kanada und Mexiko um 18,3 bzw. 29,7 % höher liegen. Ähnliche Tendenzen würden dann auch für Frankreich gelten, und betrachtet man die restliche EU, dann stehen ebenfalls Rückgänge im US-Geschäft und im China-Export starken Steigerungen in Mexiko (+28,3 %) und Kanada (+13,8 %) gegenüber.

Per Saldo würde das Szenario des CEPII für China und die USA vergleichsweise Exportrückgänge von je 8,9 bzw. 22,9 % und um je 1,3 % weniger Wirtschaftsleistung bedeuten. Deutschlands Exporte hingegen wären nur um 0,6 % (BIP: -0,1 %) rückläufig. Ähnliches gilt auch für Frankreich. Die restliche EU-27 würde bei 0,4 % weniger Ausfuhren 0,1 % des BIP verlieren, weniger sogar als Großbritannien (BIP -0,3 %). Die großen Gewinner wären indessen Kanada (Exporte: +8,3 %; BIP: +1,3 %) und Mexiko (Exporte: +26,1 %; BIP +6,6 %). Ob sich das tatsächlich so zutragen wird, bleibt aber natürlich abzuwarten.

Fazit
Fakt ist, dass die „goldenen Zeiten“ des globalen Handels hinter uns liegen und US-Präsident Trump zu protektionistischen Maßnahmen, sprich Schutzzöllen, neigt. Letztere wären wegen der Gegenzölle kontraproduktiv und würden Handelsvolumen und Wachstum kosten.

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„Ausgezeichneter Zeitpunkt für Immobilienkauf“

Noch gebe es viel Angebot am Markt. Allerdings dämpfe das Zinsniveau die Renditeerwartungen.

Patrick Baldia. In den vergangenen zwei Jahren war die Lust der Österreicher, eine Immobilie zu kaufen, bekanntlich überschaubar. Und angesichts der herausfordernden Rahmenbedingungen mit steigenden Zinsen, verschärften Kreditvergaberichtlinien sowie hoher Inflation und Baukosten sollte das auch nicht verwundern. Zu hoch war die Unsicherheit, wie sich die Kaufpreise weiter entwickeln werden.

Stattdessen boomte die Nachfrage nach Mietwohnungen. Allein im Vorjahr stiegen laut EHL Immobilien die Mietpreise im Durchschnitt um 6,2 bis 7,7 %. Wie eine Analyse von Immoscout 24 aufzeigt, kosteten Mietwohnungen in Wien 2024 19,2 Euro pro Quadratmeter.

Nicht von der Hand zu weisen ist allerdings, dass sich eine positive Wende am Immobilienmarkt abzeichnen dürfte. Bei der s Real verweist man etwa auf die Befreiung von Grundbuch- und Pfandeintragungsgebühr bei privaten Immobilienkäufen, die Einsparungen von bis zu 11.500 Euro ermöglicht, sinkende Zinsen ab der zweiten Jahreshälfte sowie auf die Ankündigung, dass die KIM-Verordnung per 30. Juni 2025 auslaufen wird. Angesichts der „spürbaren Erleichterungen“ würden immer mehr Menschen am Markt aktiv werden bzw. die Anfragen nach Eigentumsimmobilien würden steigen.

„Die Wohnbauproduktion ist weiterhin rückläufig. Daher ist jetzt ein ausgezeichneter Zeitpunkt für einen Immobilienkauf, da es noch viel Angebot am Markt gibt“, sagt Martina Hirsch, Geschäftsführerin der s Real. Die Auswahl an Immobilien sei sogar so groß wie schon lange nicht. Käufer könnten sich ein Investment in Ruhe überlegen und auch der Verhandlungsspielraum bei den Verkäufern sei größer als in der Vergangenheit.

Weitere Mietanstiege erwartet
Ein wesentliches Argument für Anleger: Auf drastisch zurückgehende Mieten deutet in absehbarer Zeit wenig. Vor allem nicht die Kombination aus sinkendem Angebot bei hoher Nachfrage – Stichwort: stark positive Bevölkerungsentwicklung in den heimischen Metropolen. Denn die Bautätigkeit der Entwickler war zuletzt rückläufig und wird angesichts des Rückgangs bei den Baugenehmigungen auch so schnell nicht wieder an Fahrt aufnehmen. Gegenüber dem Börsen-Kurier bestätigen Makler, dass sie sich bei Vermarktungsstarts kaum retten könnten vor Anfragen.

Nachdem im Vorjahr bereits um rund ein Viertel weniger Mietwohnungen fertiggestellt wurden, erwartet man bei EHL Immobilien heuer jedenfalls ein sattes Minus von 60 % gegenüber 2024. Nicht mehr als 1.800 Wohnungen sollen fertig werden. „Diese Entwicklung markiert den stärksten Einbruch in den vergangenen zehn Jahren und bringt den Mietwohnungsmarkt weiter unter Druck“, so das Fazit von EHL Immobilien. Wenig hilfreich ist da, dass auch das Angebot an Bestandsmietwohnungen äußerst überschaubar ist.

Im Eigentumsbereich nimmt neben der Nachfrage im Eigennutzersegment jedenfalls auch die Dynamik am Anlegermarkt zu. „Auch wenn die Option mit dem klassischen Modell samt Vorsteuerabzug derzeit seltener gezogen wird“, so die Experten von EHL Immobilien. Beim Marktführer Remax sieht man die steigende Mietnachfrage zwar als gute Motivation für Anleger, zu investieren, allerdings dämpfe das allgemeine Zinsniveau derzeit die Renditeerwartungen. Auch wären alternative Anlageformen attraktiver. Sehr wohl nachgefragt wären preislich besonders interessante Wohnungen mit Renditen von mehr als 4,5 %.

Worauf sollten Anleger achten? Bei neuwertigen Immobilien sollte die Nettomietrendite bei mindestens 3,5 bis 4 % liegen, empfehlen Experten. Etwas höher sollte sie aufgrund der höheren Instandhaltungskosten und längeren Lebensdauer bei älteren Objekten sein. Ideal für eine attraktive Immobilienrendite ist jedenfalls ein attraktiver Kaufpreis bei einer möglichst hohen – aber noch immer ortsüblichen – Miete. Entscheidend für ansehnliche Mieteinnahmen wären dabei eine gute Lage und Infrastruktur. Damit gehen auch ein geringerer Leerstand und die Chance auf steigende Mieten einher.

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Heikle Standortdebatte: Worauf es wirklich ankommt

Populismus schadet dem Standort; die Debatte darf aber geführt werden. (22.01.)

Florian Beckermann. Wer dieser Tage die Echokammern der österreichischen Wirtschaft belauscht, wird Zeuge einer handfesten Wirtschaftsstandort-Kampagne. Angefangen bei Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung über Thinktanks bis hin zu politischen Parteien sind sich alle einig: Der Standort ist höchst reformbedürftig. Zeitweise gewinnt man das Gefühl, eigentlich gegen die wirtschaftlichen Vorteile eines Standorts in der Wüste Gobi keinerlei Chancen zu haben! Insbesondere die steuerlichen Voraussetzungen, Lohnstückkosten und Bürokratie gelten als schlagende Argumente. Unbestritten handelt es sich um dauerhaft reformbedürftige Themen.

Eine Standortdebatte birgt aber grundsätzliche Nachteile: Neben eigener Rufschädigung tritt eine verstärkte Polarisierung ein. Die Fachebene der Diskussion wird durch umfassenden kurzdenkenden Populismus gestört, Wettbewerbsverzerrung wird in Kauf genommen.

Eine selbsterfüllende Prophezeiung tritt ein: Negative Stimmung, ja Motivationslosigkeit. Soweit die Theorie.

In der Praxis ist es kaum von der Hand zu weisen, dass sich keine zentralasiatischen Unternehmer in Österreichs Industriezonen verirren – auch aus anderen Destinationen blieb der „Ansturm“ aus. Dennoch haben andere europäische Länder mit ähnlichen Voraussetzungen Betriebsansiedlungen sehr erfolgreich erreicht. In Sonderwirtschaftszonen gelangte man beispielsweise in Polen nicht nur auf die Bürokratie-Überholspur, sondern erhielt auch noch langfristige Steuerzuckerl. Vorteile, deren Ernte das Land heute einfährt.

Die Standortqualitäten der Zukunft mögen von solchen Ideen ebenfalls profitieren, ein „Gamechanger“ in Sachen Wettbewerbsvorteil sind sie weniger. Es ist keine Neuigkeit, dass sich die nächste industrielle Revolution durch Automatisierung und künstliche Intelligenz tiefgreifend gegen die Arbeitskraft vieler Menschen stellt. Ein Standort muss daher sein Humankapital für eine resiliente Wirtschaft entwickeln.

Grundsätzlich hat Österreich dazu beste Voraussetzungen, in der Finanzwirtschaft, der hochspezialisierten Industrie, im Tourismus oder der Gesundheitsbranche ist der Faktor Mensch unverzichtbar. Eine hohe Energiequote aus nachhaltigen Quellen kommt vorteilhaft hinzu.

Umgekehrt ist das Österreich von heute leider kaum mehr ein Platz für Menschen mit Kapital, sei es finanziell oder im Knowhow. Es droht immer wieder ein leistungsfeindliches Umfeld zu entstehen – wer riskiert hier noch? Zusätzlich gab man sich allzu lange Zeit mit Mittelklasse-Standortkriterien zufrieden – wen bekommt man dann? Wer also eine zukunftsorientierte Standortdebatte führen möchte, muss hier ansetzen.

Aus Sicht des IVA kommt dabei dem international anerkannten Faktum ein nachhaltig „Sicherer Hafen“ für Kapitalanlage zu sein, überragende Bedeutung zu. Dies schließt einen hohen Qualitätsanspruch an heimische Anlageformen ein. Wenn mit einem nachhaltigen fiskalischen Pragmatismus und Rechtssicherheit, langfristige Planbarkeit entsteht, gewinnt der Standort über die Belange der parteipolitisch gefärbten betriebswirtschaftlichen Deckungsbeitragsdebatte hinaus.

Autor Florian Beckermann ist Vorstand des IVA – Interessensverband für Anleger

 

 

Rendite der US-Treasuries: Signal für Wende am Aktienmarkt?

Ein Kommentar der Experten von Steiermärkische Sparkasse Private Banking.

(17.01.) An den Märkten ist der Blick derzeit auf die steigenden Renditen bzw. die sinkenden Kurse der US-Treasuries gerichtet. Starke Arbeitsmarktdaten und Sorgen über die US-Inflation ließen die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen zuletzt auf den höchsten Stand (ca. 4,7 %) seit April 2024 steigen. Ein Anstieg der 10-jährigen Benchmark-Rendite auf 5 % könnte ein Kaufsignal für Anleihen und eine mögliche Trendumkehr bei Aktien bedeuten, schreiben die Experten der Steiermärkische Sparkasse Private Banking über die aktuelle Lage.

Fokus auf Aktienrisikoprämie
Theoretisch betrachtet könnten die Wertunterschiede zwischen US-Aktien und Anleihen schließlich so groß werden, dass die Anlegerinnen und Anleger ihr Engagement in eher teuren Aktien reduzieren und sich mit Staatsanleihen eindecken. Diese „Aktienrisikoprämie“ gilt als nützlicher Indikator. Sie kann auf verschiedene Weise gemessen werden, ist aber im Wesentlichen die Differenz zwischen der Ertragsrendite des S&P 500 Index und der Rendite 10-jähriger Staatsanleihen. In „normalen“ Zeiten sollte der Wert positiv sein und den Anlegern eine angemessene Prämie für das Halten von Aktien gegenüber „risikofreien“ Staatsanleihen bieten.

Optionenmarkt in Unruhe
Währenddessen macht sich auch am Markt für Futures-Optionen Unruhe breit, wo auf einen weiteren Anstieg der Renditen gewettet wird. Dies spiegelt auch – abseits der aktuellen Wirtschaftsdaten – die Befürchtung wider, dass die Politik der neuen Trump-Regierung das bereits aufgeblähte Haushaltsdefizit erhöhen und die Inflation wiederbeleben wird. Steuersenkungen sind eines von Trumps Wahlversprechen, von denen Verbraucher und Unternehmen insgesamt profitieren dürften. Aber wenn die Steuersenkungen nicht durch Ausgabenkürzungen finanziert werden, werden sie wahrscheinlich das Staatsdefizit erhöhen. Das bedeutet, dass mehr Staatsanleihen den Markt überschwemmen, um die Ausgabenlücke zu schließen, was die Zinssätze in die Höhe treibt. Auch sind die Marktteilnehmer zunehmend besorgt über sein Versprechen, weitreichende Zölle auf Importe zu erheben, ein Schritt, der ebenso als inflationär angesehen wird.

Wohin steuert die US-Inflation?
Dazu passt die jüngst bekannt gewordene Zusammenfassung des Protokolls der Dezember-Sitzung der US-Notenbank Fed, das auf eine ernste Besorgnis über die Inflation hindeutete. Die Zusammenfassung des Treffens enthielt mindestens vier Erwähnungen über die Auswirkungen, die Änderungen in der Einwanderungs- und Handelspolitik auf die US-Wirtschaft haben könnten.

Vorsicht gegenüber Trumps Politik
Seit Trumps Wahlsieg im November hat er Pläne für aggressive Strafzölle gegen China, Mexiko und Kanada sowie die anderen Handelspartner der USA signalisiert. Darüber hinaus will er mehr Deregulierung und Massenabschiebungen vorantreiben. Das Ausmaß der Maßnahmen und insbesondere die Art und Weise, wie sie gesteuert werden, erfordert nach Ansicht der Mitglieder des Federal Open Market Commitee (FOMC, Offenmarkt-Ausschuss) extreme Vorsicht. „Fast alle Teilnehmer waren der Meinung, dass die Aufwärtsrisiken für die Inflationsaussichten zugenommen haben“, heißt es in dem Protokoll. Als Gründe für dieses Urteil nannten die Teilnehmer die jüngsten stärker als erwarteten Inflationsdaten und die wahrscheinlichen Auswirkungen möglicher Änderungen in der Handels- und Einwanderungspolitik. Die FOMC-Mitglieder stimmten laut Protokoll dafür, den Leitzins der Zentralbank auf einen Zielbereich von 4,25 bis 4,5 % zu senken. Sie senkten jedoch auch ihre Prognose für die erwarteten Kürzungen im Jahr 2025. Ging man in der Sitzung von September 2024 noch von 4 Senkungen aus, so dürfte das Tempo deutlich auf bloß zwei Zinsschritte 2025 reduziert werden.

 

 

Anleihen als Alternative zu teuren Aktien

Experten halten 2025 eine Verschiebung von Aktien in Richtung Anleihen für durchaus denkbar.

Patrick Baldia. Hält die starke Performance der großen Aktienmärkte auch 2025 an? Kaum eine Frage dürfte Anleger derzeit wohl mehr beschäftigen. Zumindest in den ersten Wochen des neuen Jahres blieben etwa US-Aktien jedenfalls weiter gefragt. Dahinter steht für Experten das erwartete Gewinnwachstum von rund 14 % und die unternehmensfreundliche Wirtschaftspolitik des 47. US-Präsidenten Donald Trump. Die Rechnung ist relativ einfach: Sollten die angekündigten Steuererleichterungen kommen, dürften die Aktienkurse aufgrund der positiven Auswirkungen auf die Unternehmenskurse weiter steigen.

Nicht von der Hand zu weisen ist allerdings, dass das Sentiment der US-Aktieninvestoren trotz der vermeintlich positiven Ausgangslage keineswegs sehr optimistisch ist, wie die Analysten der Erste Group anmerken. So sei der Anteil an bullish eingestellten Anlegern zuletzt auf das „moderate Niveau“ von 35,1 % gesunken. „Sollte es bei den Fundamentaldaten oder der Stimmung zu einem abrupten Umschwung kommen, droht jedoch eine Anpassung der Bewertungen“, warnt auch Chris Iggo, CIO Core Investments bei AXA Investment Managers. Nachsatz: „Als eine der größten Überraschungen des Jahres 2025 ist eine rasche Verschiebung von Aktien in Richtung Anleihen durchaus denkbar.“

„Bei den derzeitigen Renditeniveaus stellen Anleihen eine echte Alternative zu den hohen Bewertungen des Aktienmarktes“, sagt Thomas Kirchmair, Head of Global Rates bei Swisscanto. Der Experte verweist darauf, dass in den vergangenen Wochen Befürchtungen über eine inflationäre Finanz- und Wirtschaftspolitik in den USA die weltweiten Renditen in die Höhe getrieben hätte. „Unseres Erachtens könnte dieser ‚Trump-Trade‘ dazu führen, dass es sich mittelfristig lohnt, auf dem aktuellen Niveau in den Markt einzusteigen und Zinsrisiken aufzubauen“, so Kirchmair.

Höhere Volatilität erwartet
Tilmann Galler
, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management, erwartet, dass die größere Schuldenaufnahme in den USA zu höherer Volatilität bei Anleihen sorgen dürfte. Renditen und Kupons seien aber insgesamt hoch genug, um einen stärkeren Puffer bei möglichen Kulturschocks zu bekommen. Als „Stabilisator“ empfiehlt J.P.-Morgan-Experte Galler Anleihen aus dem qualitativ hochwertigen Bereich. Da die EZB die Zinsen deutlich mehr senken könne als die Fed, sieht er europäische Bonds klar besser unterstützt als Papiere aus den USA. „Allerdings muss man in Europa auch zwischen den einzelnen Ländern differenzieren“, erklärt Galler. So dürfte etwa die Lage in Frankreich schwierig bleiben, während Bundesanleihen ein sicherer Anker sein könnten.

Bei der Erste Asset Management sieht man auch Chancen bei Unternehmensanleihen. „Dass die Zinsen auch heuer weiter zurückgehen sollten, auch wenn viel-leicht nicht so schnell wie erwartet, ist sehr positiv für Corporate Bonds und vor allem für High- Yield-Papiere“, erklärt Produktmanager Mario Kaudela im Gespräch mit dem Börsen-Kurier.

Um dies zu unterstreichen lanciert die Erste Asset Management zu Jahresbeginn mit dem „Erste Laufzeitfonds Hochzins 2028 II“ und dem „Erste Laufzeitfonds Hochzins 2030“ zwei neue einschlägige, in Euro denominierte, Fonds.

Die neuen Laufzeitfonds können jedenfalls bis zu 40 % in Investment-Grade-Anleihen investieren. Typischerweise werde der Anteil bei 20 bis 30 % liegen, so Kaudela. Auch das Investment-Grade-Segment sehe man positiv bzw. erwarte im Idealfall eine annähernd ähnliche Entwicklung für 2024 – allerdings bei höherer Volatilität. „Investment-Grade-Unternehmen profitieren ebenso wie High-Yield-Unternehmen von Zins-senkungen, aber der Effekt ist oft weniger ausgeprägt, da ihre Kreditkosten bereits relativ niedrig sind und sie längere Laufzeiten für ihre Anleihen haben.“

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Weshalb Europas Hochzinsmarkt Chancen bietet

Die Zinsen dürften weiter sinken, die Firmen-Bilanzen sind großteils solide, meinen Experten.

Raja Korinek. Der Start in das neue Börsenjahr wird von vielen Unsicherheiten geprägt, so etwa vom Amtsantritt Donald Trumps und seinen geplanten Zöllen. Werner Krämer, Geschäftsführer und Ökonom bei Lazard Asset Management (AM) Deutschland, lieferte eine Prognose im Rahmen der Präsentation „Mehrrendite mit High-Yield-Anleihen auch 2025?“. Der Börsen-Kurier war dabei.

Krämer verweist auf weitere Vorhaben Trumps, so etwa auf mögliche Steuersenkungen und die Frage der Gegenfinanzierung. Letzt-endlich könnte das Budgetdefizit damit steigen, dass ohnedies sehr hoch sei. Ebenso abzuwarten seien die Pläne zur geplanten Deregulierung etwa im Bankensektor, während der Energiesektor verstärkt gefördert werden soll.

Kurzfristiger Konjunkturaufwind
Zahlreiche der geplanten Maßnahmen dürften Krämer zufolge jedoch auch einen starken Impuls auf die US-Konjunktur haben – damit aber auch zu einer höheren Inflation sowie einem steigenden US-Dollar führen.

In Europa dürfte sich ein gegenteiliges Bild abzeichnen. Dort sollte dem Lazard-AM-Experten zufolge die Inflation sinken, auch da das Wirtschaftswachstum unter Druck geraten könnte. Die Folgen für die Geldpolitik? In den USA könnte die FED von weiteren Zinssenkungen zunächst absehen, in der Eurozone dürfte eine rückläufige Inflation der EZB Spielraum für weitere Senkungen eröffnen.

In diesem Zusammenhang lohnt sich der Blick auf die Bondmärkte diesseits des Atlantiks. Generell steigen die Kurse bestehender Anleihen in einem Umfeld sinkender Zinsen. Sie sind dann besser verzinst als jene Papiere, die nach der Senkung begeben werden.

Alexia Latorre, Fixed Income-Fondsmanagerin bei Lazard Frères Gestion, geht insbesondere auf den Markt für Euro-Hochzinsanleihen ein und meint, „trotz der bislang allgemein höheren Zinsen sind die Bilanzen bei Unternehmen aus dem High-Yield-Bereich grundsätzlich solide“. Und wie sieht es mit den Ausfallraten aus? Sie lagen zuletzt bei 3,6 % und dürften in gut zwölf Monaten auf rund 3 % sinken. Das sei eine ebenso solide Entwicklung.

Emissionen nehmen wieder zu
Latorre rechnet zudem mit steigenden Emissionen, wodurch sich die Liquidität verbessern werde. Noch vor wenigen Jahren hatten Emittenten sich aufgrund der gestiegenen Zinsen zurückgehalten. Obendrein waren einige Emittenten in das obere Bondsegment, dem Investment-Grade-Bereich aufgestiegen, da sich ihre Bonitäten verbessert hatten. Aufgrund des nunmehr niedrigeren Zinsniveaus und des steigenden Refinanzierungsbedarfs dürfte sich dieser Umstand ändern, konstatiert Latorre. Zudem sind die durchschnittlichen Laufzeiten überschaubar. Sie liegen bei rund vier bis fünf Jahren. Damit kommen Anleger umso rascher an ihr eingesetztes Kapital heran, ein Umstand, der gerade bei Schuldnern mit einer schwächeren Bonität von Vorteil ist.

Doch welche Chancen gibt es? Der „Wellington Euro High Yield Bond Fund“ investiert vor allem in Emittenten aus der Kommunikationsbranche, gefolgt von dem zyklischen Konsum- sowie den Bankensektor. Rund 16 % des Fondvermögens sind derzeit in UK-Emittenten investiert. Und die durchschnittliche Fondsrendite lag zuletzt bei 4,7 %.

Im „Lazard Euro Corp High Yield Fund“ werden Finanztitel außen vorgelassen. Am höchsten werden hingegen Telekom- und Gesundheitstitel gewichtet, gefolgt von Schuldnern aus der Grundstoffindustrie. Die durchschnittliche Rendite lag zuletzt bei rund 5,4 %. Bei beiden Produkten sind Verluste möglich.

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Nur wenig Euphorie wegen Mercosur

Die Auswirkungen des Freihandelsabkommens sind für große Konzerne überschaubar.

Christian Sec. Im Dezember haben die Europäische Union und die vier Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay die langjährigen Verhandlungen zu einem Freihandelsabkommen erfolgreich abgeschlossen. In den nächsten Monaten wird es sich weisen, ob das Abkommen als „EU-only“ eingestuft wird, was bedeutet, dass die alleinige Zuständigkeit für die Ratifizierung des Abkommens bei der EU liegt. Jedenfalls war ursprünglich geplant, den üblichen Weg einzuschlagen, die Ratifizierung den nationalen Parlamenten innerhalb der EU zu überlassen.

Während nun also Anwaltskanzleien über diesem Abkommen brüten, um über die weitere politische Vorgehensweise zu debattieren, sieht die Industriellenvereinigung (IV) den Abschluss der Verhandlungen als historische Einigung. 91 % der Zölle auf europäische Exporte in die Region sollen durch das Abkommen abgebaut werden. Laut EU-Kommission würde das den EU-Unternehmen jährliche Einsparungen von rund 4 Milliarden Euro bringen.

Geringe Auswirkung
Die großen börsennotierten Industrieunternehmen selbst sehen das Mercosur-Abkommen nicht ganz so euphorisch, wie eine Umfrage des Börsen-Kurier-Partners Interessenverband für Anleger (IVA) anlässlich der Hauptversammlungen 2024 ergab. Die großen Betriebe sind meist schon mit Produktionsstätten in Südamerika aktiv und nutzen gleichzeitig Südamerika als Absatzmarkt und sind daher nicht so sehr von Zöllen betroffen.

Die Voestalpine hat im Geschäftsjahr 2023/24 rund 4 % des Konzernumsatzes aus Ländern in Südamerika erwirtschaftet. Diese wurden überwiegend von Voestalpine-Standorten in Südamerika umgesetzt. Nur ein überschaubarer Teil der Geschäftstätigkeit am südamerikanischen Kontinent erfolgte aufgrund von Exporten von europäischen Voestalpine-Standorten, erklärt der Konzern in der Umfrage. Umgekehrt wurden Lieferungen von Standorten der Voest-alpine in Südamerika nach Europa nur in einem geringen Ausmaß getätigt. Demzufolge ist die Voest-alpine direkt nur vereinzelt vom Mercosur-Abkommen betroffen.

Auch Palfinger, das rund 5 % des Umsatzes in Südamerika erwirtschaftet, würde von den wegfallenden Zöllen wenig profitieren, weil der Konzern die Strategie verfolgt, in der Region für die Region zu produzieren (Local-for-Local). Jedoch würde ein Abschluss Palfinger insofern zugutekommen, als damit bessere Rahmenbedingungen für Investitionen und Kooperationen in Mercosur-Staaten die regionale Produktion und Rohstoffbeschaffung erleichtern würden, was sich positiv auf die globale Lieferkette auswirken sollte, wie CEO Andreas Klauser auf Anfrage des Börsen-Kurier erklärt.

Ähnliches gilt für Kapsch TrafficCom. Südamerika ist ein wichtiger Markt für den Mautsystementwickler, vor allem als Wachstumsmarkt. Jedoch hat das Mercosur-Abkommen für den Konzern nur bedingt Auswirkungen, da der Großteil der Wertschöpfungskette innerhalb der Region stattfindet, so das Unternehmen uns gegenüber. Positive Effekte hätte der Zollabbau für den Maschinenbauer Andritz. So meint dieser bei der IVA-Umfrage, dass die Zollerleichterungen die Exporte von Maschinen und Komponenten für Projekte in die Mercosur-Staaten günstiger machen.

Der Holzfaserproduzent Lenzing sieht sich in dieser Umfrage kaum betroffen von dem Abkommen. Auch der Baustoffproduzent Wienerberger hat derzeit keine laufenden Geschäftsaktivitäten in Südamerika und sah die Auswirkungen im vergangenen Jahr noch als nicht wesentlich an.

Der Chip- und Sensorikkonzern ams Osram ist zwar in den Mercosur-Staaten geschäftlich tätig, allerdings spielen diese Märkte für den Gesamtumsatz eine untergeordnete Rolle, wie man gegenüber dem Börsen-Kurier erklärt. So hätte eine endgültige Ratifizierung des Abkommens keine nennenswerten Auswirkungen auf das Geschäft des Konzerns.

Foto: wikimedia / Rr Gimenez

 

 

Welche Reformen sich Wirtschaftstreuhänder wünschen

Philipp Rath, Präsident der Vereinigung österreichischer Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, im Interview.

Marius Perger. Der Börsen-Kurier hat mit Philipp Rath (Foto), Vizepräsident der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sowie Präsident der Vereinigung österreichischer Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (VWT), über aktuelle Herausforderungen für Berater und deren Klienten, Wünsche an die kommende Regierung sowie seine Ziele und Strategien in der Standesvertretung gesprochen.

Ganz großes Thema in der Bilanzsaison 2024 sei die schlechte Wirtschaftslage, betont Rath einleitend. Er befürchtet, dass die Insolvenzwelle weitergehen werde, insbesondere das erste Halbjahr 2025 werde schwierig werden. Zu erwarten seien wieder größere Insolvenzen, wobei es auch Anfechtungen oder Klagen wegen Insolvenzverschleppung seitens der Masseverwalter geben könne. Und bei Fortbestehensprognosen gelte es für Wirtschaftsprüfer vor der Unterschrift besonders aufzupassen. Rath sieht diesen Trend durchaus kritisch: „Die Klagerei hilft niemandem.“ Für Wirtschaftsprüfer und ihre Klienten stelle dies aber eine große Herausforderung dar.

Ein weiteres wichtiges Thema sei die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Zu erwarten sei die Umsetzung der EU-Richtlinie in Österreich jetzt erst im zweiten Quartal. Rath glaubt, dass es nicht zu einer rückwirkenden Anwendung kommen werde, und er hofft, dass im Sinn einer Entbürokratisierung die Regulierung weniger scharf als befürchtet ausfallen werde. Wichtig wäre es für ihn, die Grenzen für die Anwendung langsamer herunterzusetzen und bei 2.000 Mitarbeitern zu beenden: Gerade in der jetzt schwierigen Wirtschaftssituation gehe es für viele Unternehmen auch darum, ob sie sich die umfangreiche Dokumentation leisten können. Rath kritisiert auch die Vielzahl der erhobenen Daten ebenso wie die Scope-3-Bestimmungen (Ermittlung der Emissionen in der Lieferkette, Anm.). Letztere belaste die Wettbewerbsfähigkeit Europas, weil diese Anforderungen in den USA nicht gestellt werden, und Wirtschaftsprüfer würden Zahlen erhalten, die sie nicht überprüfen können.

Weniger herausfordernd sei derzeit die Steuergesetzgebung: Rath rechnet hier vorerst mit keinen großen Umbrüchen, wichtige Änderungen dürfte es frühestens 2026 geben.

Viele Aufgaben für die nächste Regierung
Vor allem sei zu hoffen, dass es bald zu einer Regierungsbildung kommt, so Rath. Die nächste Bunderegierung müsse dann sehr schnell die Gesetzgebung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung abschließen, dabei hoffentlich die Übergangsbestimmungen erleichtern und dafür sorgen, dass es nicht sofort zu Strafen kommt.

Bei Steuern fordert Rath Reduktionen: Mit dem Progressionsanpassungsgesetz sei „ein Stück gelungen“, das sei aber nicht ausreichend: „Es muss mehr passieren bei den Lohnnebenkosten, damit vom Brutto mehr netto bleibt.“ Auch Wirtschafts- und Arbeiterkammer seien hier gefordert: Beide hätten genug Reserven und sollten mit gutem Beispiel vorangehen und die Beiträge senken. Die Kommunalsteuer sollte „ein Stück aufgemacht werden“. Rath wünscht sich dabei ein Splitting: 2,5 % fix und die weiteren 0,5 % im Ermessen der Gemeinden, wodurch es zu einem Wettbewerb der Gemeinden kommen könnte, wie es ihn in anderen Ländern gibt.

Im Bereich der Bürokratie wünscht sich Rath, dass Österreich digitaler wird. Noch immer würden nicht alle Formulare online zur Verfügung stehen und es sollte möglich sein, mehr mit digitaler Signatur zu unterschreiben: „FinanzOnline könnte man besser machen“, und auch Gemeinden und Sozialversicherung sollten sich dies zu Herzen nehmen. Auch Künstliche Intelligenz werde zunehmend eine Rolle spielen: Sie werde einerseits viel Arbeit sparen, andererseits vor allem bei der Prüfung hilfreich sein, „unsystematische Buchungen zu erkennen“.

Darüber hinaus wünscht sich Rath auch eine Reduzierung der Zahl der Kollektivverträge, insbe-sondere sollte hier das Rahmenrecht in ganz Österreich gleich sein. Und schließlich wäre es auch sinnvoll, „den Föderalismus zurückzustutzen“. Rath bleibt allerdings Realist: Zuerst gehe es für die nächste Regierung darum, das Haushaltsdefizit in den Griff zu bekommen, eine Entbürokratisierung sei erst im zweiten oder dritten Jahr zu erwarten.

In der Standesvertretung wartet viel Arbeit
Die Standesvertretung sollte wieder etwas politischer werden, wünscht sich Rath: So sei man zuletzt bei der Gesetzgebung oft nur Zuschauer gewesen, wichtig wäre es, mehr Einfluss zu nehmen. Dabei müsse man Koalitionen mit anderen Interessenvertretungen schmieden und auch – beispiels-weise was die Kollektivverträge betrifft – die Gewerkschaften mitnehmen.

Große Aufgaben gebe es für den Berufsstand im Bereich der Digitalisierung. Wichtig sei es, Unternehmen und Kollegen auf die massiven Änderungen vorzubereiten, die durch die Einführung der e-Rechnung auf sie zukommen. Und Mitarbeiter, die durch die Digitalisierung freigesetzt werden, müssten zu höher qualifizierter, effizienterer und interessanterer Arbeit umgeschult werden.

Eine weitere Herausforderung stelle der Generationenwechsel in den Steuerberatungskanzleien dar. Zu wenige junge Kollegen wären bereit, eine Kanzlei zu übernehmen. Zu den Hauptproblemen zähle es dabei, dass auch eine Kanzlei wie ein Unternehmen geführt werden muss – hier bedürfe es mehr Unterstützung seitens der Kammer, „sonst werden die kleinen Kanzleien aussterben“.

Foto: Marek Knopp

 

 

Pierer Mobility/KTM: Es wird emotional.

Die a.o. HV der Pierer Mobility steht vor der Tür. (15.01.)

Florian Beckermann. Mit der außerordentlichen Hauptversammlung der Pierer Mobility am 27. Jänner findet die Sanierung des Pierer-Imperiums einen vorläufigen Höhepunkt. Eine Kapitalmaßnahme und eine Aufsichtsratswahl sind geplant. Aufgrund der Börsennotiz ein öffentlicher Baustein in einem sonst recht Gerüchte-affinen Verfahren. Die Gefühlslage ist aufgeheizt. Nicht nur dem IVA werden wiederholt Sorgen und Ärger geklagt. Es geht um viel.

Es ist unzweifelhaft, dass der Standort Mattighofen in den letzten Jahrzehnten aufgrund der KTM zu einem Magneten für Know-how geworden ist – mit allen positiven und negativen Effekten. Eine Region hat die Vorteile eines Weltkonzerns gespürt. Lebensentwürfe bauen auf dem Erfolg dieser Unternehmung auf. Ein gewisser Stolz schwingt mit.

Die Kritik am Management reißt nicht ab und wird auf der Hauptversammlung zur Sprache kommen: Warum wurde weiter auf Halde produziert? Warum hat man die Händler vorfinanziert? Warum wurden Qualitätsprobleme nicht erfolgreich beseitigt? Wie passt das alles mit der 2023er Bilanz zusammen? Warum konzentrierte sich die Verantwortung nahezu ausschließlich auf Stefan Pierer? Warum konnte kein Aufsichtsrat Pierer in seinen „Expeditionen“, Leoni/Rosenbauer/IV bremsen? Stichwort: Fokuszeit. Auf mögliche Antworten darf man gespannt sein. Für Emotionen scheint gesorgt.

Zurück zur Tagesordnung, deren Abstimmungsergebnisse aufgrund der mehr als 70 %igen Stimmgewalt der Pierer Bajaj AG eher formal sein werden. Im wirtschaftlichen Mittelpunkt steht die Schaffung von Finanzinstrumenten, wie Wandelschuldverschreibungen oder Genussscheinen mit einem Volumen von bis zu 900 Millionen Euro mit Bezugsrechtsausschluss für die bestehenden Aktionäre. Man erinnert sich an deutlich geringere Notwendigkeiten? Ob diese Summe ausreicht oder überhaupt insgesamt ausgenutzt wird, hängt wesentlich von der Konzerngesamtbetrachtung ab. Eine verlässliche Aussage läßt sich nicht treffen. Der Bezugsrechtsausschluss ärgert, sind doch viele Streubesitzaktionäre interessiert, an der Erholung der Marke KTM mitzuwirken – schade.

Polarisierend wirkt die Nominierung von Stephan Zöchling als Aufsichtsrat für die Pierer Mobility. Dem Ex-Investmentbanker wird Sanierungskompetenz zugeschrieben. Zusammen mit Hans-Peter Haselsteiner kaufte er vor einigen Jahren den Autozulieferer Remus.

Kritischer wiegt jedoch seine Bekanntheit aus seinem Engagement für den sanktionierten russischen Oligarchen Oleg Deripaska und dessen Firmen, sowie seine Nähe zu Siegfried Wolf. Unlängst kaufte er die Abwicklungsreste der russischen Sberbank in Wien. Ferner war er wesentlicher Bestandteil der Struktur „Iliadis“ die Deripaskas Strabag-Anteile mit den RBI-Russland-Anteilen abzutauschen suchte. Dieser Deal wurde nachvollziehbarerweise abgesagt. Eine Klage gegen die großen Raiffeisen-Aktionäre daraus in Höhe von rund 1,9 Milliarden Euro ist in Russland anhängig. Angesichts der unklaren Zukunft des Konzerns ist seine Motivations- und Interessenslage offen.

Autor Florian Beckermann ist Vorstand des IVA – Interessensverband für Anleger

 

Lukrative Wiener Unternehmensanleihen

Heimische Corporate Bonds sind eine gute Anlagealternative.

Michael Kordovsky. Michael Kordovsky. Anleihen von Banken oder von Unternehmen mit starker Marktposition und solider Eigenkapitaldecke oder auch Emissionen von renommierten Immobilienfirmen können derzeit durchaus lukrative Investments darstellen. Ein aktuelles Beispiel ist der „7 % UBM Green Bond 2024-2029“ mit Fälligkeit 29.10.2029, der auf Basis eines Kurses von 93 % (18.12.2024 amtlicher Handel, Corporate Prime, Wiener Börse) eine effektive Rendite bis Fälligkeit von 8,824 % aufweist. Der Immobilienentwickler UBM verfügt über eine Eigenkapitalquote von rund 30 % und könnte in der zweiten Jahreshälfte 2025 wieder schwarze Zahlen schreiben.

Solide Industrieanleihen
Eine defensivere Alternative mit einem Moody‘s Rating von A3 (Ausblick stabil) und einem Fitch Rating von A- (Ausblick stabil) wären Emissionen der OMV: Die „EUR 500,000,000 Fixed Rate Notes due 4 September 2036“ weisen auf Basis eines Kurses von 99,579 % eine effektive Rendite bis Fälligkeit von 3,788 % auf. Die Sicherheit des A-Rating-Bereichs schmälert zwar die Rendite, doch mit dem Staat als Kernaktionär ist die OMV grundsätzlich gut abgesichert.

Eine nachhaltige Möglichkeit bietet die „3,75 % Grüne Anleihe 2024-2029“ der Voestalpine mit Fälligkeit 3.10.2029, deren effektive Rendite bis Fälligkeit aber lediglich bei 3,392 % liegt (Stichtag: 3.1.2025). Dafür ist das Investment relativ sicher, denn die Nettofinanzverschuldung konnte vom Geschäftsjahr 2019/20 bis 2023/24 auf 1,65 Milliarden Euro in etwa halbiert werden. Dieser steht ein Eigenkapital von 7,5 Milliarden Euro gegenüber, woraus eine überschaubare Gearing-Ratio von 22 % resultiert.

Interessant erscheinen auch die „2023-2028 Sustainability-Linked Schuldverschreibungen“ der Wienerberger AG mit Fälligkeit 4.10. 2028 und einem Kupon von 4,875 %, der sich jedoch im Falle der Verfehlung im Vorhinein definierter Nachhaltigkeitsziele ab 4. Oktober 2027 um 0,25 bis zu 75 %-Punkte erhöhen kann. Auf Basis eines Kurses von 104,50 % errechnet sich per 3. Jänner eine effektive Rendite bis Fälligkeit von 3,554 %.

Bankenanleihen mit bis zu mehr als 5 % Rendite
Relativ attraktiv ist die „3,20 % Nachrangige Anleihe“ der Oberbank AG mit Fälligkeit 25.5.2030, die per 3. Jänner bei einem Berechnungskurs von 92,11 % eine effektive Rendite bis Fälligkeit von 4,843 % aufweist. Zwar handelt es sich um eine risikoreichere Nachranganleihe, aber das Institut ist mit einer harten Kernkapitalquote von 17,9 % (per 30.9.2024) gut abgesichert. S&P stuft das langfristige Emittenten-Rating mit A (Ausblick stabil) ein.

Sogar eine Rendite von 5,141 % bei einem Berechnungskurs von 97,45 % (per 3.1.2025) bietet die „4,75 % Nachrangkapital-Schuldverschreibung“ der Hypo Vorarlberg Bank AG mit Fälligkeit 20.12. 2032. Das rentable Institut überzeugt mit einer harten Kernkapitalquote von 16,4 %.

Unser Rat an Anleger
Beim Kauf sollten sich Anlegerinnen und Anleger über die Liquidität, Handelsspannen und Transaktionskosten bei den jeweiligen Papieren erkundigen – und erst dann eine Investmententscheidung treffen.

Foto: AdobeStock / Old Man Stoker (KI)

 

 

Reizvolle Eckdaten für Dublins Börse

Am irischen Handelsplatz notieren attraktive Branchenvertreter.

Roman Steinbauer. Irlands Wirtschaft gab kürzlich einmal mehr ein kräftiges Lebenszeichen von sich. So drehte nach Angaben des Amtes der Zentralstatistik (mit Sitz in der zweitgrößten Stadt Irlands, Cork, Anm.) das BIP bereits im 3. Quartal 2024 annualisiert überraschend stark auf +3,4 %. Nachdem auf der Insel im davorliegenden Zeitabschnitt eine Kontraktion von 1 % zu verzeichnen war, kam das Ausmaß der Wende doch überraschend und stellte im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedstaaten von Mittel- bis Westeuropa den stärksten Wert dar.

An der Börse sorgte dies vorerst für keinen weiteren Auftrieb. Denn nach dem eindrucksvollen Anstieg, der sich von Oktober 2022 bis Juli 2023 erstreckte, pendelte der Irish-ISEQ-20-Aktienindex in Dublin (der Handelsplatz agiert als Tochter der Euronext) seit vergangenem Frühjahr bloß seitwärts. Unter deutlichen Schwankungen zwischen 1.550 und 1.750 Punkten lag das Niveau in der Vorwoche bei 1.640 Punkten.

Unterdurchschnittlicher Preisdruck
Auch die wesentlichen weiteren ökonomischen Eckdaten der grünen Insel präsentieren sich unter-dessen günstig. Der harmonisierte Verbraucherpreisindex (HICP) lag im Dezember noch bei moderaten 1,0 %. Damit erfolgte eine raschere Reduktion der Inflation als dies bei großen europäischen Volkswirtschaften der Fall war, lag der Wert in der zweiten Jahreshälfte 2022 doch noch bei mehr als 9,5 %. Konform dazu stieg während dieses Zeitraums das Konsumentenvertrauen von 42 bis auf

74 Punkte im Vormonat. Seit August ermäßigte sich zudem die Arbeitslosenrate von 4,7 auf 4,1 %.

Wenig Prominenz, dennoch interessante Einzeltitel
Zu den am stärksten gehandelten Titeln an der Börse (Listings bestehen ebenso in Frankfurt) zählen in erster Linie Banken, wie etwa Allied Irish Banks (AIB) und die Bank of Ireland. Hier waren seit Sommer 2022 mit rund 150 bzw. 50 % außerordentliche Kursanstiege zu verzeichnen.

Auffällig war hingegen das Absacken der Notizen der Kingspan Group (Baustoffe) um 23 % seit Mai des Vorjahres, während die Valoren von Kerry (Nahrungsmittel) um 18 % auf 90 Euro anzogen. Einer Hochschaubahn gleichen die Kurse der zuletzt im Aufwind befindlichen Ryanair, die heuer bereits Werte zwischen 14 und 21 Euro ausloteten.

Eine Kursrallye von 0,9 auf nunmehr 2,30 Euro legten binnen zwei Jahren die Anteilscheine der Cairn Homes (Wohnbau) hin, während Dalata Hotels (es werden 49 Hotels unter den Marken Maldron sowie Clayton betrieben, Anm.) lediglich um 10 % stieg.

Investoren sehen aber auch schwächelnde Notizen der Malin Corp. (benannt nach dem nördlichsten Punkt des Landes; Bereich: Life Science/Gesundheit), der Greencote Renewable (Erneuerbare Energien), des Rohstoffkonzerns Kenmare Res. (Mineralien, Titanium) oder der Irish Residental Properties (Wohnungsvermietungen).

Depressiv verhalten sich hingegen die Notizen der Uniphar (Pharma und Medizintechnik). Seit dem Börsengang im Dezember 2021 glitten diese von 4,60 auf knapp 2 Euro ab. Bei der Mincon Group (Bohrköpfe und Komponenten für die Rohstoffindustrie) war wiederum ein Abschlag in diesem Zeitraum von 70 % zu verdauen. Enttäuschung auch für Anleger der Origin Enterprises (ein Dienstleister für die Landwirtschaft): Hier erfolgte binnen 24 Monaten eine Erosion der Bewertung um 35 %.

Foto: Ryanair / Piotr Mitelski Comp

 

 

Uniqa geht mit neuen Strategien in das Jahr 2025

Profitabilitätssteigerungen und „Netto-Null-Emissionen“ stehen dabei im Fokus.

Marius Perger. Mitte Dezember hat die Uniqa Insurance Group ihre neue Strategie „Uniqa 3.0 Growing Impact 2025 – 2028“ präsentiert; zu Beginn dieser Woche wurde diese nun ausgewählten Investoren bei einem Kapitalmarkttag vorgestellt. Der Börsen-Kurier war dabei.

Ziel sei es, Uniqa zu einer hochgradig diversifizierten, attraktiven Dividendenaktie mit einem Prämienwachstum von 5 % p.a., einer jährlichen Wachstumsrate des Gewinns/Aktie von 6 % und einer progressiv steigenden Dividende zu machen, erläuterte Finanz- und Risikovorstand Kurt Svoboda (Foto), der auch den erkrankten CEO Andreas Brandstetter vertrat. Der Fokus solle weiterhin auf Profitabilitätssteigerungen liegen.

In Österreich erwartet der Konzern in den kommenden Jahren der Strategieperiode ein Prämienwachstum von 3 % pro Jahr, das durch das Geschäft im Bereich Schaden/Unfall sowie Gesundheit getrieben sein soll; im internationalen Bereich wird mit einer Steigerung von 8 % gerechnet. Gegenüber den früheren Zielen von „Seeding the Future“ (2021 bis 2024) bedeutet das eine etwas höhere Wachstumserwartung. Weniger ambitioniert zeigt sich Uniqa dagegen nun bei der Combined Ratio (brutto, vor Rückversicherung): Hier geht man jetzt von weniger als 94 % aus, bisher war das Ziel bei unter 92 % gelegen. Und auch beim Return on Equity (ROE) wurden die Ziele leicht nach unten korrigiert: Dieser soll „stabil und nachhaltig“ bei mehr als 12 % liegen, zuvor wollte man mehr als 14 % erreichen. Die nunmehrige Zielsetzung sei realistisch, so Svoboda, nachdem das vorherige Ziel als einziges nicht erreicht wurde. Und: „Wachstum kostet Geld“.

Neben den wirtschaftlichen Zielen hat sich die Uniqa in ihrer neuen Strategie aber auch zum Ziel gesetzt, „beste Dienstleisterin“ und „beste Arbeitgeberin“ zu sein: Gemessen werden soll das an einem Kundenzufriedenheitsindex, einem Mitarbeiterzufriedenheitsindex und einem Engagement-Index.

Uniqa als Investment
Dass sich der Aktienkurs nicht zufriedenstellend entwickelt hat, räumt Svoboda ein, aber: „Wir sehen uns als Dividendentitel“ – mit einer Dividendenrendite von nachhaltig 6 bis 7 %. Schuld an der wenig erfreulichen Kursentwicklung seien zwei Gewinnwarnungen sowie die Tatsache gewesen, dass nicht alle Ziele erreicht wurden.

Attraktiver werden soll die Aktien dank der diversifizierten Erträge und Gewinnströme, wobei in Österreich Stabilität mit Fokus auf Effizienz im Vordergrund steht, im internationalen Bereich beschleunigtes Wachstum (über dem Markt) und Profitabilität. Potenzial gebe es darüber hinaus bei Gesundheitsdienstleistungen abseits der Versicherung. Und schließlich betont Svoboda auch die „robuste Kapitalposition und starke Governance“.

Einem Aktienrückkauf zur Kurspflege erteilt Svoboda dagegen eine Absage: Mit rund 36 % Streubesitz sei man „schon am Limit“.

Wie den größten Risiken begegnet werden soll
Im Rahmen von „Growing Impact“ werde Uniqa aktives Finanz- und Risikomanagement betreiben, wobei drei wichtige Aspekte in die Strategie eingebettet sind: Zinsen, Inflation und Naturkatastrophen.

Was Zinsen betrifft, bleibe der Ausblick unsicher, so Svoboda. Und weil Uniqa, aufgrund des großen Anteils der Kranken- und Lebensversicherung „seit jeher sehr zinssensitiv“ sei, gewinne Asset-Liability-Management („Matchen“ von Aktiv- und Passivseite der Bilanz) zunehmend an Bedeutung. Auswirkungen der Inflation wie-derum habe man durch aktives Management mindern können. Während in Österreich 98 % der Verträge indexangepasst sind und über eine lange Laufzeit verfügen, dominieren in den internationalen Märkten Ein-Jahres-Verträge und dynamische Preisgestaltung.

Der zunehmenden Häufigkeit von Naturkatastrophen sei man mit der Gründung des Rückversicherers „Uniqa Re“ bereits im Jahr 2003 begegnet; seit 2023 werden auch Rückversicherungsverträge für Dritte gezeichnet.

Klimatransition: Netto-Null bis 2050
Als nach eigenen Worten bisher einzige österreichische Versicherung hat die Uniqa ebenfalls im Dezember einen Plan vorgelegt, um bis 2040 in Österreich und bis 2050 im Gesamtkonzern „Netto-Null-Emissionen“ im Versicherungsgeschäft und der eigenen Betriebsführung und bis 2050 auch in der Veranlagung zu erreichen. Netto-Null bedeute nicht „Klimaneutralität“, da diese nicht erreichbar sei, erklärte Martin Zenker, Head of Group ESG Office der Uniqa. Es handle sich um die bestmögliche Reduktion der operativen CO2-Emissionen auf null oder ein Restniveau, das mit dem Pariser 1,5-Grad-Ziel kompatibel ist, sowie eine Neutralisierung aller Restemissionen mittels „Carbon Removals“ wie zum Beispiel Moor-Renaturierung oder CO2-Capture.

Die weitaus größte Wirkung gebe es für die Uniqa dabei im Bereich der Veranlagung, wo man 2020 mit dem Ausstieg aus der fossilen Energieversorgung begonnen habe. Dabei verfolge man eine „Phase-out-Strategie“ (Auslaufenlassen, Anm.) und es werden keine neuen Investments mehr getätigt. Mit Unternehmen, die bereit sind, ihr Geschäftsmodell zu transformieren, wolle man „den Weg gemeinsam gehen“.

Ab 2030 sollen dann die Investments verkauft werden, 2030 ist der Ausstieg aus Kohle und Öl geplant, 2035 jener aus Gas und den (sehr geringen) Nuklear-Assets. Es gehe dabei auch darum, das Risiko von „stranded investments“ (umwelt- oder klimabezogener Werteverfall von Assets, Anm.) zu vermeiden. Parallel dazu soll der Anteil der Sustainable Investments steigen, der derzeit bei zehn Prozent des Investmentportfolios liegt.

Auch für den Bereich des Versicherungsgeschäfts gibt es eine klare Zielsetzung. Bereits seit 2019 zeichnet die Uniqa kein Neugeschäft in Kohle mehr, seit 2024 keines in Öl und ab heuer auch keines in Erdgas. Ab 2030 will man nicht mehr in Kohle und Öl, ab 2035 auch nicht mehr in Erdgas tätig sein. Um dies zu erreichen, unterstütze man bestehende Unternehmenskunden bei der Transformation ihrer Geschäftsmodelle „aktiv mit Maßnahmen“, so Zenker.

Schließlich biete aber auch die Betriebsökologie Möglichkeiten zur Erreichung des Netto-Null-Zieles. So will man beispielsweise bis 2030 die Firmenflotte auf E-Autos umgestellt haben (bereits jetzt werden nur noch E-Autos angeschafft) und bis 2035 aus Öl- und Gasheizungen aussteigen.

Foto: Börsen-Kurier / Marius Perger

 

 

Signa-Stiftung: Peschorns Nadelstiche

Fall Benko: Gefahr für Brandmauer bei Stiftungen ist große. (09.01.)

Florian Beckermann. Der Präsident der Finanzprokuratur Wolfgang Peschorn wirkt erfreulich spaßbefreit. Beruhigend nüchtern konzentriert er sich auf seine Aufgabe, der „Anwalt des Staates“ zu sein. In seiner Tätigkeit erlangte er in den vergangenen Monaten besondere öffentliche Aufmerksamkeit, indem er die geplante Insolvenzstruktur der Eigenverwaltung des Signa-Imperiums juristisch zerschoss. Pointiert nutzte er das kleine Kaliber, von einigen hunderttausend Euro Steuerschuld, um das Sanierungs-Gewurschtl zu beenden. Gewurschtl? Dieser Eindruck muss entstehen, wenn der Schuldner offensichtlich genüssliche Bootstouren unternimmt oder seine menschliche Macht mit einem Jagd-Foto untermauert – ohne René Benko wäre Georg Dornauers Ausflugserinnerung mit Traditionskopfbedeckung weit weniger „wichtig“ gewesen.

Längst kocht die Seele vieler anderer Insolventer, Gläubigervertreter und Bürger, die keine Lust auf Einserschmäh haben. Eine glaubhafte Transparenz erreichte man so nicht. Nicht zuletzt muss hinterfragt werden, ob es sich um bloßes Unvermögen des Masseverwalters handelt oder der gesetzliche Spielraum einfach missbraucht wird. Vermutlich beides. Bei Letzterem setzt Peschorn an und fordert Transparenz aus Benkos „Laura-Privatstiftung“-Dunstkreis, ja es müsse auch eine Art Konzernhaftung durch die involvierten Personen „fingiert“ werden. Er sieht juristische Ansätze. Dahinter entfaltet sich ein spannendes und gewagtes Infragestellen mit der Konstitution des Privatstiftungssystems in Österreich.

Seit Jahrzehnten hat sich die Rechtsform Privatstiftung und die ähnliche Struktur in Lichtenstein zu einem formidablen „sicheren Hafen“ für Kapital entwickelt. Kapital, welches hinter der Brandmauer der Stiftung gebunkert wurde, galt gemeinhin als fast unangreifbar. Extrem wenige nachteilige Einzelfälle bestätigen das Erfolgsmodell. Jedoch bröseln auch die sichersten Rechtskonstruktionen, wenn persönliche Haftungsfragen ausexekutiert werden. Kaum ein seriöser Beobachter glaubt, dass Benko vor der Insolvenz nicht die Zentralgestalt seiner mannigfaltigen Strukturen gewesen ist. Nach der Insolvenz mag er wohl auch weiterhin zentraler Nutznießer der Privatstiftungen sein. Eine mehr als schiefe Gesamtoptik entsteht: Ist eine eventuell auf Missbrauch und Umgehung angelegte Struktur schutzwürdig? Ob man persönlich dafür haften möchte, ist klärungsbedürftig.

Die große Mehrheit der Privatstiftungen und deren Anleger hat ein großes Interesse daran, langfristig Rechts- und Planungssicherheit zu erlangen. Viele Stiftungsvorstände leisten gute Arbeit und sichern Industriebetriebe, Vermögen und Arbeitsplätze nachhaltig in Österreich. Privatstiftungen sind mithin ein wichtiges Element der heimischen Finanzwirtschaft.

Wenn nun die Brandmauer aus nachvollziehbaren ethischen Gründen aufgeweicht wird, so ist größte Vorsicht geboten. Denn gerade diese recht solide Ausgestaltung der Rechtsform macht ihren Charme aus. Das berechtigte Transparenzerfordernis läuft Gefahr, ins Fahrwasser der „Beliebigkeit“ zu geraten. Diese Entwicklung gilt es jedenfalls zu verhindern.

Autor Florian Beckermann ist Vorstand des IVA – Interessensverband für Anleger

 

Globales Wachstum hängt stark von Spendierfreudigkeit der US-Haushalte ab

Ein Kommentar von Guy Wagner von BLI – Banque de Luxembourg Investments

(07.01.) Kurz vor der Amtseinführung von Donald Trump als 47. Präsident der Vereinigten Staaten hängt das globale Wachstum mehr denn je von der Spendierfreudigkeit der US-amerikanischen Haushalte ab. Allerdings profitieren die US-Haushalte von einer seit Jahren unerreichten fiskalischen Unterstützung, ohne die sie ihre Rolle als Verbraucher letzter Instanz kaum wahrnehmen könnten, schreiben Guy Wagner und sein Team in ihrem jüngsten monatlichen Marktbericht „Highlights“.

„Die steuerliche Unterstützung der US-Verbraucher schlägt sich in zerrütteten Staatsfinanzen nieder – und das nur wenige Tage vor der Rückkehr eines Präsidenten ins Weiße Haus, der wenig Neigung zur Mäßigung hat“, sagt Guy Wagner, Chief Investment Officer (CIO) von BLI – Banque de Luxembourg Investments. „In der Eurozone geht die schwache Konjunktur mit politischer Instabilität in vielen Ländern einher, was die Umsetzung wirksamer Maßnahmen, die das Wachstum wieder ankurbeln könnten, erschwert.“ In China war die Immobilienblase so groß, dass die zahlreichen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen, die im vierten Quartal ergriffen wurden, nur langsam positive Auswirkungen zeigen werden. In Japan ist ein weiterhin positives Reallohnwachstum für die Aufrechterhaltung einer günstigen Konjunkturdynamik von entscheidender Bedeutung.

Inflation tendiert zur Stagnation
Nach dem deutlichen Rückgang in den vergangenen zwei Jahren tendiert die Inflation, insbesondere die Inflation ohne Energie und Nahrungsmittel, zur Stagnation. So stieg in den USA die Gesamtinflationsrate von 2,6 Prozent im Oktober auf 2,7 Prozent im November. Die Kernrate des Deflators der privaten Konsumausgaben, der bevorzugte Inflationsmaßstab der Federal Reserve, blieb unverändert. In der Eurozone stieg die Gesamtinflationsrate von 2,2 Prozent im November auf 2,4 Prozent im Dezember. Die Inflationsrate ohne Berücksichtigung von Energie und Nahrungsmitteln blieb ebenfalls unverändert.

In den USA werden 2025 nur noch zwei Zinssenkungen erwartet
Wie erwartet senkte die US-Notenbank auf ihrer letzten Sitzung 2024 die Leitzinsen um 25 Basispunkte. Für dieses Jahr gehen die Mitglieder des geldpolitischen Ausschusses nur noch von zwei Zinssenkungen aus, „da sich sowohl die Inflation als auch der Arbeitsmarkt als widerstandsfähiger erweisen als bisher angenommen“, unterstreicht der luxemburgische Ökonom. In der Eurozone senkte die Europäische Zentralbank den Einlagensatz ebenfalls um 25 Basispunkte, wie auf der Dezembersitzung erwartet. Aufgrund des schwachen Wachstums in der Eurozone könnten die Zinssätze im Laufe dieses Jahres weiter zurückgehen.

Langfristige Zinssätze enden 2024 nahe den Jahreshöchstständen
In den USA führte die Widerstandsfähigkeit sowohl beim Wachstum als auch bei der Inflation dazu, dass sich die langfristigen Zinssätze wieder den Jahreshöchstständen annäherten. So stieg die Rendite der zehnjährigen US-Treasury-Bonds relativ kräftig an. „In Europa folgten die Anleiherenditen trotz einer deutlich schwächeren Konjunkturaktivität dem Trend ihrer US-amerikanischen Pendants.“ Der zehnjährige Referenzsatz stieg in Deutschland, Frankreich Italien und Spanien. Im abgelaufenen Jahr weist der ‘JP Morgan EMU Government Bond Index’ einen Anstieg von 1,8 Prozent auf.

Aktienindizes verzeichnen das zweite Jahr in Folge deutliche Gewinne
Nach einem euphorischen November konsolidierten die Aktienmärkte ihre Gewinne im Dezember und ließen das Jahr ruhig ausklingen. „Im Gesamtjahr 2024 verzeichneten die meisten Aktienindizes jedoch deutliche Gewinne, und das zum zweiten Mal in Folge.“ So gab der in Euro ausgedrückte Weltaktienindex MSCI All Country World Index Net Total Return im Dezember leicht nach und beendete das Jahr mit einem Gesamtgewinn von 25,3 Prozent. Auf regionaler Ebene fiel der S&P 500 in den USA im Monatsverlauf um 2,5 Prozent (in USD), der Stoxx 600 Europe um 0,5 Prozent (in EUR) und der MSCI Emerging Markets Index um 0,5 Prozent (in USD). Nur der Topix in Japan stieg, gestützt durch den schwachen Yen, um 3,9 Prozent (in JPY). „Auf Sektorenebene verzeichneten Kommunikationsdienste, diskretionäre Konsumgüter und Technologie die besten Monatsrenditen, während Energie, Immobilien und Materialien sich negativ entwickelten“, sagt Guy Wagner abschließend.

Der Staat als Kernaktionär

Vor- und Nachteile von Unternehmen mit staatlicher Beteiligung.

Michael Kordovsky. Der Staat als Kernaktionär kann in bestimmten Situationen und Branchen stabilisierend wirken. Allerdings besteht das Risiko, dass durch „Beamtenverwaltung“ ineffiziente Strukturen konserviert und Innovationen behindert werden. Marktverzerrungen und Ineffizienzen würden sich dann negativ auf den Aktienkurs auswirken. Aber wie sieht das bei den heimischen Firmen mit Staatsbeteiligung aus?

Ölwerte und Stromversorger
Je politisch sensibler gewisse Dienstleistungen und Produkte sind, desto mehr politisch gefärbt sind die strategischen Unternehmensentscheidungen, was anhand der OMV illustriert werden kann. Sie hat ihren langfristigen Erdgasliefervertrag mit Gazprom Export gekündigt und bezieht zukünftig Gas aus eigener Produktion in Norwegen und Österreich, von externen Produzenten und aus zusätzlichen langfristigen LNG-Volumina. Das Unternehmen wandelt sich zudem zu einem Anbieter für nachhaltige Chemikalien, Kraftstoffe und Energie. 31,5 % der Anteile hält die ÖBAG als Staatsholding, weitere 24,9 % die Abu Dhabi National Oil Company. Das Rating beträgt A3 bei Moody‘s und A- bei Fitch, was günstige Anleihen- und Kreditzinsen ermöglicht. Die große Stärke der OMV liegt in ihrer hohen Dividendenrendite, die selbst bei einem Rückgang von 5,05 auf 4,12 Euro/Aktie auf Basis eines Kurses von 37 Euro noch immer bei 11,1 % liegen würde. Dieser stehen allerdings zyklische Kursschwankungen gegenüber.

Energieversorger wie Verbund und EVN betonen immer mehr den Einsatz erneuerbarer Energiequellen. Mit dem Bundesgesetz über den Energiekrisenbeitrag-Strom vom Dezember 2022 wurden sie bezüglich der sogenannten „Überschusserlöse“ vom Staat kräftig zur Kasse gebeten. Doch der Staat ist gleichzeitig auch ein Sicherheitsfaktor: EVN ist zu 51 % im Besitz der NÖ Landes-Beteiligungsholding GmbH und 28,4 % halten die Wiener Stadtwerke (zu 100 % im Eigentum der Stadt). Moody‘s stuft die Bonität von EVN mit A1, Ausblick stabil ein. Die Mindest-Basisdividende soll ab dem Geschäftsjahr 2024/25 bei 0,82 Euro/Aktie liegen, was bei einem Kurs von 21,85 Euro einer Dividendenrendite von 3,75 % entspräche. Analysten rechnen allerdings laut Konsens unter finanzen.at für 2024/25 und 2025/26 mit 0,93 Euro/Aktie – und dies bei stabiler Ertragslage. Hingegen mit einer tendenziell rückläufigen Gewinnentwicklung bis 2028 rechnen Analysten beim Verbund, der sich zu 51 % im Besitz der Republik befindet und bei S&P und Moody‘s jeweils ein Rating von A+/stable bzw. A2/stable hat.

Post und Telekom Austria
Indessen nicht so stark im Fokus der Politik stehen die Telekom und die Post. Eine stabile Ertragslage sollte auch zukünftig hohe Dividenden ermöglichen. Seit 2006 schüttet die Österreichische Post regelmäßig Dividenden aus und auf Basis eines Kurses von 28,60 Euro liegt die aktuelle Dividendenrendite bei 6,2 %. Die ÖBAG hält 52,8 % der Aktien des Unternehmens, das für 2024 eine Ebit-Steigerung von mindestens 5 % auf etwas mehr als 200 Millionen Euro anpeilt.

Die Telekom steht zu je 60,2 bzw. 28,4 % im Besitz von America Movil, dem führenden Telekom-Unternehmen in Lateinamerika, und der ÖBAG, und liegt mit einer Kurssteigerung von mehr als 26 % in den vergangenen fünf Jahren im Peer-Group-Vergleich gut im Rennen. Hinzukommt eine attraktive Dividende von zuletzt 0,36 Euro/Aktie, was bei einem Kurs von 7,71 Euro einer Rendite von 4,67 % entspricht. Ebenso positiv: ein Fitch-Rating von A-/positiv und ein jeweils stabiles Rating von S&P und Moody‘s von je A- und A3.

Foto: Wiener Börse

 

 

Die Marktchancen im Jahr 2025 nutzen

Ob Bitcoin, ein steigender US-Dollar oder China-Aktien: Verschiedene Trends stehen im Fokus.

Raja Korinek. Die Entwicklung in manch einer Anlageklasse sorgte Ende 2024 für Überraschungen. So legte der Kurs der Kryptowährung Bitcoin nach dem Wahlsieg Donald Trumps zum nächsten US-Präsidenten kräftig zu. Mitte vergangenen Dezember schnellte die Notierung auf ein Rekordhoch von mehr als 106.000 USD. Der Aufwind könnte trotz jüngster Rücksetzer anhalten: „Die Wahl Trumps könnte den Krypto-Markt grundlegend verändern“, konstatiert Heiko Geiger, Zertifikate-Experte bei der Bank Vontobel.

Trump als Bitcoin-Stütze
Geiger präzisiert gegenüber dem Börsen-Kurier und sagt in diesem Zusammenhang: „Da Trump das Ziel ausgegeben hat, die USA zum möglichen globalen Zentrum für digitale Vermögenswerte zu machen, könnte er die Akzeptanz und Verbreitung von Bitcoin erheblich vorantreiben. Seine geplanten Maßnahmen, wie der Abbau regulatorischer Hürden und die Einführung eines ‚Bitcoin- und Krypto-Beirats‘, der klare Leitlinien für die Branche entwickeln soll, könnten das Vertrauen institutioneller Investoren stärken und gleichzeitig Innovationen im Krypto-Sektor fördern.“

Doch wie sieht es mit Aktientrends aus? Schließlich legten zahlreiche Technologie-Werte vor allem aus den USA einen fulminanten Kursaufschwung zurück. Experten räumen dem Trend noch Luft nach oben ein. „Technologie-Werte bleiben vermutlich auch 2025 wichtige Zugpferde an den Märkten. Die steigenden Gewinntrends sprechen für sich und so lange diese anhalten, relativieren sich auch die hohen Bewertungen“, betont Zertifikate-Fachmann Patrick Kesselhut von der Société Générale.

Chinas Tech-Giganten als Chance
Dabei kann sich der Blick in diesem Zusammenhang auch nach China lohnen. Im Reich der Mitte haben sich längst zahlreiche Technologie-Giganten erfolgreich etabliert. An entsprechender Unterstützung für die Branche dürfte es laut Kesselhut nicht mangeln. „Dass China für eine Überraschung gut ist, haben wir im Jahr 2024 schon einmal erlebt. Die Bekanntgabe von Konjunkturprogrammen löste zuletzt ein Kursfeuerwerk aus. Ähnlich wie in den USA dürften auch in China die großen Technologiewerte profitieren, die beispielsweise im ‚Solactive China Dragons 7 Index‘ zusammengefasst sind.“ Dazu zählen unter anderem Alibaba und Baidu.

Auch die Entwicklungen auf den Devisenmärkten sollten Anleger nicht außer Acht lassen. Volker Meinel, Head of Marketing bei der BNP Paribas, meint, 2024 habe gezeigt, wie spannend es am Währungsmarkt sein könne: Zinserhöhungen in Japan, die Wahl von Trump, das Wiedererstarken des britischen Pfunds. All diese Ereignisse haben den Devisenmarkt beeinflusst. „Ganz klar im Fokus steht derzeit der US-Dollar, auch vor dem Hintergrund der aktuellen Unsicherheit gegenüber der weiteren Zinspolitik der Fed.“ So dürfte es im neuen Jahr weniger Zinssenkungen geben als ursprünglich angenommen. Solch ein Umstand ist grundsätzlich eine Stütze für den US-Dollar.

Strategien mit Zertifikaten
Interessierte Anleger können auf die verschiedenen Szenarien mit Zertifikaten setzen. Mit Turbo-Long-Zertifikaten kann man gehebelt auf einen weiteren Aufschwung des Bitcoin-Kurs setzen, wie es etwa die Bank Vontobel anbietet. Ein entsprechendes „Solactive China Dra-gons 7“-Indexzertifikat bietet die Société Générale an. Auf einen weiteren Rückgang des Euro zum US-Dollar können Anleger mit einem Turbo-Short-Zertifikat gehebelt setzen, so etwa von der BNP Paribas. Bei allen Produkten sind Verluste möglich.

Foto: AdobeStock / m.mphoto

 

 

„Bitcoin-Kurs könnte sich 2025 verdoppeln“

Experte empfiehlt einen Portfolio-Anteil von 2 bis 5 % als Stabilisator.

Patrick Baldia. Bernhard Wenger (Foto), Head of Northern Europe bei 21Shares, spricht im Börsen-Kurier-Interview über die weitere Reise des Bitcoins, die hohe Volatilität der Assetklasse und das Potenzial anderer Krypto-Assets.

Börsen-Kurier: Wie hoch ist der Anteil Donald Trumps am jüngsten Höhenflug des Bitcoins?
Bernhard Wenger: Natürlich hat der Wahlsieg von Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl einen großen Anteil am Höhenflug des Bitcoins seit Anfang November. Dahinter steckt aber viel mehr: Klar ist Trump Krypto-freundlich und positiv für den Bitcoin und andere Krypto-Assets. Aber aktuell ist das gesamte Umfeld Krypto-freundlich. So werden die Zinsen weiter sinken. Gleichzeitig geht die institutionelle Adaption des Bitcoins weiter voran, während viel Geld in Krypto-ETFs fließt. Schon vor dem Halving im April 2024 waren die Fonds erfolgreicher als viele erwartet haben. Das war auch ein Grund, dass der Bitcoin schon im März ein neues Rekordhoch erreicht hat.

Börsen-Kurier: Aus den USA waren in der Schlussphase des Wahlkampfes Signale auszumachen, die zum Gamechanger für Krypto-Assets werden könnten …
Wenger: In den USA sollte sich das Umfeld für den Krypto-Markt gründlich ändern. Zur Rede steht etwa der Aufbau einer strategischen Bitcoin-Reserve. Auch andere Länder wie Argentinien könnten auf den Zug aufspringen.

Börsen-Kurier: Wohin geht die weitere Reise des Bitcoin-Kurses?
Wenger: Krypto-Preisprognosen sind generell sehr schwierig. Interessant ist, dass wenn Bewegung in den Kryptomarkt kommt, dies sehr schnell geschieht, vor allem bei steigenden Preisen. Das ist wirklich eine Besonderheit der Assetklasse. Das Mitte Dezember erreichte neue Bitcoin-Rekordhoch von 107.000 USD dürfte jedenfalls nicht das Ende der Fahnenstange sein. Natürlich ist auch ein Rücksetzer auf 80.000 USD möglich. Das würde aber wohl nur dazu führen, dass neue Investoren einsteigen. Wir glauben, dass sich der Bitcoin-Kurs im Laufe des Jahres 2025 verdoppeln könnte.

Börsen-Kurier: Dass viele Anleger die Finger von Krypto-Assets lassen, liegt an ihrer hohen Volatilität. Wird Letztere die Assetklasse weiter begleiten?
Wenger: Dass die Volatilität am Krypto-Markt weiterhin hoch bleibt, ist sehr wahrscheinlich. Auch wenn sie über einen längeren Zeitraum abgenommen hat. Die weitere Entwicklung wird unter anderem auch stark davon abhängen, wie schnell Donald Trump seine Versprechen umsetzt.

Börsen-Kurier: Kritiker bemängeln, dass sich der Bitcoin wegen der hohen Volatilität und mangels stabiler Korrelationen nicht als Portfolio-Stabilisator eignet?
Wenger: Der Bitcoin eignet sich trotz gegenläufiger Behauptung sehr wohl als Portfolio-Stabilisator. Klar ist, dass bei Mega-Black-Swan-Events alle Assetklassen Verluste erleiden werden. Beispielsweise hat der Bitcoin während der US-Bankenkrise im Vorjahr gut performed.

In der richtigen Menge wird der Bitcoin und andere Kryptos ein Portfolio stabilisieren. Wir empfehlen einen Anteil von 2 bis 5 %.

Börsen-Kurier: Wie schaut es 2025 mit anderen Krypto-Assets aus?
Wenger: Eine weitere unserer Investmentthesen ist, dass die zweitgrößte Krypto-Währung Ethereum 2025 den Beginn einer Umsatzrenaissance erleben wird. Überdies: Die Layer-1-Kryptowährung Solana wird weiter Marktanteile von Ethereum erobern und ein Allzeithoch beim Total Value Locked (auch „Assets under Management“ bzw. AUM, Anm.) erreichen. Insgesamt entwickeln sich auch andere Krypto- bzw. Blockchain-Technologien weiter, was dazu führt, dass Geschäftsmodelle optimiert und vereinfacht sowie sicherer werden. Auch werden Stablecoins signifikant zunehmen, was wiederum zur Adaption und Stabilisierung weiter beiträgt.

Börsen-Kurier: Was für Pläne hat 21Shares im neuen Jahr?
Wenger: Wir als 21 Shares wollen Innovationsführer bleiben. Und wir werden 2025 weitere Produkte lancieren. Neue Entwicklungen wird es etwa auf der Indexseite geben. Wir wollen jedenfalls auch weiter stark Research-basiert bleiben. Wir bieten nichts an ohne klaren Use Case. 2025 sollte jeden-falls ein spannendes Jahr werden. In den USA werden weitere Krypto-ETFs zugelassen. Auch der eine oder andere Retailmarkt könnte sich neu öffnen. Zum Beispiel Großbritannien. Insgesamt ist das Umfeld für den Kryptomarkt aktuell so konstruktiv wie schon lange nicht.

Foto: 21Shares / amanda nicolic photography

 

 

Gute Voraussetzungen für solide Renditen 2025

Die großen Asset Manager sind grundsätzlich positiv für die Aktienmärkte gestimmt.

Patrick Baldia. Die Ausgangslage für 2025 ist nicht die Schlechteste: die Zinsen werden, wenn-gleich auch mit unterschiedlichem Tempo, dies- und jenseits des Atlantiks weiter fallen, während die Inflation auf dem Rückzug ist. Die große Frage ist, ob sich das auch 2025 positiv auf die Aktienmärkte auswirken wird. Als ein Störfeuer machen Experten die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Schutzzölle aus, die vor allem die Fed veranlassen könnten, die Zinsen langsamer zu senken, was sich negativ auf Technologiewerte auswirken könnte.

Bei BNP Paribas geht man davon aus, dass langsamer fallende Zinsen in den kommenden Monaten eine Rotation auf dem Aktienmarkt einleiten könnten. „Davon dürften dann insbesondere die zinssensiblen Technologiewerte negativ betroffen sein“, heißt es in einem Marktbericht. Gleichzeitig würden klassische US-Industrieunternehmen und Konsum-Titel von der Wirtschaftspolitik von Donald Trump profitieren, ebenso wie Nebenwerte.

In eine ähnliche Kerbe schlägt auch Stephen Dover, Head des Franklin Templeton Institute: „Wir glauben, dass die Outperformance von Unternehmen mit Megakapitalisierung im Technologiesektor wahrscheinlich bald ein Ende haben wird“, meint er und verweist auf die „Magnificent Seven“. Die führenden Technologieunternehmen wären inzwischen in vielen Portfolios vertreten und würden keine überzeugenden Bewertungen bieten. Auch Dover verweist auf Aktien, Sektoren und Regionen, die derzeit nicht im Trend liegen würden.

Insgesamt sieht Dover gute Voraussetzungen für solide Renditen im neuen Jahr. Vor allem die Wiederwahl von Trump dürfte den Märkten 2025 Auftrieb geben. „Allerdings deuten die relativ hohen vorherrschenden Bewertungen und die historisch hohe Rentabilität bei fast allen Kennzahlen darauf hin, dass die zweistelligen Renditen der letzten zwei Jahre wahrscheinlich nicht in Sicht sind“, konkretisiert der Experte.

Aktien-Tipps: Gesundheitswesen, Energie, Finanzwerte
Im Aktienbereich haben die Experten von T. Rowe Price die Sektoren Gesundheitswesen, Energie sowie Finanzwerte auf der Rechnung. „Vor allem Banktitel dürften von steigenden Nettozinsmargen profitieren, da die Zinskurve durch die Zinssenkungen der Fed wieder steiler wird“, so Kapitalmarkt-Stratege Tim Murray. Auch internationale Small Caps mit ihrer relativ hohen Gewichtung in konjunktursensiblen Sektoren wie Finanzwerten, zyklischen Konsumgütern und Industriewerten würden diese These ebenfalls erfüllen. Eine weitere Überlegung: japanische Aktien.

Bei Nordea Asset Management empfiehlt man Anlegern im Aktienbereich auf die Bewertungs-Diskrepanz zwischen Indizes, die nach Marktkapitalisierung gewichtet sind und gleichgewichteten Indizes zu achten. Während etwa der auf Basis der Marktkapitalisierung gewichtete S&P 500 für 2025 bei einem KGV von 22x – Stichwort: „Magnificent Seven“ – über dem historischen Durchschnitt von 18 bis 19x gehandelt wird, würden die Multiplikatoren gleichgewichteter Indizes eher dem historischen Niveau entsprechen. Das Fazit: Investoren würden mehr Wert und Ertragspotenzial in gleichgewichteten Indizes finden.

Im Anleihebereich schauen für die Nordea-Experten angesichts der flacher werdenden Zinsstrukturkurve Staatsanleihen attraktiver aus. Dies stelle eine Gelegenheit für Anleger dar, ihre Allokation im Fixzinsbereich zu überdenken und etwa das Durationsrisiko in ihren Portfolios zu erhöhen. T.-Rowe-Price-Experte Murray ist wiederum der Ansicht, dass Hochzinsanleihen und Bankkredite, die in der Regel über ein Non-Investment-Grade-Rating verfügen, trotz enger Kreditspreads attraktive Gesamtrenditen bieten.

Foto: Pixabay / Geralt

 

 

„Wiener Markt könnte 2025 sehr schnell drehen“

Die Manager von Österreich-Aktienfonds sind für das neue Jahr durchaus positiv gestimmt.

Patrick Baldia. 2024 war ein herausforderndes Jahr für die Wiener Börse und dementsprechend auch für Österreich-Aktienfonds. „Im Vergleich zu anderen europäischen Märkten blieb der Wiener Markt deutlich zurück“, bringt es Manfred Sibrawa, Manager des „Amundi Austria Stock“, gegenüber dem Börsen-Kurier auf den Punkt. Er verweist auf den Performanceunterschied zwischen dem ATX und dem ATX PC8 (für ATX Prime Capped 8 in Euro, Anm.): Während der heimische Leitindex um rund 5 % zulegte, liegt der breiter gefächerte ATX PC8 mit etwas mehr als 1 % im Minus.

Dass etwa Banken und der Bausektor eine beachtliche Entwicklung an den Tag legten, konnte das Ruder auch nicht herumreißen. Vielmehr lagen sämtliche zyklische Titel und vor allem Industrieaktien oft zweistellig im Minus. Davon konnte sich auch die breite Masse der Österreich-Aktienfonds nicht abkoppeln. Diese werden das Jahr mit einem Minus abschließen, wobei die Performance-Bandbreite von -0,23 bis -8,97 % reicht.

Eine positive Ausnahme stellt neben dem „iShares ATX UCITS ETF“ und dem „Raiffeisen-Nachhaltigkeit-ÖsterreichPlus-Aktien“ der „Kepler D-A-CH Plus“-Aktienfonds dar. Mit einem Plus von rund 18 % kann ihm kein anderer Fonds das Wasser reichen. Das liegt allerdings daran, dass er nicht nur an der Wiener Börse investieren darf, sondern auch in Deutschland, der Schweiz und Italien, wie Fondsmanager Roland Zauner im Gespräch mit dem Börsen-Kurier einräumt. „Bekanntlich blickt ja der Dax auf ein sehr gutes Jahr zurück“, meint er.

Umfeld wird besser
Was kann man von 2025 erwarten? „Generell sollte das Umfeld für heimische Unternehmen mit fallenden Zinsen, zurückgehender Inflation und politischer Stabilität (in Deutschland) besser werden“, so Bernhard Haas, Manager des „RT Österreich Aktienfonds“ und des „Erste Stock Vienna“. Ebenfalls optimistisch gestimmt gibt sich Zauner: „Allerdings sollte die Performance weniger stark ausfallen als heuer.“

Auch Sibrawa ist für 2025 optimistisch, schätzt das Umfeld aus verschiedenen Gründen jedoch weiterhin als herausfordernd ein. „Geopolitische Spannungen, eine unberechenbare US-Politik und zahlreiche hausgemachte Probleme in Europa sind nur einige Faktoren“, sagt er.

Zudem sei der Wiener Markt sehr zyklisch, und ohne wirtschaftliche Erholung werde es für die Wiener Börse sehr schwierig sein, sich zu behaupten. „Gleichzeitig ist der Markt attraktiv bewertet und mit Abstand der günstigste in Europa.“ In die gleiche Kerbe schlägt auch Zauner: „Mit einem KGV von 8,9 ist der ATX aktuell billig“, sagt er.

Ist der Zeitpunkt für Nicht-Investierte richtig, einen Einstieg an der Wiener Börse zu erwägen? „Es braucht nicht viel, um eine Neubewertung auszulösen und der Markt könnte sehr schnell drehen“, hält Sibrawa fest. Erste positive Signale dafür gebe es bereits jetzt: Die erleichterte Kreditvergabe bringe neuen Schwung in den Immobiliensektor, was für die Bauwirtschaft und für die Banken wichtig sei. Nachsatz: „Sollte es gelingen, den Krieg in der Ukraine zu beenden, wäre das eine sehr positive Wende für Europa.“

Foto: © Wiener Börse/Akos Stiller

 

 

Erste Koalitions-Duftnoten

Österreichs Kapitalmarkt leider wieder nur politisches Randthema. (18.12.)

Florian Beckermann. Aus den aktuellen Koalitionsverhandlungen zum Thema Kapitalmarkt sickert wenig heraus. Der Markt ist hoffnungslos. Eine erfahrungsgenährte Austro-Lähmung erstickt jegliche Euphorie. Neben den politischen Unterschieden scheinen alle denkbaren Maßnahmen unter dem Hammer des Budget-Konsolidierungszwangs zerschlagen zu werden. Zusätzlich herrscht in Teilen der involvierten Volkswirtschaftsberater der Glaube, durch eine steuerliche Bestrafung von Sparern die Umverteilung zu vertiefen, den Binnenkonsum zu steigern und so das Budget zu sanieren. Es droht eine Verböserung der Lage des „Kapitals“. Wenn man dazu noch die Gerüchte um eine Veränderung der ÖBAG oder das Schlagwort „Volkssparbuch“ hört, drückt die Forderung nach der Wiedereinführung der KESt-befreienden Behaltefrist einen Gegensatz aus, der beispielhafter kaum sein kann.

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass das Budget ein formidables Loch aufweist und die Sanierung ausgabenseitig nicht leicht wird. Die Baustellen: Renten, Gesundheit, Subventionen oder Eigenkosten erzeugen ein strukturelles Defizit, welches über Jahre hinweg den Staat belasten wird. Ein EU-Defizitverfahren scheint fix. Ein Effizienz-Review ist gefragt.

Also macht man sich auf die Suche nach Geld. Und findet es in der Sparquote der Haushalte. Diese ist hoch. Warum? Die Enteignung der Sparer durch die Inflation hatte in Österreich den EU-Spitzenwert erreicht. Der Kaufkraft-Raub schmerzt bis heute. Nach wie vor herrscht Angst, wieder durch Intervention zur Kasse gebeten zu werden. Die finanzielle Planungssicherheit ist bei den Bürgern nicht ausreichend! Der Konsum hängt, man (über-)spart. Anreize für den heimischen Aktienmarkt und damit Investitions- und Risikokapital für Wachstum zu generieren, z. B. durch die genannte KESt-Befreiung, hat man bisher verpasst. Die Konjunktur stottert. Ein Eingriff durch Vermögenssteuern wird die Balance zwischen Geben und Nehmen nachhaltig weiter stören. Die Abwanderung von Kapital ins Ausland ist zwangsläufig. Ein „Volkssparbuch“ wird den Effekt nicht verhindern. Der Kapitalbedarf des Staates wird dadurch letztlich nur noch höher.

Doch die Abwanderung kann noch schlimmer werden. Die ÖBAG hat sich als professioneller, ertragreicher Puffer zwischen Staat und internationalem Kapitalmarkt etabliert, der Interventionsfreiheit sei Dank. Das Pflänzchen des Vertrauens ist jedoch noch klein und weiter ausbaufähig. Rück-Politisierungsideen geraten daher nachteilig und antiquiert.

Wer die US-Entwicklungen verfolgt, sieht dort einen starken Wunsch nach dem Aufbrechen von Interventionen und Umverteilungsmechanismen. Eine „schöpferische Zerstörung“ durch Donald Trump und der amerikanische Erneuerungswille wirken wie eine Antipode zu den Duftnoten aus den Koalitionsverhandlungen. Könnte dieser Ansatz nicht auch überlegenswert sein, es wäre das Beste aus zwei Welten?

Autor Florian Beckermann ist Vorstand des IVA – Interessensverband für Anleger

 

 

Aktienmarkt 2025: Small Caps, Value-Titel und zyklische Werte könnten profitieren

Ein Kommentar von Knut Hellandsvik, Leiter Aktien bei DNB Asset Management.

(13.12.) Die Zukunft des Aktienmarktes vorherzusagen, ist kein leichtes Unterfangen – das haben uns die letzten fünf Jahre gelehrt. Es war eine Zeit voller Ereignisse, mit denen man kaum rechnen konnte. Diese reichen von der weltweiten Pandemie bis hin zu einem ausgewachsenen Krieg auf dem europäischen Kontinent. Trotz all der negativen Schlagzeilen hat sich der globale Aktienmarkt als widerstandsfähig erwiesen und geduldigen Anlegern fantastische Renditen beschert. Der US-Aktienmarkt war jedoch der wichtigste Treiber für die globale Aktienperformance. Tatsächlich ist der US-Anteil am MXWO in den letzten zehn Jahren von 54 Prozent auf 73 Prozent gestiegen. Unter den 15 größten Unternehmen in der MXWO befindet sich nur ein einziges Unternehmen, das nicht aus den USA stammt: Novo Nordisk – auf Platz 15. Zum Vergleich: Vor zwanzig Jahren waren in der MXWO noch fünf nicht-amerikanische Unternehmen vertreten. Viele sprechen von “amerikanischem Exzeptionalismus”, und in der Welt der Aktien ist dies angesichts der Dominanz des US-Aktienmarktes sicherlich ein reales Phänomen. Seit Anfang 2020 haben der S&P 500 und der Nasdaq 100 eine Rendite von 100 Prozent bzw. 146 Prozent erzielt. Im selben Zeitraum hat der Eurostoxx 600 41 Prozent der Nikkei 225 76 Prozent und der MSCI Emerging Markets nur 11 Prozent zugelegt. Ein Großteil der Outperformance der USA ist eindeutig auf die großen US-Tech-Unternehmen zurückzuführen, allen voran die Magnificent 7 (Amazon, Apple, Alphabet, Meta, Microsoft, Nvidia und Tesla). Mit dem Aufkommen der generativen künstlichen Intelligenz als jüngstem Trumpf ist die Marktkapitalisierung dieser Unternehmen allein in den letzten zwei Jahren um 200 Prozent gestiegen. Infolgedessen machen diese sieben Unternehmen nun über 30 Prozent des S&P 500 Index aus, und die 10 größten Unternehmen sogar 36 Prozent in diesem Index. Schaut man sich den MXWO an, haben diese 10 US-Aktien einen Anteil von 25 Prozent – die größte Konzentration, die wir in der Geschichte erlebt haben.

Alle wichtigen regionalen Märkte haben im Jahr 2024 einen Bewertungsanstieg verzeichnet. Es überrascht nicht, dass die USA auch hier an der Spitze stehen. Das 12-Monats-Kurs-Gewinn-Verhältnis für den US-Aktienmarkt liegt deutlich über dem bisherigen 20-Jahres-Hoch und dem Mittelwert. Das gilt selbst dann, wenn man die großen Technologiewerte ausklammert. Im Vergleich dazu werden Japan und Europa im Einklang mit ihrem 20-Jahres-Mittelwert gehandelt, während China unter diesem Niveau notiert. Was sollten wir vor diesem Hintergrund vom globalen Aktienmarkt im Jahr 2025 erwarten?

Kurzfristig positive Auswirkung der Trump-Präsidentschaft
Das Gesamtbild für Aktien sieht vielversprechend aus, da weitere Zinssenkungen der Zentralbanken, relativ niedrige Arbeitslosenquoten und eine widerstandsfähige Weltwirtschaft erwartet werden. Die neue Präsidentschaft von Trump in Kombination mit einer republikanischen Mehrheit im Kongress bedeutet einen Regimewechsel für die Weltwirtschaft und die Märkte. Kurzfristig erwarten wir, dass sich die Trumponomics positiv auf den US-Aktienmarkt auswirken werden, da niedrigere Steuern und weniger Regulierung wahrscheinlich sind. Dies dürfte sich reflationär auswirken und eine breitere Erholung auslösen, die auch kleinere und mittlere Unternehmen erreicht und insbesondere den wertorientierten und zyklischen Teilen des Aktienmarktes zugute kommt. Der Russell 2000 Index ist zwei Jahre in Folge massiv hinter dem S&P 500 Index zurückgeblieben und könnte im nächsten Jahr eine deutliche Rallye erleben. Im Blick von Anlegern sollten auch US-Finanzwerte sein, die von der geringeren Regulierung sowie den verstärkten Fusionen und Übernahmen und Kapitalmarktaktivitäten nach einigen Jahren mit unterdurchschnittlichen Aktivitäten profitieren könnten. Anreize ergeben sich für uns aus einer Reihe von Faktoren: aus auslaufenden Private-Equity-Portfolios, fällig werdenden Risikokapital-Pipelines und höheren Bewertungen. Schätzungen zufolge verfügt Private Equity über 4 Billionen US-Dollar an freien Mitteln, die amerikanischen Unternehmen weisen in ihren Bilanzen 7,5 Billionen US-Dollar an Barmitteln aus. Dennoch bleibt die Frage, wie sich Trumps erhöhte Zölle und die reduzierte Einwanderung auf die Wirtschaft auswirken werden. Die Befürchtung ist, dass diese politischen Initiativen zu einer höheren Inflation und damit zu höheren Zinsen führen werden, welche die Wirtschaft bremsen könnten.

Plus von 5 bis 10 Prozent für den globalen Aktienmarkt in 2025
Was ist mit Europa? Die Region wird mit einem Rekordabschlag gegenüber den USA gehandelt – auch wenn man die Sektorzusammensetzung berücksichtigt. Tatsächlich hat Europa in acht der letzten zehn Jahre schlechter abgeschnitten als die USA, und im laufenden Jahr wird die Underperformance in Dollar gerechnet wohl die schlechteste aller Zeiten sein. Es ist kein Wunder, dass die Stimmung unter den globalen Anlegern gegenüber der Region miserabel ist und die meisten untergewichtet sind. Selbst jetzt fällt es den Anlegern schwer, angesichts des schwachen Wirtschaftswachstums, der geringen chinesischen Nachfrage, der politischen Instabilität und des Risikos erhöhter US-Zölle ein großes Potenzial zu erkennen. Weitere Zinssenkungen der EZB, ein schwächerer Euro und eine marktfreundlichere Politik könnten positive Auslöser für eine bessere Aktienperformance sein. Unter den in Europa notierten globalen Unternehmen sehen wir gute Chancen einigen, die mit einem deutlichen Abschlag gegenüber ihren US-Pendants gehandelt werden. Was die Sektoren betrifft, so haben Luxusaktien angesichts der schwachen chinesischen Nachfrage und einer allgemeinen Wachstumsverlangsamung nach dem Covid-Boom in letzter Zeit schlecht abgeschnitten. Angesichts der starken Nachfrage aus dem Nahen Osten und den USA sehen wir jedoch noch Luft nach oben für den Kurszielen. Interessant ist, dass das Nettovermögen der US-Haushalte angesichts des starken Aktien- und Immobilienmarktes allein im letzten Jahr um 10 Billionen Dollar gestiegen ist. Darüber hinaus erscheinen uns einige der führenden europäischen Technologie- und Gesundheitstitel als risikoarm.

Im Blick haben wir auch weiter den japanischen Aktienmarkt, der nach einem starken Jahresbeginn unter der Auflösung der Carry Trades Anfang August und den politischen Unruhen im Herbst litt. Die zugrundeliegende Wachstumsstory bleibt intakt, angetrieben durch die inländische Reflation, das Reallohnwachstum, den schwachen Yen, die Beschleunigung der Aktienrückkäufe und die laufenden Unternehmensreformen. Positiv sind aus unserer Sicht der Industriesektor und Unternehmen, die auf den heimischen Verbraucher ausgerichtet sind.

Für die Schwellenländer könnte es ein weiteres schwieriges Jahr werden, da die Aussichten auf einen weiterhin starken Dollar nach wie vor unser Basisszenario sind. Daher empfehlen wir Anlegern, selektiv vorzugehen. China steht weiterhin vor einer Herausforderung, da die Inlandsnachfrage nach dem Platzen der Immobilienblase schwach bleibt. Die staatlichen Konjunkturprogramme haben sich noch nicht als wirksam genug erwiesen, um den Binnenkonsum anzukurbeln. Außerdem würde ein verschärfter Handelskrieg mit den USA die Aussichten nicht verbessern. Wir sehen Indien nach wie vor als Nettogewinner, da globale Unternehmen ihr China-Engagement reduzieren. Wir gehen davon aus, dass der indische Aktienmarkt durch ein anhaltend starkes Wirtschaftswachstum unterstützt wird, das von einer wachsenden Mittelschicht, der Urbanisierung, einer unternehmensfreundlichen Regierung und einer jungen, gut ausgebildeten Erwerbsbevölkerung getragen wird.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir nicht mit einem dritten Jahr in Folge mit einer Rendite von 20 % für globale Aktien rechnen, sondern mit einem verhalteneren Plus von 5-10 %, der hauptsächlich durch das Gewinnwachstum getrieben wird. Wir glauben, dass sich eine Diversifizierung auszahlen wird, da wir eine breiter gestreute Ertragslage sehen: Kleinere Unternehmen, Value-Titel und zyklische Werte sollten das Potenzial haben, sich gut zu entwickeln. Schließlich erwarten wir einen volatilen Markt angesichts eines höchst unsicheren geopolitischen Hintergrunds und eines unberechenbaren Weißen Hauses.

 

 

Schwellenländer: Indien hat die Nase vorne

Ein Marktkommentar der Experten des Steiermärkische Sparkasse Private Banking.

(13.12.) Die internationalen Börsen haben ein sehr gutes, teils sogar ausgezeichnetes Jahr hinter sich. Trotz globaler Krisen eilten die Aktienmärkte von einem Rekord zum nächsten – angeführt von den USA. Doch auch einige Schwellenländer zeigten sich überaus robust. Vor allem der indische Aktienmarkt legte eine beeindruckende Rally hin. Dieses Bild konnte auch ein Einbruch im Oktober und November nur vorübergehend trüben, schreiben die Experten des Steiermärkische Sparkasse Private Banking im jüngsten Marktkommentar.

Ist Indien das neue China?
Die Frage, ob Indien den Nachbarn China in der wirtschaftlichen Performance vom Thron stürzt, stellt sich schon länger. Während chinesische Aktien zwischen Oktober 2021 und Oktober 2023 jährlich um die acht Prozent verloren, legten indische Titel in US-Dollar gerechnet im gleichen Zeitraum um mehr als 9 Prozent zu. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den Gewichtungen des MSCI Emerging Markets Index wider: Der Anteil des Subkontinents am Schwellenländerindex hat sich innerhalb von zwei Jahren von rund 10 auf fast 20 Prozent verdoppelt. Chinas Anteil sank von 40 auf 30 Prozent.

Jüngste Probleme am indischen Aktienmarkt
Doch die Euphorie bekam zuletzt einen Dämpfer. Die wichtigsten indischen Leitindizes Sensex und Nifty 50 korrigierten seit Ende September deutlich. Parallel dazu war die Landeswährung fast auf ihr historisches Tief gegenüber dem US-Dollar gefallen. Die Ursachen sind vielfältiger Natur. Während die Quartalsergebnisse indischer Unternehmen wegen der Konsumzurückhaltung im Land enttäuschend ausgefallen waren – und das bei einer ohnehin schon teuren Bewertung des Aktienmarktes –, zogen sich ausländische Investoren massenhaft aus dem Markt zurück. Zudem tobt ein Korruptionsskandal um den einflussreichen Unternehmer und Multimilliardär Gautam Adani. Ihm werden in den USA angebliche Schmiergeldzahlungen vorgeworfen, eine Anklage droht.

Die Umschichtungen der internationalen Investoren wurden auch durch die jüngste Entwicklung in China getrieben. Viele Anleger, die bisher stark in Indien investiert und in China untergewichtet waren, nutzten die Erholung am chinesischen Markt für Anpassungen.

Hohe Bewertung indischer Aktien
Wie der US-Markt werden indische Aktien mit etwas mehr als dem 20-fachen der erwarteten Gewinne gehandelt. Das ist im Vergleich zu den meisten anderen Aktienmärkten auf der ganzen Welt hoch, aber es kann durch den langfristigen Gewinnwachstumspfad gerechtfertigt werden.

Das Land hat noch einen langen Weg vor sich, wenn es um den Ausbau des Straßen- und Schienennetzes, die Verbesserung der Energiesicherheit, den Bau besserer Wohnungen und viele andere Bereiche geht, die vor etwa einem Jahrzehnt als Gründe für Investitionen in China genannt wurden.

Volatil, aber interessant
Der vorübergehende Sturm am indischen Aktienmarkt wird sich aber möglicherweise mittel- bis langfristig als Lüfterl herausstellen. Der Markt bleibt vermutlich volatil, aber interessant. Die Rahmenbedingungen gelten weiterhin als stabil bis robust.

Erstens kann die Abwanderung ausländischer Investoren durch eine breite inländische Anlegerbasis ausgeglichen werden. Zweitens hat die Zentralbank Bank of India (RBI) am vergangenen Freitag beschlossen, die Referenzzinsen unverändert bei 6,5 Prozent zu belassen. Es ist seit April 2023 das elfte Mal in Folge, dass dieser Zinssatz bestätigt wurde. Drittens verzeichnete Indien im Wirtschaftsjahr 2023/24 (bis März 2024) ein beachtliches BIP-Wachstum von 8,2 % – damit wurde der Wirtschaftseinbruch nach der Pandemie überwunden und die indische Wirtschaft befindet sich wieder auf einem positiven Wachstumspfad. Für das laufende Wirtschaftsjahr und auch mittelfristig wird ein BIP-Wachstum von um die 6,9 % prognostiziert. Indien ist damit die am stärksten wachsende Volkswirtschaft aller G20 Staaten. Diese Dynamik wird von einem wieder erstarkten Privatkonsum und einem enormen Investitionsprogramm der Regierung getragen.

 

 

Internationale Trends in der Vermögensverwaltung

Studie zur Stimmung, den Privatmärkten, KI und den Vermögenstransfer zwischen den Generationen.

Rudolf Preyer. Die aktuelle Global Investor-Insights-Umfrage des internationalen Vermögensverwalters Schroders bietet spannende Einblicke in die sich wandelnde Landschaft der Vermögensverwaltung. Sie beschreibt zentral die Herausforderungen, mit denen Vermögensberaterinnen und Vermögensberater auf dem heutigen dynamischen Markt konfrontiert sind.

Die Feldarbeit wurde von CoreData Research im Rahmen einer umfangreichen globalen Umfrage von Juni bis Juli 2024 unter fast 1.800 Vermögensberatern durchgeführt – vor dem Hintergrund geopolitischer Spannungen und schwieriger wirtschaftlicher Bedingungen. Trotzdem bleibt die Stimmung unter den Beratern sowie ihren Kunden erfreulich positiv. „Wir sehen Anzeichen für eine zunehmend positive Einstellung gegenüber Risikoanlagen sowie gegenüber Kunden und ihren Beratern, die durch ein verstärktes Engagement in Private Assets nach neuen Renditequellen suchen“, sagt dazu Carla Bergareche, Global Head of Wealth bei Schroders.

Die Umfrage, die die Ansichten von mehr als 1.700 Vermögensberatern auf der ganzen Welt widerspiegelt, zeigt ein hohes Vertrauensniveau, insbesondere in Bezug auf das Erreichen der Renditeerwartungen der Kunden. Trotz des unsicheren Umfelds sind 62 % der Berater weltweit optimistisch, die Renditeziele ihrer Kunden in den nächsten ein bis zwei Jahren zu erreichen.

Vermögenstransfer als Herausforderung in der Beratung
Über die Rendite hinaus steht der Vermögenstransfer zwischen Ehepartnern und Generationen, der derzeit im Gange ist und noch viele Jahre andauern wird, im Mittelpunkt: 59 % der Berater weltweit halten die Vermögensübertragung für sehr wichtig. Die Privatmärkte spielen nach wie vor eine zunehmende Rolle in Vermögensportfolios: 55 % der Vermögensberater investieren bereits in Private Assets, weitere 19 % planen, dies in den nächsten Jahren zu tun.

Die Umfrage unterstreicht die wachsende Nachfrage nach Private Equity, Multi-Private-Asset-Lösungen und Infrastrukturaktien im Bereich erneuerbare Energien, wobei 65 % der Befragten das Potenzial für höhere Renditen als Hauptgrund für Investitionen in die Privatmärkte nannten.

Natürlich gibt es einige Hindernisse zu überwinden: Die Umfrage zeigt auf, dass mehr Klarheit über Liquidität und Bewertungen erforderlich ist, und unterstreicht die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Weiterbildung in diesem Bereich.

Bedürfnisse des Endkunden
Das Aufkommen von Künstlicher Intelligenz (KI) und die massive Vermögenskaskade über Generationen hinweg stellen sowohl Chancen als auch Herausforderungen für Vermögensexperten und für die Art und Weise dar, wie sie ihr Geschäft führen und mit ihren Kunden interagieren.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Ergebnisse der diesjährigen Umfrage zeigen, dass sich Vermögensberaterinnen und Vermögensberater an komplexe aktuelle Herausforderungen anpassen, aber auch Chancen nutzen.

Da sich die Kundenerwartungen weiterentwickeln und neue Anlagethemen auftauchen, sind die Berater in der Lage, ihre Kunden durch diese Komplexitäten zu führen und in den kommenden Jahren sowohl Widerstandsfähigkeit als auch Wachstum zu gewährleisten.

Foto: AdobeStock / Pormezz

 

 

Haben nachhaltige Investments noch eine Zukunft?

Sorgen rund um die grüne Energiewende hält man bei DNB AM für übertrieben.

Raja Korinek. Der Wahlsieg Donald Trumps hat deutliche Spuren an den Börsen hinterlassen. US-Technologietitel legten kräftig zu, während zahlreiche Aktien aus der erneuerbaren Energiebranche teils stark an Wert verloren. So liegt etwa beim dänischen Windkraftanlagenbauer Vestas Wind Systems das Minus auf drei Monate bei rund 33 % (per 11.12. auf Eurobasis), beim Konkurrenten Ørsted bei minus 13 %.

Und Trump hat bereits angekündigt, wieder verstärkt auf die Förderung fossiler Brennstoffe setzen zu wollen. Die Sorge ist groß, dass der Ausbau erneuerbarer Energien deshalb ins Hintertreffen geraten könnte.

Beide Unternehmen sind dabei Teil des „DNB Fund – Renewable Energy Fonds“ von DNB AM. Christian Bergholt Rom, leitender Portfoliomanager, geht auf die jüngste Sektor-Entwicklung im Gespräch mit dem Börsen-Kurier näher ein und meint, allein bei Ørsted seien zwei Faktoren zusammengekommen. „Bei Ørsted war der Zeitpunkt unglücklich. Einen Tag nach Veröffentlichung des Berichts zum 3. Quartal, der schwächer als der Marktkonsens ausfiel, kündigte Donald Trump obendrein an, den Ausbau des Offshore-Windsektors in den USA zu stoppen.“ Das dänische Unternehmen ist auch in der Region mit Offshore-Windprojekten tätig.

Windkraft mit reichlich Potenzial
Das Schlimmste könnte dem Experten zufolge aber ausgestanden sein. „Auf dem aktuellen Niveau preist die Aktie dabei ein begrenztes zukünftiges Wachstum ein, obwohl das Unternehmen genügend Projekte erhalten hat, um sein Ziel für 2030 zu erreichen.“ Für das Investitionsszenario seien keine neuen US-Projekte erforderlich. Überhaupt räumt Rom dem gesamten Sektor noch reichlich Potenzial ein und sagt, „die Offshore-Windindustrie befindet sich in den Kinderschuhen, und Offshore-Windenergie hat sich in Ländern, in denen die Branche wächst, als wettbewerbsfähig erwiesen“.

Als globaler Fonds wird etwa auch in Sunrun aus den USA investiert. Das Unternehmen sei als Marktführer bei der Installation und dem Besitz von Solaranlagen und Batteriespeichern für Wohngebäude in den USA gut positioniert, betont Rom. Doch was, wenn Trump womöglich den Inflation Reduction Act (IRA) stoppt? Das Gesetz wurde vom amtierenden US-Präsidenten Joe Biden 2022 initiiert, um vor allem die sogenannte „grüne Wende“ in den USA zu forcieren.

IRA wird bleiben
Rom rechnet nicht mit einer vollständigen Aufhebung. „Der Anteil der Investitionen und Arbeitsplätze, die durch den IRA geschaffen wurden, war in den republikanischen Bundesstaaten stärker spürbar, was dazu führte, dass sich mehrere Republikaner für den IRA ausgesprochen haben.“ Zudem hatte Trump Steuergutschriften für Investitionen in erneuerbare Energien in seiner vorigen Amtszeit verlängert. „Drittens ist grundsätzlich die Stromnachfrage in den USA in den vergangenen zwölf Monaten um 3 % gestiegen und dürfte etwa aufgrund der Nachfrage nach KI-Rechenzentren weiter steigen.“

Die weltweit führende Rolle beim Ausbau der „Erneuerbaren“ übernimmt jedoch China. Zwar gehe man davon aus, dass die westliche Welt angesichts geopolitischer Spannungen weiterhin an der Verlagerung von Aktivitäten in diese Sektoren arbeiten werde. Vor allem die EU möchte energieautarker werden. „China wird aber wahrscheinlich die Marktführerschaft beibehalten.“

Nebst dem Thema Energie gibt es im Übrigen zwei weitere Kernbereiche im genannten Fonds von DNB Asset Management: die Elektrifizierung und die Ressourceneffizienz.

Foto: AdobeStock / fotobi

 

 

Wird Künstliche Intelligenz zum Klimakiller?

Betreiber räumen ein, dass der KI-Boom ihre CO2-Emissionen deutlich erhöhen wird.

Andreas Dolezal. Als das US-Softwareunternehmen OpenAI sein Large-Language-Modell namens ChatGPT vorstellte, war der unmittelbar einsetzende Hype bombastisch. Künstliche Intelligenz (KI) in Form solcher leistungsfähigen Sprachmodelle trat an, um die Welt von Grund auf zu verändern. Dass KI dies in vielen Anwendungsbereichen schaffen wird, bestreitet niemand mehr. Der KI-Boom hat auch die Börsenkurse von Microsoft, Amazon, Google (Alphabet) und insbesondere Nvidia in lichte Höhen getrieben. Den Preis dafür bezahlen zunehmend Klima und Umwelt.

Enormer Ressourcenverbrauch
Mit steigender Nutzung von KI werden mehr und mehr Server-Farmen aus dem Boden gestampft, die immer größere Mengen an wertvollen Ressourcen, allen voran Strom und (Kühl-)Wasser, benötigen. Große, moderne Rechenzentren verbrauchen täglich bis zu eine Million Liter Wasser – oft Trinkwasser, da das Aufbereiten von Nutzwasser die Betriebskosten erhöhen würde. In der trockenen Region Aragonien, wo die meisten Rechenzentren Spaniens stehen, herrscht bereits Wassernotstand.

Suchmaschinen wie Google, Bing & Co. optimieren die Ergebnisse von Abfragen zunehmend mit KI. Jede kleine Suche nach Kochrezepten, Sportergebnissen, Promi-News, Flugtickets, Bettwanzen (Platz 9 im deutschen Google-Such-Ranking 2023) usw. lässt energiehungrige Prozessoren heiß laufen. Nach Berechnungen der Internationalen Energieagentur (IEA) verbraucht eine KI-basierte Suche etwa zehn Mal mehr Energie als eine simple Google-Suche. Der Strombedarf von KI wird laut einer Prognose der US-Investmentbank Goldman Sachs bis 2030 um 160 % steigen.

Steigende CO2-Emissionen
Noch im Jahr 2020 versprach Microsoft bis zum Jahr 2030 nicht nur klimaneutral, sondern sogar klimanegativ zu werden (also mehr CO2 aus der Atmosphäre zu entnehmen als das Unternehmen verursacht). Von diesem Ziel hat sich Microsoft im aktuellen Nachhaltigkeitsbericht verabschiedet. Durch den Ausbau von Rechenzentren (Zement, Stahl, Mikrochips) und deren betriebsbedingten Schadstoffemissionen (Strom) ist das Ziel der Klimaneutralität nicht zu halten.

Ähnlich ergeht es im Wettlauf um die KI-Führungsrolle Amazon, Meta und Google (Alphabet), dessen Stromverbrauch sich in den vergangenen fünf Jahren fast verdoppelt hat. KI verhagelt den großen US-Internetriesen die Klimabilanz.

Renaissance der Atomkraft
Microsoft hat einen Deal mit dem Betreiber des US-Atomkraftwerks Three Mile Island in Pennsylvania eingefädelt (wo es 1979 in einem Reaktorblock durch teilweise Kernschmelze zu einem „ernsten Unfall“, der folgenschwersten Nuklear-Katastrophe der US-Geschichte, kam). Ein stillgelegter Reaktorblock soll reaktiviert werden, Microsoft garantiert die Stromabnahme für die nächsten 20 Jahre. Als Teil der Vereinbarung soll das Kraftwerk in „Crane Clean Energy Center“ umbenannt werden.

Google und Amazon beteiligen sich mit Investments in Milliardenhöhe an der Entwicklung und dem Bau von kleinen modularen Reaktoren (SMR), von denen der erste 2035 ans Netz gehen soll.

Verfehlte Klimaziele
Der KI-Boom konterkariert die Klimaziele der Protagonisten. Klimaneutralität ist kein Thema mehr. Dazu gesellt sich die Kritik an der Rückkehr zur Atomenergie. Wissenschaftler und Umwelt-NGOs weisen auf die ungeklärten Fragen zur Sicherheit, zum Rückbau und zur Endlagerung des Atommülls hin. Ob Künstliche Intelligenz den Raubbau an Ressourcen und Klima tatsächlich wert ist, wird davon abhängen, wofür wir sie nutzen.

Foto: Pixabay / flutie8211

 

 

Alternative Wasser-Investments

Mit Aktien und Zertifikaten in das Dauerthema investieren.

Michael Kordovsky. Laut „The United Nations World Water Development Report 2024“ von der Unesco mit dem Titel „Water for prosperity and peace“ hatten im Jahr 2022 2,2 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sicher bewirtschaftetem Trinkwasser. Zunehmender Wasserstress bedroht das Wirtschaftswachstum und die Ernährungssicherheit der Welt: Wird eine bessere Wasserbewirtschaftung nicht umgesetzt, könnten sich die daraus resultierenden Verluste in Indien, China und Zentralasien bis 2050 auf 7 bis 12 % und in weiten Teilen Afrikas auf 6 % des Bruttoinlandsproduktes summieren, so die Global Commission on Adaption. Entsprechend sollte auch der globale Wassermarkt bestehend aus Wasserversorgung, Abwasserentsorgung/Aufbereitung laut einer Studie von Fortune Business Insights von 2023 bis 2032 um 7,5 % auf umgerechnet 588,4 Milliarden Euro (EUR/USD: 1,05) wachsen. Zu den Top-Unternehmen der Branche zählen Veolia, Suez und Xylem.

Aktien-Basisinvestments und ein Bonus-Zertifikat
Die französische Suez S.A. bietet Managementlösungen für den Wasserkreislauf, Recyling und Abfallverwertung und Lösungen für die Wasseraufbereitung. Allerdings macht der Recycling-Bereich den Löwenanteil des Geschäfts aus.

Veolia wiederum ist in den Bereichen Entsorgung, Wasser und Energie tätig. In den ersten neun Monaten 2024 machte der im Konzern am stärksten wachsende Wasserbereich 41 % des Umsatzes aus. Das Unternehmen zeigt Wachstumsdynamik: Von 2019 bis 2023 stieg der freie Cashflow um 8,2 % p.a. auf 1,68 Milliarden Euro, und wirft man einen Blick auf den Schätzungskonsens unter finanzen.at, dann sollte von 2024 bis 2027 der Gewinn/Aktie um 8,7 % p.a. wachsen, weshalb das für 2025 geschätzte KGV bei einem Kurs von 27,86 Euro bei 12,4 liegt. Hier ist noch Luft nach oben. Wer auch in einer Seitwärtsbewegung verdienen möchte, findet in dem Bonus-Cap-Zertifikat auf Veolia Environnement S.A. von Vontobel mit letztem Bewertungs- und Handelstag am 19.12.2025 eine Alternative. Die Rückzahlung erfolgt am 30.12. 2025. Das Produkt ist mit einem Sicherheitslevel von 24 Euro und einem Cap von 34 Euro ausgestattet. Der Anleger partizipiert an der Entwicklung des Basiswertes, die Rückzahlung ist allerdings auf maximal 34 Euro begrenzt. Notiert der Basiswert während des Beobachtungszeitraums von 21.11.2024 bis 19.12.2025 nie auf oder unter dem Sicherheitslevel, wird am Ende der Laufzeit mindestens der Bonusbetrag von 34 Euro und maximal der Höchstbetrag (in bar) ausbezahlt.

Als Wasseraufbereitungsunternehmen besonders interessant ist Xylem, das zudem ein Spezialist zur Erkennung von Lecks in Rohrleitungen ist. Das Unternehmen zeichnet sich bei zwischenzeitlichen Ertragsschwankungen tendenziell durch einen Wachstumstrend aus und Analysten trauen dem Unternehmen (laut Konsens unter finanzen.at) von 2024 bis 2028 ein Gewinnwachstum/Aktie von 9,9 % p.a. zu, weshalb ein für 2026 geschätztes KGV von 22,8 noch akzeptabel ist.

Ein interessantes Spezialunternehmen ist auch Mueller Water Products, ein führender Hersteller und Vermarkter von Produkten und Dienstleistungen für die Übertragung, Verteilung und Messung von Wasser in Nordamerika. Das Produkt- und Dienstleistungsportfolio umfasst technische Armaturen, Hydranten, Produkte für Rohranschlüsse und -reparaturen, Messgeräte, Lecksuchgeräte, Produkte für die Zustandsbeurteilung von Rohrleitungen, Druckmanagementprodukte und Softwaretechnologie, die wichtige Wassersystemdaten liefert. Das Unternehmen zeigte in den vergangenen Jahren kontinuierliche Umsatzzuwächse bei tendenzieller Gewinnsteigerung – ein Trend, der sich auch zukünftig weiter fortsetzen sollte.

Wasser-Index-Zertifikat
Breit und gezielt abgedeckt werden kann die Wasserthematik beispielsweise mit einem von der Société Générale emittierten Zertifikat auf den World Water Index, nämlich dem aktuell 32 Aktien abdeckenden Unlimited Index-Zertifikat auf den „World Water Market Cap Adjusted Index“ (in EUR – Net Total-Return), das eventuelle Nettodividenden der Indexmitglieder reinvestiert nach Abzug der Kosten ohne Laufzeitbegrenzung eins zu eins abbildet. Die Auswahl der bereits unter ESG-Aspekten vorselektierten Aktien erfolgt auf Grundlage eines quantitativen Modells des ESG-Research-Teams von RobecoSAM, wobei die einzelnen Unternehmen mindestens 40 % ihres Umsatzes in einem oder mehreren der drei Sektoren Wasserversorgung, Wasserinfrastruktur und Wasseraufbereitung erwirtschaften müssen. Es gibt noch eine Mindest-Marktkapitalisierung von 500 Millionen Euro. Achtung: Zertifikate unterliegen einem Emittentenrisiko!

Foto: C.M. Pirch

 

 

Wandelt sich die Anlegermoral?

Wandelt sich die Anlegermoral beim Thema Rüstung? (11.12.)

Franz Jahn. Ändern sich die Zeiten, ändern sich auch die Ansichten. Noch vor wenigen Jahren galten Investments in Rüstungsunternehmen als unmoralisch und wurden deshalb abgelehnt. Nun dürfte sich das Blatt zumindest bei einem Teil der Investoren gewendet haben. Dennoch stehen Investments in Rüstungsunternehmen bei vielen Kapitalanlagegesellschaften noch auf der „Black List“. Teils weil das in selbst auferlegten freiwilligen Verpflichtungen festgelegt ist, teils auch, weil dies wegen der Erlangung diverser Nachhaltigkeits-Gütesiegel zwingend erforderlich ist bzw. war. So etwa verlangte das bekannt strenge Österreichische Umweltzeichen ÖGUT UZ 49 in der Fassung vom 12. Jänner 2020 noch den definitiven Ausschluss von Unternehmen, die konventionelle und/oder kontroversielle Rüstungsgüter erzeugten oder handelten. Doch auch die Juroren des Österreichischen Umweltzeichen „gehen mit der Mode“ und schwächten in der seit 1. Jänner 2024 geltenden neuen Fassung die Richtlinien bedeutend ab. Neuerdings sind nur mehr Unternehmen, die kontroversielle Waffen und/oder wesentliche Komponenten dafür herstellen verpönt. Demnach sind Investments in klassische Rüstungsunternehmen als „nachhaltige Finanzprodukte“ deklariert. Diese erinnert an die überraschende Kehrtwende der Europäischen Union, die in letzter Minute vor Inkrafttreten des Green-Deals die Erzeugung von Nuklearenergie kurzerhand als nachhaltig im Sinne der EU-Taxonomie definiert hat.

Wer in den vergangenen Jahren bewusst in nachhaltige Investmentfonds gemäß Artikel 9 der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) investiert hat, könnte mit seinem Geld bald unabsichtlich Waffenproduzenten finanzieren. Dem zugrunde liegt die aktuelle politische Entwicklung, die eine gewisse Flexibilität bei der Definition moralischer Werte mit sich bringt. In den seit 14. Mai 2024 geltenden Leitlinien der ESMA (European Security and Markets Authority) sind nur mehr jene Investmentfonds nicht nachhaltig, die in Unternehmen investieren, die an Aktivitäten in Zusammenhang mit umstritteneren Waffen beteiligt sind.

Dieser Meinungsumschwung kommt natürlich nicht von ungefähr. Da viele Banken und (institutionelle) Investoren Waffenproduktion als ein Ausschlusskriterium definiert haben, geht der Rüstungsindustrie das Geld aus, obwohl es jetzt mehr denn je nötig ist. Investoren, die sich dennoch für Rüstungsaktien entschieden haben, verweisen auf eine sehr gute Wertentwicklung. „Rüstungs-abstinente“ Fonds haben sich im Vergleich zur Benchmark oft schlechter entwickelt. Immer mehr Anlegerinnen und Anleger schwanken zwischen moralisch korrekten Investments alter Definition und der Verlockung mit boomenden Rüstungsunternehmen den Anlageerfolg aufzubessern. Namhafte Investmentfonds greifen die Lockerung der Regulatorik auf und bauen ihre Exposures in Rüstungsunternehmen sukzessive aus. Experten der ethisch korrekten Vermögensverwaltung können dem Meinungsumschwung nichts abgewinnen. Wer nach ethisch sauberen Kriterien investieren möchte, sollte den Prinzipien weiterhin treu bleiben und nicht der Gesinnungsethik verfallen.

Investoren, die die nötige Flexibilität bei den persönlich definierten Anlagekriterien mit sich bringen, dürften dank staatlicher Investitionsprogramme in den nächsten Jahren von den Anlagechancen in der Rüstungsindustrie profitieren.

Autor Franz Jahn, MBA ist Mitglied im Beirat des IVA – Interessensverband für Anleger

Outperformance der Magnificent Seven könnte 2025 ein Ende haben

Ein Kommentar von Stephen Dover, Head of Franklin Templeton Institute

(09.12.) Nach mehreren Jahren mit soliden Renditen bei globalen Aktien-, Renten- und alternativen Strategien stellt sich die Frage, ob 2025 eine Wiederholung dieser Performance möglich ist.

Weltweit bieten positive Fundamentaldaten für Wachstum, Inflation und Zinssätze sowie das Fehlen signifikanter Ungleichgewichte oder Kreditfehlallokationen günstige Voraussetzungen für positive Renditen in den meisten Anlageklassen und Regionen. Insbesondere die Wiederwahl von Präsident Donald Trump, begleitet von einem „sauberen Durchmarsch“ der Republikaner, der der Partei die Mehrheit in Senat und Repräsentantenhaus der USA beschert hat, dürfte den Märkten bis 2025 starken Auftrieb geben. Wir glauben, dass ertragsfreundliche Steuersenkungen und Deregulierungen, begleitet von unterstützenden makroökonomischen Fundamentaldaten, die Voraussetzungen für solide Renditen schaffen sollten.

Was bedeutet solide? Wahrscheinlich nahe den langfristigen Durchschnittswerten im oberen einstelligen Bereich, einschließlich Dividenden. Die vorherrschenden Bewertungen (die relativ hoch sind) und die historisch hohe Rentabilität (bei fast allen Kennzahlen) deuten darauf hin, dass die zweistelligen Renditen der letzten zwei Jahre wahrscheinlich nicht in Sicht sind.

Darüber hinaus sind zwei Vorbehalte zu beachten. Erstens erfordert eine Fortsetzung der außergewöhnlichen Renditen am US-Aktienmarkt der letzten zwei Jahre eine breitere Marktbeteiligung. Eine enge Führung muss ausgewogeneren Renditen weichen. Diese Rotation ist in den letzten sechs Monaten im Gange, wenn auch nur zögerlich. Jetzt ist eine dauerhafte Rotation erforderlich. Zweitens: Eine Kombination aus stärkerer US-Nachfrage, die auf steigende Unternehmensinvestitionen, Steuersenkungen und eine Lockerung der Finanzpolitik zurückzuführen ist, geht möglicherweise nicht mit einer Erhöhung der Angebotsseite der Wirtschaft einher, insbesondere wenn eine Kombination aus Zöllen und Einwanderungsbeschränkungen den ausländischen Waren- und Arbeitskräftezufluss verringert. Die Unterstützung, welche die Aktienmärkte durch sinkende Inflation und sinkende Zinssätze erhalten haben, könnte in den nächsten zwölf bis 24 Monaten nachlassen. Dies ist ein Risikofaktor, den Anleger unserer Meinung nach bei allen Aktien- und festverzinslichen Portfoliobeständen berücksichtigen sollten.

Dementsprechend ist eine der wichtigsten Schlussfolgerungen unseres Ausblicks, dass Anleger der Portfoliokonstruktion mehr Bedeutung beimessen müssen. In Zeiten steigender Märkte kann man leicht die Bedeutung eines angemessenen Risikomanagements aus den Augen verlieren. Während wir zu neuen Rendite- und Risikoquellen übergehen, werden Anleger daran erinnert, wie wichtig Ausgewogenheit und Diversifizierung in ihren Portfolios sind.

US-Markt wird führend bleiben
Bei den globalen Aktien haben die USA in den letzten Jahren andere wichtige Märkte übertroffen, angeführt von einigen wenigen Unternehmen mit Megakapitalisierung im Technologiesektor – den sogenannten Magnificent Seven. Wir glauben jedoch, dass diese Outperformance wahrscheinlich bald ein Ende haben wird. Die führenden Technologieunternehmen sind inzwischen in vielen Portfolios vertreten und bieten keine überzeugenden Bewertungen.

Mit Blick auf die Zukunft erfordert eine anhaltend starke Aktienperformance die Einbeziehung von Aktien, Sektoren und Regionen, die derzeit nicht im Trend liegen. Dies wird sich am ehesten in den USA entwickeln, wo steigende Unternehmensgewinne nach Steuern die Performance auf dem gesamten Markt steigern dürften. Dies ist in der Tat bereits im Gange.

In anderen Ländern ist dies weniger sicher, obwohl in China die Entscheidung, die heimische Wirtschaft stärker finanziell, steuerlich und geldpolitisch zu unterstützen, den chinesischen Aktienmarkt zu Recht beflügelt hat.

Die Schlussfolgerung ist, dass Wachstum, Gewinne und Bewertungen wahrscheinlich positive Renditen auf den globalen Aktienmärkten erzielen werden, wobei der US-Markt erneut führend sein wird. Wir glauben, dass im nächsten Jahr die Führungsposition auf den globalen Aktienmärkten weniger von Mega-Cap-Technologieunternehmen ausgehen wird, sondern stattdessen durch eine Rotation in andere Sektoren.

Ähnliche Katalysatoren sind auf den europäischen, japanischen oder aufstrebenden Aktienmärkten zu beobachten. Japan hat in den letzten Jahren die durchschnittlichen Aktionärsrenditen durch eine Steigerung der Unternehmensrentabilität erhöht. Die japanische Wirtschaft verzeichnet jedoch nach wie vor ein geringes Wachstum, das durch die hohe Staatsverschuldung und die schlechte demografische Lage behindert wird. Auch Europa steht vor demografischen Herausforderungen, einem Krieg vor seiner Haustür und der Notwendigkeit, die Energiewende weg von instabilen Versorgungsquellen abzuschließen. Europa hat nicht den politischen Willen gezeigt, die Binnennachfrage durch konzertierte fiskal- oder geldpolitische Anreize anzukurbeln oder die durchschnittlichen Kapitalrenditen anderweitig zu steigern.

Die Schlussfolgerung ist, dass Wachstum, Gewinne und Bewertungen wahrscheinlich positive Renditen auf den globalen Aktienmärkten bringen werden, wobei der US-Markt erneut führend sein wird. Wir glauben, dass im nächsten Jahr die Führungsposition auf den globalen Aktienmärkten weniger von Mega-Cap-Technologieunternehmen ausgehen wird, sondern stattdessen durch eine Rotation in andere Sektoren.

Anleger in globale Aktien können auch wichtige Themen nutzen, um die Renditen ihres Portfolios zu steigern. Der Ausbau der Infrastruktur in den Bereichen Verkehr, Energie und Kommunikation ist weltweit nach wie vor dringend erforderlich und bietet daher potenzielle Wachstumsquellen. Der digitale Finanzsektor verspricht Katalysatoren für finanzielle Disintermediation, Innovation und Wachstum. Demografische Trends werden das Anhäufen und die Verwaltung von Vermögenswerten weiterhin begünstigen. Und die rasche Einführung künstlicher Intelligenz (KI) schafft enorme Möglichkeiten in fast allen Branchen, da diese KI in ihre Abläufe integrieren.

 

Wie turbulent wird das kommende Börsenjahr?

Vor allem Trumps Zollpläne verunsichern Anleger. Experten erklären, worauf es nun ankommt.

Raja Korinek. Der Staub rund um die US-Präsidenten-Wahl Donald Trumps hat sich gelegt. Luca Paolini, Chefstratege bei Pictet Asset Management (AM), hat dessen Folgen für die Weltwirtschaft analysiert. So dürfte die US-Wirtschaft im kommenden Jahr um 1,9 % wachsen, und damit leicht schwächer als heuer. Freilich, zu der Abschwächung dürften Trumps Zollpläne beitragen, meint Paolini. Sie sind mit 60 % auf chinesische Waren, sofern sie in dem Ausmaß kommen, besonders hoch angesetzt.

Für die Importe aus dem Rest
der Welt dürfte der Tarifsatz bis zu 20 % betragen – bis auf zwei Ausnahmen. So hat Trump angekündigt, bei Amtsantritt Zölle auf Waren aus Mexiko und Kanada mit 25 % zu belegen. „Er hat aber bewusst das Tor für Verhandlungen bis zu seinem Amtsantritt offengelassen“, ergänzt Michael Weidner, Geschäftsführer und Co-Head of Global Fixed Income bei Lazard Asset Management (AM). So gebe es die Chance auf eine Entkräftung, meint Weidner.

Weniger Steuern und Regulierung
Paolini verweist auf weitere Vorhaben, zu denen Steuersenkungen sowie die Deregulierung zählen. Dies könnte dem Pictet-AM-Profi zufolge für einen Schub der Wirtschaft sorgen und negative „Zolleffekte“ dämpfen. Auch auf den Börsen scheinen solche Pläne anzukommen. Allein die Aussicht auf niedrigere Unternehmenssteuern haben den US-Märkten weiteren Rückenwind nach dem Wahlausgang verpasst, hebt Lazard-Experte Weidner hervor.

Doch wie könnte sich die Eurozone entwickeln? Vor allem aus Deutschland mehren sich negative Meldungen. „Aber im gesamteuropäischen Kontext inklusive Südeuropa ist das Wachstum ordentlich“, so Weidner von Lazard AM. Konkrete Prognosen liefert Pictet AM: So dürfte die Region 2025 um 1,2 % wachsen, nach einem geschätzten Plus von 0,8 % im laufenden Jahr. Die Schwellenländer könnten 2025 gar um gut 4,3 % wachsen, die Weltwirtschaft um 2,8 %.

Hohe Bewertungen an den Börsen
Doch wie sieht die Lage auf den Kapitalmärkten aus? Schließlich haben zahlreiche Aktienindizes neue Rekordhochs erreicht ebenso wie der Goldpreis. Und der Zinsaufschlag von Unternehmensanleihen gegenüber Staatsanleihen ist extrem niedrig, hält Paolini fest. „Solch ein Umfeld gab es zuletzt 2007.“ Darauf folgte die Finanzkrise. Noch will der Pictet-AM-Chefstratege die Entwicklung nicht überbewerten. Solange sich die makroökonomischen Aussichten nicht verschlechterten, gebe es keine Gefahr größerer Korrekturen.

Auch die Unternehmensgewinne dürften 2025 weiter steigen. Während die Konsens-Schätzungen von einem Plus von 13 % ausgehen, ist man bei Pictet AM vorsichtiger. Dort liegen die Schätzungen bei 7 %. Insgesamt sei man bei Aktien noch immer übergewichtet, insbesondere mit US-Titeln. Zwar sei das Kurs-Gewinn-Verhältnis beim S&P 500 von zuletzt 23 recht stattlich. „Doch erst ab einem Niveau von 25 werden US-Aktien besonders teuer“, betont Paolini. Dann würde man in europäische Werte umschichten, die derzeit sehr günstig seien.

Mögliche Kurskatalysatoren könnten Friedensverhandlungen der Ukraine mit Russland sein, meint Paolini. Er zählt auch positive Signale aus Deutschland dazu, etwa dann, wenn die Schuldenbremse gelockert würde und Investitionen erhöht würden. Und wie sieht es bei den Bonds aus? Hier bevorzugt Paolini Staatsanleihen aus Großbritannien, kurz laufende Hochzinsanleihen aus der Eurozone – die Verzinsung sei interessant, die Ausfallquote gering – und Schwellenländeranleihen.

Foto: AdobeStock / Amgun

 

 

Erstrahlt Silber bald in neuem Glanz?

Der jüngste Kursrücksetzer könnte Chancen bieten: Experten sehen weiteres Potenzial.

Raja Korinek. Die glänzende Kursentwicklung bei Gold hatte zuletzt für reichlich Schlagzeilen gesorgt, auch da die Notierung Ende Oktober ein Rekordhoch von 2.785 USD je Unze erreichte. Die Gründe waren vielfältig, zu denen etwa die steigende Unsicherheit rund um die damals anstehende US-Präsidentschaftswahl zählte. Schließlich war die Sorge groß, dass sich ein klares Ergebnis nach den Wahlen einmal mehr hinauszögern und von Konflikten begleitet sein könnte. Als Donald Trump rasch zum Sieger erklärt wurde, spiegelte sich die Erleichterung auch im Goldpreis wider. Dieser gab daraufhin ein gutes Stück nach.

Ein Kursplus trotz Rücksetzer
Doch der Aufwind dürfte noch nicht zu Ende sein, ebenso wenig wie beim Silberpreis. Dieser erreichte am 23. Oktober ein Zwölf-Jahres-Hoch von 34,90 USD je Unze und korrigierte danach ebenso. Doch allein auf ein Jahr betrachtet, liegt die Wertentwicklung noch immer bei Plus knapp 28 % (per 5. Dezember). So gibt es schließlich noch weitere preistreibende Faktoren: „Unterstützung erhält das graue Edelmetall ebenso wie Gold von den bereits erfolgten Zinssenkungen sowie der Aussicht auf weitere Senkungen“, konstatiert Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch.

So gelte Silber trotz seiner hohen industriellen Verwendung auch als Anlagemetall. Knapp weniger als ein Drittel der globalen Nachfrage kommt dabei von Investoren. Zum Vergleich: Das gesamte Angebot erreichte 2023 laut US-Branchendienstleister Silver Institute gut 29.000 Tonnen.

Der Rest der Nachfrage entfällt zu einem Teil auf Schmuck, zu einem weitaus größeren Teil von rund 45 % jedoch auf die industrielle Verwendung. Sie nimmt dabei stetig zu, betont Fritsch. „Treiber ist die Nachfrage für elektrische und elektronische Anwendungen, insbesondere seitens der Photovoltaik und der E-Mobilität.“ So wird im Schnitt pro Strombolide ein Vielfaches an Silber im Vergleich zu Verbrenner-Autos benötigt. Immerhin gilt Silber als sehr leitfähig und korrodiert nicht.

Photovoltaik braucht Silber
Auch der Ausbau der Solarkraft schreitet weltweit zügig voran. So betrug 2023 laut Statista die weltweit kumulierte installierte Nennleistung der Photovoltaikanlagen rund 1.600 Gigawatt. Dazu wurden zuletzt gut 239 Gigawatt Leistung neu installiert, wodurch ein Rekordhoch erreicht wurde. In Asien wurden die meisten Kapazitäten neu geschaffen, gefolgt von Europa und Nordamerika. Zum Vergleich: Noch im Jahr 2013 lag die kumulierte Nennleistung bei 140 Gigawatt. Dies geht ebenfalls aus den Daten von Statista hervor.

Die Preishausse dürfte Fritsch zufolge jedenfalls noch nicht zu Ende sein. Er nennt in diesem Zusammenhang konkrete Prognosen: „Wir rechnen damit, dass der Preis bis Mitte nächsten Jahres auf 32 USD und bis Ende 2025 auf 33 USD je Feinunze steigt.“ Damit würde der Silberpreis auch gegenüber dem Goldpreis etwas an Boden gutmachen, analysiert der Experte.

Chancen mit Zertifikaten
Anleger können auf die weitere Kursentwicklung von Silber beispielsweise mit Indexzertifikaten setzen. Ein solches Produkt bietet etwa die Société Générale (ISIN: DE000SQ8PTS2). Jedoch tragen Anleger bei diesem Zertifikat sowohl das Kurs- als auch das Währungsrisiko.

Wer zumindest Letzteres ausschalten möchte, kann einen Blick auf das währungsgesicherte Indexzertifikat auf Silber von der UniCredit (DE000HV2XAG0) werfen. Jedoch müssen Anleger bedenken, dass die Währungsabsicherung ein wenig kostet.

Foto: Pixabay / Geizkragen69

 

 

Renditen von acht Prozent locken

Dividendenstarke Bankenaktien der Eurozone machen es möglich.

Michael Kordovsky. Was haben Banken als Dividendenbringer mit dividendenstarken Stromversorgern und Pipeline-Unternehmen gemeinsam? Sowohl diese Unternehmen als auch Banken generieren wiederkehrende Cashflows. Im Falle der Banken sind es Kreditraten inklusive Zinsen sowie Depot- und Kontoführungsgebühren. Welche Dividendenzahlkraft daraus resultieren kann, machte eine am 22. November von Globe Newswire verbreitete Aussendung mit dem Titel „Intesa Sanpaolo ist die führende Bank der Eurozone für die Schaffung von Aktionärswert“ bewusst. Obwohl der Börsen-Kurier derartige Aussagen mit einer gesunden Portion Skepsis betrachtet, geht beispiels-weise aus der Aussendung hervor, dass die kumulierte Dividendenrendite der Intesa Sanpaolo seit Anfang 2014 bei 98 % liegt, verglichen mit 81 % bei Nordea, je 63 % bei ING und Crédit Agricole sowie 51 % bei BNP Paribas. Laut dieser Aussendung erzielte die Intesa Sanpaolo seit Anfang 2014 eine gesamte Performance (inklusive Dividenden) von 205 % – verglichen mit je 125 bzw. 121 % bei Nordea und Crédit Agricole.

Intesa Sanpaolo überzeugt mit Effizienz
Fakt ist, dass die Intesa Sanpaolo in den Jahren 2021 bis 2023 70 % ihres Nettogewinnes ausgeschüttet hat – und bei zwischenzeitlichen Dividendenschwankungen in der Lage war, die Dividendenausschüttung pro Aktie von 2010 bis 2023 von 0,08 auf 0,296 Euro zu steigern. Im gleichen Zeitraum konnte der Nettogewinn von 2,705 auf 7,724 Milliarden Euro gesteigert werden und in den ersten neun Monaten 2024 lag die Gewinnsteigerung bei 17,1 %. Mit einer Cost-Income-Ratio von nur rund 39 % ist das Institut in punkto Kosteneffizienz im europäischen Spitzenfeld. Der Peer-Group-Schnitt liegt bei knapp mehr als 53 %. Auf Basis der Dividendenausschüttung für 2023 von 29,60 Cent/Aktie liegt bei einem Kurs von 3,682 Euro die Dividendenrendite bei 8 %. Für die kommenden Jahre bis 2027 rechnen Analysten im Einklang mit einem kontinuierlichen Gewinnwachstum mit einer steten Dividendensteigerung. Angesichts eines für 2025 geschätzten KGVs von nur 7,2 hat die Aktie weiter Luft nach oben.

Weitere italienische Institute unter den Dividendenkaisern
Doch welche Institute der Eurozone überzeugen ebenfalls durch hohe Dividendenrenditen? Der Börsen-Kurier führte ein unabhängiges Marktscreening durch und gelangte dabei beispielsweise auch zur italienischen Banco BPM, die in den ersten neun Monaten 2024 mit fast 80 % Steigerung des Periodengewinnes starkes Earning-Momentum zeigt, während die Kapitalausstattung mit einer CET1-Ratio von 15,5 % grundsolide ist. Nach einer kräftigen Dividendenanhebung 2023 von 0,23 auf 0,56 Euro/Aktie liegt auf dieser Basis bei einem Kurs von 7,266 Euro die Dividendenrendite bei 7,7 %. Laut Analystenkonsens unter finanzen.at ist aber bei der Dividende noch Luft nach oben. Sollte ab 2025 das langfristig haltbare Niveau auf 0,67 Euro/Aktie steigen, wäre es bereits eine Dividendenrendite von 9,2 %.

Durch ein hohes Maß an Ertragskontinuität zeichnet sich auch die italienische Mediobanca aus, deren Nettogewinn im Geschäftsjahr 2023/24 (endete 30. Juni 2024) um 24,1 % gesteigert werden konnte. Das mit 13 % an der Generali-Versicherung beteiligte Institut deckt Investment Banking und Consumer Finance ab. Es war in der Lage, vom Finanzjahr 2014 bis zum Finanzjahr 2024 die Dividende pro Aktie von 0,15 auf 1,07 Euro zu steigern, wobei – außer im Jahr 2020 – jedes Jahr eine Dividende gezahlt wurde. Von 2024/25 bis 2026/27 sollte der Gewinn pro Aktie von 1,59 auf 1,79 Euro wachsen und das für 2024/25 geschätzte KGV liegt auf Basis eines Kurses von 13,58 Euro bei 8,5. Selbst wenn die Dividende gleichbleiben würde (Steigerungen von Analysten erwartet), liegt die aktuelle Dividendenrendite bei 7,9 %.

Ebenfalls über eine stabile Ertragslage kann sich die in Skandinavien ansässige Nordea freuen, die ein führender Finanzkonzern in der Region und dem Baltikum ist. Von 2020 bis 2023 stieg die Dividende pro Aktie von 0,72 auf 0,92 Euro und Analysten sehen in den kommenden Jahren noch Steigerungspotenzial. Selbst auf Basis einer gleichbleibenden Dividende würde bei einem Kurs von 10,90 Euro eine Dividendenrendite von 8,4 % resultieren.

Ebenfalls noch unter die soliden Bankaktien mit hoher Dividendenrendite fällt übrigens die heimische Bawag Group mit einer Dividendenrendite von 6,7 % (Kurs: 74,45 Euro).

Foto: AdobeStock / studio v-zwoelf

 

 

Die Kolumne der Anlegerschützer vom IVA

Das „alte Böse“ gibt‘s immer noch

Florian Beckermann. Unter diesem Titel könnte man eine Krimi-Serie führen oder eine Statistik. Diesmal wieder im Fokus: Vorstände und ihre Nebenbeschäftigungen wie Insiderhandel oder Bestechlichkeit. Als Aktionär wundert man sich zurecht: Wer macht das? Hohe Gagen reichen nicht? Aufsichtsräte seien gewarnt. Immer noch.

Diese Woche hatte drei Aufreger: Sinister liest sich das Projekt „Tango“ des Hugo-Boss Vorstandsvorsitzenden Daniel Grieder zusammen mit René Benko. Krone und News zitieren aus einem E-Mail-Verkehr zwischen beiden, wonach diese geplant haben sollen, die Kontrolle über die deutsche Modemarke zu erlangen. Lancierte Informationen über kursrelevante Ereignisse stehen ebenso in Rede. Die BaFin und die Staatsanwaltschaft in Deutschland ermitteln. Der Börsenkurs von Hugo Boss fiel seit Mitte 2023 um rund 50 % , zuletzt spontan rund 8 %.

Spektakulär geht es gerade beim bayrischen Freizeitfahrzeughersteller KnausTabbert zu (eine Aktie, die sich auch in Österreich einer gewissen Beliebtheit erfreut). Nach einer Razzia und der Inhaftierung von zwei Vorständen übernahm nun der Großaktionär Wim de Pundert die CEO- und CFO-Position. Die genannten Vorstände wurden mit sofortiger Wirkung entlassen. Sie sollen von Zulieferern Bestechungsgelder über 50.000 Euro angenommen haben. All dies bei Millionengehältern. Für alle genannten gilt natürlich die Unschuldsvermutung.

Der Skandal trifft das Unternehmen ungünstig: Der Campingsektor kämpft mit Problemen. Viele Händler haben hohe Lagerbestände, die finanziert werden müssen. Deshalb hält sich der Handel aktuell mit größeren Bestellungen zurück. Die Aktie verlor in den letzten sechs Wochen 56 % an Wert.

Quasi als Gegensignal verhängte die FMA eine noch nie da gewesene Strafhöhe gegen eine natürliche Person, Österreicher, Vorstand bei einem börsengelisteten, deutschen Unternehmen. Über Jahre hinweg beschäftigte sich dieser mit Insiderhandel in der klassischen Ausprägung. Im Zuge der Untersuchung gestand der Mann, dass er seine Kenntnis von nicht öffentlichen, kursrelevanten Informationen dazu genutzt hat, mit Aktien und Derivaten des Unternehmens zu handeln, bevor die Informationen mit Ad-hoc-Meldungen bekanntgegeben wurden. Insgesamt erzielte er durch die verbotenen Geschäfte einen Vorteil von 104.394,39 Euro in Form von Gewinnen sowie vermiedenen Verlusten. Dieser Vorteil wird von der FMA für verfallen erklärt und eingezogen. Zusätzlich wird für die Verstöße gegen die Bestimmungen von Insiderhandel eine Strafe in Höhe von 704.375 Euro fällig. Allein die siebenfache Strafhöhe des kriminell erlangten Vorteils sollte Abschreckung genug sein. Ein schwacher Trost für Aktionäre, deren Schäden weitaus größer sind. Die Frage nach dem „wie“ tangiert die Aufsichtsräte. Nicht nur in Bezug auf die Auswahl der geeigneten, integren Vorstände, sondern auch auf deren Tätigkeitsüberwachung. Die profane Gier kommt weiterhin in den höchsten Chefetagen vor. Aktionäre bestehen auf einem Null-Toleranz-Ansatz und einer glaubwürdigen lückenlosen Aufklärung – es ist ihr Geld. Aufsichtsräte sollten hier nicht nachlassen. Das gilt übrigens auch für „neues Böses“

 

 

Auf den Wandel der Weltwirtschaft setzen

Weshalb Demografie, Deglobalisierung und Dekarbonisierung die Zukunft bestimmen.

Raja Korinek. Die vergangenen Monate waren von reichlich Schlagzeilen rund um die US-Wahlen geprägt. Doch es gibt auch längerfristige Trends, die Anleger ebenso wenig außer Acht lassen sollten. Dazu zählt der britische Vermögensverwalter Schroders den sogenannten „3D Reset“. Gemeint sind die Themen Deglobalisierung, Demografie und Dekarbonisierung. „Die drei Trends haben unserer Ansicht nach massive langfristige Auswirkungen auf die Weltwirtschaft“, erklärt Saida Eggerstedt, Head of Sustainable Credit bei Schroders, im Gespräch mit dem Börsen-Kurier.

Globalisierung neigt sich zu Ende
Doch weshalb setzen die Schroders-Profis bei diesen „3Ds“ an? Eggerstedt geht auf die Themen näher ein. „Nehmen Sie zum Beispiel die Deglobalisierung. Die jahrzehntelange Globalisierung neigt sich dem Ende zu, die Welt wird zunehmend protektionistischer. Daraus ergeben sich aber auch attraktive Investmentchancen, die näher an den heimischen Gefilden liegen. Mit Donald Trump als nächsten US-Präsidenten könnten sich die Tendenzen verstärken.“

Die Dekarbonisierung trage hingegen zu einer grundlegenden Disruption bei, da Länder weltweit den Kampf gegen den Klimawandel vorantreiben. „Wir befinden uns im Übergang von einer Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen hin zu umweltfreundlicheren Energiequellen“, konstatiert Eggerstedt. Sie meint, dass sich diese Entwicklung fortsetzen werde, nicht zuletzt da die Volkswirtschaften mit größeren physischen Schäden durch höhere Temperaturen und unbeständigeres Wetter konfrontiert werden.

Überalterung als Herausforderung
Auch der demografische Wandel sollte nicht unterschätzt werden. So sei vor allem in vielen Industrieländern eine Überalterung zu beobachten. „Während die Babyboomer in den Ruhestand treten, gibt es in vielen Ländern nicht genügend junge Menschen, die sie auf dem Arbeitsmarkt ersetzen können. Dieser Arbeitskräftemangel könnte erhebliche Auswirkungen auf Inflation und das Wirtschaftswachstum haben, da die Löhne steigen werden.“ Zugleich ergeben sich Chancen, etwa in der Robotik bzw. der Automatisierung.

Insgesamt gestalten die drei „Ds“ die Investmentlandschaft neu, lautet das klare Fazit. Die Chancen nutzt Eggerstedt entsprechend, etwa im „Schroder ISF Sustainable Euro Credit Fund“ (ISIN: LU2080995587). Die Anlagephilosophie konzentriere sich auf eine dynamische Anpassung an die 3D-Herausforderungen, wie es vonseiten Schroders heißt. Bei der Nachhaltigkeitsanalyse spielen obendrein soziale und ökologische Faktoren eine Rolle. Dass jüngst deutsche Bundesanleihen darin am höchsten gewichtet wurden, hat einen handfesten Grund. „Wir haben einen Teil des Kapitals in kurzlaufende grüne deutsche Staatsanleihen geparkt, damit neue Kaufchancen genutzt werden können, die sich in einem Markt ergeben, der die geopolitische Volatilität zu spüren bekommen dürfte.“

Deutsche Börse: ESG-Daten im Fokus
Und wie passen etwa Bonds der Deutschen Börse zu solch einem Fonds? Zum einen würden auch ältere Bevölkerungsgruppen dazu animiert, Vermögen aufzubauen. Zum anderen stelle die Deutsche Börse reichlich ESG-Daten zur Verfügung, womit Eggerstedt auch den Bogen zur Deglobalisierung spannt. Selbst in Bonds von BMW wird investiert. „Der Konzern hat die Kreislaufwirtschaft in die unternehmenseigene Nachhaltigkeitsstrategie aufgenommen, somit die Dekarbonisierung einschließlich indirekter Emissionsreduzierung.“ Die 3-D-Chancen sind somit sichtlich vielfältig. Kursschwankungen können jedoch auch bei diesen Fonds nicht ausgeschlossen werden.

Foto: AdobeStock / Emanuel

 

 

Unternehmensanleihen als Renditebringer

Metis Invest zielt darauf ab, den Corporate-Bond-Index zu schlagen.

Roman Steinbauer. Höhere Renditen im Vergleich zu öffentlichen Anleihen lässt Privatanleger verstärkt den Blick auf Unternehmensanleihen (Corporate Bonds) richten.

Der Börsen-Kurier erkundete in einem Interview mit dem Geschäftsführer der Metis Invest GmbH, Bernhard Tollay (Foto; er managt die Veranlagungen in Zusammenarbeit mit Lukas Feiner), dessen aktuelle Markteinschätzungen und Ansätze zur Titel-Selektion. Die Profis der Metis verantworten als Tochtergesellschaft der Merkur Versicherung die Veranlagung der Gelder der gesamten Versicherungsgruppe. Metis verwaltet aktiv neben dem Versicherungsportfolio ebenso Corporate-Bond-Produkte und verschiedene Dachfonds.

Börsen-Kurier: Herr Tollay, festverzinsliche Finanzanlagen erfüllten heuer die Hoffnungen, die in sie gesetzt wurden. Aber wo setzt sich Metis langfristig eine Latte? Wo liegen die Ziele in der Sparte der Unternehmensanleihen?
Bernhard Tollay: Für unsere Strategie und unseren Erfolg ziehen wir als Benchmark den „iBoxx Euro Corporate Bond Index“ (dieser wird vom Finanzdienstleister IHS Markit erstellt, Anm.) heran, der mehr als 3.500 Anleihen von über 850 Unternehmen beinhaltet. 2023 schlugen wir diese internationale Messlatte um einen ganzen Prozentpunkt. Heuer liegen wir eben-falls bereits 0,6 % darüber. Damit befinden wir uns erneut über unserer selbst gesetzten Vorgabe einer jährlichen Outperformance von 0,5 %.

Börsen-Kurier: Die Zinskonditionen stellen einen wesentlichen Parameter für den Anleihenmarkt dar. Welchen Trend erwartet Metis hier als Rahmenbedingung für das erste Halbjahr 2025?
Tollay: In den USA sehen wir nur noch ein bis zwei kleine Leitzinssenkungen nahen. Dann dürfte das Abwärtspotential aber ausgereizt sein. Denn nicht nur höhere Importzölle werden einen gewissen Preisdruck aufrechterhalten, sondern auch zu erwartende Steuererleichterungen dürften dort die Konjunktur befeuern. In Europa hingegen ist durch die angeschlagene Wirtschaftslage mehr Spielraum gegeben. Da hat die EZB bis Mitte kommenden Jahres noch Spielraum, um Herabsetzungen bis auf ein Niveau von etwa 2,25 % vorzunehmen.

Börsen-Kurier: Aus welchen Staaten werden vorrangig Schuldverschreibungen der Unternehmen gewählt?
Tollay: Bei der Titelauswahl werden Papiere weltweiter Gesellschaften berücksichtigt, die aber alle in Euro notieren. Also, falls attraktiv, wählen wir auch Emittenten aus Übersee bzw. nicht dem Euroraum zugehörigen Staaten. Da es eben Euro-Anleihen sind, gibt es daher kein Währungsrisiko.

Börsen-Kurier: Welche Sektoren halten Sie derzeit für attraktiv? Wird beispielsweise auch die Rohstoffsparte berücksichtigt?
Tollay: Momentan favorisieren wir den Bankensektor, es sind aber auch bereits große Vertreter aus der Immobilienbranche wie beispielsweise Vonovia wieder interessant. Die Rohstoff-Konglomerate erreichen nicht die erforderlichen Vorgaben zur Nachhaltigkeit. Zyklische Industriesektoren wie Stahlproduzenten befinden sich wiederum in einem zu schwierigen Umfeld.

Börsen-Kurier: Ist bezüglich der Titelauswahl, der Bonitäten oder der Laufzeiten ein interner Rahmen vorgegeben? Wie sieht generell das Risikoprofil aus?
Tollay: Üblicherweise werden bei Metis Bonds mit Laufzeiten zwischen zwei und 15 Jahren erworben. Dabei sollte das Emissionsvolumen der einzelnen Produkte zumindest bei 500 Millionen Euro liegen. Dazu überwiegend mit Investment-Grade-Bonität, also von AAA bis BBB. In einer Strategie finden auch nachrangige Anleihen Eingang. Bei dieser werden dann auch Papiere mit erhöhtem Risiko (High Yield) in geringem Ausmaß mitberücksichtigt. Neben dem Risikoprofil haben inzwischen aber auch die jeweiligen Prozesse zur Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert.

Foto: Marija Kanizaj

 

 

Wird Rüstung jetzt nachhaltig?

Investments in Waffen, Panzer & Co. könnten bald anders eingestuft werden.

Andreas Dolezal. Nachhaltige Finanzprodukte verfolgen eine Anlagestrategie, die (idealerweise nachweisbaren) Nutzen für Klima, Umwelt und Gesellschaft erzielen soll, und schließen dabei bestimmte Wirtschaftsbereiche kategorisch aus. Verpönte Investments sind unter anderem solche in Nuklearenergie, fossile Brennstoffe sowie Waffen und Rüstung. Trägt ein nachhaltiges Finanzprodukt, beispielsweise ein „grüner“” Investmentfonds, das Österreichische Umweltzeichen, müssen Investitionen in Hersteller konventioneller und kontroversieller Waffen ausgeschlossen werden.

Nach Atomstrom und Gas jetzt auch Waffen?
Wie „situationselastisch“ die Kriterien für nachhaltige Investitionen auf EU-Ebene ausgelegt werden, zeigt sich daran, dass im Rahmen der EU-Taxonomie auch Atomstrom und Erdgas unter bestimmten Voraussetzungen als nachhaltig gelten können. Andauernde Konflikte auf europäischem Boden, globale geopolitische Krisenherde und der damit einhergehende Bedarf an Rüstungs- und Verteidigungsgütern lassen nun eine neue kontroverse Diskussion aufkeimen: Sollen Investments in Waffen, Panzer & Co. als nachhaltig eingestuft werden?

Sogar der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie e.V. erkennt bei dieser Frage ein grundsätzliches Problem, und spricht in einem Forderungspapier an die deutsche Bundesregierung von „schwieriger Vereinbarkeit“. Einerseits versuche die Rüstungsindustrie im Sinne der Nachhaltigkeit Umwelteinflüsse und das Nutzen problematischer Rohstoffe zu minimieren. Andererseits müsse die „Verteidigungsfähigkeit, die Sicherheit der Einsatzkräfte und die Effektivität der Produkte immer im Vordergrund stehen“.

Kapitalbedarf der Rüstungsindustrie
Viele Jahre lang holten die Armeen ihre Militärfahrzeuge und -flugzeuge, Raketenabwehrsysteme und Schusswaffen nur zu Übungszwecken aus Garage, Hangar oder Spind. Verluste und Verbrauch waren gering, Bündnispartner und Nachbarstaaten mussten nicht mit Kriegsmaterial unterstützt werden. Seit Beginn des Ukraine-Konflikts im Februar 2022 sind die Militärausgaben jedoch massiv gestiegen, jene der Nato-Staaten befinden sich Berichten zufolge sogar auf einem Allzeithoch.

Bereits am 15. Februar 2022 (also noch vor Beginn des Ukraine-Konflikts) betonte die EU-Kommission in einer Mitteilung über die europäische Verteidigung, dass im Rahmen der Initiativen für eine nachhaltige Finanzierung auch die europäische Verteidigungsindustrie ausreichenden Zugang zu Finanzmitteln und Investitionen benötigt. Im Dezember 2022 (also nach Monaten des Ukraine-Konflikts) anerkennt die Kommission die Notwendigkeit, dass insbesondere die Verteidigungsindustrie, die zur Sicherheit der europäischen Bürger beiträgt, ihren Zugang zu Finanzmitteln und Investitionen auch aus dem privaten Sektor sicherstellen muss.

Akzeptanz der Investoren
Erste (deutsche) Vertreter der Finanzbranche drängen darauf, dass nachhaltige Fonds auch in die Rüstungsindustrie investieren dürfen, wobei völkerrechtlich geächtete Waffen – wie Streubomben, Atomwaffen oder Landminen – auch weiterhin ausgeschlossen bleiben sollen. Selbst wenn die EU hier politisch zustimmt, werden viele Anleger – nicht nur nachhaltig orientierte – wohl dabeibleiben, dass Kriegsgüter aller Art nicht mit Nachhaltigkeit vereinbar sind. Zu groß sind das verursachte Leid der Soldaten und vertriebenen Menschen sowie die enormen Schadstoffemissionen, die kriegerische Handlungen und der Wiederaufbau verursachen.

Foto: Pixabay / benjaminwgr0

 

 

Wirecard-KapMuG: Attacke auf Braun und EY

Deutsches Kapitalanleger-Musterverfahren gegen Wirecard hat begonnen.

Florian Beckermann. Es sind nicht wenige österreichische Aktionäre, die im Rahmen des Wirecard-Skandals zu Schaden gekommen sind. Allein die Wiener Rechtsanwaltskanzlei von Eric Breiteneder vertritt mehr als 2.500 mit einer Schadenssumme im dreistelligen Millionenbereich (wirecards-claims.com). Teilweise diese und andere Geschädigte haben nun das deutsche Kapitalanleger-Musterverfahren (KapMuG) begonnen. Ihre eventuell vorhandenen Schadensersatzansprüche werden im KapMuG-Verfahren am Beispiel eines Musterklägers verhandelt. Die Klagen von 8.500 früheren Wirecard-Aktionären sind hier gebündelt. Hinzu kommen weitere 19.000 Anleger, die sich an dieses Verfahren angehängt haben. Insgesamt geht es um finanzielle Forderungen in Höhe eines einstelligen Milliardenbetrags.

Seit vergangenen Freitag wird es in einer Event-Halle des ehemaligen Flughafens München-Riem ernst: Erste große Fragestellung an das Gericht ist zunächst, was das Verfahren juristisch feststellen soll. Hierüber gibt es naturgemäß Streit. Über 2.500 Anträge auf Feststellungsziele vernebeln die Lage.

Musterbeklagter in diesem Verfahren ist neben Ex-Wirecard-Vorstandschef Markus Braun unter anderem EY (Ernst & Young, Deutschland). Das Wirtschaftsprüfungsunternehmen hatte viele Jahre die Geschäftszahlen des Aschheimer Dax-Konzerns geprüft und ein sogenanntes Testat ausgestellt. Ob ein solches Testat eine Kapitalmarktkommunikation darstellt und inwiefern EY deswegen überhaupt im Zuge des KapMuG-Verfahrens für eventuelle Schadensersatzforderungen herangezogen werden kann, ist offen. Mit dieser Frage wird sich der erste Zivilsenat des Gerichtes beschäftigen müssen. Eine Vielzahl von Aktionären hatte sich auf das Testat „verlassen“ und immer wieder wurde argumentiert, dass man ohne dieses nie investiert hätte. An dieser Stelle wurde die Causa durchaus emotional.

In der Verhandlung ließ das Gericht bereits durchblicken, dass es dazu noch keine feste Meinung hat. EY hat schon vor Beginn der mündlichen Verhandlung klargemacht, dass es Schadensersatz-Forderungen für unbegründet hält. Eine wegweisende Entscheidung ist zu erwarten.

Warum erst jetzt? Mitte 2023 waren in Deutschland die meisten Kläger mit der Verjährung konfrontiert. Erst nach dem relevanten Datum – exakt drei Jahre nach dem Zusammenbruch des Wirecard-Konzerns – war die Eröffnung eines solchen Verfahrens sinnvoll. Es gilt neben dem Strafverfahren gegen Braun und Co. als eines der wichtigsten Verfahren. Weitere Klagen sind hiervon jedoch nicht berührt.

Wie üblich zu Beginn der Verhandlung hat die Richterin zu einer gütlichen Einigung aufgerufen. Dies mag angesichts eines möglichen mehrjährigen Verfahrens gut gemeint sein. Einstweilen scheinen jedoch viele Anleger weiterhin erzürnt, ob der Causa Wirecard. Geschichten um den ehemaligen CFO und „Austro-Geheimagenten“ Jan Marsalek helfen wenig, die Gemüter zu beruhigen.

 

Erste Anzeichen einer Marktrotation: Worauf Anleger jetzt achten sollten

Ein Kommentar von Christophe Braun, Equity Investment Director bei Capital Group.

(26.11.) Nach den ersten Zinssenkunden durch die Federal Reserve (Fed) deutet vieles darauf hin, dass sich die langfristigen Wachstumstrends auf ein breiteres Spektrum von Unternehmen und Branchen auswirken könnten. Christophe Braun, Equity Investment Director bei Capital Group, erläutert, wo er die ersten Anzeichen einer Marktrotation sieht und worauf sich Anleger in diesem neuen Umfeld fokussieren sollten.

„Die Zinsschritte der Fed folgen auf eine lange Periode der Dominanz der Magnificent Seven, einer Gruppe von Mega-Cap-Tech-Unternehmen, von denen sechs mit KI zu tun haben“, so Braun. Unabhängig davon, ob die Nachrichtenlage gut oder schlecht war, schienen die Aktienkurse dieser Unternehmen nur zu steigen.

Aktuell scheine es so, als würden sich die langfristigen Wachstumstrends auf ein breiteres Spektrum von Unternehmen und Branchen auswirken. „Die aktuelle Stimmung am Markt wirft für Anleger eine wichtige Frage auf: Wird eine Verschiebung der Marktführerschaft in den kommenden Jahren das dominierende Thema sein? Oder werden die Magnificent Seven weiterhin den Löwenanteil der Renditen erwirtschaften?“, fragt der Experte.

Erste Anzeichen einer Marktrotation
Bereits seit Längerem habe es Anzeichen für eine breitere Marktbeteiligung gegeben. Ein Blick auf wichtige stilistische und geografische Indizes zeige, dass im dritten Quartal Dividendenzahler, Value-Unternehmen und internationale Aktien den breiten S&P 500 übertroffen hätten. Und der MSCI EAFE Index, ein breiter Maßstab für die internationalen Aktienmärkte, sei weit weniger konzentriert als der US-Markt.

„Das Marktumfeld hat uns gesagt, dass nur einige wenige US-Mega-Cap-Unternehmen hohe Bewertungen verdienen“, erläutert Braun. „Es gibt jedoch viele Unternehmen in allen Branchen auf den internationalen Märkten, die über hervorragende Geschäftsbereiche, starke und zuverlässige Cashflows und Gewinnwachstumspotenzial verfügen. Ich denke, dass die Anleger beginnen, ein breiteres Spektrum an Möglichkeiten zu erkennen.“

So habe beispielsweise der deutsche Softwareentwickler SAP, der als Verlierer galt, als US-Hyperscaler auf die Cloud setzten, inzwischen erfolgreich auf die Cloud umgestellt und sein Geschäft durch die Vereinfachung seiner Angebote ausgebaut. „Der Markt war skeptisch, ob SAP das durchziehen kann, aber das Unternehmen hat es geschafft und die Akzeptanz bei den Kunden ist explodiert“, resümiert Braun. „Manchmal sind es die grundlegenden Dinge, die den Unterschied ausmachen.“

Neben dem Technologiesektor würden auch Unternehmen wie der französische Triebwerkhersteller Safran von der weltweit steigenden Nachfrage nach Flugreisen profitieren. Das Unternehmen generiere auch wiederkehrende Einnahmequellen durch Service- und Wartungsverträge für Triebwerke.

Konzentration auf Erträge, Cashflow und Dividenden
„Ich denke, dass sich die Verlagerung weg von einem sehr engen US-Aktienmarkt fortsetzen wird“, betont Braun. „Ich gehe davon aus, dass sich die Anleger zunehmend auf Unternehmen konzentrieren werden, die mit langfristigen Wachstumsthemen verbunden sind, einen kurzfristigen freien Cashflow generieren und Dividenden ausschütten. Die US-Notenbank hat bereits begonnen, die Zinsen zu senken, daher könnten wir am Anfang einer neuen Dividendenkonzentration stehen.“

Das britische biopharmazeutische Unternehmen AstraZeneca habe beispielsweise stark in Forschung und Entwicklung investiert, um ein breites Spektrum von Medikamenten gegen Krebs-, Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen zu entwickeln. Das Unternehmen könne auf eine jahrzehntelange Erfolgsbilanz bei der Zahlung und Erhöhung regelmäßiger Dividenden verweisen.

Auf der Suche nach den Marktführern von morgen
Werden die heutigen Tech-Giganten weiterhin dominieren, oder wird eine neue Gruppe von Unternehmen als Marktführer auf den Plan treten? „Die heutigen Tech-Giganten haben durchaus das Potenzial, weiter an der Spitze zu bleiben“, sagt Braun. „Aber auf kurze Sicht sind alle diese Unternehmen einem Bewertungsrisiko sowie einer Vielzahl von Geschäftsrisiken ausgesetzt.“ Deshalb sollte in Portfolios ein Gleichgewicht angestrebt werden und nach Chancen in einem breiten Spektrum von Sektoren, darunter Technologie, Gesundheitswesen und Industriewerte, gesucht werden.

„Die Marktführer von heute könnten auch die der Zukunft sein, doch das ist nicht garantiert“, betont Braun. Ein Blick auf die zehn größten Unternehmen nach Marktkapitalisierung zu Beginn der letzten vier Jahrzehnte zeige, dass sie in den darauffolgenden zehn Jahren oft relativ bescheidene Renditen erzielt hätten. „Die heutigen Mega-Caps sind nicht unbedingt für den Untergang bestimmt“, resümiert der Experte. „Aber ich konzentriere mich darauf, die Marktführer von morgen zu entdecken.“

 

Austro-AGs solide in der Krise

Die Unternehmen zeigen sich trotz Rezession stabil in ihrer Verschuldung.

Christian Sec. Trotz der anhaltenden Herausforderungen durch hohe Zinsen und Lohnkosten haben die Unternehmen im Allgemeinen ihre Verschuldung unter Kontrolle. Jedoch dominiert daher auch die Vorsicht in den Betrieben, was sich auch in einer verminderten Investitionsbereitschaft niederschlägt. Laut einer WKO-Prognose werden die Bruttoanlageinvestitionen weiter zurückgehen. Nachdem diese Investitionen bereits 2023 um mehr als 3 % rückläufig waren, wird es in diesem Jahr zu einem weiteren Rückgang von 2,8 % kommen.

Bei Wienerberger hatte man trotz einer veritablen Baukrise in Europa, die den Periodengewinn des Unternehmens um 85 % dahinschmelzen ließ, in diesem Jahr große Lust verspürt, in Unternehmenskäufe zu investieren. So übernahm der Konzern in diesem Jahr unter anderem mit GrainPlastics einen führenden Anbieter von Drainage- und Kabelschutzlösungen in den Niederlanden, sowie einen US-Ziegelhersteller, um das Nordamerika-Geschäft auszubauen. Die Nettoverschuldung stieg demnach gleich um 55 % auf 1,88 Milliarden Euro. Trotz der hohen Finanzierungsaufwendungen erzielte das Unternehmen einen positiven Free-Cashflow, der dabei helfen soll, bis zum Ende des Jahres, die Nettoverschuldung auf 1,7 Milliarden Euro zu reduzieren, wie das Unternehmen in einer Präsentation der Zahlen zum dritten Quartal schreibt.

Erhöhte Nettoverschuldung bei AT&S
Die Nettoverschuldung beim Leiterplattenhersteller AT&S erhöhte sich um 19 % auf rund 1,67 Milliarden Euro und damit auch der Nettoverschuldungsgrad auf 180,8 %. Nettoinvestitionen für unter anderem neue Anlagen führten dabei im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2024/25 zu einem negativen Free Cashflow. Die Investitionen des aktuellen Geschäftsjahrs betreffen überwiegend Investitionen in das im Aufbau befindliche Werk in Malaysia, die chinesischen Werke sowie Technologieupgrades in den übrigen Werken. Die Bruttozinsaufwendungen des Unternehmens lagen aufgrund höheren Finanzierungsvolumens und höherer Zinssätze aufgrund von Margin Step-Ups (höherer Risikoaufschlag durch Kreditinstitute) im ersten Halbjahr 2024/25 deutlich über dem Vorjahresniveau (+25,2 Millionen Euro). Gerade Unternehmen mit einer niedrigen Eigenkapitalquote – bei AT&S beträgt diese rund 20 % – haben aufgrund des höheren Fremdkapitalanteils einen höheren Zinsaufwand zu tragen. Erhöhungen von Zinsen wirken sich daher auf solche Unternehmen negativer aus als bei eigenkapitalstarken Firmen und vice versa.

Eine ähnliche Eigenkapitalquote (von rund 20 %) weist der Maschinenbauer Andritz auf. Dort führen jedoch die gestiegenen Zinsen sogar zu einem positiven Zinsergebnis. So profitiert Andritz von den gestiegenen Anlagezinsen auf der einen Seite, während das Unternehmen extern zu fixen Zinsen finanziert ist – jedoch der Zinsaufwand verhältnismäßig gering ist, da Investitionen überwiegend aus der Liquidität des Unternehmens finanziert werden.

Sparen gegen Schulden
Beim Holzfaserhersteller Lenzing, der in den ersten drei Quartalen ein leicht negatives Periodenergebnis erzielte, sank sogar die Nettoverschuldung um 12,5 % auf rund 1,5 Milliarden Euro. Mit dem bereits seit Ende 2022 eingeführten Kostensenkungsprogramm erwartet der Vorstand jährliche Kosteneinsparungen von mehr als 100 Millionen Euro, wovon mehr als 50 % ab dem laufenden Geschäftsjahr 2024 wirksam sein werden, wie das Unternehmen in seinem Geschäftsbericht schreibt.

Bei der Voestalpine wird im Halbjahresbericht die Nettofinanzverschuldung (zinstragende Verbindlichkeiten) ausgewiesen. Dieser Wert blieb im Jahresvergleich mit rund 2 Milliarden Euro konstant. Die Gearing Ratio (Nettofinanzverschuldung in Prozent des Eigenkapitals) nahm im Jahresvergleich geringfügig von 26,9 auf 27,5 % per 30. September 2024 zu.

Foto: AdobeStock / Thanapipat mit KI

 

 

Beginnt eine neue „goldene“ Krypto-Ära?

Experten glauben, dass nach dem Bitcoin auch andere Währungen von Trump profitieren werden.

Patrick Baldia. Seit der US-Wahl Anfang November befindet sich der Bitcoin auf einem Höhenflug. Ende der vergangenen Woche notierte er auf der Handelsplattform Bitstamp auf einem neuen Rekordhoch von 99.400 USD. Auch die zweitwichtigste Kryptowährung Ether, die der Ethereum-Blockchain zugrundeliegt, hat seit dem Monatsbeginn deutliche Kursgewinne verzeichnet, notiert jedoch mit 3.227 USD, nach wie vor deutlich unter dem Allzeithoch von fast 4.878,26 USD vom November 2021. Damit nicht genug: Mehr und mehr zeichnete sich zuletzt ab, dass Cardano, eine weitere dezentralisierte Blockchain, Ethereum bald den Rang ablaufen könnte. So mancher Beobachter spricht sogar von einem neuen „Giganten im Krypto-Universum“.

Eines steht jedenfalls fest: Der Sieg von Donald Trump bei der US-Wahl hat in der Krypto-Szene eine neue Euphorie ausgelöst. „Stehen wir vor dem Beginn eines neuen Goldenen Krypto-Ära?“, stellen gar die Experten des Schweizer Asset Managers 21Shares in den Raum. Tatsächlich hat Trump viel getan, um sich während des Wahlkamps als Krypto-freundlich zu positionieren. So kündigte er etwa an, die USA zu einem neuen globalen Hub für Digitalwährungen machen zu wollen. Sogar vom Aufbau einer strategischen Bitcoin-Reserve war die Rede, ebenso wie von „klarerer“ Regulierung. Die Krypto-Community hoffte auch auf eine vorteilhaftere Besteuerung, was in den vergangenen Tagen von US-Medienberichten genährt wurde. Die Kapitalertragssteuer auf in den USA ausgegebene Kryptowährungen könnte gestrichen werden, hieß es da.

Mehr institutionelle Krypto-Anleger
Für Max Michielsen, Financial Product and Research Associate bei 21Shares, spricht einiges für das Anhalten des Aufwärtstrends des Bitcoins. Er verweist auf die stetig zunehmende institutionelle Adaptierung, die vor allem seit der Zulassung eines Spot-ETFs auf Bitcoin im Jänner merklich an Fahrt aufgenommen hatte. „Die Fonds haben seit Jänner mehr als 380.000 Bitcoin akkumuliert und damit um mehr als doppelt so viel, wie das jährliche Emissionsvolumen an neuen Bitcoin“, hält der Experte gegenüber dem Börsen-Kurier fest.

Auch glaube er, im Gegensatz zu anderen Beobachtern, dass das im Frühjahr erfolgte Halving (die Halbierung der Belohnung für das Schürfen von Bitcoin, was die Zahl der neu in Umlauf gebrachten Bitcoin reduziert, Anm.) noch nicht im Bitcoin-Kurs eingepreist sei. „Bis das eintritt, vergehen in der Regel um die sechs Monate“, so Michielsen, nur um im selben Atemzug hinzuzufügen: „Und mit jedem Halving dauert es noch länger.“ Ein weiterer Grund für seinen Optimismus: Die Zahl der langfristig orientierten Anleger und damit jener, die die Cyberwährung mehr als sechs Monate am Stück halten, nehme zu.

Dass Ethereum dem Bitcoin nach wie vor hinterherhinkt, obwohl das System mehr Praxisanwendungen aufweist – unter anderem wird die Transaktion von Vermögenswerten ermöglicht sowie von dezentralen Anwendungen, die auf Smart Contracts basieren – führt Michielsen vor allem auf den zu „forschungsorientierten Zugang“ zurück. Wenig hilfreich wären auch die „signifikant höheren“ Transaktionskosten.

Der 21Shares-Experte glaubt jedenfalls abschließend, dass im laufenden Bullenmarkt nach dem Bitcoin, auch Ether sowie in weiterer Folge andere Altcoins einen deutlichen Aufwind erfahren werden.

Foto: Pixabay / amhnasim

 

 

Große Fische im Datenmeer

Warum KI im Gesundheitssektor die Großen bevorzugt. Ein Marktkommentar von Marcel Fritsch, Portfoliomanager bei Bellevue Asset Management.

(13.11.) Artificial Intelligence transformiert die Gesundheitsbranche – doch profitieren davon vorerst vor allem die Mega Caps. Sie haben die Ressourcen, die Daten und das Know-how, um aus dieser technologischen Revolution die größten Vorteile zu ziehen. Wie groß ist das Potenzial für den Sektor und wo liegen die Chancen für kleinere Akteure?

Die Macht der großen Datenmengen
Der Gesundheitssektor hat einen enormen Vorteil beim Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI): Er verfügt über riesige Datenmengen, die für innovative Anwendungen unerlässlich sind. Mit der wachsenden Integration von KI im Gesundheitswesen rücken große Pharma- und Biotechnologiekonzerne wie Eli Lilly, Novo Nordisk und Amgen zunehmend ins Rampenlicht. Die Wertschöpfung durch KI konzentriert sich derzeit stark auf die Mega und Large Caps, da diese neben den umfangreichen Datenbeständen auch über das nötige Kapital verfügen, um KI-Projekte maßgeblich voranzutreiben. Durch Kooperationen mit Tech-Giganten wie Microsoft und Nvidia steigern Unternehmen im Gesundheitssektor ihre KI-Kompetenzen und verkürzen Entwicklungszyklen erheblich. Diese Allianzen eröffnen neue Möglichkeiten für personalisierte Medizin und roboterunterstützte Behandlungen – Bereiche, in denen kleinere Akteure nur schwer Schritt halten können.

Artificial Intelligence als exklusiver Treiber des Marktvorteils
Die Dominanz US-amerikanischer Unternehmen im Bellevue-AI-Health-Portfolio ist teilweise auf die Entwicklung im Bereich künstliche Intelligenz zurückzuführen. Sie spiegelt die enorme Investitionskraft und die KI-freundliche Infrastruktur der USA wider.

Die USA investieren sechsmal mehr in medizinische Forschung als die drei größten europäischen Länder. Die meisten großen KI-Technologieanbieter – wie z.B. Nvidia, Microsoft und Qualcomm – sind zudem ebenfalls in den USA ansässig, was die Zusammenarbeit erleichtert und die Innovationskraft weiter antreibt.

Unternehmen wie Roche und Novartis zeigen, wie europäische Unternehmen im KI-Bereich mithalten können. Während Genentech (Roche) in Zusammenarbeit mit Nvidia auf Generative Artificial Intelligence (GenAI) setzt, um schneller zu diagnostizieren und Therapien zu entwickeln, hat Novartis bereits 2019 das AI Innovation Lab ins Leben gerufen. Damit verfolgt Novartis das Ziel, CAR-T-Zelltherapien für die Krebsimmuntherapie präziser zu gestalten und so personalisierte Behandlungen zu ermöglichen.

Schwellenländer bleiben außen vor – für den Moment
Spannend ist auch die Frage, wie sich KI-Investments in Schwellenländern entwickeln werden. Trotz der IT-Kompetenz in Indien, Brasilien und Teilen Afrikas finden sich in diesen Märkten kaum Unternehmen im Portfolio des Bellevue AI Health Fonds. Grund hierfür ist die zu geringe Marktkapitalisierung und ein niedriger Bellevue AI Affinity Score, der als Bewertungsskala für KI-Investitionen im Fonds dient. Eine Ausnahme ist QuantumPharm, ein auf KI und robotergestützte Arzneimittelentwicklung spezialisiertes Unternehmen mit Sitz in Shenzhen, das wir als vielversprechenden Vorreiter im Portfolio halten.

Schwellenländer könnten in der Zukunft jedoch eine Rolle spielen, insbesondere wenn die Eintrittsbarrieren durch fallende Technologiekosten sinken. Diese Entwicklung könnte mittelständischen Unternehmen Zugang zu Daten und KI-Technologien bieten und so die Basis für eine breitere Beteiligung am KI-getriebenen Gesundheitsmarkt schaffen.

KI-Entwicklung in Nischenmärkten
Im Bereich der Mid Caps sind folgende zwei Unternehmen interessant: Procept BioRobotics hat mit seiner Hydros-Roboterplattform für die Entfernung von Prostatagewebe einen entscheidenden Schritt gemacht. Die Plattform nutzt KI für die OP-Planung und verfügt über Einweg-Endoskop-Hardware, was zu schnelleren, sichereren und konsistenteren Ergebnissen führt – unabhängig von der Erfahrung des Chirurgen. Mit knapp 450 bereits installierten Robotern bietet Hydros durch die hohe Integration und vereinfachte Workflows ein enormes Potenzial für die breitere Marktakzeptanz. Dexcom erschließt mit seiner Produktinnovation ein neues Kundensegment im Bereich Diabetes. Mit dem kürzlich zugelassenen Stelo-Glukosesensor bietet das Unternehmen ein «Wearable» für Diabetiker, die kein Insulin benötigen. Dieser Sensor hilft, den Einfluss von Bewegung und Ernährung auf den Blutzuckerspiegel besser zu verstehen. Dexcom erweitert damit sein Angebot über insulinabhängige Patienten hinaus und bietet Lösungen, die eine breitere Nutzerbasis ansprechen.

Fazit: Alles bleibt beim Alten – oder doch nicht?
Der Gesundheitssektor ist wie kaum ein anderer prädestiniert für den Einsatz von künstlicher Intelligenz. Durch die Fülle an Daten, die hier täglich generiert wird, ergeben sich nahezu unbegrenzte Möglichkeiten für personalisierte Diagnostik, präzise Therapieentwicklungen und effiziente klinische Studien. Große Pharma- und Biotechunternehmen können diese Datenmenge mithilfe ihrer erheblichen Ressourcen und ihrer Erfahrung im Umgang mit sensiblen Gesundheitsinformationen optimal nutzen. KI ermöglicht es ihnen, komplexe Muster in großen Datensätzen zu erkennen und so die Effizienz ihrer Forschungs- und Entwicklungsprozesse deutlich zu steigern. Der Sektor wird so zum Beispiel durch KI getriebene medizinische Bildanalysen oder die Identifikation neuer Wirkstoffe revolutioniert.

Für kleinere Akteure mag es herausfordernd sein, diese Dynamik zu adaptieren, doch auch für sie ergeben sich Chancen – etwa durch Kooperationen und spezialisierte Nischenanwendungen, die das KI-Potenzial nutzen, ohne dass sie selbst große Datenmengen oder Ressourcen vorhalten müssen.

Wer von Donald Trump profitiert

Auswirkungen der Wirtschaftspolitik des neuen US-Präsidenten auf die Austro-AG.

Patrick Baldia. Für die einen kam es überraschend, für die anderen deuteten es die Aktien-, Renten-, aber auch die Krypto-Märkte im Vorfeld an. Die Rede ist vom neuerlichen Sieg des Republikaners Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl. Und bekanntlich wird nicht erst seit dem 6. November, dem Tag nach der Wahl, spekuliert, was das konkret für Wirtschaft und Börse bedeutet bzw. welche Branchen und Unternehmen profitieren könnten.

So viel steht jedenfalls fest: Trump war eindeutig der Kandidat der Börse. „Weil er erklärte, alles zu tun, um die US-Wirtschaft stark zu machen mit einer Kombination aus Deregulierung, Zöllen und Steuersenkungen“, sagt Alois Wögerbauer, Manager des „3 Banken Österreich-Fonds“ und Geschäftsführer der 3-Banken-Generali-Investment-Gesellschaft, im Gespräch mit dem Börsen-Kurier. Unmittelbar nach der Wahl schossen die US-Indizes jedenfalls auf neue Rekordstände.

Geringes US-Exposure
Direkte Auswirkungen des Ausgangs der US-Wahl für österreichische Unternehmen sind für Wögerbauer jedenfalls nicht zu hoch einzuschätzen. „Man kann nicht von einem Gamechanger sprechen, der alles über den Haufen wirft“, sagt er. Auch Bernhard Haas, Manager des „RT Österreich Aktienfonds“ und des „Erste Stock Vienna“ glaubt, dass die Unternehmen an der Wiener Börse von der Präsidentschaft Trumps eher weniger profitieren werden. „Weil die meisten ein geringes US-Exposure aufweisen“, sagt der ESPA-Fondsmanager dem Börsen-Kurier.

Zu den heimischen börsennotierten Unternehmen mit starkem Exposure gehört Schoeller-Bleckmann (SBO). In den Tagen nach der Wahl legte die Aktie um starke 10,5 % zu. Die Erdölindustrie gilt als einer der größten Profiteure des Wahlausgangs. Wiederholt hatte Trump im Wahlkampf erklärt, die Förderung von Erdöl und Erdgas in den USA ausbauen zu wollen. Selbst am Tag nach dem Urnengang bekräftigte er seine Pläne. Was sein Großspender Elon Musk davon hält, sei dahingestellt. Die SBO erzielt jeden-falls rund zwei Drittel des Umsatzes in den USA. An den insgesamt acht Standorten vor Ort wird unter anderem die Entwicklung, Produktion und Vermarktung von Hochpräzisionskomponenten, Bohrmotoren, Rotary Steerable Tools und Well-Completion-Produkten abgedeckt.

Ein wichtiger Markt ist die USA auch für Palfinger. Der Salzburger Kranhersteller hat in den letzten Jahren viel in den Markt investiert und verfügt dort heute über vier Produktionsstandorte; 13 Standorte, die maßgeschneiderte Lösungen bieten; eine mobile Flotte von mehr als 100 Fahrzeugen; sowie ein Sales-&-Service-Netzwerk, das mehr als 1.000 Partner umfasst. Im Vorjahr wurde schließlich ein regionales Headquarter in Schaumburg, im Bundesstaat Illinois, eröffnet. Und dass 2023 für Palfinger ein Rekordjahr war, liegt auch an der starken Performance der Region Nordamerika (NAM), die für knapp 25 % der Umsatzerlöse verantwortlich zeichnete. „NAM erwies sich, dank der hohen Nachfrage nach Servicekranen, Hubarbeitsbühnen und Mitnahmestaplern als der wichtigste Wachstumsmarkt von Palfinger“, hieß es im Geschäftsbericht. Kurz: Ein Anziehen der US-Konjunktur (BIP-Wachstum 2023: 2,5 %) würde dies wohl nur bekräftigen.

Rosenbauer: vier US-Werke
Beim Feuerwehrausrüster wurde im Vorjahr 26 % des Konzernumsatzes in der „Area Americas“ erzielt, wobei die USA im Gegensatz zu den anderen Märkten der Region von einem beschleunigten Konjunkturwachstum profitierte, wie das Unternehmen berichtete. Rund 21 % der weltweit 4.000 Mitarbeiter sind dort beschäftigt. Betrieben werden vier Produktionsstandorte: zwei in Wyoming (Minnesota), einer in Sioux Falls (South Dakota) und einer in Freemont (Nebraska).

Bei der Voestalpine wurden im vergangenen Geschäftsjahr rund 14 % des Umsatzes in der Region USMCA (für „United States-Mexico-Canada-Agreement“, Anm.) eingefahren. Alleine in den USA unterhält sie rund 20 Standorte. Erst im Spätsommer wurde die Erweiterung der Produktionskapazitäten des Werkes im US-Bundesstaat Indiana bekanntgegeben. Dafür nimmt der Stahl- und Technologiekonzern rund 70 Millionen Euro in die Hand.

Die Voestalpine ist mit einem Eckpfeiler von Trumps Wirtschaftspolitik jedenfalls bestens vertraut: Bereits in der ersten Ära zwischen Jänner 2017 und Jänner 2021 war das Unternehmen von US-Zöllen betroffen. Nachdem nach einer ersten Runde weitere Strafzölle verhängt wurden – konkret auf Präzisionsstahlrohre -, wurden die Produktionskapazitäten vom Standort Lafayette (Georgia) schlichtweg nach Mexiko verlagert.

Schwächelnder US-Wohnbau
„Man hat in den USA gesehen, dass viele Unternehmen auf das Wahlergebnis gewartet haben und sich mit Investitionen zurückgehalten haben“, so Fondsmanager Haas. Dazu zählt auch Wienerberger. Der heimische Baustoffkonzern macht, wie in Europa, auch in den USA die schwächelnde Wohnbautätigkeit zu schaffen. So wurden in der größten Volkswirtschaft der Welt im Vorjahr um fast 12 % weniger Baugenehmigungen erteilt als im Jahr davor. Insgesamt verfügt man in den USA, die 20 % des Konzernumsatzes verantworten, um mehr als zehn Produktionsstätten. Dabei wird auf innovative Produkte und Systemlösungen in den Bereichen Vormauerziegel, Beton- und Kalksandsteinprodukte sowie Kunststoffrohre gesetzt.

Einen größeren Effekt auf die Wirtschaft als der Wahlausgang hat für Haas – in den USA und Europa – die Zinsthematik. „Die Frage ist, ob die Fed die Zinsen wirklich so weit senken kann, wie sie will?“, meint er. Schließlich würden höhere Staatsausgaben, wie von der Trump-Administration erwartet, auch die Inflation anheizen. Das werde am Markt kaum reflektiert. „Aber generell sollte das Umfeld für heimische Unternehmen mit fallenden Zinsen, zurückgehender Inflation und politischer Stabilität (in Deutschland) besser werden“, zeigt sich der Experte auch für den Wiener Marktplatz vorsichtig optimistisch.

Für Wögerbauer fehlen an der Wiener Börse insgesamt die internationalen Investoren. „Abseits der großen Unternehmen sind die handelbaren Umsätze sehr gering“, sagt er. Helfen würde der Wiener Börse eine Lösung des Ukraine-Konflikts. Vor allem viele US-Investoren würden sie aufgrund der geopolitischen Situation meiden. Der Fondsmanager gibt zu, dass er aktuell eher vorsichtig auf den Wiener Marktplatz eingestellt sei. Eine Tatsache führe die aktuelle Situation jedenfalls vor Augen: „Mehr denn je braucht man ein internationales Portfolio.“

Foto: Pixabay / Geralt

 

 

Wohnimmobilien vor Trendwende

Wie Anleger vom wieder wachsenden Markt profitieren können.

Marius Perger. Inflation, Zinsen, die KIM-Verordnung der Finanzmarktaufsicht, die Kreditbedingungen für Immobilienfinanzierungen regelt, und die aktuell längste Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg in Österreich haben die Immobilienbranche stark in Mitleidenschaft gezogen. Der Börsen-Kurier hat mit Gunther Hingsammer, Vorstand der auf das Management direkter Immobilieninvestments spezialisierten IFA AG (im Bild links im Gespräch mit Marius Perger vom Börsen-Kurier), über Auswirkungen der aktuellen Situation auf Gesellschaft und Investoren, aber auch auf sein Unternehmen gesprochen.

Auch wenn im Markt manches schöngesprochen werde: Die ganze Branche sei vom toxischen Umfeld betroffen, de facto herrschte Stillstand am Immobilienmarkt. IFA sei allerdings dank des Fokus auf das Bauherrenmodell weniger betroffen und verkaufe weiterhin gut – heuer habe man bereits vier Projekte fertiggestellt und den Bau von fünf weiteren Projekten gestartet. Der Markt sei aber nicht mehr so käufergetrieben wie noch vor wenigen Jahren, Projekte würden sich jetzt länger in Platzierung befinden, so Hingsammer. Und Investoren würden nur noch bei Emittenten mit guter Bonität kaufen, was allerdings seinem Unternehmen mit einem Eigenkapital von mehr als 50 MioE und einer Eigenkapitalquote von rund 53 % in die Hände spiele.

Vorsichtig optimistisch zeigt sich Hingsammer für die nähere Zukunft: Der Rückgang der Baubewilligungen führe zur Verknappung des Angebots, gleichzeitig bestehe Nachfrage nach Wohnraum. Logische Konsequenz: „Die Preise werden steigen.“ Dazu komme, dass sich aufgrund sinkender Inflation und Zinsen bereits eine Trendwende abzeichne: „Die Wogen glätten sich, die Transaktionen steigen.“

KIM-VO: Shift vom Kauf- zum Mietmarkt
Zwar sei IFA nicht direkt von der KIM-Verordnung betroffen, da diese vor allem auf den klassischen Eigennutzer abziele. Sie beschäftige aber die ganze Branche, die Makrosituation treffe alle. Denn die KIM-Verordnung dränge Käufer in den Mietmarkt, der dadurch knapper werde. Hingsammer: „Die Mieten laufen jenen davon, die sich Eigentum nicht leisten können.“ Das treffe vor allem kleine Durchschnittsverdiener.

Dennoch sei die im Frühjahr angekündigte Wohnbauoffensive der Bundesregierung für die gesamte Branche und auch für IFA relevanter als das Auslaufen der KIM-Verordnung. Sie komme allerdings aufgrund bürokratischer Hürden und unterschiedlicher Maßnahmen und Förderprogramme in den einzelnen Bundesländern nur schleppend voran. Hingsammer wünscht sich eine Simplifizierung, denn der Wohnbau bleibe hinter dem Bedarf zurück, was das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage weiter verschärfe.

Leistbares Wohnen im Fokus
Bauherrenmodelle, wie sie von IFA angeboten werden, könnten einen sehr großen Beitrag dazu liefern, dass Wohnen leistbar sei. Als Public-Private-Partnership-Modelle ermöglichen sie es, mit privatem Geld geförderten Wohnraum zu schaffen. Allein aus dem Staatshaushalt sei es nämlich nicht möglich, der steigenden Nachfrage nachzukommen.

Bauherrenmodelle kämen daher sowohl der Gesellschaft als auch dem Staat zugute, nicht zuletzt aber natürlich auch den Investoren, die Förderungen und steuerliche Begünstigungen erhalten und von inflationsgeschützten Mieteinnahmen profitieren, betont Hingsammer. Darüber hinaus hätten sich die Bauherrenmodelle seit 40 Jahren als krisenresistent erwiesen und dank der konservativen Veranlagung auch in den vergangenen Jahren gut entwickelt.

Nicht zuletzt würden gerade in Wien das starke Bevölkerungswachstum und der Zuzug zu einer steigenden Nachfrage und damit zu steigenden Preisen führen. Einerseits sei deshalb die Umsetzung des Wohnbaupakets entscheidend, um eine stabilere Wohnsituation zu schaffen.

Andererseits werde mittelfristig auch die Immobilienwirtschaft davon profitieren, wenn sich erst einmal das toxische Umfeld bereinigt hat. Der Markt beginne sich bereits nach oben zu bewegen, weshalb es sich lohnen könnte, jetzt in einen wachsenden Markt zu investieren, so Hingsammer abschließend.

Foto: IFA

 

 

EU-Aufbaufonds wohl nicht so grün wie behauptet

Europäischer Rechnungshof ortet „Greenwashing“ der Mitgliedstaaten bei Fördergeldern.

Andreas Dolezal. In einem Sonderbericht fällt der Europäische Rechnungshof EuRH ein wenig schmeichelhaftes Urteil zur Verwendung von EU-Fördergeldern durch die Mitgliedstaaten. Der tatsächliche Beitrag der 700 Milliarden Euro schweren Aufbau- und Resilienzfazilität „ARF“ – der wichtigsten Komponente des Corona-Aufbaufonds der EU – zur Klimapolitik und zum ökologischen Wandel ist unklar.

Mindestens 37 % der ARF-Mittel müssen für Klimamaßnahmen verwendet werden. Nach Angaben der EU-Kommission sind 275 Milliarden Euro – 42,5 % der ARF-Mittel – in die Förderung der EU-Klimaziele geflossen (Stand: Februar 2024). Die Prüfer warnen jedoch, dass diese Summe um mindestens 34,5 Milliarden Euro zu hoch veranschlagt sein könnte. Weitere Probleme gebe es auch bei den sogenannten Etappenzielen und Zielwerten für klimarelevante Maßnahmen, der Meldung des tatsächlich ausgegebenen Geldes sowie der Umweltfreundlichkeit der als „grün“ etikettierten Projekte. Nicht alle als „grün“ eingestuften Maßnahmen waren es auch.

Schwachpunkte festgestellt
Eines der Hauptziele der ARF ist es, Europas Klimaziele und den ökologischen Wandel in den EU-Ländern zu unterstützen. Anders als bei EU-Ausgaben sonst üblich, werden die Mittel aus der ARF nicht zur Deckung angefallener Ausgaben, sondern auf der Grundlage erreichter Etappenziele und Zielwerte ausgezahlt. Die Prüfer des EuRH stellten dabei mehrere Schwachpunkte fest. Unter anderem bestünden aufgrund dieses speziellen Finanzierungsmodells und der relativ kurzen Laufzeit der ARF Zweifel daran, ob all das Geld, das für den Schutz des Klimas eingeplant wurde, diesem Ziel auch tatsächlich dient.

„Die ARF ist eine enorme EU-weite Investition und dürfte, wenn sie richtig umgesetzt wird, die Verwirklichung der ehrgeizigen Klimaziele der EU erheblich beschleunigen“, so Joëlle Elvinger, das für den Bericht zuständige Mitglied des Rechnungshofs. „In den Aufbauplänen kommen jedoch in hohem Maße Schätzwerte zum Einsatz, es gibt Unterschiede zwischen Planung und Praxis und letztlich nur wenige Anhaltspunkte, wie viel Geld direkt in den ökologischen Wandel fließt.“

Die EuRH-Prüfer kritisieren, dass der Klimabeitrag der ARF-Maßnahmen in der Praxis nicht immer im Detail bestimmt wird. Zur Berechnung des Klimaanteils verwendet die EU-Kommission Klima-Koeffizienten: einen Koeffizienten von 100 % bei Maßnahmen mit erheblichem Beitrag, 40 % bei nicht unerheblichem, positivem Beitrag und 0 % bei neutralem oder unerheblichem Beitrag. Allerdings waren viele Maßnahmen nicht eindeutig abzugrenzen, und so stellten die Prüfer fest, dass der Klimabeitrag in einigen Fällen zu hoch angesetzt war.

Falsch verbucht
Außerdem sei festgestellt worden, dass einige als grün bezeichnete Projekte bei näherem Hinsehen gar keinen direkten Bezug zum ökologischen Wandel aufwiesen. So wurde beispielsweise der Klimabeitrag einer Maßnahme zur Verbesserung der Wasserversorgung mit 40 % angegeben. Tatsächlich seien die Mittel von einer Regierung für IT-Lösungen zur Digitalisierung des Versorgungssystems ausgegeben worden. Richtiger wäre es also gewesen, dafür einen Beitrag von 0 % zu verbuchen.

Die Prüfer stellten weiters fest, dass einige Maßnahmen nicht so ökologisch waren, wie es schien. Bei einem Projekt sei Wasser sogar regelrecht verschlammt worden. Es handelte sich um eine Pumpspeicheranlage, deren schwerwiegende Auswirkungen auf die Umwelt im Vorfeld der Förderung nicht bewertet worden seien.

Ungenauigkeiten
Um die Klima-Ausgabenziele zu erreichen, gäben die EU-Länder in ihren Plänen Kostenschätzungen an, die jedoch nur vorab, aber nicht mehr nach erfolgter Umsetzung überprüft würden. Die tatsächlichen Kosten einer ARF-Maßnahme könnten erheblich von den Schätzungen abweichen. Die Ausgaben für Klimamaßnahmen würden folglich nicht abschließend erfasst.

Um solche Diskrepanzen zu vermeiden, empfehlen die EU-Prüfer, künftige Instrumente stärker mit den Klimazielen zu verknüpfen. Außerdem solle abschließend erfasst und öffentlich gemacht werden, wofür das Geld ausgegeben wurde.

Foto: AdobeStock / He2

 

 

Emerging Markets: Unterschätzt und unterbewertet

Ein Kommentar von Ygal Sebban, Investment Director Emerging Market Equity, bei GAM Investments.

(11.11.) Warum in Schwellenländer (EM) investieren? Unserer Meinung nach gibt es starke säkulare und zyklische Faktoren, die sie attraktiv machen.

Die säkularen Faktoren sind in erster Linie auf die Demografie zurückzuführen. Schwellenländer haben eine wachsende Bevölkerung mit einer viel jüngeren Demografie im Vergleich zu den entwickelten Märkten (DM). So werden beispielsweise bis 2050 fast 28 Prozent der Bevölkerung in den DM über 65 Jahre alt sein, während es in den EM nur 15 Prozent sind. Die Verjüngung der Bevölkerung, die Verstädterung, die wachsende Mittelschicht und die steigende Erwerbsbeteiligung der Frauen werden allesamt Faktoren sein, die den Konsum und damit das Wachstum fördern. In den Schwellenländern sollten die Finanzmärkte auch durch Reformprogramme, einschließlich der Rentenreformen, unterstützt werden.

Die Kreditqualität der Schwellenländer hat sich verbessert. Acht der zehn größten Schwellenländer verfügen derzeit über ein Investment-Grade-Rating, während es vor zwanzig Jahren nur vier von zehn waren. Die Staatsverschuldung der Schwellenländer im Verhältnis zum BIP liegt deutlich unter der Hälfte des Niveaus der Industrieländer.

Da wir möglicherweise vor einer Phase langsamen Wachstums am Ende eines Investitionszyklus stehen, dürfte sich das Wachstumsgefälle zwischen Schwellenländern und fortgeschrittenen Volkswirtschaften vergrößern. In einer Welt mit geringem Wachstum werden Anleger nach Wachstumschancen suchen, die in den Schwellenländern reichlich vorhanden sind.

Schwellenländer sind historisch günstig bewertet
Schwellenländer haben sich in den letzten zehn Jahren dramatisch schlechter entwickelt als ihre DM-Pendants. Derzeit befinden wir uns am unteren Ende einer Performance-Spanne, wenn wir den MSCI Emerging Markets Index (MSCI EM) mit dem S&P 500 vergleichen. Gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des MSCI EM und des S&P 500 werden Schwellenländeraktien mit einem Abschlag von mehr als 40 Prozent gegenüber DM-Aktien gehandelt. Das voraussichtliche 12-Monats-Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) liegt derzeit beim MSCI EM bei 12,6 gegenüber 21,2 beim S&P 500.

Darüber hinaus dürften die derzeit hohen Realzinsen in vielen Schwellenländern (z. B. Brasilien mit etwa 7,6 Prozent, Südafrika mit 6,2 Prozent, Mexiko mit 5,2 Prozent) die Währungen der Schwellenländer und damit die künftigen Renditen von Schwellenländeraktien unterstützen.

In den letzten 20 Jahren haben sich die Sektoren innerhalb der EM strukturell verändert. Heute spielen die Sektoren zyklische Konsumgüter und Technologie (zusammen etwa 37 Prozent des Index gegenüber nur 24 Prozent vor zwanzig Jahren) eine prominentere Rolle als in der Vergangenheit, weg vom traditionellen Schwerpunkt auf Energie und Rohstoffe (zusammen ein Gewicht von elf Prozent gegenüber 22 Prozent vor zwanzig Jahren).

Chancen in China
Die Chancen in China sind derzeit aufgrund der jüngsten koordinierten Maßnahmen in den Bereichen Geld- und Finanzpolitik, Immobilien und Aktienmärkte besonders attraktiv. Ende September kündigte China eine neue Zinssenkung, eine stärkere Fiskalpolitik mit der potenziellen Ausgabe weiterer zwei bis zehn Billionen RMB an Zentralstaatsanleihen und Maßnahmen zur Unterstützung des Immobilienmarktes durch Senkung der Hypothekenzinsen und Reduzierung der Anzahlungen an. Im Falle eines Wahlsiegs von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen wird China das Fiskalpaket bis zum oberen Ende ausschöpfen, um die negativen Auswirkungen höherer Zölle abzufedern.

Darüber hinaus haben die chinesischen Behörden den Aktienmarkt mit einem Swap in Höhe von 800 Milliarden RMB für Institutionen zum Kauf von Aktien und zur Unterstützung von Unternehmen bei Rückkäufen erheblich unterstützt. Dabei handelt es sich nicht um eine quantitative Lockerung, sondern um eine starke Maßnahme, bei der die People’s Bank of China (PBoC) einen Teil des Risikos übernimmt, indem sie Unternehmen und Institutionen Kredite zu günstigen Bedingungen gewährt. Dieser koordinierte Kraftaufwand ist ein wichtiger Impuls für die Wirtschaft und den Aktienmarkt, und wir erwarten, dass weitere Schritte folgen werden.

Wir sind zuversichtlich, dass China sein Wachstumsziel von fünf Prozent in diesem Jahr erreichen wird und dass es alles Notwendige tun wird, um das Wachstum zu stützen. Was die Unterstützung angeht, so deuten einige Analysen darauf hin, dass die jüngsten Maßnahmen das BIP-Wachstum um 40 Basispunkte steigern dürften. Dies mag zwar nicht wesentlich erscheinen, ist aber von Bedeutung. In der ersten Hälfte dieses Jahres hat die Finanzpolitik eine straffende Rolle für die Wirtschaft gespielt. In der zweiten Jahreshälfte hingegen ist der gegenteilige Effekt zu beobachten.

Ein möglicher Neubeginn
Viele Anleger haben China nach wie vor deutlich untergewichtet. Die China-Allokation in aktiven Fonds und Hedgefonds weltweit ist so niedrig wie nie zuvor. Ende August betrug die Allokation der Investmentfonds in chinesischen Aktien weltweit 5,1 Prozent. Privatanleger waren in der Zwischenzeit nur in sehr geringem Masse in China engagiert, da chinesische Aktien in den letzten Jahren deutlich zurückgeblieben sind. Seit der Ankündigung im September gab es jedoch ein starkes Interesse von Kleinanlegern an der Eröffnung neuer Maklerkonten, und einzelne Anleger haben bereits begonnen, chinesische Aktien zu kaufen. Privatanleger haben nur 6 Prozent ihres Finanzvermögens in Aktien investiert, gegenüber 46 Prozent in Bankeinlagen. Dies ist ein ermutigendes Signal, und wir glauben, dass hier noch mehr kommen wird.

Wichtige Themen
Unser Hauptthema in China sind zyklische Konsumgüter; es wird erwartet, dass der chinesische Verbraucher eine bedeutende Rolle in der makroökonomischen Landschaft spielen wird. Die Bewertung dieses Sektors sieht attraktiv aus, da er im Vergleich zum Markt keinen nennenswerten Aufschlag aufweist und sich am unteren Ende der historischen 5-Jahres-Spanne befindet – sowohl in Bezug auf das absolute als auch das relative KGV im Vergleich zum Index, wobei in den letzten zwei Jahren ein positiver Trend bei den Gewinnrevisionen zu beobachten war.

Der Verbrauch der privaten Haushalte macht in China etwa 38 Prozent des BIP aus, im Vergleich zu wesentlich höheren Werten in anderen Ländern (fast 70 Prozent in den USA, 50 Prozent in Deutschland, 60 Prozent in Indien usw.), und wir gehen davon aus, dass der Anteil des Verbrauchs am BIP in China in den kommenden Jahren zunehmen wird.

Innerhalb dieses Themas bevorzugen wir Unternehmen aus dem Reisebereich, da sie sowohl positive Trends als auch attraktive Bewertungen aufweisen. Uns gefallen auch viele Internetunternehmen, wie Plattformen und E-Commerce. Unternehmen wie Meituan, ein chinesisches Liefer- und Reiseunternehmen, oder Trip.com, ein Reisedienstleister, haben eine positive Gewinndynamik und attraktive Bewertungen. BYD, ein chinesisches Unternehmen für integrierte Elektrofahrzeuge, ist eine weitere interessante Geschichte. BYD und Tesla liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen in Bezug auf den weltweiten Absatz von Elektrofahrzeugen, aber BYD produziert Fahrzeuge der untersten Preisklasse mit einem Preisnachlass von mehr als 50 Prozent gegenüber den Preisen von Tesla. Das Unternehmen wird derzeit mit dem 17-fachen KGV für 2025 gehandelt, verglichen mit dem 83-fachen von Tesla.

Der Blick auf Indien
Die Themen zyklische Konsumgüter und Technologie in Asien, die wir beide positiv bewerten, sind auch in Indien zu finden. Doch die Energiewende ist gleichfalls sehr wichtig, da sie derzeit 42 Prozent der Gesamtkapazität in Indien ausmacht und in den kommenden Jahren fast 70 Prozent erreichen soll. Im Zusammenhang mit der Energiewende bieten sich enorme Chancen. Ein Unternehmen, das wir in Indien sehr schätzen, ist Reliance Industries, bei dem das Geschäft mit erneuerbaren Energien eine wichtige Rolle spielt. Wir erwarten einen bedeutenden Katalysator durch die Börsennotierung ihrer Telekommunikations- und Einzelhandelsgeschäfte in den kommenden Quartalen.

Trotz positiver Aussichten sind wir jedoch der Meinung, dass der indische Aktienmarkt im Allgemeinen teuer ist und wir demzufolge untergewichtet sind. Wir konzentrieren uns auf Bewertungsthemen, insbesondere auf Banken und Telekommunikationsunternehmen, die schnell wachsen und als digitale Banken für die Bevölkerung ohne Bankverbindung dienen. Wir konzentrieren uns auch auf IPOs in Indien. Wir beobachten IPOs genau und führen eine gründliche Due-Diligence-Prüfung durch, an der wir uns von Zeit zu Zeit beteiligen.

Ausblick
Schwellenländer sind untergewichtet und unterbewertet (12,6-faches Kurs-Gewinn-Verhältnis in den nächsten zwölf Monaten gegenüber dem 21,2-fachen des S&P 500), was sie unserer Meinung nach zu attraktiven Anlagen macht. Wir sehen starke säkulare Chancen auf der Basis günstiger Demografien, zukunftsweisender Reformen und gesunder Volkswirtschaften.

Die wichtigsten Themen, die wir derzeit in den Schwellenländern bevorzugen, sind Offshoring und Nearshoring (insbesondere bei Banken und Industrieimmobilien) in Vietnam und Thailand sowie führende und unterbewertete KI-Titel im asiatischen Technologiesektor.

Besonders gut gefällt uns auch der asiatische Verbrauchersektor mit vielen Möglichkeiten in China und im übrigen Asien. Chinesische Aktien sind derzeit günstig (der MSCI China Index wird derzeit mit dem 9,5-fachen der Gewinne des nächsten Jahres gehandelt). Die Gewinndynamik dürfte sich in den kommenden Quartalen verbessern, wenn die Auswirkungen der chinesischen Konjunkturmaßnahmen zum Tragen kommen. Die von uns favorisierten Unternehmen erwirtschaften hohe freie Cashflow-Renditen, was sie unserer Ansicht nach zu attraktiven Anlagen macht.

Das Hauptrisiko, das wir sehen, ist die Volatilität im Zusammenhang mit möglichen Zöllen unter einer Trump-Regierung. Höhere Zölle würden sich zwar negativ auf das Wachstum auswirken, vor allem in China, aber wir glauben, dass ein Großteil davon bereits in Aktien eingepreist ist. Wir betonen, dass der nach Marktkapitalisierung gewichtete Exportanteil am Umsatz im MSCI China Index im Jahr 2023 nur 4 Prozent betrug. Wir glauben auch, dass die negativen Auswirkungen höherer Zölle auf die Erträge durch zusätzliche Anreize seitens der chinesischen Regierung gemildert werden. In diesem Fall würden wir einen Rückgang an den Märkten als attraktiven Einstiegspunkt betrachten.

Dynamische Fitness-Aktien

Fünf für Sie ausgewählte Sportbekleidungs- und Fitness-Konzerne.

Michael Kordovsky. Die Marktgröße für Gesundheits- und Fitnessclubs wird von Mordor Intelligence für das Jahr 2023 weltweit auf rund 98 Milliarden US-Dollar und sollte bis 2028 um 12 % p.a. wachsen. Die Zunahme der Fettleibigkeit bei gleichzeitig steigendem Gesundheitsbewusstsein sind die Wachstumstreiber. Neben einzelnen börsennotierten Fitnessstudio-Ketten profitieren vor allem Hersteller von Sportbekleidung und Sportartikel vom Fitness-Trend, wobei nur Aktien weniger Unternehmen in punkto Qualität und Ertragskontinuität als mittel- bis langfristige Investments in Frage kommen.

Basisinvestment Planet Fitness
Selbst über die Pandemiezeit hinweg relativ stabil zeigte sich die US-Fitnessstudio-Kette Planet Fitness, die per Ende Juni 2024 mit 2.617 Standorten in den USA, Kanada, Mexiko, Australien und Panama Zugang zu günstigem Training ermöglicht. Die Zahl der Mitglieder wuchs von 1 Million im Jahr 2008 auf 19,7 Millionen im zweiten Quartal 2024. Rund 260 „Läden“ sind im Eigenbesitz. Die meisten Studios werden hingegen von Franchisenehmern betrieben. Die Franchise-Einnahmen haben sich von 2020 bis 2023 in etwa verdoppelt, während die Umsätze der eigenen Studios im gleichen Zeitraum sogar auf das 3,8-fache stiegen. Hinzukommen noch Handelsumsätze mit den Geräten, denn Franchisenehmer verpflichten sich, Ersatzanschaffungen über den Franchisegeber zu tätigen. In den ersten neun Monaten 2024 setzte sich der Wachstumstrend weiter fort. Umsatz und Gewinn pro Aktie stiegen um 7 bzw. 19,8 % und der Analystenschätzungskonsens von Zacks rechnet 2025 mit einem weiteren Gewinnwachstum pro Aktie von mehr als 16 %.

Interessant ist auch die Aktie des italienischen Herstellers von Sport- und Freizeitgeräten Technogym. Das Unternehmen, das Fitness-Studios ausstattet, zeigte während der Pandemie ein relativ hohes Maß an Widerstandsfähigkeit. Seit 1983 wuchsen die Umsätze des Unternehmens um 20 % p.a. und im Zeitraum 2016 bis 2023 stieg der Nettogewinn um ca. 8 % p.a. Im ersten Halbjahr 2024 konnte der um Sonderposten bereinigte Periodengewinn um 15,4 % gesteigert werden und Analysten rechnen von 2024 bis 2026 mit einer Steigerung des Gewinnes pro Aktie von 0,43 auf 0,56 E. Bei einem Kurs von 9,82 E wäre dies ein für 2026 geschätztes KGV von akzeptablen 17,5.

Sportbekleidung – Marken, die laufen
Eine zunehmende Monetarisierung von Qualität und Marke ist beim japanischen Hersteller von Sportschuhen und -bekleidung Asics zu beobachten, der zuletzt vor allem mit den Produktlinien Asics SportStyle (SportStyle-Schuhe mit innovativen Features) und Onitsuka Tiger (Retro-inspirierte Sneaker und Bekleidung) einen Wachstumsschub erlebte. Laut Analystenschätzungskonsens unter fi-nanzen.net sollte der Gewinn pro Aktie von 2024 bis 2028 um 11,4 % p.a. wachsen und das für 2026 geschätzte KGV liegt bei rund 23 (per 7.11.).

Adidas, das 2023 aufgrund einer ungünstigen Konstellation aus Beendigung der „Yeezy“-Partnerschaft und Überbeständen erstmals seit 1992 einen Nettoverlust erlitt, zeigte mit einem gelungenen Produktmix in den ersten neun Monaten 2024 bei einem Umsatzwachstum von 6,6 % auf 17,72 Milliarden Euro einen Anstieg des Gewinnes pro Aktie um 164,1 % auf 4,50 Euro. Laut Schätzungskonsens sollte von 2024 bis 2026 der Gewinn pro Aktie von 3,90 auf 11,21 Euro steigen, woraus bei einem Kurs von 224 Euro ein für 2026 geschätztes KGV von relativ günstigen 20 resultieren würde.

Mit Yoga- und Fitnessbekleidung auf der Gewinnerseite ist indessen Lululemon Athletica: Vom Geschäftsjahr 2013/14 bis zum Geschäftsjahr 2023/24 konnte das Unternehmen den Nettogewinn um 18,7 % p.a. steigern und für den Zeitraum 2024/25 bis 2028/29 rechnen Analysten mit einem Gewinnwachstum pro Aktie von 12,7 % p.a., weshalb ein für 2026 geschätztes KGV von rund 21 noch Luft nach oben zulässt.

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„Bäume lesen kein Wall Street Journal“

Forst-Investment: Attraktive Renditemöglichkeit mit relativ niedriger Vola.

Manfred Kainz. Die Finanzwelt und der Begriff grün: ein ambivalentes Verhältnis. Denn während Anleger auf nachhaltiges Geldanlegen nicht (mehr) so anzuspringen scheinen, wie die Proponenten erhofften, herrscht auf der Produkt- und Finanzierungsseite Fantasie: Green Asset Ratio, Green Bonds, „Grüne“ Konten und „Grüne“ Investmentfonds. Abgesehen davon: Woran denken wir spontan beim Wort grün? Vielleicht an Wiesen und Wälder? Da ist es aus Anlagesicht dann nicht mehr weit zu Forst-Investments.

„Forestry“ als Anlage war daher Thema beim Abend „Alternative Assetklassen in der Asset-Allocation“ bei der Steuerberatung TPA. Alternative Investments kennt man landläufig in anderen Zusammenhängen: Real Estate, Infrastructure Equity und Private Equity, holte Alexander George aus.

Er ist Head of Institutional Sales DACH bei MEAG Asset Management. Das Haus ist von München, New York und Hong Kong aus tätig und Teil des Netzwerkes der Munich Re Group und der Ergo Gruppe. MEAG hat 345 MrdE Investments unter Asset Management, davon 56 MrdE von privaten und externen Investoren.

Natural Capital
„Natural Capital“ sei ebenfalls eine milliardenschwere Alternative Assetklasse, so George. „Forestry-“, „Agriculture-“ und „Carbon-Investments“ seien besonders nachhaltigkeitssensitiv und für die Value-Generierung geeignet. Für eine langfristige Investmentstrategie, wie sie MEAG verfolgt, sei dies eine „stabile Säule“. Denn sie profitiere vom langfristigen globalen Makro-Trend und „Markttreiber“ Dekarbonisierung und nachhaltige Energiewende. Da liegen die Chancen in erneuerbaren Energieformen, Verschmutzungs- und Emissionsverringerung, Kreislaufwirtschaft, Ressourcensicherheit und Biodiversität.

Dementsprechend liege der Investmentfokus von Forst-Investments auf den nachhaltigen Trends: Beschleunigende Nachfrage nach Holz als Bau(stoff)-Substitut zur CO2-Verringerung und generell für holzbasierte Produkte für die wachsende Weltbevölkerung, sowie das aus diesem „Nachfrageschub“ erforderliche Waldressourcenmanagement. Dazu komme die neue multipolare Weltordnung: Verfügbarkeit von Holz und Waldflächen gewinnt in der zunehmenden Volatilität von globalen Versorgungsketten an Bedeutung. Und so zitiert George Mark Twain: „Buy land; they are not making it any more.“

Risk, Return, Vola
Wie die Marktanalyse zeige, generiere Forest Investment „attraktive Returns mit relativ niedriger Volatilität“, so der MEAG-Mann. Das Risk-Return-Profil sei sogar besser als von US- und Deutschen Staatsanleihen. Der Vergleich z.B. mit Global Stocks, US-Bonds und Real Estate zeige weiters, dass entsprechende Anlagen fast nicht mit den anderen Assetklassen korrelieren. Egal, was in der Welt passiere: „Trees do not read the Wall Street Journal.“ Das gebe „Forestry Investments“ aus Renditesicht „hohe Planbarkeit“.

Einnahmenströme
Bei der Anlageklasse geht es nicht um Rundholz allein: Es gibt eine Reihe von „Einnahmenströmen“, die den Wert und die Rendite eines Forst-Investment-Portfolios ausmachen bzw. erhöhen: Versorgung mit erneuerbaren Energieträgern, Carbon/CO2-Zertifikate(handel), als Flächenanbieter für Infrastruktur (Waldgebiete eignen sich für Windkraftanlagen), Verarbeitungsketten und Biodiversität inklusive Qualitätsmanagement der Flächen und des Baumbestandes: Das alles bringe dem Asset Wald Wertzuwachs und Umwelt-„Impact“ im gewünschten Sinne.

Renditepotenzial
Was (seine) Renditeerwartungen für die Assetklasse „Natural Capital“ betrifft, „beginnt alles ab 5 % interessant zu werden“, so George auf Nachfrage des Börsen-Kurier. Diese betreffen den „reinen Wald“, aber die „Bandbreite“ für Renditen gehe bis 10 %; denn „additiv“ zur Fläche kommen die genannten anderen „Verwertungen“, die man ins Portfolio „miteinbauen“ kann, dazu. Wie eben das wachsende Energieversorgungspotenzial …

Foto: Pixabay / Uwe_Jeitling

 

 

Mehr Anleihen mit guter Bonität – und Gold!

Warum Anleger auf die Entwicklung der Kapitalmärkte reagieren sollten.

Marius Perger. Nicht sehr optimistisch für die Kapitalmärkte zeigt sich Alexander Eberan, Leiter Private Banking Wien der Steiermärkischen Sparkasse, im Gespräch mit dem Börsen-Kurier. Zwar wachse die Wirtschaft in den USA mit 3 % konstant, dies sei aber wesentlich auf künstliches Government Spending zurückzuführen, während die Industrie zum Teil am Boden liege. Was die Inflation betrifft, dürfte ein weiterer Rückgang in den USA schwierig sein, gleichzeitig erwartet Eberan, dass die Ausweitung des bereits jetzt extremen Defizits weitergehen werde. Das bedeute aber, dass die Renditen steigen müssen, damit Treasuries verkäuflich bleiben, was wiederum zu hohem Druck auf das lange Laufzeitende führen müsse. Die zuletzt positive Entwicklung der Kapitalmärkte sei vor allem auf das „gesunde Wachstum“ der High-Tech-Titel zurückzuführen, auch sei an den US-Aktienmärkten sehr viel Fantasie vorweggenommen und die Bewertung mittler-weile hoch.

Nicht besser fällt Eberans Einschätzung der Situation in Europa aus: Der Rückgang der Teuerung in Richtung Inflationsziel sei auf die Rezession zurückzuführen und in der wichtigsten Volkswirtschaft Deutschland befinde sich die gesamte Industrie in einem schlimmen Zustand. Eberan: „Die Politik hat nicht gerade ein günstiges Umfeld für Wirtschaftswachstum geschaffen.“ Alles in allem stelle sich die Frage, ob es im nächsten Jahr an den Kapitalmärkten so weitergehen kann wie zuletzt: „Ich würde mich nicht wundern, wenn wir schwierige Jahre vor uns haben.“

Was das für Anleger bedeutet
Eberan empfiehlt seinen Kunden mit hohen Aktienquoten aktuell, diese zurückzufahren – und wenn Aktien, dann „ganz breit gestreut“. Man solle sich nicht zu stark auf US-Werte fokussieren, auch wenn diese aufgrund der Gewinndynamik immer Bedeutung haben. Allerdings sei der US-Dollar zu stark, das hohe Defizit werde à la longue der Währung schaden. Auch ein zu starker Branchenfokus sollte vermieden werden. US-Technologieaktien blieben aussichtsreich, in Europa wiederum sei der Gesundheitsbereich gut aufgestellt, auch Basiskonsumunternehmen seien interessant. Trotzdem sei eben Diversifikation über Branchen und Länder oberstes Gebot.

Andererseits sei das Anleihen-Thema wieder da, in balancierten Portfolios empfiehlt Eberan aktuell einen Anteil von 40 bis 45 %. Der Fokus müsse dabei auf guter Qualität liegen, zumindest also „Investment Grade“; schlechte Bonität habe keinen Sinn, denn „das Risiko habe ich im Aktienbereich“.

Nicht vergessen dürfe man in der Asset Allocation schließlich Gold. Angesichts der weltweiten Verschuldungskrise und als Absicherung gegen eine mögliche Dollar-Abwertung sollten derzeit mindes-tens 5 % in physischem Gold gehalten werden. Von Goldminenaktien rät Eberan dagegen ab, denn auch sie wären von einer möglichen Korrektur betroffen.

Sorgen um Österreichs Wirtschaft
„Österreich hätte alle Voraussetzungen für eine erstklassige Wirtschaft“, betont Eberan. Unser Land könnte ein Pendant zur Schweiz sein, doch strukturelle Probleme, die Vielzahl an Interessengemeinschaften und Ineffizienzen würden dies verhindern. Dazu komme, dass die Politik zu stark „dogmatisiert“ sei und sich nicht an Strukturreformen traue: Skandinavien und die Schweiz seien hier bodenständiger und agierten mit mehr Hausverstand.

Eine kommende Regierung müsse zum Beispiel das Thema Subventionspolitik kritisch durchleuchten, man müsse herausfinden, was hier „schiefgelaufen“ ist. Ebenso seien Änderungen beim Gesundheitssystem umzusetzen, angesichts der aktuellen Situation müsste eine Selbstbeteiligung angedacht werden. Und im Bereich der Bildung gehe es um die Frage, warum Österreich im europäischen Vergleich so schwach abschneide.

Foto: Thomas Raggam

 

 

Die Strategievielfalt richtig nutzen

Selbst Märkte und Aktienkurse, die nicht vom Fleck kommen, bieten Zertifikate-Anlegern Chancen.

Raja Korinek. Das Interesse an Zertifikaten ist bei heimischen Anlegern zurück. Laut dem Zertifikate Forum Austria war der September von starker Aktivität geprägt. Das Handelsvolumen stieg im Vergleich zum August um 93,5 % auf 299,4 Millionen Euro. Das „Open Interest“, das gesamte von Privatanlegern investierte Volumen, wuchs auf 15,4 Milliarden Euro. Dabei machten sich die Nachwehen des turbulenten Börsen-Augusts bemerkbar. 100-%-Kapitalschutz-Produkte legten deutlich zu, wie aus dem Bericht hervorgeht. Hier wurde mit knapp 117 Millionen Euro das stärkste Handelsvolumen verzeichnet.

Doch Anleger können auch Chancen am Aktienmarkt mit einem Teilschutzprodukt nutzen. Wie der Name verrät, ist der Kapitalschutz begrenzt, dafür winken höhere Renditechancen. Solche Produkte können etwa im aktuellen Umfeld ihre Stärken ausspielen: „Trotz zahlreicher ökonomischer und geopolitischer Risiken notieren die Märkte auf historischen Hochs. Einige finanzwirtschaftliche Gesetzmäßigkeiten wurden bereits im Zuge des langen Tiefzinsumfeldes außer Kraft gesetzt“, holt Heiko Geiger (Foto), Zertifikate-Experte bei der Bank Vontobel, im exklusiven Gespräch mit dem Börsen-Kurier, aus.

Kommt der Crash?
Deshalb seien zahlreiche Anleger skeptisch über die weitere Entwicklung der Märkte. „Die verschiedenen Markt-Szenarien reichen von Crash oder Rezession bis hin zu einem anhaltend hohem Niveau.“ Jedenfalls passten diverse volkswirtschaftliche Kennziffern nicht mehr zu dem Verhalten der Märkte, konstatiert Geiger. „Für solch ein Umfeld bieten Zertifikate zahlreiche Möglichkeiten.“ Beispielsweise können sich Anleger mit „Put-Optionen“ oder „Short-Produkten“ ihr Aktien- oder ETF-Portfolio für einen bestimmten Zeitraum und bis zu einem im Vorfeld definierten Niveau absichern. Denn mit solchen Hebelprodukten setzen Anleger auf fallende Märkte. Allerdings ist auch das Risiko eines Totalverlusts hoch, sollten die Märkte in die gegenläufige Richtung tendieren.

Obendrein bieten Renditeoptimierungsprodukte, zum Beispiel Aktienanleihen, die Möglichkeit, an weiteren Marktsteigerungen begrenzt zu partizipieren oder auf Seitwärtsmärkte zu setzen. Denn diesem Produkt liegt eine Aktie zugrunde, wobei gleich bei der Emission ein Basispreis festgesetzt wird. Anleger erhalten obendrein eine fixe Kuponzahlung. Notiert die Aktie zum Laufzeitende auf oder über dem anfangs festgesetzten Basispreis, erhalten Anleger das Nominale zurück. Liegt der Kurs hingegen unter dem Basispreis, bekommen Anleger die Aktien angedient. Diese kann man dann aber im Depot halten.

Neue Thementrends im Fokus
Neue Themen werden oftmals etwa mit Partizipationsprodukten abgedeckt. Wie sich dies von Themenfonds und -ETFs unterscheidet? „Wenn es neue Themen und Trends zu erschließen gibt, ist das Zertifikat am schnellsten im Markt. Fonds und ETFs benötigen in der Regel eine längere Vorlaufzeit. Somit gelingt Anlegern mit Hilfe von Zertifikaten ein viel schnellerer Einstieg in einen aktuellen Marktrend“, erklärt Geiger.

Doch es gibt weitere Unterschiede. Rechtlich handele es sich bei einem Themenzertifikat um eine Schuldverschreibung mit Emittentenrisiko, bei einem Fonds oder ETF hingegen um ein Sondervermögen. Bei der Bank Vontobel hat man sich übrigens jüngst den Themen Quantum Computing – mit dem „Solactive Quantum Computing Partizipationszertifikat“ – sowie Adipositas – mit dem Partizipationszertifikat auf den „Diabetes and Weight Management Basket“ – gewidmet.

Foto: Vontobel

 

 

Chancen abseits der Bond- und Aktienmärkte

Mit Zertifikaten können Privatanleger auch auf die Devisen- und Rohstoffmärkte setzen.

Raja Korinek. Der Staub nach dem Wahlsieg Donalds Trumps legt sich allmählich. In einer ersten Reaktion schnellten vor allem die US-Börsen nach oben. Die Erwartung ist groß, dass Trump Zölle anheben bzw. neue einheben könnte, ebenso wie die Annahme, dass davon dann zahlreiche US-Unternehmen profitieren könnten.

Auch auf den Devisenmärkten waren die Auswirkungen sichtbar. Am Mittwoch, dem 6. November, legte der US-Dollar zum Euro zwischenzeitlich um fast 2 % zu. Dabei hatten die Devisenmärkte bereits Wochen zuvor für Schlagzeilen gesorgt. Ende Juli legte der Yen erstmals seit langem zum Euro zu. Grund war die zweite Zinsanhebung der japanischen Notenbank in diesem Jahr auf rund 0,25 %.

Freilich, um auf solche Trends zu setzen, muss man kein Händler sein. So bieten Zertifikate Anlegern einen Zugang zu den globalen Devisenmärkten, die für Privatanleger meist nur schwer direkt zu erreichen seien und hohes Kapital erfordern, konstatiert Christian Glaser (Foto), Zertifikate-Experte bei der BNP Paribas, im Gespräch mit dem Börsen-Kurier.

Geringer Startbetrag
Glaser verweist auf einen weiteren Aspekt: „Weil der Startbetrag bei Zertifikaten gering ist, können Anleger die Höhe ihres Risikokapitals flexibel bestimmen.“ Doch wie können Anleger konkret vorgehen? Auch hier liefert der BNP-Paribas-Experte eine Antwort: Aufgrund der meist geringen Schwankungen auf den Devisenmärkten böten Hebelzertifikate interessante Möglichkeiten. „Damit kann überproportional an Kursbewegungen partizipiert werden, um höhere Gewinne – aber auch Verluste – zu realisieren.“

Eine weitere Besonderheit sticht ebenfalls hervor. So kann mit Hebelprodukten, einerlei ob Turbo- oder Faktorzertifikat, auf steigende sowie auf fallende Kurse gesetzt werden. Zur Erklärung: Bei Turbozertifikaten gibt es nebst dem Hebel auch eine Barriere. Wird sie berührt oder unterschritten (bzw. überschritten bei Short-Produkten), verfällt das Zertifikat. Bei Faktorzertifikaten gibt es keine Barriere. Dafür wird täglich die prozentuelle Preisveränderung mit einem konstanten Faktor berechnet. Bei länger seitwärtstendierenden oder fallenden Märkten summieren sich die Verluste, die prozentual wiederum nur schwer aufzuholen sind.

Glaser verweist auf einen weiteren Punkt: Neben klassischen Devisenpaaren kann etwa auch der „US Dollar-Index“ gehandelt werden. Der Index misst den Wert des US-Dollars mittels eines Korbs aus sechs Währungen. Dazu zählen Euro, Yen und kanadischer Dollar.

Rohstoffhandel mit Zertifikaten
Auch auf Rohstoffnotierungen kann mittels Zertifikaten gesetzt werden, sagt Glaser. Schließlich können viele Rohstoffe – wie Erdgas oder Kaffee – nur mit großem Aufwand direkt erworben und gelagert werden. Vor allem der Preis für Rohöl sorgte für Schlagzeilen, allein die Nordseemarke Brent gab vor wenigen Wochen kräftig nach. Die Erleichterung unter Öl-Spekulanten nach dem Militärschlag gegen den Iran war groß, dass dabei keine Ölraffinerien getroffen wurden.

Anleger müssen jedoch beachten, dass solche Zertifikate nicht direkt auf Rohstoffpreise setzen, sondern auf die künftig erwarteten Notierungen mittels sogenannten Futures. Sie sind eine Form Derivate und laufen regelmäßig ab – weshalb sie stets verlängert werden müssen. Aufgrund dieses Vorgangs kann es zu Abweichungen von den aktuellen Rohstoffpreisen kommen – nach oben sowie nach unten. Überhaupt können Rohstoffpreise teils stark schwanken.

Foto: BNP Paribas

 

 

Silber legt zu

Der Edelmetall- und Rohstoff-Report von Stabilitas: Silber ist bei Anlegern wieder gefragter.

(05.10.) Der Goldpreis notierte Ende Oktober bei 2.634,80 US-Dollar und lag damit um 4,1 Prozent niedriger als im Vormonat. Der Silberpreis beendete den Monat mit 32,66 US-Dollar und lag damit um 4,8 Prozent höher als im Vormonat. „Gold hat den Monat im Großen und Ganzen unverändert beendet. Das spekulativere Silber konnte hingegen deutlich zulegen. Insgesamt hat sich der Markt im Vorfeld der US-Wahlen seitwärts entwickelt. Die anhaltenden Zentralbankkäufe führen zu dem anhaltend hohen Niveau des Goldpreises“, sagt der Edelmetall-Experte Martin Siegel.

Die Preise für Platin und Palladium notierten zum Monatsende wie folgt: Platin lag bei 992 US-Dollar und notierte demnach um 1,1 Prozent höher als im Vormonat. Palladium schloss Ende Oktober mit 1.109 US-Dollar, ein Plus von10,6 Prozent gegenüber dem Vormonat. „Der Palladiumpreis ist aufgrund von Sorgen des Marktes vor möglichen Lieferschwierigkeiten sprunghaft angestiegen“, so der Experte Siegel.

Der Nickelpreis lag zum Monatsende bei 15.529 US-Dollar und notierte damit um 8,7 Prozent niedriger als im Vormonat. Blei beendete den Monat mit 1.975 US-Dollar und lag damit um 3,7 Prozent niedriger als zuvor. Der Preis für Aluminium belief sich Ende Oktober auf 2.617 US-Dollar und lag damit um 0,3 Prozent höher als im Vormonat. Zink schloss bei 3.102 US-Dollar, also um 0,9 Prozent höher als Ende September. Der Preis für das Industriemetall Kupfer lag bei 9.973 US-Dollar und damit um 2,9 Prozent höher als im Vormonat. „Der Markt für Basismetalle verharrt in einer Seitwärtsbewegung. Die Kursschwankungen spiegeln den unsicheren Ausblick auf die weitere Weltwirtschaft wider – ohne klaren Trend“, meint Siegel.

Der Ölpreis schloss Ende Oktober bei 69,26 US-Dollar und notierte damit um 1,6Prozent höher als im Vormonat. „Die Öl- und Gasmäkrte blieben zum Ende des Monats Oktober von den Anlegern aufgrund der unsicheren Weltkonjunktur großenteils vernachlässigt“, sagt der Experte Siegel.

Freihandel statt Protektionismus

Ratifizierung des EU-Mercosur-Freihandelsabkommens könnte Brasiliens Wirtschaft nachhaltig stärken.

Christian Sec. Anfang Oktober sorgte eine unerwartete Nachricht für Bewegung an den Finanzmärkten in São Paulo: Die Ratingagentur Moody‘s hat erstmals seit acht Jahren das Länderrating Brasiliens auf Ba1 angehoben (der Börsen-Kurier berichtete). Trotz des Upgrades zahlt der Staat aber weiterhin hohe Zinsen an den Finanzmärkten. Die Renditen für brasilianische Staatsanleihen liegen für zehnjährige Bonds aktuell bei etwa 12,7 %.

Moody‘s begründete die Entscheidung mit dem Wirtschaftswachstum des Landes, das stärker als erwartet ausfiel. Seit 2021 ist das BIP jährlich um etwa 3 % gestiegen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostiziert bis 2029 ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 2,5 % – eine höhere Rate als bei vielen EU-Staaten, wenn auch niedriger als bei den BRICS-Partnern Indien und China.

Material für grüne Transformation
Die Risiken für Investoren sind vielfältig. Die Unsicherheit über die Staatsverschuldung sorgt für Unruhe auf den Finanzmärkten, die neben den hohen Renditen für Staatsanleihen auch für hohe Wechselkursschwankungen sorgen. Der Wertverlust des Reals gegenüber dem US-Dollar beträgt allein in diesem Jahr bislang mehr als 17 %. Der Abwertungsdruck der Währung erhöht den Inflationsdruck und sorgte dafür, dass der Leitzins nach mehreren Senkungen im Juli erstmals wieder um 0,25 auf 10,75 % erhöht wurde. Die Abhängigkeit von Rohstoffen (auch wenn dies eine breite Kategorie ist) macht die Konjunktur des Landes auch abhängig von den Preisen auf den internationalen Rohstoffmärkten. Brasilien ist der viertgrößte Lebensmittelexporteur weltweit, ein wichtiger Exporteur von Erzen und Metallen und ein Nettoexporteur von Kraftstoffen wie Erdöl.

Von der „grünen Transformation“ könnte Brasilien profitieren. Die Vorkommen an Seltenen Erden, die für Windkraftanlagen, Elektrofahrzeuge und die Elektronikindustrie benötigt werden, sind hinter China die größten weltweit. Aktuell hinkt die Produktion zwar hinter dem Potenzial her, doch im Jahr 2024 nahm etwa die Serra-Verde-Mine im Bundesstaat Goiás die kommerzielle Produktion auf und plant, jährlich etwa 5.000 Tonnen Seltenerdoxid zu fördern. Experten gehen davon aus, dass Brasilien bis Ende des Jahrzehnts zwei bis drei weitere Minen in Betrieb nehmen wird und sich so zu einem der weltweit fünf größten Produzenten von Seltenen Erden entwickeln könnte.

Aufstieg in der Wertschöpfungskette
Der MSCI Brazil wird vom Bankensektor sowie von Rohstofftiteln dominiert. Vale z.B. ist eines der drei größten Bergbauunternehmen der Welt. Ein weiteres Schwergewicht des Index ist der teilstaatliche Erdölkonzern Petrobras (Anm. beide in Frankfurt handelbar). Aber auch wenn rund die Hälfte der brasilianischen Exporte aus dem Rohstoffsektor kommen, gibt es auch herausragende Beispiele für produzierende Unternehmen, die am Weltmarkt reüssieren. Darunter z. B. der Elektromotorenhersteller Weg, der rund die Hälfte des Unternehmensumsatzes von umgerechnet 6 Milliarden Euro im vergangenen Jahr exportierte.

Gedrosselt wird die Entwicklung wettbewerbsfähiger Industrie nicht zuletzt durch eine protektionistische brasilianische Wirtschaftspolitik mit hohen Importzöllen, die auch Direktinvestitionen ausländischer Unternehmen erschwert. Maschinen, elektronische Komponenten und Industriegüter sind mit hohen Tarifen belastet, was die Kosten für den Aufbau und Betrieb von Produktionsstätten erhöht. Für Brasilien wäre die Ratifizierung des Freihandelsabkommens zwischen der EU und den Mercosur-Staaten (Brasilien, Argentinien, Venezuela, Paraguay, Uruguay) daher eine große Chance.

91 % aller Zölle würden dabei fallen und Direktinvestitionen sowie der Austausch von Know-how würden angekurbelt werden. Wenn jedoch die EU weiterhin mit der Ratifizierung zögert, steht bereits China vor den Toren Brasiliens und wartet nur darauf in den Freihandel mit Brasilien zu treten.

Investitionsmöglichkeiten bieten börsengehandelte Fonds wie ETFs, die den MSCI Brazil Index abbilden, oder aktiv gemanagte Fonds wie der „DWS Invest Brazilian Equities“.

Foto: Pixabay / Gruetzen

 

 

Pensionsfinanzierung braucht mehrere Hebel

Fiskalratspräsident Christoph Badelt im Interview mit dem Börsen-Kurier.

Manfred Kainz. Eine mutige Pensionsreform? Sie war kein Thema in der türkis-blauen Regierungsära, und auch nicht in der schwarz-grünen Legislaturperiode. Jetzt erlebt Österreich wieder Verhandlungen zur Bildung eines Regierungsprogrammes. Was die Betreffenden zum Thema Alterssicherung bedenken sollten?

Im Gespräch mit dem Börsen-Kurier formulierte Christoph Badelt (Foto) ein paar Leitpflöcke. Der em. Univ.-Prof. für Wirtschafts- und Sozialpolitik und ehemalige Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts ist Vorsitzender des Produktivitätsrates sowie Präsident des Fiskalrates (der frühere „Staatsschuldenausschuss“). Dieses unabhängige Gremium hat ein breites gesetzlich festgelegtes Aufgabenspektrum zur Überwachung der Fiskaldisziplin: Von Analysen der Staatsverschuldung und der Budgetpolitik über finanzpolitische Vorschau bis zu Empfehlungen zur Fiskalpolitik und Budgetausrichtung.

Erhöhungen
Badelts gute Nachricht zuerst. Es ist nicht so, dass die Pensionen nicht zu finanzieren wären. Aber nun kommt sein Aber: Durch die demographische Entwicklung – also alternde Bevölkerung, mehr Pensionisten im Verhältnis zu Einzahlenden – steigen die Pensionsausgaben und das belastet die öffentlichen Haushalte zusehends. Das „Grundproblem“ ist also, dass unsere demographischen Gegebenheiten die Staatsfinanzen generell „belastend beeinflussen“.

Also was tun? Der Fiskalratspräsident ist da klar für mehrere Ansatzpunkte: Es brauche – erstens – eine Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters. Das Argument, dass viele Menschen nicht aus dem Arbeitsleben in die Pension überwechseln würden, sieht er nicht als Gegenargument. Auch nicht das Argument, dass es reiche, das faktische Pensionsantrittsalter zu erhöhen, also an das gesetzliche heranzuführen. Das sei „keine Alternative“, sondern – zweitens – „auch notwendig“. Und die Meinung, Work-Life-Balance und Teilzeitarbeit reiche, weil man ohnehin „keine Pension bekommen wird“, sei falsch. Hingegen brauche es mehr Menschen in Beschäftigung.

Schrittweise
Wie eine Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters aussehen könnte? Badelt: „Maßvoll schrittweise und langfristig“ angelegt. Also beispielsweise: Etappenweise Erhöhung des Pensionsalters um zwei Jahre über einen Zeitraum von zehn Jahren. Früh angekündigt und beginnend in zwei Jahren: Verlängerung des Antrittszeitpunktes um zwei Monate pro Jahr.

Beitragserhöhungen sieht der Fiskalratschef „nicht als jetziges Thema“. Denn die Pensionsbeiträge seien jetzt schon hoch. Stattdessen sei eher bei „außertourlichen Pensionserhöhungen“, die das Versicherungsprinzip aufweichen, Einsparungsdisziplin nötig. Um Pensionsausgleichszulagen zu minimieren, gehe es darum, mehr Leute „in Beschäftigung zu bringen“ und zu halten.

Gesamtkonzept
Seit Jahrzehnten gibt es von vielen Seiten (etwa der Versicherungswirtschaft) Rufe nach fiskalischer Förderung, also steuerlichen Anreizen für die Altersvorsorge; beispielsweise Steuerbegünstigungen für Beiträge in die zweite und dritte Pensions-„Säulen“, Halbierung bis Abschaffung der Versicherungssteuer für Pensionsvorsorgeprodukte, und/oder KESt-Befreiung von Anlagedepots, die der Eigenvorsorge dienen. Badelt ist da zurückhaltend: Statt solcher „Einzelpositionen“ brauche es vielmehr ein „gesamthaftes Budgetkonsolidierungskonzept“. Und darauf aufbauend eine „völlige Umorientierung im Budget“. Heißt in Zahlen: Einsparungen von „jenseits von zehn Milliarden Euro jährlich“ – um „Geld frei zu schaufeln“ für die großen Investitionsbrocken „Gesundheit, Infrastrukturen, Technologie“. Die wiederum die für die Pensionsfinanzierung nötige Beschäftigung bringen würden.

Regierungsprogramm
Was sollte also in einem hoffentlich baldigen Regierungsprogramm stehen? Ein breit getragenes Programm brauche mehreres, so Badelt: Mehr Anreize, um das Pensionsalter in Beschäftigung zu erreichen; als auch Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters. Aber das alles „sozial ausgewogen“. Und er gibt den Regierungsverhandlern mit: „Bei jeder Koalitionsverhandlung müssen sich alle in ihren Positionen bewegen. Sonst geht gar nichts.“

Foto: Lisi Niesner

 

 

Anhaltender Erfolgslauf der ETFs

Das organische Wachstum der Kategorie bleibt bis zuletzt ungebrochen.

Roman Steinbauer. Die Verkündung des Ergebnisses zum dritten Quartal der Fondsgesellschaft DWS am 16. Oktober bestätigte einmal mehr den Anlagetrend hin zu Exchange-Traded-Funds-Produkten (ETFs). So verzeichnete das zur Deutschen Bank gehörende Institut in diesem Anlagesegment Mittelzuflüsse im Ausmaß von 18,3 Milliarden Euro. Ein Betrag, der seit dem Börsengang der DWS im Jahre 2018 in einer Periode nicht mehr registriert wurde. Annualisiert erhöhte sich das verwaltete Vermögen damit um mehr als 3 % auf 963 Milliarden Euro. Ganz vorne befinden sich dabei börsennotierte Indexfonds, die die Wertentwicklung von Indizes abbilden und unter dem Titel XTrackers vermarktet werden.

Leicht verständliche ETFs nicht zu verdrängen
Am selben Tag publizierte das US-Finanzservice-Unternehmen Morningstar Entwicklungen zu der seit Jahren immer beliebteren Investmentsparte. Die Research-Abteilung der Gesellschaft aus Chicago, die in 29 Staaten operativ tätig ist, gibt die Datenlage zu den Geldströmen in ETFs vierteljährig bekannt. Trotz des allgemein bekannten Trends hin zu börsengehandelten Fonds verblüfft dennoch die anhaltende Dynamik der Umschichtungen.

So erreichte im September das globale Sektorvermögen 13,40 Billionen US-Dollar – eine Steigerung um 3,70 Billionen US-Dollar zum Vorjahr. 1,30 Billionen US-Dollar sind davon Zuflüsse, der andere Anteil an der Volumenerhöhung ist der Marktwertsteigerung zuzuschreiben.

Zwar werden stets komplexere und anspruchsvollere Varianten angeboten, doch ist unter Anlegern nach wie vor die Präferenz zu traditionellen Aktien- und Anleihe-Strategien auszumachen. Die Vorzüge der Vergleichbarkeit, der leichten Verständlichkeit und somit einer Transparenz ist naheliegend. Anders ist es kaum zu erklären, wonach im Jahr 2024 bisher 96 % der gesamten Mittelzuflüsse auf diese Kategorien entfielen. Im Detail weisen die Daten von Morningstar aber auch darauf hin, dass der Anteil der festverzinslichen Fonds an den Gesamtzuflüssen im zweiten und dritten Quartal gestiegen ist. Im dritten Quartal erfuhr die Bond-Kategorie sogar mit Netto-Einspeisungen von 112 Milliarden US-Dollar einen neuen Spitzenwert. Sylvester Flood, Senior Product Manager bei Morningstar Direct, betonte in diesem Zusammenhang den Umstand, dass seit Anfang 2024 das organische Wachstum der Gesamtzuflüsse (im Verhältnis zum Vermögen zu Beginn des Zeitraums) 13,5 % betrug.

Europas Markt im Kielwasser
Für den Alten Kontinent umriss bereits im Juli e-fundresearch.com den Trend und meldete ebenso neue Absatzrekorde. Es stützte sich zudem auf Berichte des unabhängigen ETF-Anbieters HANetf sowie den „ETF Flow Report“ der Fondsgesellschaft Amundi. Demnach summierten sich die europäischen Zuflüsse in ETFs, die dem EU-Regelwerk UCITS („Undertakings for Collective Investments in Transferable Securities“) unterliegen, im ersten Halbjahr 2024 auf 102 Milliarden Euro. Zu diesem Zeitpunkt entfielen somit bereits 76,6 Milliarden Euro auf Aktien- und 25,1 Milliarden Euro auf Anleihe-ETFs.

Als gefragteste Benchmark entpuppten sich einmal mehr die US-Aktienindizes, die ein Drittel der gesamten Aktien-ETF-Mittelzuflüsse ausmachten, gefolgt von Weltindizes. Doch bleiben Industrieländerindizes als Benchmark für Aktien ebenso weiterhin stark gefragt, die für ein Kapitalvolumen von 23,6 Milliarden Euro standen. Im Segment der Bonds dominieren wiederum Produkte für Staatsanleihen und den Geldmarkt unangefochten.

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In beständige Firmen investieren

Langfristiges Anlegen mit Aktien von Unternehmen mit über 100jähriger Geschichte.

Michael Kordovsky. Je länger ein Unternehmen schon besteht, desto mehr Krisen hat es überstanden. Eine lange Geschichte ist somit ein wesentlicher Indikator für Solidität. Doch isoliert betrachtet sollte sich auch darauf niemand verlassen. Die Pleite der alteingesessenen Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 ist ein kritisches Beispiel. Deshalb sollte das betreffende Unternehmen neben einer mehr als 100-jährigen Geschichte auch rentabel arbeiten und auf jeden Fall schwarze Zahlen schreiben, in den vergangenen Jahren stabile Erträge erwirtschaftet und wenn möglich auch Zuwächse erzielt haben.

Eindeutig in diese Kategorie fällt die Allianz, deren Gewinn pro Aktie selbst in den Pandemiejahren gegenüber 2019 nur leicht zurückging und im Zeitraum 2019 bis 2023 sogar ein Gewinnwachstum von 2,9 % p.a. erwirtschaften konnte, während im ersten Halbjahr 2024 der Gewinn pro Aktie sogar um 17 % gesteigert werden konnte. Die Dividende des 1890 gegründeten
Finanzkonzerns konnte 2013 bis 2023 um 10 % p.a. gesteigert werden und auf Basis eines Kurses von 304,30 Euro liegt die Dividendenrendite bei 4,5 % und das für 2025 geschätzte KGV bei 11,3.

Breit diversifizierte Konsumgüterhersteller
In die Kategorie „Quality“ fällt die 1806 von William Colgate als Hersteller parfümierter Seife gegründete Colgate Palmolive, die mitt-lerweile mit einem Weltmarktanteil bei Zahnpasta von 41,5 % im ersten Halbjahr 2024 klarer Marktführer ist. Der globale Marktanteil bei manuellen Zahnbürsten liegt bei 32,2 %. Hinzukommen eine Haustiernahrungs-Division (Hill‘s) und die Bereiche Putzmittel und Körperpflege. 45 % des Umsatzes erwirtschaftet Colgate in Emerging Markets. Bereits 129 Jahre in Folge schüttet das Unternehmen Dividenden aus und 61 Jahre in Folge konnten diese Zahlungen gesteigert werden. Von 2019 bis 2023 wuchs der Konzernumsatz kontinuierlich und in den vergangenen Jahren zeigte sich der Gewinn/Aktie relativ stabil. Laut Analystenschätzungen unter finanzen.net sollte der Gewinn pro Aktie von 2024 bis 2028 um 8,5 % p.a. wachsen, weshalb auf Basis des Kurses vom 18. Oktober ein für 2026 geschätztes KGV von 23,6 akzeptabel ist.

Ein ähnliches Unternehmen ist der im Jahr 1837 gegründete Haushaltswarenkonzern Procter & Gamble, bekannt für die führende Rasierklingen-Marke Gillette (Weltmarktanteil 2023: 60 %) sowie für Ariel, Always, Pampers, Braun, Old Spice, Wick oder Meister Proper. In den Geschäftsjahren 2019/20 bis 2023/24 wuchsen Umsatz und der um Sonderposten bereinigte Gewinn pro Aktie um jeweils 4,3 bzw. 6,5 % p.a. 2023/24 wiesen acht von zehn Produktkategorien ein organisches Umsatzwachstum auf. Mittlerweile schüttet das Unternehmen schon 134 Jahre in Folge eine Dividende aus, die es 68 Jahre in Folge steigern konnte. Für die beiden kommenden Geschäftsjahre rechnet der Analystenschätzungskonsens mit je 5,8 bzw. 6,5 % p.a. Gewinnwachstum/Aktie und das für 2025/26 geschätzte KGV liegt per 18. Oktober bei 23,1.

Nestle und L’Oreal
Über eine breite Basis an relativ soliden Einnahmequellen verfügt die bereits im Jahr 1866 gegründete Nestle, deren Gewinn pro Aktie in den Jahren 2018 bis 2023 um 4,7 % p.a. wuchs. Nestle ist hauptsächlich in den Sparten Getränkepulver und flüssige Getränke, Tiernahrung, Gesundheit, Fertignahrung und Zutaten, Milchprodukte und Speiseeis, Süßwaren und Wasser tätig. Das Unternehmen überzeugt mit Ertragskraft, denn der freie Cashflow konnte 2023 um mehr als 58 % gesteigert werden und machte somit bereits 11,2 % des Umsatzes aus.

Auch für die kommenden Jahre gehen Analysten von einem mittleren einstelligen Gewinnwachstum/Aktie aus. Das für 2026 geschätzte KGV ist mit 17,2 bereits im günstigen Bereich angesiedelt und die Dividendenrendite mit 3,5 % relativ attraktiv.

Der 1909 von Eugene Schueller in Paris gegründete Kosmetikhersteller L‘Oreal konnte den Gewinn/Aktie von 2014 bis 2023 um 9,5 % p.a. steigern und laut finanzen.net rechnen Analysten von 2024 bis 2028 mit weiteren Zuwächsen von 7,9 % p.a. Die Dividende pro Aktie hat der weltgrößte Kosmetikhersteller von 2019 bis 2023 von 3,85 auf 6,60 Euro gesteigert. Auf Basis eines Kurses von 372,75 Euro liegt das für 2026 geschätzte KGV bei noch akzeptablen 25.

Fazit

Wer nur mit wenigen ausgewählten Aktien vorsorgen möchte, findet in den genannten fünf Werten eine passende Mischung, denn die einzelnen Unternehmen stehen weltweit breit gestreut auf unterschiedlichen Standbeinen und generieren solide Einnahmen.

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Weltspartag: Anlass über Wissenslücken nachzudenken

Im Gespräch mit Finanzdienstleister-Obmann Hannes Dolzer über zeitgemäße Anlageformen.

Red. Anlässlich des Weltspartags an diesem Donnerstag appellieren Finanzexperten an die Konsumenten, ihre Spargewohnheiten zu überdenken und sich etwa über zeitgemäße Anlageformen wie ETFs (Exchange Traded Funds) zu informieren. Unser größtes Problem seien nach wie vor die teils großen Wissenslücken in Sachen Finanzen, sagt Hannes Dolzer, Obmann des Fachverbandes Finanzdienstleister, die in Folge zu wenig Menschen aktiv werden lassen. Dabei gelte es, zu handeln, um drohende Pensionslücken zu schließen.

Gerade bei den Themen Veranlagung und Kapitalmarkt haben die im Sommer veröffentlichten Ergebnisse des PISA-Tests 2022 zu Financial Literacy gezeigt, dass es unter den Schülerinnen und Schülern Wissenslücken gibt: Unsicherheiten findet man bei Anlageprodukten wie Aktien, die aber für den Aufbau von Vermögen wesentlich sind. Auch bei Themen wie Diversifikation und Zinseszins fehlt Wissen – und hält die Personen in Folge davon ab, sich mit der Vorsorge zu beschäftigen, weiß Dolzer.

Pensionslücke droht: Dringender Handlungsbedarf
Ein kritisches Thema ist die Pensionslücke, die viele in ihrer Altersvorsorge erwartet. Die de-mografische Entwicklung und die wachsende Lebenserwartung erhöhen schließlich den Druck auf die staatlichen Rentensysteme. Daher ist es entscheidend, frühzeitig private Vorsorge zu treffen und in Produkte zu investieren, die eine zusätzliche Einkommensquelle im Alter bieten können.

Stichwort Inflation: Sparbuch ein Risiko
Während das Sparbuch einst als sicherer Hafen für Ersparnisse galt, ist es kaum noch geeignet, das Vermögen effektiv zu vermehren. Die geringen Zinserträge reichen nicht aus, um die Inflation auszugleichen, was bedeutet, dass das gesparte Geld an Kaufkraft verliert. Um diesem Risiko zu begegnen, sollten Sparer über alternative Anlageformen nachdenken, die nicht nur Renditechancen bieten, sondern auch inflationsgeschützt sind. Eine Möglichkeit seien ETFs, über die man sich informieren sollte, rät Obmann Dolzer.

Was sind ETFs und welche Vorteile haben sie?
ETFs bieten Anlegern eine kostengünstige und flexible Möglichkeit, in eine Vielzahl von Märkten zu investieren. Sie kombinieren die Vorteile von Aktien und Fonds, indem sie die breite Diversifikation eines Fonds mit der Handelsflexibilität einer Aktie vereinen. Diese Eigenschaften machen ETFs zu einer attraktiven Option für alle, die langfristig Vermögen aufbauen und gleichzeitig Risiken streuen möchten.

Für Frauen gilt es besonders, aktiv zu werden
„Gender Pay Gap“, Teilzeitfalle, Pensionslücke, Altersarmut – all dies trifft Frauen in stärkerem Ausmaß als Männer. Dennoch oder vielleicht gerade deshalb weisen Frauen (nicht nur in Österreich) ein Defizit in Sachen Finanzwissen auf. Hier gilt es, dringend gegenzusteuern „Finanzen sind Männersache – gegen dieses immer noch vorherrschende Denken müssen wir ganz klar angehen. Frauen sollten unbedingt in ihr Finanzwissen investieren, damit sie selbst über ihre Finanzen bestimmen können“, betont Dolzer. Ob klassische Medien, Finanzpodcast oder Finanzdienstleister: wichtig ist es, sich dem Thema Finanzen Stück für Stück anzunähern und die Scheu abzubauen. Diese resultiere oft aus Unwissenheit. Ziel sei es nicht, Finanzprofi zu werden, sondern selbstbestimmt finanzielle Entscheidungen für die Zukunft treffen zu können.

Beratung auf Augenhöhe
Angesichts der Komplexität der Finanzmärkte ist es ratsam, sich an unabhängige Finanzdienstleister zu wenden, die eine Beratung auf Augenhöhe bieten, persönliche Ziele und Risikobereitschaft berücksichtigen. Unabhängige Beratung stellt sicher, dass Anleger fundierte Entscheidungen treffen. Der Weltspartag könnte ein aktueller Anlass sein, die Weichen für die Zukunft zu stellen. „Jetzt ist die Zeit, um die finanzielle Bildung zu vertiefen und proaktiv die Kontrolle über das eigene Vermögen zu übernehmen“, so Dolzer.

Foto: Frankl

 

 

Erste europäische Grätzel-Entwicklung in Holz

Wiener LeopoldQuartier zeigt, was im Holzbau alles möglich ist.

Rudolf Preyer. Quasi als „hölzernes Leuchtturmprojekt“ kann Europas erstes Quartier in Holzbauweise, das LeopoldQuartier am Donaukanal im zweiten Bezirk in Wien, bezeichnet werden. Konkret an der Adresse Obere Donaustraße 23-27 plant die UBM Development AG – ausgeführt von der Porr AG – ein 23.000 m2 großes Areal in Holz-Hybridbauweise für Wohnungen, City Apartments, Büros, gewerblich genutzte Flächen (Gastro usw.) und einen Kindergarten.

Der Holzbau in Österreich entwickelt sich schlagartig: Mittlerweile werden rund ein Viertel der Hochbau-Nutzflächen in Österreich in Holzbauweise – ein Verbundmaterial aus Fichte und Tanne aus heimischer Produktion im LeopoldQuartier beispielsweise – errichtet, 53 % davon im Wohnbereich.

Holz-Hybrid-Bauweise
„Insbesondere der Bedarf nach nachhaltig errichtetem Wohnraum für die ‚Städte von Morgen‘ kann mit Hilfe von Holz gut erfüllt werden“, sagt Porr-CEO Karl-Heinz Strauss, „der Baustoff ist rückbaubar im Sinne der Kreislaufwirtschaft.“ Denn jedes Jahr wachsen in Österreich 30 Mio m3 nach, von denen 90 % genutzt und verwertet werden. Das entspricht 2.000 Einfamilienhäusern pro Tag. Und es entsteht sozusagen ein zweiter Wald aus Häusern, der ebenfalls CO2 bindet.

„Menschen, die sich für das LeopoldQuartier entscheiden, liefern damit aktiv eine Antwort auf den Klimawandel“, ergänzt UBM-Vorstand Peter Schaller. Die tragende Struktur des 22.000 m2 Bürogebäudes wird ab dem ersten Obergeschoss bis ins letzte neunte Geschoss in einer Holz-Hybridbauweise, als Skelettbau aus Holzelementen und Stahlbeton-Fertigteilen, errichtet.

CO2 neutraler Betrieb
Das LeopoldQuartier Living mit seinen 253 Wohnungen und der Holz-Tragstruktur stellt laut Projektabteilung das größte aus Holz gebaute Wohnbau-Projekt Österreichs dar. Hierfür werden vorgefertigte Elemente aus insgesamt 3.800 m3 Holz zusammengefügt. Geplante Fertigstellung für die drei Wohngebäude ist Anfang 2026. Die Büros dürften freilich schon im Herbst nächsten Jahres bezogen werden können. Der Betrieb soll übrigens CO2 neutral sein.

Stichwort Nachhaltigkeit: Das Gesamtprojekt LeopoldQuartier wird mittels 200 geothermischer Erdsonden und drei Brunnenanlagen, ebenfalls von der Porr eingebracht, sowie Photovoltaik und Heiz-Kühlsegel in den Büros versorgt.

Die UBM möchte, wie auch auf Hauptversammlungen von Thomas G. Winkler immer wieder angekündigt, größte Entwicklerin von Holz-Hybrid-Bauten in Europa werden. Gleichsam treuer Wegbegleiter ist hierbei die Porr, die derzeit als eine der Vorreiterinnen im Holz- und Holzhybridbau in Österreich acht großvolumige Projekte errichtet. Darunter im Wiener Wohnungsbau neben dem LeopoldQuartier das Vis à Vis im Village im Dritten und das Brio nahe dem Hauptbahnhof, im Bürobau das Europäische Patentamt und im Gesundheitsbereich in Graz das Krankenhaus Elisabethinen.

 

 

„Böses Erwachen“ rechtzeitig vermeiden!

Niederösterreichs Finanzdienstleister warnen: Unterschätzte Herausforderung Unternehmensnachfolge.

Manfred Kainz. Unter dem positiven Motto „Das Beste kommt zum Schluss“ sprach Wolfgang Willim, Geschäftsführer der SEWICO Consulting GmbH, bei der Fachgruppentagung von Niederösterreichs Finanzdienstleistern über die Nachfolgesituation und Übergabemöglichkeiten.

Viele Fehler
Genauso wichtig wie die „Dos“ bei einer Unternehmensauf- bzw. -weitergabe sind die „Don‘ts“: Nur im Bekanntenkreis und/oder in der eigenen Region nach einem Nachfolger zu suchen, statt den passenden Interessenten zu finden. Zu spät oder spät mit dem ganzen Nachfolgeprozedere zu beginnen. Kein Geld für gute Vorbereitung und Umsetzung ausgeben zu wollen. Die Nachfolge mit einem „selbstgestrickten“ zweitseitigen (Ver-)Kaufvertrag regeln zu wollen. Fallen bei Übertragungen und in der Gesamtrechtsnachfolge zu übersehen. Steuerrechtlich schmerzhaft hohe Summen unnötig zu zahlen, statt zu sparen (indem man ein steueroptimiertes Übertragungsmodell wählt). All diese Fehler lassen sich mit professioneller Vorbereitung verhindern.

Aber nur rund die Hälfte der Betroffenen nimmt professionelle externe Hilfe in Anspruch. Und auch nicht jeder Nachfolgefall wird dann positiv umgesetzt. „Da ist noch Luft nach oben“, so Willim im Gespräch. Als Idee gibt er mit, einen „Sprechtag“ oder eine „Ansprechstelle/Hotline“ zu Nachfolgefragen in der Fachgruppe einzuführen. Wo man spezielle Fragen und Themen der Berufsgruppe Finanzdienstleister behandeln kann (die sich ja von anderen Berufen sehr unterscheiden). Denn gute Vorbereitung einer Betriebsübergabe und professionelle Begleitung ist „Goldes wert“. Immerhin gehe es um das „Lebenswerk, das man nur einmal verkauft“, dessen Übergang in neue Hände ja nicht scheitern soll.

Recht zeitig
In der Praxis sei es aber so, dass nur knapp über ein Viertel aller Nachfolgen erfolgreich sind – also „befriedigend“ sowohl für den Käufer als auch für den Verkäufer – und ebenso für die Kunden. Bei nicht gelungenen Nachfolgen können in den ersten drei Jahren mehr als 50 % des Bestandes verloren gehen. Das könne ja nicht Ziel des Abgebers sein; auch wenn es ihm (aus welchem Grund auch immer: Alter, Pension, Gesundheit, neue Tätigkeit) „reicht“, wird er wohl nicht wollen, dass das von ihm Aufgebaute rasch zerfällt.

Rechtzeitig mit der Nachfolgeplanung zu beginnen, sei schon deshalb wichtig, weil es oft um die Umgründung in eine andere Rechtsform vor einem Unternehmensverkauf gehen kann, um eine steueroptimale Lösung zu erzielen. Denn wer will schon gerne 100.000 E zu viel an den Fiskus abliefern?

Rechtzeitigkeit brauche es aber schon, um sich neben dem Tagesgeschäft die Kernfrage zu beantworten: Worum geht es mir bei der Betriebsab- bzw. -übergabe? Um das zu erzielende Geld, also um den finanziellen „Bestbieter“? Um einen fließenden Übergang? Um gute Begleitung im Prozess? In der Praxis zeige sich: Wenn der Verkäufer bereit ist, noch eine Zeit lang mit dem Käufer Kundenpflege zu betreiben, ist das „wertvoll“ in dem Sinne, dass es sich positiv auf dem Kaufpreis auswirkt. Interessenten sind bereit mehr zu zahlen, wenn das Risiko gleich Kunden zu verlieren, klein ist.

Kaufwillige nützen
Der Berater sieht zunehmend Kaufwillige für Finanzdienstleister und betreuten Versicherungsbestand. Pro Fall gebe es rund drei Kaufwillige; und da gehe es dann darum, den am besten passenden auszuwählen. Qualität guter Kundenbeziehungen sei generell ein zentrales Kriterium für eine gute Übergabe. Wobei da nicht nur regionale Dienstleister Interesse zeigen, sondern (seit der Pandemie) auch immer mehr überregionale Anbieter wie Makler und Agenturen mit internationalen Investoren. Die „Postadresse“ des Finanzdienstleisters sei mit der Digitalisierung nicht mehr entscheidend. Denn Kunden sind zunehmend bereit, ihre Transaktionen elektronisch abzuwickeln – wenn die Qualität des Dienstleisters passt, sieht Willim.

Und bei entsprechendem Volumen, das heißt Umsatzgröße, und/oder Spezialisierung auf bestimmte (Finanzierungs-)Themen etwa im Gewerbebereich, gebe es auch Interessenten aus Großbritannien, Skandinavien, Schweiz und Deutschland. Die am österreichischen Markt Fuß fassen wollen, eine „regionale Tochter“ gründen und den Finanzdienstleiter als Plattform nützen wollen, um deren langfristige Kundenbindungen zu nützen. Oder, wenn sie schon Fuß gefasst haben, ihr Business ausweiten wollen: in weitere Regionen oder Geschäftsfelder (z. B.: Finanzierung von Projekten & Start Ups).

Bewusst sein
Die Voraussetzungen für eine optimale Nachfolge im Finanzdienstleistungssektor sind also gegeben. Trotzdem sei nur bei rund einem Drittel das Bewusstsein für professionelle Begleitung da, sieht Willem. Der Großteil „lässt es auf sich zu kommen“. Das kann ein „böses Erwachen bringen und viel (Steuer-)Geld kosten“. Sein Fazit: Frühzeitig überlegen, welche Möglichkeiten es gibt – statt überstürzt falsche Entscheidungen treffen.

Foto: AdobeStock / Teodor Lazarev

 

 

Steyr Motors plant Börsenlisting

Der Spezialmotorenhersteller will noch heuer an die Frankfurter Wertpapierbörse.

Tibor Pásztory. Mit dem Spezialmotorenhersteller Steyr Motors – nicht zu verwechseln mit Steyr Automotive – plant ein zweifellos interessantes, finanziell mittler-weile gut aufgestelltes oberösterreichisches Industrieunternehmen den Gang an die Börse, wobei es sich um die Frankfurter Wertpapierbörse und nicht um den Finanzplatz Wien handelt. Diese Entscheidung dürfte wohl der deutsche Finanzinvestor Mutares (ISIN: DE000A2NB650) getroffen haben, der – nach seinem Einstieg vor zwei Jahren in das sich damals in finanziellen Schwierigkeiten befindliche Unternehmen – dieses erstaunlich schnell zu einem Turnaround geführt hat. Mittlerweile verfüge das Unternehmen, so eine entsprechende Aussendung, über eine hohe Eigenkapitalquote und eine Netto-Cash-Position von 8,6 Millionen Euro und keine zinstragenden Bankverbindlichkeiten.

Tatsächlich ist der Umsatz des Unternehmens von 2022 auf 2023 um mehr als ein Drittel gestiegen. Die Ebit-Marge in den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres lag bei 24 %. Als Jahresumsatz werden 41 bis 45 Millionen Euro bei einem bereinigten Ebit zwischen 9 und 11 Millionen Euro erwartet. Im Jahr 2025 will man Umsatz als auch Ebit um jeweils weitere 40 % steigern.

Hoher Auftragsbestand
Dieser Optimismus beruht auf einem Auftragsbestand per 30. September von 150 Millionen Euro. Der Umsatz stammt zu 60 % aus Europa. CEO Julian Cassutti dazu: „Steyr hat sich zu einem der weltweit führenden Anbieter von maßgeschneiderten Motoren in speziellen militärischen und zivilen Anwendungsbereichen entwickelt. Unsere patentierten, einsatzkritischen Motoren mit einem hohen Kraft-Leistungs-Verhältnis und Monoblock-Design sind stark nachgefragt, was sowohl das Umsatzwachstum als auch die Profitabilität der Steyr vorantreibt.“

Kernprodukt des Unternehmens ist den technikbegeisterten Lesern noch gut in Erinnerung befindliche M1-Monoblock-Motor, der hauptsächlich in militärischen Spezialfahrzeugen, Kampfpanzern, Booten oder als Hilfsmotor Verwendung findet. In seinen Grundzügen war er noch von der Steyr-Daimler-Puch AG entwickelt worden. Als niemand mehr an diesen Motor zu glauben schien, wurde er von einem Konsortium rund um den ehemaligen Verstaatlichtenminister und Bundespräsidentschaftskandidaten Rudolf Streicher übernommen. Sehr früh – zu früh – verfügte Steyr Motors auch über einen Hybridmotor.

Es folgten turbulente Jahre und einige Eigentümerwechsel, bis Ende 2022 der börsennotierte Finanzinvestor Mutares SE & Co. KGaA einstieg. Die global vertretene Private-Equity-Holding mit einem Jahresumsatz um die 6 Milliarden Euro erwirbt Unternehmen in Sondersituationen, die signifikante operative Verbesserungspotenziale aufweisen und nach einem Repositionierungs- und Stabilisierungsprozess wieder veräußert werden. Der Wind weht in vorliegendem Fall in Anbetracht weltweit steigender Rüstungsausgaben für Mutares jedenfalls günstig.

Das Listing im Freiverkehr der Frankfurter Wertpapierbörse (Scale-Segment) sei der nächste logische Schritt auf dem weiteren Wachstumskurs, so Cassutti. In einem ersten Schritt werden im Rahmen einer Privatplatzierung bestehende, aber auch neue Aktien an institutionelle Investoren abgegeben, wobei Mutares Mehrheitsaktionär bleiben wird. Im Anschluss sollen die Steyr-Motors-Aktien noch in diesem Quartal in den börslichen Handel aufgenommen werden. Weitere Details werden noch bekanntgegeben.

Foto: Steyr Motors

 

 

Europas Grüner Deal bekommt Gegenwind

Der EU-Rechnungshof zerpflückt „grüne“ Pläne und Strategien der EU-Kommission.

Andreas Dolezal. Klimaneutralität bis 2050, dieses visionäre Ziel des Grünen Deals, wird von einer Flut an Plänen und Maßnahmen begleitet. Viele davon sollen ganz entscheidende Schlüsselelemente der grünen Transformation hin zu einer ebenso nachhaltigen wie wettbewerbsfähigen Wirtschaft sein. Der Europäische Rechnungshof (EuRH) kommt jedoch bei Prüfungen mehrfach zu desaströsen Ergebnissen. Eine ganze Reihe von hochgelobten Plänen kann in der Praxis nicht reüssieren.

Realitätsferne EU-Wasserstoff-Strategie
„Grüner“ Wasserstoff soll fossile Brennstoffe, insbesondere in der Stahl-, Zement- und Düngermittelindustrie, ersetzen und wesentlich zur CO2-Neutrlität beitragen. Bis 2030 ist geplant, in der EU 20 Millionen Tonnen Wasserstoff aus erneuerbarer Energie zu produzieren. Dieses Ziel sieht der EuRH, ebenso wie die prognostizierte Nachfrage, als unrealistisch an. Er empfiehlt der EU-Kommission die EU-Wasserstoff-Strategie dringend einem Realitäts-Check zu unterziehen.

Rechenfehler bei EU-Plastikmüllabgabe
Im Jänner 2021 führte die EU eine Abgabe von 80 Cent auf jedes Kilogramm Plastikmüll ein, das nicht recycelt, sondern verbrannt oder deponiert wird. Die Erlöse fließen direkt ins EU-Budget, im Jahr 2023 waren es 7,2 Milliarden Euro. Die Abgabe erhöht den Preis dafür, Plastikabfall nicht zu recyceln, und soll für weniger Kunststoffabfall führen. Der EuRH stellte dieser Idee ein schlechtes Zeugnis aus. Die Mitgliedstaaten seien nicht gut vorbereitet gewesen und die verwendeten Daten nicht ausreichend vergleichbar und zuverlässig. 2021 verrechneten sich die EU-Staaten um 1,4 Millionen Tonnen Plastikmüll und überwiesen 1,1 Milliarden Euro zu wenig nach Brüssel.

Ineffiziente Bio-Förderungen
Ökologische Landwirtschaft wird in der EU falsch gefördert, stellte der EuRH im vergangenen September fest. Von 2014 bis 2022 hat die EU 12 Milliarden Euro in die Bio-Landwirtschaft gepumpt, bis 2027 sind weitere 15 Milliarden Euro geplant. Der EuRH nennt das Ziel, 25 % der Agrarfläche auf biologische Landwirtschaft umzustellen, illusorisch. In der EU-Strategie für die Bio-Landwirtschaft fehlen wichtige Elemente wie quantifizierbare Ziele sowie ein Ansatz für das Messen von Fortschritten. Außerdem konnte der EuRH aufgrund unzureichender Datenlage die Auswirkungen der Politik nicht bewerten.

EU-Agrarpolitik nicht ehrgeizig genug
Nur eine Woche später rügt der EuRH, dass die EU-Agrarpolitik zwar stärker als früher auf Umwelt- und Klimaschutz abzielt, aber die nationalen Strategiepläne nicht spürbar „grüner“ geworden sind. Die Umweltfreundlichkeit lasse sich schwer messen und hänge von der Ausgestaltung freiwilliger Programme sowie deren Anklang bei den Landwirten ab. Gleichzeitig kritisiert der EuRH, dass als Reaktion auf die Bauernproteste Förderbedingungen teilweise gelockert wurden.

Kommission rudert zurück
Die EU-Entwaldungsverordnung sollte ab Ende Dezember 2024 angewendet werden. Gemäß dieser müssen Unternehmen garantieren, dass ihre Erzeugnisse „entwaldungsfrei“ produziert werden. Angesichts der weltweiten Kritik hat die Kommission Anfang Oktober überraschend mitgeteilt, dass sie die Anwendung auf Ende 2025 verschieben möchte. Sie nennt das „verstärkte Unterstützung für die Umsetzung, um auf Aufforderungen globaler Partner zu reagieren“. Im Klartext: Die weltweite Kritik ließ ihr keine andere Wahl.

Diese Beispiele zeigen, dass der Motor des Grünen Deals ins Stottern geraten ist. Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen rief im August 2024 sogar zum Ausbau der – lange Zeit verpönten – Atomenergie auf. Das Blatt scheint sich auch auf höchster politischer Ebene zu wenden.

Foto: Pixabay / ajaugsburg

 

 

Erste: Junge sind schon wertpapieraffiner

Viele mit Sparbetrag unzufrieden, noch mehr wollen Beratung.

Rudolf Preyer. Doch einigermaßen überraschend: Eine OECD-Studie hat die Österreicher zuletzt an die zweite Stelle punkto Finanzbildung gereiht. Das gibt uns aus aktuellem Anlass zu denken: Der Weltspartag steht vor der Tür (konkret am 31. Oktober) – traditionell Anlass zum Nachdenken und Nachfragen der Banken, so hat etwa auch die Erste Bank nun die „Sparstudie 2024“ (durchgeführt von Imas) vorgestellt.

Aus den Daten geht hervor: „Jeder Zweite ist mit seinem Sparbetrag nicht zufrieden“, wie Erste Bank Österreich-Vorstandschefin Gerda Holzinger-Burgstaller (Foto) in einer Pressekonferenz feststellte. Gerade im jüngeren Segment ist das zu bemerken: Hier gaben 61 % an, sie würden gerne mehr sparen. Im Schnitt stagniert der monatliche Sparbetrag laut Umfrage derzeit bei 308 Euro (2023: 307 Euro; 2022: 301 Euro). Die große Mehrheit der Österreicher misst dem (Sicherheits-)Sparen jedenfalls hohen Stellenwert bei. Risikobereit seien demnach nur 22 % – wobei unter den jüngeren Befragten häufiger Risikobereitschaft zu beobachten sei, wie Privatkundenvorstand Maximilian Clary und Aldringen (Foto) sagte.

Die Sparklassiker stehen laut der Studie weiterhin hoch im Kurs. Ein Sparkonto nutzen 78 %, Bausparen immerhin noch 46 %. Letzteres hat im langjährigen Vergleich aber nachgelassen: 2014 lag der Anteil mit 65 % noch deutlich höher.

Die Jungen sind interessiert
Es ist insgesamt noch Luft nach oben: Zwei von drei Amerikanern besitzen Aktien, in Österreich ist das nur jeder Zehnte. Im Zehn-Jahres-Vergleich haben Wertpapiere jedoch an Zuspruch gewonnen (2014: 27 %; 2024: 36 %). Die jüngere Altersgruppe präsentiert sich sogar wertpapieraffiner: 44 % der 16- bis 29-Jährigen nutzen laut Umfrage Wertpapiere. Höher als vor zehn Jahren sind in der Umfrage auch die Werte für Lebensversicherung (von 40 auf 44 %) und staatlich geförderte Pensionsvorsorge (von 21 auf 27 %). Letzteres mag angesichts der Entwicklung der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge (PZV) verwundern. Laut Clary und Aldringen umfasst der abgefragte Begriff nicht nur die PZV, sondern generell Formen der Vorsorge, die die Befragten als staatlich geförderte Pensionsvorsorge einordnen.

Diversifizierteres Portfolio
Was sich geändert zu haben scheint: Es wird diversifizierter veranlagt. 2014 wurden im Schnitt 2,6 verschiedene Spar- und Anlageformen genutzt, 2023 waren es 3,1 und aktuell 3,4. Der Erste-Vorstand erklärt das damit, dass die Zinsentwicklung der vergangenen Jahre für viele ein Weckruf gewesen sei, sich aktiv mit Alternativen zu beschäftigen. Allerdings attestieren sich nur 20 % einen sehr guten oder guten Wissensstand über Wertpapiere. Clary und Aldringen sieht darin eine „Aufgabe für die Beratung“ – was die Umfragedaten auch stützen: 82 % meinten in der Befragung, Beratung in Sachen Veranlagung sei unbedingt oder ziemlich notwendig. Der Privatkundenvorstand abschließend: „Wir gehen davon aus, dass die Zinsen weiter sinken werden.“ Dies werde sich auch in Angeboten der Erste wiederfinden. Und schließlich: Die Nachfrage nach Fixverzinsung sei aktuell gesunken. An die Adresse der künftigen Regierung gerichtet: die Behaltefrist bei Wertpapieren sei ein taugliches Mittel.

Foto: Erste Bank

 

 

Zinssenkungen haben begonnen

Wie weit werden sie gehen, und wie wird der Markt reagieren?

(14.10.) Aviva Investors, der global agierende Vermögensverwalter des britischen Versicherers Aviva plc nimmt den Beginn eines Zinssenkungszyklus wahr. Die Bank of England (BoE), die Europäische Zentralbank (EZB) und die US-Notenbank (FED) wagen vorsichtige Zinssenkungen, die sich bis ins Jahr 2025 erstrecken könnten, so das Fazit des aktuellen House Views von Aviva Investors.

Der Vermögensverwalter weist darauf hin, dass der Zyklus synchron zu verlaufen scheint. Die Zentralbanken betonen jedoch, dass sie weiterhin datenabhängig sind – was zu einer gewissen Divergenz bis 2025 führen könnte.

Die politischen Entscheidungsträger agieren weiterhin vorsichtig und zurückhaltend, auch aufgrund anhaltender fiskalischer Unsicherheiten und geopolitischer Spannungen. Die Zinssätze der Industrieländer bleiben voraussichtlich restriktiv, bevor sie sich allmählich in Richtung „neutral“ bewegen. Ein negativer wirtschaftlicher Schock könnte nötig sein, um eine expansive Geldpolitik zu rechtfertigen.

Aviva Investors erwartet für 2024 einen leichten Rückgang des globalen Wachstums auf etwa 3,1 Prozent gegenüber 3,3 Prozent im Vorjahr und rechnet für 2025 mit einem stabilen Anstieg auf 3 Prozent. Die Realzinsen bleiben vorerst fest im positiven Bereich. Dies übt weiterhin einen gewissen Abwärtsdruck auf Investitionen und zinsempfindliche Sektoren wie den Wohnungsbau und den kreditfinanzierten Konsum aus.

Die globale, sanfte Landung verläuft recht heterogen, da die USA und Indien die anderen großen Volkswirtschaften überflügeln. Die USA dürften mit einem Wachstum von 2,6 Prozent etwas schneller wachsen als im vergangenen Jahr, und Indien dürfte dem Konsens zufolge um fast 7 Prozent zulegen. Beide Prognosen wurden im Laufe des Jahres ständig nach oben korrigiert, da sich die meisten Vorhersagen als zu pessimistisch erwiesen. Im nächsten Jahr wird viel von den Wahlen in den USA und deren Auswirkungen auf Steuern, Ausgaben und Regulierung abhängen.

Das Wachstum im Euroraum dürfte in diesem Jahr rund 1 Prozent erreichen und 2025 knapp unter 1,5 Prozent liegen, wobei es durch das schwache Wachstum in Deutschland gebremst wird, während Spanien und Griechenland überdurchschnittlich wachsen.

Das Vereinigte Königreich hat zwar politische Stabilität erlangt, steht jedoch vor Herausforderungen bei der Einführung neuer Steuer-, Ausgaben- und Regulierungsmaßnahmen. Die Bank of England wartet darauf, dass die hartnäckige Inflation nachlässt, nachdem das Inflationsziel von 2 Prozent vorübergehend erreicht wurde. Trotz positiver BIP-Überraschungen in letzter Zeit sind die Risiken weiterhin überwiegend nach unten gerichtet.

Für die Schwellenländer ist die sanfte Landung eine Erleichterung, da die Rohstoffpreise ihren Tiefpunkt und die Anleiherenditen ihren Höhepunkt erreicht haben, was ein günstigeres Umfeld schafft. Vornehmlich gilt dies nach den erheblichen Belastungen durch die verschiedenen Wahlergebnisse im vergangenen Jahr. Zölle, Sanktionen und Handelsbeschränkungen bleiben jedoch eine Bedrohung, vornehmlich falls Ex-US-Präsident Trump wiedergewählt wird und einige seiner extremeren Äußerungen umsetzt. Der makroökonomische Hintergrund ist jedoch insgesamt unterstützend, geprägt durch einen schwächeren Dollar, niedrigere Zinssätze und viele Länder, die von verbesserten Handelsbedingungen profitieren. Die Positionierung und Stimmung starten von sehr niedrigen Niveaus, insbesondere nach der Auflösung der Carry-Trade-Positionen in den Schwellenländern Mitte des Jahres, die Yen-Bären, Nikkei-Bullen und Volatilitätsverkäufer stark getroffen hat. Obwohl frühere Befürchtungen hinsichtlich der Marktfragilität bestätigt wurden, war die Episode schnell überwunden und führte nicht zu einer gravierenden Krise.

In Asien könnte Japans Wachstum 2024 nahe bei null liegen, was jedoch auf einige Basiseffekte aus dem Ende des Jahres 2023 zurückzuführen ist. Das zugrunde liegende Wachstum wird auf etwas über 1 Prozent geschätzt, und auch für 2025 wird ein stetiger Fortschritt erwartet, wodurch die Bank of Japan in der Lage sein wird, entgegen dem globalen Trend die Zinssätze weiter zu erhöhen. China hingegen befindet sich trotz der jüngsten Konjunkturmaßnahmen in einem strukturellen Abschwung und könnte nach dem Bemühen, in diesem Jahr ein Wachstum von 5 Prozent zu erreichen, im nächsten Jahr auf etwa 4 Prozent zurückfallen.

Im Hinblick auf die Vermögensallokation bleibt Aviva Investors optimistisch gegenüber Aktien. Der Vermögensverwalter erwartet jedoch erneute Volatilitätsschübe und hat seine Übergewichtung zugunsten der starken Wachstumstreiber in den USA und der attraktiven Bewertungen in Europa reduziert. Die Renditen von Staatsanleihen sind zwar niedriger, bieten jedoch Diversifizierungsvorteile für den Fall, dass sich die Wachstumsängste verstärken, da die Zentralbanken nun mehr Handlungsspielraum haben. In Bezug auf die Duration werden die USA und das Vereinigte Königreich bevorzugt, während Japan untergewichtet bleibt. Kredite haben sich stabil entwickelt, und vorausgesetzt, dass sich die Spreads innerhalb der Bandbreite bewegen, werden Hochzinsanleihen gegenüber Investment-Grade-Anleihen bevorzugt. Beide Anlageklassen sowie die Schwellenländer dürften jedoch ähnliche und ansprechende risikobereinigte Renditen erzielen.

Michael Grady, Leiter der Anlagestrategie und Chefvolkswirt bei Aviva Investors, erläutert: „Zu Beginn des letzten Quartals 2024 hat sich das Wachstum gut gehalten, und der Inflationsdruck hat nachgelassen, was dazu geführt hat, dass die wichtigsten Zentralbanken der Industrieländer den Startschuss für einen Zinssenkungszyklus gegeben haben. Wir erwarten in den nächsten sechs bis zwölf Monaten einen synchronisierten Zinssenkungszyklus in den bedeutendsten Märkten.

Kurz- bis mittelfristig sehen wir ein weitgehend stabiles Wachstum und – was wichtig ist – auch stabile Anleihespreads und Kreditkonditionen. Die Unternehmensgewinne haben die Talsohle durchschritten, und der Technologieboom, der zum großen Teil von der künstlichen Intelligenz angetrieben wird und auch die Biotechnologie, die Energiewende, die Elektrifizierung und den Verteidigungssektor umfasst, ist in vollem Gange.“

Insiderhandel sendet Warnsignale

Seit September trennen sich viele Führungskräfte weltweit von eigenen Aktien.

Roman Steinbauer. Die Rahmenbedingungen wirken für die Aktienmärkte günstig. Die Inflationsraten gehen zurück, relevante Notenbanken erfüllen bereits erwartete Zinssenkungen. Doch gibt es Hinweise, die Skepsis nähren. Führende Indizes sind unterdessen stolz oder ausreichend bewertet. So weist der S&P 500 ein KGV von 28, der Euro Stoxx 50 eines von 16 auf. Dazu stiegen die Ölnotizen im laufenden Monat wieder an.

An einem Nebenschauplatz drängt aber eine weitere Komponente ins Rampenlicht. Die Aktien-Abgabequote hochrangiger Mitarbeiter (sogenannte „Insider“; das bezieht sich in der Regel auf die Management-Ebene, Anm.) liegt seit Wochen weit über deren Kaufquote. Für professionelle Marktteilnehmer und Anlagestrategen stellt dies immerhin zumeist eine zusätzliche Entscheidungskomponente dar.

Von 1. bis 10. Oktober lag der US-Finanzdaten-Plattform GuruFocus nach die geglättete Kauf-/Verkaufs-Relation der Insider (Buy/Sell-Ratio) bei 0,28, nachdem der September-Wert 0,31 ergab. Dies signalisiert folglich, dass sich jüngst der Optimismus unter den Geschäftsführern weiter zurückzog und negative Aussichten die Oberhand gewannen. Diese ermittelte Buy/Sell-Ratio zeigt dabei den Gesamttrend an Zuversicht bzw. Pessimismus der Führungsebenen in den US-AGs an. So steht ein Wert von mehr als 1,00 für einen Überhang des Kaufvolumens, je mehr dar-unter liegend, umso höher der Verkaufsüberhang. Zumeist wird das Überspringen dieser neutralen Schwelle nach oben von Marktteilnehmern als Kaufsignal interpretiert. Auch werden die Daten des Insiderhandels nicht selten als Indikator herangezogen, um Boden- oder Top-Ausbildungen an den Aktienmärkten früh zu erkennen. An vorderster Front bezüglich einer Trennung von eigenen Anteilen durch das Management steht aktuell der prominente, favorisierte Tech-Gigant Nvidia. An den fünf Handelstagen bis zum 10. Oktober veräußerten die Entscheider rund 125.000 Anteilscheine, ein Monat zurückblickend 3 Millionen Stück, drei Monate vorlaufend wurden sogar 7 Millionen Aktien des eigenen Arbeitgebers abgestoßen. Käufe blieben vollends aus.

Einnahme einer zweiten Perspektive
Warum aber ist die Beobachtung der Insider-Trades wichtig: Führungskräfte verfügen über eine Langfrist-Betrachtung und eine exakte Einsicht zur Auftragsauslastung. Die Umsetzung deren Aktivitäten zu eigenen Aktien (soweit keine Sperrfrist bzw. „Lock-up“-Periode wirkt) ist danach bloß ein Ausdruck des „menschlichen“ Bestrebens, Gewinne zu maximieren. Selten korreliert aber die umfassende Buy/Sell-Ratio mit der Marktstimmung an den Finanzplätzen. Im Gegenteil: In äußersten Fällen kann er im Vergleich zu Sentiment-Indikatoren vollkommen konträr ausschlagen. Vielsagend ist der Umstand, dass US-Führungskräfte am 1. März 2020 (Zuspitzung der Corona-Krise) seit November 2008 mit einer Ratio von 1,85 am stärksten eigene Aktien erwarben.

Einfacher Datenzugang für Privatanleger
Da die US-Aktienmärkte nach wie vor den Trend vorgeben, verdienen die verpflichtenden Einreichungen der Führungsriege der Gesellschaften bei der Börsenaufsichtsbehörde SEC das größte Augenmerk. Im Zuge der „SEC Formular 4“-Meldungen haben Firmenmanager die Anzahl und den Preis gekaufter bzw. verkaufter Aktien (inklusive darauf basierender Derivate wie Optionen) binnen zweier Handelstage nach dem Transaktionstag den Behörden zu melden. Oft unterschätzt: Spätes-tens einen Tag darauf sind diese Handelstätigkeiten auf Kanälen wie nasdaq.com, finviz.com oder insidermonkey.com für Privatanleger (großteils kostenlos) ersichtlich.

Foto: AdobeStock / alfa27

 

 

Gewerbeimmobilien: Ein Risiko für heimische Banken?

Tiefpunkt dürfte noch nicht erreicht sein, FMA sieht sich zum Handeln gezwungen.

Marius Perger. Nur 11 % der Teilnehmer an der Aufsichtskonferenz der FMA glauben, dass der Tiefpunkt bei den Preisen für Gewerbeimmobilien bereits überwunden ist. Das geht aus einer im Vorfeld der Veranstaltung durchgeführten Befragung hervor. Positiver sah das Daniel Tomanek, Direktor beim auf Gewerbeimmobilien spezialisierten Dienstleister CBRE, in einer Podiumsdiskussion zum Thema „Gewerbeimmobilien und Banken“. Er glaubt, dass das Tief bereits erreicht wurde, nun sollte es wieder bergauf gehen – „aber nicht so schnell, wie es in den letzten Jahren bergab gegangen ist“.

Bis 2027 rechnet er mit einem Renditerückgang um 10 bis 15 %, ob man jemals wieder Renditen wie 2022 sehen werde, sei ungewiss. Die größten Risiken erkennt Tomanek beim Einzelhandel, hohe Nachfrage gebe es bereits bei Wohnen und Büro, auch bei Hotels sei die Nachfrage gut, etwas schwächer dagegen bei Industrie und Logistik.

Finanzierungsstrukturen anpassen
Claudia Höller
, für Risiko zuständiges Vorstandsmitglied der BKS Bank, sieht es als Hauptaufgabe, „in mühsamer Kleinarbeit“ mit Kunden zu versuchen, die Struktur der Finanzierungen an die heutige Normalzeit anzupassen. Man sei heute wieder dort, wo man vor der Niedrigzinsphase war, so würden Wohnungen heute auch erst wieder nach der Fertigstellung verkauft. Das sei eigentlich kein Krisenzeichen, allerdings würden die Finanzierungsstrukturen nicht dazu passen. Derzeit liege die NPE-Quote (notleidendes Obligo) in diesem Bereich bei 2,9 %. Diese werde zwar in Richtung 5 % steigen, was aber kein Grund sei, den Gewerbeimmobiliensektor abzuschreiben.

Christine Dornaus, bis vor kurzem bei der Wiener Städtischen Versicherung für Immobilien zuständig und jetzt Geschäftsführerin der Bundesimmobiliengesellschaft, ging auf das Geschäftsmodell der Hausherren ein: Für diese sei Schnelligkeit kein Thema, sie würden langfristig in Immobilien investieren und bei den Mieten nicht ans obere Ende des Preisbandes gehen, was langfristig zu besseren Erträgen und weniger Leerstand führe. Darüber hinaus seien sie eigenkapitalstark, was ihnen die Möglichkeit gebe, zuzukaufen: Hausherren würden weiter investieren, und das wirke stabilisierend. Auch bei einer steigenden Zinskurve sollte nichts passieren, und das gelte auch für Gewerbeimmobilien, so Dornaus.

Thema für FMA „ganz weit oben“
Birgit Niessner
, Direktorin in der OeNB, betont, dass Gewerbeimmobilien zinssensitiv sind, einen Aufschwung erwartet sie erst 2025. Das Gewerbeimmobilienportfolio der Banken in Österreich sei „auffällig“, seit Ende 2022 seien die notleidenden Kredite in diesem Bereich massiv angestiegen, während sie bei anderen Krediten rückläufig waren. Und beim Anteil der Hypothekarkredite an Unternehmen an der Bilanzsumme liege Österreich in der EU an fünfter Stelle. „Wir müssen schauen, dass wir nicht in Richtung Risikoverschärfung gehen“, so Niessner.

Auf die Forderungen der Banken an Unternehmen aus Hochbau und Immobilienwirtschaft ging auch Ursula Hauser-Rethaller, FMA-Expertin für die Bankenaufsicht, ein. Es gebe hier eine hohe Konzentration bei österreichischen Banken, bei einem Drittel von ihnen würden diese Forderungen mehr als 20 % der Bilanzsumme ausmachen. Die FMA müsse auf solche Entwicklungen reagieren und Maßnahmen ergreifen. Erst vor wenigen Tagen habe das Finanzmarktstabilitätsgremium davor gewarnt, das Risiko bei der Finanzierung gewerblicher Immobilien zu unterschätzen, die FMA sei beauftragt worden, „sektorale Systemrisikopuffer“ einzuführen, um das Risiko zu dämpfen. Wenig Verständnis dafür zeigt aber Höller: Es sei unklar, was dieser Puffer für die Finanzstabilität bringen soll, die Kurzfristigkeit des Denkens müsse überwunden werden.

Für die FMA jedenfalls steht das Thema Gewerbeimmobilien „ganz weit oben“, betonte Moderator Michael Hysek, Bereichsleiter Bankenaufsicht, abschließend.

Foto: PIxabay / Gaimard

 

 

Was folgt auf das Kursfeuerwerk?

Chinas Aktien haben zuletzt deutliche Gewinne verbucht.

Patrick Baldia. Der chinesische Aktienmarkt stand seit der Wiederöffnung nach Corona nicht allzu weit oben in der Gunst der Anleger. Zumindest bis September dieses Jahres, als chinesische Aktien den zweitbesten Monat seit fünf Jahren hatten. So legte etwa der SSE Composite Index (Shanghai Stock Exchange Composite Index), der wichtigste Aktienindex des Landes, um fast 20 % zu. Und auch im Oktober hielt der Höhenflug bislang an. Die große Frage, die sich Anleger stellen: Ist das die lang ersehnte Wende am chinesischen Aktienmarkt oder ist weiter Vorsicht angebracht?

Ausgelöst hat das jüngste Kursfeuerwerk jedenfalls die Vorstellung eines umfassenden Konjunktur- und Finanzpakets der chinesischen Regierung am 24. September, das dem zurückgehenden Wirtschaftswachstum, der Krise am Immobilienmarkt und der Konsumflaute entgegenwirken soll. „Besonders bemerkenswert ist die angekündigte Möglichkeit, bis zu 142 Milliarden US-Dollar in die größten Staatsbanken Chinas zu injizieren“, meint Maurizio Porfiri, CIO der Maverix Securities AG. Nachsatz: „Dies könnte die Liquidität auf dem Markt erheblich verbessern und vor allem chinesische On-Shore-Aktien stützen.“

Im selben Atemzug räumt Porfiri allerdings ein, dass abzuwarten bleibe, ob die angekündigten Maßnahmen ausreichen würden, um ein signifikantes Wirtschaftswachstum zu erzielen. „Der Eingriff auf den Konsum dürfte begrenzt bleiben“, hält er fest. Daher sei eine deutlich umfangreichere fiskalische Unterstützung notwendig. Auch die Experten von PGIM Fixed Income glauben, dass die Konjunkturmaßnahmen wahrscheinlich nicht ausreichen werden, um das Wachstum nachhaltig zu beleben. „Die Auswirkungen eines weiteren Wachstumsrückgangs in China könnten weltweit zu spüren sein“, warnen sie.

Hilfe für den Immobilienmarkt
„Geldpolitische Unterstützung für den Immobilienmarkt und steuerliche Anreize für den Konsum zur Ankurbelung des Binnenwachstums sollten sicherstellen, dass die Rallye, die im September von einem niedrigen Niveau aus begann, in einen langfristigen Bullenmarkt mündet“, meint wiederum Nick Smithie, Head of Thematic Research beim britischen Asset Manager Redwheel. Er glaubt, dass hochrangige politische Entscheidungsträger Chinas schon bald detaillierte Maßnahmen zur Lockerung der Finanzpolitik vorlegen werden. Und auf die komme es an. Zu den bislang angekündigten Konjunkturmaßnahmen gehören jedenfalls unter anderem weitere Zinssenkungen, ein tieferer Mindestreservesatz, direkte Liquiditätsspritzen oder eine Lockerung der Beschränkungen für den Kauf von Zweitwohnungen.

Welche chinesischen Aktien bieten sich aktuell an? Besonders im Fokus stehen sollten laut Porfiri führende Namen wie Alibaba, Tencent Holdings, Meituan Class B und BYD. „Diese Unternehmen profitieren nicht nur von den internen Stimuli-Maßnahmen, sondern sind auch zentral für den langfristigen Aufschwung der chinesischen Wirtschaft positioniert“, sagt er. Für den Experten ebenfalls interessant: China Construction Bank Corp und Industrial & Commercial Bank of China. Sie könnten nämlich von der Kapitalinjektion in staatliche Banken profitieren.

Bei SYNCICAP Asset Management empfiehlt man wiederum, sich am chinesischen Aktienmarkt auf zwei Themen zu konzentrieren, die der Staat zu fördern beabsichtigt: „grüne Wirtschaft“ und „gesellschaftlicher Wohlstand“. Davon könnten die Bereiche „grüne Technologie“, Binnenkonsum und Gesundheitswesen profitieren.

Foto: AdobeStock / Argus

 

 

Kräftige Impulse an Südafrikas Börse

Der Finanzmarkt am Kap der Guten Hoffnung erfährt Zuversicht.

Roman Steinbauer. Der Verlust der absoluten Mehrheit der Regierungspartei ANC am 29. Mai bei den Wahlen zur Nationalversammlung führte bei Investoren kurzzeitig zu Skepsis bezüglich der Stabilität im Land. Durch die Bildung einer Regierung der „Nationalen Einheit“ um Präsident Cyril Ramaphosa schlug die Stimmung da-nach rasch positiv aus. Der breite und 99 % der Marktkapitalisierung abbildende JSE FTSE All Share Index an der Johannesburg Stock Exchange (JSE) kletterte von Mitte Juni bis Ende August um über 14 % auf einen Stand von über 87.000 Zählern. Seitdem setzte eine leichte Korrektur um 2 % ein.

Kursanstieg erfasst viele Sektoren
An deutschen Börsen gehandelte südafrikanische Aktien zeigen diese Stärke auf. Titel des Maschinenbauers Wilson Bayly Holmes zogen seit Sommerbeginn um
+36 % an, gefolgt von Astral Foods (+30 %). Zu Aufsteigern gesellten sich dazu die Standard Bank Group oder KAP Industrial, die ebenso um ein Drittel auf höherem Terrain liegen. Der Tourismus-Titel City Lodges und Transpaco (Verpackung) stiegen jeweils um mehr als 20 %.

Nicht profitieren konnten hingegen die Papiere des Zellstoff- und Papierproduzenten Sappi, dessen Kurs langfristig nicht von der Stelle kommt.

Durch die galoppierten Weltmarktpreise für Edelmetalle sind die überproportionalen Kursanstiege von teils mehr als 25 % entsprechender Minenförderer indes wenig überraschend. Doch setzten bei Anglogold Ashanti, Gold Fields oder Impala Platinum punktuell seit der Vorwoche zweistellige Korrekturen ein. Anders gelagert ist der Kursverlauf der Exxaro Resources (Energie, Kohle, Mineralien). Die Titel notieren derzeit mit 8,40 Euro bis zu 40 % unter den Spitzenwerten des Jahres 2022.

Im Tross einer Wirtschaftsdelegation bei einer Roadshow in London lud Bloomberg TV Südafrikas stellvertretenden Präsidenten Paul Mashatile Ende September in London ins Studio. Dieser machte vor allem Investitionen in die Frachtverkehrs-, Wasser- und Energiebranche schmackhaft. Er kündigte für 2025 Stimulationsmaßnahmen in die Infrastruktur und generell ein Wachstum des BIP auf 1,5 % (heuer wird 1 % erwartet) an.

Zum Teil starke Wirtschaftsdaten
Jüngste Zahlen relevanter Institutionen in Pretoria, wie jener des Statistikamtes, der Notenbank, der Nationalen Vereinigung der Autoproduzenten (Naamsa) sowie des Departments of Mineral Resources and Energy (DMRE) deuten auf gute Perspektiven.

Wurden die Leitzinssätze von September 2021 bis Mai 2023 in zehn Schritten von 3,50 auf 8,25 % drastisch angehoben, lockerte die Notenbank im September um 0,25 % erstmals wieder die Zügel. Unterstützend wirkte eine im August weiter gesunkene Inflation von 4,4 % p.a. (Vormonat 4,6 %). Die Handelsbilanz erreichte (nach einem Einbruch bis ins 1. Quartal 2024 hinein) wieder positives Terrain. Im August wurde mit umgerechnet 291 Millionen Euro den siebten Monat in Folge ein Überschuss ausgewiesen.

Die Währungsreserven befanden sich mit Stand Ende September mit umgerechnet 3,30 Milliarden Euro auf einem Höchststand. Ein Aufwärtstrend ist zudem im Einzelhandel abzulesen. Nach Minuszeichen im Vorjahr wuchsen die Erlöse auch im Juli (+2,0 %). Wenig befriedigend verlaufen hingegen die Kfz-Absätze, die für September weiterhin einen Rückgang (-4,1 %) anzeigten.

Die für Südafrikas Ökonomie wichtige Minenproduktion erfuhr im Juli (-1,4 %) noch keine Expansion. Frappierend für europäische Verhältnisse stellt sich allerdings weiterhin die Arbeitslosenquote von 33 % der erwerbsfähigen Bevölkerung dar.

Foto: Pixabay / shaonang

 

 

Unerwartete Börsentrends prägen den Herbst

Von China bis zu europäischen Unternehmensanleihen: Es gibt viele neue Trends.

Raja Korinek. Das aktuelle Börsenjahr wartete jüngst mit überraschenden Wendungen auf. Anfang August gerieten etwa japanische Aktien heftig unter Druck, nachdem sich die Bank of Japan am Tag zuvor zur zweiten Zinserhöhung im heurigen Jahr durchrang. Der Leitsatz liegt nunmehr bei rund 0,25 %. Wesentlich positiver waren Nachrichten aus China. Um der schwächelnden Konjunktur und dem kriselnden Immobilienmarkt unter die Arme zu greifen, senkte die chinesische Notenbank die Zinsen. Ende September wurde der Mindestreservesatz für Banken um 0,5-%-Punkte gesenkt, so dass der durchschnittliche Satz nun bei rund 6,6 % liegt.

Hält Chinas Trendwende an?
Den chinesischen Aktien verlieh der jüngste Schritt kräftigen Rückenwind. „Der Markt hat sich gut erholt“, blickt Bernhard Greifeneder, Chief Investment Officer von Amundi Austria, auf die Geschehnisse im Rahmen einer aktuellen Präsentation in Wien zurück. Der Börsen-Kurier war dabei. Doch damit dürfte längst nicht Schluss sein. Davon ist Vincent Denoiseux, Head of Investment Strategy bei Amundi ETF, überzeugt. Er meint, dass vor allem die A-Aktien von den Stimulus-Maßnahmen weiterhin profitieren könnten. Solche Titel werden an den Börsen Shanghai und Shenzhen in Renminbi gehandelt. Und werden zum Großteil von chinesischen Privatanlegern gekauft.

Noch mahnt Denoiseux aller-dings vor allzu viel Euphorie, die Maßnahmen müssten erst noch ihre Wirkung etwa am Immobilienmarkt entfalten. Dabei hatte der krisengebeutelte Sektor auch Folgen auf den Konsumsektor, da viele Chinesen in Immobilien als Vorsorge investiert haben. Die aktuellen Turbulenzen in der Branche haben viele Menschen stark verunsichert. Entsprechend ist auch die Zurückhaltung beim Konsum.

Ähnlich vorsichtig gibt man sich beim Schweizer Vermögensverwalter Swisscanto. Dort heißt es etwa, mit dem jüngsten Maßnahmenpaket der chinesischen Regierung und der Notenbank zur Stützung des Wachstums und des Immobilienmarkts haben zumindest die konjunkturellen Abwärtsrisiken für das Reich der Mitte wieder etwas abgenommen. Die zahlreichen Maßnahmen und tieferen Zinsen seien positiv, wenn auch sie weder auf den Immobilienmarkt noch auf den Konsum markante Auswirkungen haben dürften. Die längerfristigen Folgen bleiben somit abzuwarten.

Antizyklische Kaufchancen
Allerdings könnte das aktuelle Umfeld antizyklischen Anlegern wiederum eine Einstiegschance – etwa mit einem Indexfonds in die Region – bieten. So bildet der „Amundi MSCI China A UCITS ETF Acc“ den „MSCI China A Index“ nach. Dieser enthält die größten und umsatzstärksten chinesischen A-Aktien, zu denen der Branntweinhersteller Kweichow Moutai, der Batterieproduzenten CATL sowie der Versorger China Yangtze Power zählen.

Alternativ können Anleger mit dem „iShares China Large Cap UCITS ETF“ auf den „FTSE China 50 Index“ setzen. Darin enthalten sind die 50 größten und liquidesten chinesischen Aktien, die an der Börse in Hongkong notiert sind. Dazu zählen beispielsweise die Online-Plattform Alibaba, der Internetkonzern Tencent sowie der Onlinehändler Meituan.

Euro-Unternehmen im Fokus
Doch wie sieht es auf der Anleiheseite aus? Denoiseux verweist auf das steigende Interesse bei Unternehmensanleihen aus der Eurozone. „Die Anlageklasse verzeichnete zuletzt eine starke Trendwende.“ Grund sind freilich die Erwartungen weiterer Zinssenkungen. Das ist ein Treiber für die Kurse bestehender Bonds, die höher verzinst sind als neue Papiere nach der Senkung.

Foto: Pixabay / geralt

 

 

Warum UBM jetzt eine neue Anleihe begibt

CEO Thomas Winkler im Interview über Chancen, Liquidität und Strategie.

Marius Perger. Als „perfekten Sturm“ hat die UBM Development bereits 2022 die aktuelle Lage der Immobilienbranche charakterisiert und 2023 das Jahr im Geschäftsbericht als „annus horribilis“ bezeichnet. Doch der Tiefstpunkt könnte für die Immobilienwirtschaft bereits durchschritten sein, wie CEO Thomas Winkler im Gespräch mit dem Börsen-Kurier betont. Nicht umsonst sei „don’t be too late for 2028“ das inoffizielle Motto der heurigen „Expo Real“, der größten internationalen Fachmesse für Immobilien und Investitionen im DACH-Raum.

Positiv stimmen Winkler die steigenden Verkaufszahlen im Wohnbau. Allerdings handle es sich offensichtlich ausschließlich um Individualkäufer, die davon ausgehen würden, „dass es nicht mehr billiger wird“. Ein Beispiel dafür sei das „Village im Dritten“, bei dem UBM an mehreren Teilprojekten beteiligt ist. Innerhalb von fünf Monaten habe man mehr als 50 % des ersten Baufelds verwerten können, Winkler spricht in diesem Zusammenhang von einem „Rückstaueffekt“. Anleger von Vorsorgewohnungen würden dagegen der-zeit noch weitgehend ausfallen, institutionelle Investoren seien sogar komplett vom Markt verschwunden, weil die Mietrenditen zu niedrig seien.

Optimistisch zeigt sich Winkler für das zweite Halbjahr, für das er den Verkauf von 150 bis 200 Wohnungen erwartet – allerdings auch aufgrund einer Ausnahmesituation bei einem Projekt in München, an dem UBM mit einem Drittel beteiligt ist. Dort habe Münchner Wohnen für Beschäftigte im Umfeld der Stadt München 124 Wohnungen (100-%-Sicht) gekauft. Aber auch sonst erkennt Winkler Anzeichen für einen Umschwung. Vor allem in Deutschland sei die Nachfrage nach Wohnungen der-zeit deutlich höher als das Angebot. Das Segment Gewerbe/Büro finde aber noch immer kaum Käufer, Grund sei, dass die Preise für institutionelle Investoren zu hoch erscheinen.

Ein zu teures Produkt
Wenn es zu einem bestehenden Preis keine Käufer gibt, müsse man überlegen, wie das Produkt billiger werden kann, sagt Winkler. Kosteneinsparungen sollten aufgrund von Notverkäufen und der allgemeinen Immobilienkrise vor allem beim Kauf von Grundstücken möglich sein. Und auch die Baukosten müssten sinken, denn zu-letzt sei es zu einer Entkoppelung der Baupreise vom Verbraucherpreisindex gekommen. Dies bedürfe einer Korrektur. Winkler: „Langfristig können die Baupreise nur mit der Inflation steigen.“ Ermöglicht werden sollte dies durch Vereinfachung, beispielsweise durch Flexibilität bei Raumhöhe, Raumtemperatur oder bestimmten Vorschriften, durch Standardisierung („mehr Fabrik, weniger Baustelle“) und Modularisierung („Fertigbadzellen als erster Schritt einer Entwicklung“). Weitere Einsparungen seien auch bei den Nebenkosten möglich.

Chancen wahren mit neuer Anleihe
Stolz zeigte sich UBM zuletzt im Halbjahressbericht über die hohe Liquidität. Diese betrug per 30. Juni mehr als 179 Millionen Euro, was gegenüber dem ersten Quartal einem Zuwachs von mehr als 50 Millionen Euro entsprach und auch mehr war als zu Ende des Vorjahres. Es mag deshalb überraschen, dass nun die Begebung einer neuen Anleihe erfolgt.

Man wolle das erste „Window of opportunity“ nutzen, erklärt Winkler dazu, denn ein billigerer Ankauf von Grundstücken funktioniere nur, wenn man Geld dafür hat. Darüber hinaus biete man den Anleihegläubigern der 2025 bzw. 2026 fälligen Anleihen den Umtausch in die neue Anleihe an. Ziel sei es, das Rückzahlungsprofil nach hinten zu verschieben und zusätzlich neues Geld zu bekommen. UBM habe in den letzten Jahren Anleihen im Volumen von 250 Millionen Euro aus eigener Kraft zurückgezahlt, auf Dauer würde das aber bedeuten, dass man als Unternehmen zu klein wird: Dank der neuen Anleihe müsse man den Erlös aus den Verkäufen nicht mehr für den Anleihen-Rückkauf vorhalten. Die Ankündigung, 2024 Liquidität gegenüber Profitabilität zu bevorzugen, werde man „gnadenlos umsetzen“, so Winkler.

Strategiewechsel war richtig
UBM hat in den vergangenen Jahren ja nicht nur mit der aktuellen Immobilienkrise, sondern in Corona-Zeiten mit dem Zusammenbruch des Tourismus zwei Mal einen „perfekten Sturm“ erlebt. Der damals vollzogene Strategiewechsel mit dem weitgehenden Ausstieg aus dem Hotelgeschäft erweise sich im Rückblick auch heute noch als richtig, sagt Winkler.

Zwar seien die Touristen zurück, doch der „Revenue per available room“ (Erlös pro verfügbarem Zimmer; eine wichtige Kennzahl in der Hotellerie, Anm.) sei nicht mit der Inflation gestiegen, in manchen Städten sei die Auslastung noch immer nicht auf dem Stand von 2019 und der Personalkostendruck sei enorm, weil das Personal nach der Pandemie nicht zurückgekommen ist. Dazu komme, dass es nach wie vor praktisch keine großen Hoteltransaktionen gebe und eine Besserung am Markt nicht wirklich in Sicht sei. „Hätten wir den Strategiewechsel nicht gemacht, dann hätten wir statt vier heute 16 schwer verkäufliche Hotels“, so Winkler.

Foto: UBM

 

 

Ein großes ethisches Dilemma

Die Rüstungsindustrie verzeichnet ein Kursfeuerwerk und kämpft um Anerkennung in der Fondsindustrie.

Christian Sec. 2023 wurden 2,44 Billionen US-Dollar (2020: 1,98 Billionen US-Dollar) für die Landesverteidigung weltweit ausgegeben. Sowohl in Europa als auch global steigen die Militärausgaben. Deutschland hat einen 100-Milliarden-Euro-Sonderfonds eingerichtet, um seine Streitkräfte zu modernisieren. Frankreich plant eine Erhöhung des Verteidigungsbudgets um ein Drittel bis 2030.

Auch außerhalb von Europa sind ähnliche Trends zu beobachten. Japan und Südkorea haben ihre Verteidigungs-Etats deutlich aufgestockt, wobei der Anstieg in Japan im vergangenen Jahr bei 11% lag. Mit mehr als 900 Milliarden US-Dollar, was 42 % der weltweiten Militärausgaben entspricht, führen die USA die Liste der Verteidigungsausgaben an.

Der „MSCI World Aerospace und Defense Index“ erzielte in den letzten drei Jahren eine annualisierte Rendite von 16 %, während der MSCI World nur 6,9 % erreichte. Aktien großer US-Rüstungskonzerne wie Lockheed Martin (+32 % YTD), General Dynamics (+16,46 % YTD) und Raytheon (+45,71 % YTD) verzeichnen erhebliche Kurssteigerungen.

Auch deutsche Rüstungsunternehmen wie Rheinmetall profitieren von der starken Auftragslage. Rheinmetall erzielte im Juni den größten Auftrag in der Firmengeschichte mit der Lieferung von Artilleriemunition an die Bundeswehr im Wert von bis zu 8,5 Milliarden Euro. Und noch immer ist Luft nach oben. Denn trotz der Rekordausgaben bleiben die meisten europäischen Nato-Mitglieder bei ihren Verteidigungsausgaben weiterhin hinter dem Nato-Ziel von 2 % des BIPs zurück.

Nachhaltige Rüstung
Immer mehr Stimmen fordern, die ehemals geächtete Rüstungsbranche in das ESG-Universum der Taxonomie aufzunehmen. Laut Kapitalmarktexperte Wolfgang Matejka wird sich die EU künftig intensiver mit der Definition des jeweiligen Geschäftsmodells befassen. Er glaubt, dass eine Unterscheidung zwischen Angriffs- und Verteidigungswaffen sowie deren Interpretation im Kontext der Staaten, die sie einsetzen, wahrscheinlich ist.

Magdalena Kuper, Leiterin Nachhaltigkeit beim deutschen Fondsverband BVI, erklärte in einem Interview, dass gemäß den Mindeststandards der EU-Behörde ESMA, die im Mai 2024 definiert wurden, nur völkerrechtlich geächtete Waffen wie Streubomben sowie chemische und biologische Waffen in nachhaltigen Fonds verboten sind. Und auch die Kathrein Privatbank ist der Meinung, dass ESG-Standards und der Verteidigungssektor nicht zwingend unvereinbar sind, stellt aber die ethische Frage.

Eine Studie von Morningstar (2024) zeigt, dass 70 % der Artikel-8-Fonds und 90 % der Artikel-9-Fonds keine Beteiligungen an Waffenherstellern haben. Laut Kathrein Privatbank könnten sich diese strengen Investitionsrichtlinien ändern, da immer mehr Investoren erkennen, dass der Verteidigungssektor eine zentrale Rolle bei der Wahrung von Demokratie und Menschenrechten spielt. Und wie lange will man noch auf die Kursfeuerwerke der Branche verzichten?

Einige Finanzdienstleister, wie die schwedische Bank SEB, haben bereits ihre Investitionsrichtlinien gelockert und schließen den Verteidigungssektor nicht mehr grundsätzlich aus. Die starke Nachfrage nach Fonds mit Rüstungsschwerpunkt wird am „Future of Defence UCITS ETF“ (ISIN: IE000OJ5TQP4) deutlich, der erst im vergangenen Jahr aufgelegt wurde und in der Zwischenzeit ein Fondsvolumen von 356 Millionen Euro erreicht hat.

Foto: Pixabay / dansantay

 

 

Was jetzt für Wandelanleihen spricht

Experte Andrew Raab über Vor- und Nachteile der Assetklasse.

Marius Perger. Wandelanleihen bieten bekanntlich den Vorteil, dass Anleger von steigenden Kursen profitieren und so günstiger zu Aktien kommen, bei fallenden Kursen aber immer noch die Anleihe besitzen. Der Börsen-Kurier sprach mit Andrew Raab (Foto), Portfoliomanager und Analyst im Global Convertibles Team bei Lazard Asset Management, über Chancen und Risiken im aktuellen Umfeld.

Börsen-Kurier: Warum begeben Unternehmen überhaupt Wandelanleihen?

Andrew Raab: Ein Vorteil für Emittenten von Wandelanleihen sind niedrigere Zinskosten. Denn im Gegenzug für die eingebettete Option, die Wandelanleihe in Aktien des gleichen Unternehmens umzuwandeln, nehmen die Käufer von Wandelanleihen niedrigere Kuponsätze in Kauf. Es überrascht nicht, dass angesichts des im Vergleich zum letzten Jahrzehnt höheren Zinsniveaus die Emissionstätigkeit in dieser Assetklasse zugenommen hat. Emittenten können Wandelanleihen zudem nutzen, um ihre Anlegerbasis zu diversifizieren. Darüber hinaus betrachten einige Unternehmen Wandelanleihen als eine Art verzögertes Aktieninvestment, da Anleihen, die „im Geld“ sind, also deren Aktienkurs über dem Ausübungspreis der Wandlungsoption liegt, bei Fälligkeit in Aktien zurückgezahlt werden.

Börsen-Kurier: Und welche Risiken bestehen für Investoren?

Raab: Was die Risiken anbelangt, so handelt es sich bei Wandelanleihen um Unternehmensanleihen, was bedeutet, dass sie einem Durations- und Kreditrisiko ausgesetzt sind. Wandelanleihen sind auch in gewissem Maße aktiensensitiv. Die Stärke der Aktiensensitivität hängt davon ab, wo sich der aktuelle Aktienkurs im Verhältnis zum Ausübungspreis der eingebetteten Wandlungsoption befindet. Das macht die Sensitivität dynamisch und zu einem Hauptmerkmal der Anlageklasse. Anleger können auf diese Weise zu einem hohen Prozentsatz an steigenden Aktienmärkten teilhaben und haben gleichzeitig in Risk-off-Phasen einen wichtigen Schutz nach unten.

Börsen-Kurier: Welchen Einfluss haben das aktuelle konjunkturelle Umfeld und die Entwicklung der Zinsen auf Wandelanleihen? Sie schreiben, dass sich „antizyklisches Investieren“ jetzt lohnen könnte – was ist darunter zu verstehen und warum?

Raab: Ähnlich wie bei anderen Unternehmensanleihen dürften niedrigere Zinssätze aufgrund des Durationsrisikos den Anleihenwert einer Wandelanleihe erhöhen. Allerdings beeinflussen die Zinsen auch die zugrundeliegenden Aktien eines Wandelanleiheemittenten. Mid-Cap- und Wachstumsunternehmen (wichtige Emittenten von Wandelanleihen) wiesen in der Vergangenheit eine hohe Korrelation zu den Zinssätzen auf und könnten sich in der aktuellen Zinssenkungsphase überdurchschnittlich entwickeln, was sich positiv auf den Gesamtwert der Assetklasse auswirken würde.

Die Zinssätze werden gesenkt, da sich die Inflation ihrem Zielwert nähert. Dies ermöglicht es den Zentralbanken weltweit, ihre Bemühungen auf die Förderung von Wachstum und Beschäftigung zu konzentrieren und damit die Chance einer „sanften Landung“ zu erhöhen. Mit Wandelanleihen können Anleger an diesem „Goldilocks“-Szenario teilhaben, sind aber im Falle künftiger Wachstumsbedenken besser geschützt als mit einem reinen Aktieninvestment.

Börsen-Kurier: Im Vergleich mit Einzelaktien oder (gewöhnlichen) Corporate Bonds: Welche Vor- und Nachteile bieten Investments in Wandelanleihen derzeit?

Raab: Aufgrund ihrer Struktur verfügen Wandelanleihen über ein einzigartiges Auszahlungsprofil, das sich sowohl von traditionellen festverzinslichen Anlagen als auch von reinen Aktieninvestments unterscheidet. Wandelanleihen stellen in der Regel ein defensiveres Aktienengagement dar. Dies ist auch vor dem Hintergrund interessant, dass Wandelanleihen häufig von Mid-Cap- und Wachstumsunternehmen begeben werden, die traditionell eine höhere Volatilität aufweisen. Apropos Volatilität: Aufgrund der eingebetteten Wandlungsoption kann eine erhöhte Volatilität den Wert einer Wandelanleihe steigern.

In einem Anleiheportfolio erfüllen Wandelanleihen eine wichtige Diversifikationsfunktion, da etwa 60 % der Wandelanleiheemittenten ausschließlich Wandelanleihen ausgeben. Durch das hohe Engagement in den Sektoren Technologie, Biotechnologie und Nicht-Basiskonsumgüter tragen Wandelanleihen gleichzeitig zur Sektordiversifizierung bei. Und schließlich bieten Wandelanleihen ein defensiveres Credit-Profil als andere festverzinsliche Anlagen: Seit 2000 gab es bei Wandelanleihen im Durchschnitt 44 % weniger Ausfälle als bei Hochzinsanleihen. Trotz dieses defensiveren Profils werden Wandelanleihen derzeit mit einem erheblichen Creditspread-Aufschlag im Vergleich zu ähnlich bewerteten Nominalanleihen gehandelt.

Börsen-Kurier: Welche Möglichkeiten gibt es für Privatanleger, in Wandelanleihen zu investieren?

Raab: Für europäische Anleger erfolgt der Zugang zu Wandelanleihen in der Regel über UCITS-Fonds. In Anbetracht der technischen Aspekte der Assetklasse, der einzigartigen Anleihestrukturen und der individualisierten Prospekte bietet sich in der Regel ein aktiver Managementansatz für die Assetklasse an. Lazard verfügt über ein sehr erfahrenes Team von Portfoliomanagern, das sich voll und ganz auf Wandelanleihen spezialisiert hat und eine Reihe verschiedener Wandelanleihestrategien anbietet, um die Anlageziele der Kunden zu erreichen. Anleger können beispielweise in den Lazard Convertible Global Fund (ISIN: FR0000098683) investieren.

Foto: Lazard

 

 

Sparen ohne Komfortverlust

Oekostrom-Innovation: Tarife machen sich smarte Technik zu Nutze.

Marius Perger. Die Oekostrom AG, eine nicht börsenotierte Aktiengesellschaft, die sich selbst als „Bürgerbeteiligungsgesellschaft“ versteht und deren Aktien auf einer eigenen Online-Plattform handelbar sind, hat in der Vorwoche zwei neu entwickelte Produkte vorgestellt, mit denen Kunden Preisschwankungen bei Strom nützen und so sparen können.

Die Oekostrom sei immer wieder Vorreiter bei innovativen Produkten gewesen, betonte Vorstandssprecher Ulrich Streibl bei der Präsentation. So habe man die Genehmigung von Balkonkraftwerken in Österreich und die Stromkennzeichnung durchgesetzt. Mit der neuesten Innovation werde es Kunden nun möglich, ihren Stromverbrauch nach Preissignalen selbst zu steuern oder steuern zu lassen. Christian Steiner, Leiter des Innovationsmanagements, betonte, dass Strom meist verbraucht wird, wenn er nicht produziert wird, was zu großen Preisschwankungen führt. Dieses Ungleichgewicht könne man nützen, es stelle sich also die Frage, wann es gut ist, Strom zu verbrauchen.

Beim neuen Tarif „Oeko Spot+“ erhalten Oekostrom-Kunden zukünftig auf ihr Smartphone Informationen darüber, wann der Strompreis günstig ist. Das ermögliche es beispielsweise, Waschmaschinen oder Geschirrspüler so zu programmieren, dass Kosten gespart werden. Und bei der Option „Smart sparen“ werden Großgeräte wie Wärmepumpen oder E-Autos über Preissignale von der Oekostrom von außen gesteuert. Dabei werde aber gewährleistet, dass bei der Raumheizung Temperaturschwellen nicht unterschritten werden. Und bei E-Fahrzeugen wird der Ladevorgang zwar gestoppt, wenn der Strom teuer ist, gleichzeitig aber sichergestellt, dass der gewünschte Ladestatus zu einem bestimmten Zeitpunkt erreicht ist. Oberste Prämisse sei es gewesen, den Komfort der Kunden nicht einzuschränken: „Der Kunde soll nicht merken, was im Hintergrund passiert“, so Steiner.

Ein Jahr lang hat die Entwicklung der neuen Tarife gedauert, die gemeinsam mit dem Wiener Softwarespezialisten für Energieversorger Podero erfolgt ist. Herausforderung sei es vor allem gewesen, eine breite Abdeckung der am Markt befindlichen Geräte zu erlangen. Dabei gehe es darum, die Schnittstelle der Produkte zu steuern; es sei gelungen, mit allen namhaften Herstellern zu einer Lösung zu kommen.

Foto: oekostrom AG

 

 

Unterbewertet trotz starker Kursanstiege?

In Goldminenaktien ist aktuell mehr Potenzial vergraben als an den Börsen im Ganzen.

Patrick Baldia. Der Höhenflug des Goldpreises hält weiter an. In der vergangenen Woche erreichte er mit 2.670,57 USD pro Feinunze einen neuen Höchststand. Damit konnten allein im September drei Allzeithochs erreicht werden. Seit Jahresbeginn war es sogar der 28. Rekord (!). Getrieben wurde das Edelmetall zuletzt vor allem von der Abwertung des US-Dollars und der Aussicht auf fallende Leitzinsen. Dazu kommt, dass die globalen Zentralbanken ihre Goldbestände deutlich aufgestockt haben, konkret um rund 483 Tonnen in den ersten sechs Monaten des Jahres. Auch das ist ein Rekord.

Was die weitere Entwicklung des Goldpreises betrifft, geben sich Experten optimistisch. Im aktuellen Goldreport von Raiffeisen Research sieht Analyst Aaron Alber das Edelmetall auf Jahressicht weiter von der globalen konjunkturellen Entwicklung, der Geldpolitik sowie geopolitischen Risiken gut unterstützt. „Temporäre Rücksetzer sollten angesichts der wei-terhin robusten Zentralbanknachfrage eher nur von kurzer Dauer sein“, meint er. Nachsatz: „Kurzfristig kann auch die Eigenschaft von Gold als Absicherungsinstrument gegen Aktienmarktrückschläge zu einer erhöhten Nachfrage nach dem Edelmetall führen.“

Während der Goldpreis von Rekord zu Rekord eilt, haben sich Goldminenaktien auch nicht gerade schlecht entwickelt. Im Gegenteil: Der „NYSE Arca Gold Bugs Index“ liegt seit Jahresbeginn mit rund 40 % im Plus. Zum Vergleich: Der Goldpreis hat seit Anfang Jänner um rund 25 % zugelegt. Dennoch halten Experten fest, dass die traditionell stark positive Korrelation zwischen Goldminenaktien und Goldpreis zuletzt nachgelassen hat. So haben sich etwa Goldaktien im August nicht besser geschlagen. „Das ist überraschend, wenn man bedenkt, dass Gold neue Höchststände erreicht hat und sich die Cashflow-Generierung und die Bewertungen dieser Unternehmen mit Sicherheit verbessert haben“, so Imaru Casanova, Portfoliomanagerin Gold und Edelmetalle beim US-Asset Manager VanEck.

Rekord-Goldpreis nicht eingepreist
Die VanEck-Expertin glaubt, dass der Markt die Rekordpreise für das Edelmetall noch nicht eingepreist hat. Sie bringt aktuelle Analysten-Einschätzungen ins Spiel, die davon ausgehen, dass der Goldpreis, der sich in den Goldminenaktien widerspiegelt, im Durchschnitt einen Abschlag von etwa 23 % auf den aktuellen Spotpreis für Gold aufweist. Auch auf Basis einer Reihe von Bewertungskennzahlen für den Sektor würden die aktuellen Bewertungen auf historischen Tiefständen liegen.

„Der Goldpreis könnte sich auf dem aktuellen Niveau halten und möglicherweise steigen, wenn das Interesse von westlichen Anlegern, die die traditionellen Vorteile von Gold suchen, zunimmt“, so Casanova. Das könne auch dazu führen, dass Goldaktien wieder mehr Beachtung geschenkt wird. Erste Anzeichen für die von der Portfoliomanagerin erhoffte Wende gibt es bereits. So berichtete der World Gold Council zuletzt von zunehmenden Mittelzuflüssen in nordamerikanische und europäische Gold-ETFs.

Ein paar Ideen gefällig?
Die Analysten der Erste Group haben erst kürzlich die Empfehlung für Agnico-Eagle Mines von „Halten“ auf „Kaufen“ hochgestuft. Sie erwarten in den kommenden Quartalen positive Gewinnüberraschungen und ein Anhalten des Aufwärtstrends der Aktie. Die Experten von Raiffeisen Research empfehlen aktuell wiederum die Aktien von Barrick Gold zum Kauf. „Die geringe Verschuldung sowie moderate Bewertung und der Ausbau der profitablen Kupferproduktion sprechen für weiteres Aufwärtspotenzial“, so die Begründung. Und vielleicht auch eine Überlegung wert: Newmont Corporation oder Gold Fields.

Foto: Pixabay / ulleo

 

 

Outperformer Banken und Versicherungen

Finanzwerte der Wiener Börse zeigen Stärke und das hat auch fundamentale Gründe.

Michael Kordovsky. Finanzwerte der Wiener Börse sind derzeit im Aufwind. Der ATX Financials, der sechs Banken- und Versicherungstitel enthält, lag in den vergangenen zwölf Monaten per 27. September mit 39,4 % im Plus, verglichen mit 14,9 % Plus des ATX Prime. Was steckt hinter dieser Stärke der Finanzwerte? Der Börsen-Kurier hat sich sechs interessante Titel dieser Gewinnerbranche genauer angesehen.

Bawag Group weiterhin aussichtsreich
Mit einem Plus von 45 % befindet sich die Bawag-Aktie seit Jahresbeginn auf Aufholjagd, und das hat triftige Gründe: Neben einer Steigerung der operativen Kernerträge um 4 % im ersten Halbjahr und des Nettogewinnes um 7 % auf 342,1 Millionen Euro sowie einer auffallend niedrigen Quote fauler Kredite (NPL-Ratio: 1,1 %) beflügeln zukünftige Ertragsperspektiven im Zuge jüngster Akquisitionen. Dazu CEO Anas Abuzaakouk im Juli: „Wir haben das zweite Quartal mit einem Überschusskapital in Höhe von 770 Millionen Euro abgeschlossen, das wir in zwei strategische Akquisitionen investieren. Im Februar haben wir einen Kaufvertrag zum Erwerb der niederländischen Knab Bank unterzeichnet, wovon ein Beitrag zum Ergebnis vor Steuern von mehr als 150 Millionen Euro im Jahr 2026 erwartet wird. Anfang Juli haben wir einen Kaufvertrag zum Erwerb des Consumer Lending Business von Barclays in Deutschland unterzeichnet, mit einem erwarteten Beitrag zum Ergebnis vor Steuern von mehr als 100 Millionen Euro im Jahr 2027.“

Analysten rechnen laut Konsens unter finanzen.at von 2024 bis 2027 mit einem Gewinnwachstum/Aktie von rund 12 % p.a., weshalb ein für 2025 geschätztes KGV von 7,2 (Kurs: 69,55 Euro) weiter Luft nach oben zulässt, zumal die Dividendenrendite bei 7,2 % liegt.

Oberbank als starke „Regionalbank“
Ein „Hidden Champion“ ist die Oberbank-Stammaktie, die in den vergangenen zehn Jahren (bis Ende Juni) mit einem Plus von 184 % um rund 183 %-Punkte besser als der Bankenindex „Stoxx Europe 600 Banks“ abschnitt. Im ersten Halbjahr 2024 erwirtschaftete der Konzern das zweitbeste Halbjahresergebnis und das beste operative Ergebnis der Geschichte. Das Firmenkundengeschäft verlief erfreulich. Die Märkte Tschechien und Ungarn trugen zum Kreditwachstum bei. Mittlerweile hat sich auch die Nachfrage nach Wohnbaukrediten belebt. Aller-dings ist der Periodenüberschuss vor Steuern um 7,2 % auf 258,7 Millionen Euro zurückgegangen, was mit dem Beitrag der Voestalpine zum Beteiligungsergebnis zusammenhängt, das sich – nach einem außergewöhnlichen Beitrag im Vorjahr – wieder „normalisierte“.

Bei einem Aktienkurs von 70 Euro liegt auf Basis eines annualisierten Ergebnisses pro Aktie von 5,71 Euro das für 2024 geschätzte KGV bei 12,3. Das ist gerechtfertigt, denn eine harte Kernkapitalquote von 18 % und Gesamtkapitalquote von 20,2 % zeugen von Qualität.

Erste Group und RBI günstig bewertet
Die Erste Group strebt nach einem starken ersten Halbjahr 2024, in dem bei einer Steigerung von Zinsüberschuss und Provisionsüberschuss um 3,5 bzw. 11,6 % das Betriebsergebnis um 10,6 % auf 2,97 Milliarden Euro anstieg, für 2024 eine Eigenkapitalverzinsung von 15 % an. Hinzukommen eine niedrige NPL-Ratio von 2,4 % und eine finale harte Kernkapitalquote von 15,5 %. Blickt man zurück auf den Zeitabschnitt 2019 bis 2023 so konnte der Buchwert/Aktie von 32,9 auf 45,6 % gesteigert werden, und für die Jahre 2025 und 2026 rechnen die Analysten mit einem stabilen Nettogewinn.

Auf Basis eines Kurses von 49 Euro liegt die Dividendenrendite bei 5,5 % und das für 2025 geschätzte KGV bei 7,3.

Der Aktienkurs der RBI geriet hingegen aufgrund des Russlandgeschäfts unter Druck, dessen Wegfall jetzt bereits weitgehend eingepreist sein könnte. Rückläufige Verwaltungsaufwendungen und weniger Wertminderungen auf finanzielle Vermögenswerte ermöglichten der RBI im ersten Halbjahr eine Steigerung des Konzernergebnis um 7,3 % auf 1,32 Milliarden Euro. Mit einer harten Kernkapitalquote inkl. Ergebnisses von 17,3 % und einer Eigenmittelquote von 21,4 % ist die RBI in einer guten Ausgangsposition.

Selbst ausgehend von einem rückläufigen Ergebnis pro Aktie liegt bei einem Kurs von 18 Euro das für 2026 geschätzte KGV lediglich bei 3,2.

Uniqa und VIG mit Dividendenvorteil
Seit 2012 zahlt die Uniqa jedes Jahr eine Dividende aus, zuletzt im Juni waren es 0,57 Euro/Aktie, woraus bei einem Kurs von 7,45 Euro eine satte Dividendenrendite von 7,65 % resultiert. Die Chancen auf weiterhin hohe Dividendenzahlungen stehen gut: zweistellige Zuwächse in der Schaden- und Unfallversicherung und in der Krankenversicherung führten dazu, dass im ersten Halbjahr die verrechneten Prämien um 8,8 % auf 4,1 Milliarden Euro stiegen und sich das Ergebnis vor Steuern um 19 % auf 278 Millionen Euro verbesserte. Im ersten Halbjahr 2024 wurde die neue Gesellschaft „Uniqa Sustainable Business Solutions“ ins Leben gerufen, die Firmenkunden hilft, sich auch abseits der klassischen Versicherung vor ESG-Risiken zu schützen. Bleiben die Erträge – so wie die Analysten derzeit erwarten – auch in den kommenden Jahren auf hohem Niveau, dann besteht weiterhin Spielraum für großzügige Dividenden.

Bei der Vienna Insurance Group (VIG) ermöglichen ein breites Versicherungsportfolio in Zentral- und Osteuropa, ausgedehnte Vertriebsaktivitäten in Kombination mit einem konservativen Veranlagungs- und Rückversicherungsmanagement qualitatives Wachstum. Im ersten Halbjahr 2024 stiegen die versicherungstechnischen Erträge um 10 % auf 5,91 Milliarden Euro bei einem Wachstum der verrechneten Prämien um 7,9 % auf 7,89 Milliarden Euro. Das Halbjahresergebnis pro Aktie stieg um 2,4 % auf 5,38 Euro. Verfolgt man die Dividendenhistorie zurück bis 2005, so gab es seit diesem Jahr jedes Jahr eine Dividendenzahlung. Zuletzt lag diese im heurigen Mai bei 1,40 Euro/Aktie, woraus bei einem Kurs von 29,85 Euro eine Dividendenrendite von 4,7 % resultiert. In den vergangenen fünf Jahren lag der Gesamtertrag der VIG-Aktie (bis 26.9.) bei 48,5 %.

Laut dem Analystenkonsens unter MarketScreener sollte von 2023 bis 2026 der Gewinn/Aktie von 4,31 auf 5,534 Euro wachsen, woraus ein für 2026 geschätztes KGV von nur noch 5,4 resultieren würde. Entsprechend trauen die Analysten der VIG bis 2026 im Schnitt eine Anhebung der Dividende von 1,40 (2023) bis 2,024 Euro zu.

Foto: Pixabay / geralt

 

 

Schulen und Angst nehmen

So kann Künstliche Intelligenz in Versicherungen funktionieren.

Marius Perger. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (KI) waren beim „Futurehub: Versicherungen“ des Konferenz- und Seminaranbieters imh GmbH zuletzt Thema einer Expertendiskussion. „Irrsinnige Power“ für Versicherer ortet Valerie Brugger, Head of Marketing, Innovation & Digital Sales bei der Wiener Städtischen, in der KI. Neue Geschäftsprozesse seien möglich, um Kunden besser und schneller servicieren zu können. Nötig sei es aber, bei Entscheidungen eine menschliche Kontrolle zwischenzuschalten, sagt Brugger: „Wir wollen Künstliche Intelligenz und Kunden nicht ohne einen Menschen durchschalten.“

Für Marguerita Sedrati-Müller von der Rechtsanwaltskanzlei Schönherr ist KI „mein Assistent, der ihr hilft, Aufgaben besser zu machen“. Und Thomas Üblacker, Chief Innovation Officer und Leiter IT bei der Partner Bank, streicht vor allem Denken, Lernen und Kreativität der Maschine hervor.

Wie man KI im Unternehmen einführen sollte
Zum Einsatz von KI in Unternehmen gebe es verschiedene Herangehensweisen, so Sedrati-Müller. Schlecht wäre es, KI „über alle Mitarbeiter d‘rüberzustülpen“ oder von ihrer Arbeitsweise abzubringen; man solle zuerst anschauen, wie Mitarbeiter arbeiten und was sie brauchen. Anschließend solle man herausfinden, welche Lösungen es gibt, Begeisterte im Unternehmen suchen, die Lust haben, etwas auszuprobieren und erst dann eine Anschaffung vornehmen.

Tests seien besonders wichtig, pflichtet ihr Brugger bei. Bei technologischen Innovationen wie KI sei es wichtig, eine Pilotphase zu starten und zu schauen, was funktioniert und was nicht funktioniert. Entscheidend sei es auch, Mitarbeiter zu schulen, um ihnen Angst zu nehmen.

Vergleich von Digitalisierung und KI
„Digitalisierung ist die Basis, damit KI arbeiten kann“, erläutert Üblacker; innerhalb der Digitalisierung ist KI dann ein Werkzeug. „Tatsächlich muss Digitalisierung zuerst passieren“, betont Sedrati-Müller. Durch die Digitalisierung sei es möglich, Arbeitsabläufe effizienter zu gestalten; Künstliche Intelligenz sei ein Teil davon. Üblacker ergänzt, dass Künstliche Intelligenz in Wirklichkeit auch eine Software ist.

Die Frage der Ethik
„KI und Ethik bzw. Moral stehen einander nicht im Weg“, ist Brugger überzeugt. Weil aber KI einerseits Wohlstand sichern und Arbeitsprozesse erleichtern kann, andererseits die Gefahr einer Entmenschlichung oder Entdemokratisierung bestehe, sei die KI-Regulierung der EU ein richtiger Schritt. Sedrati-Müller betont aber auch die große Verantwortung der Menschen angesichts der Horrorszenarien, was KI alles kann: „Ich hoffe, dass wir einen sorgsamen Umgang mit KI haben, ohne dass uns das jemand vorschreibt.“

Schon in naher Zukunft werde es aber gar keine Wahlmöglichkeit mehr geben, so Sedrati-Müller: „Irgendwann kommen wir an den Punkt, wo wir alle KI verwenden. Nein zu sagen, geht nicht mehr lang.“

Im Zusammenhang mit ethischen Fragen dürfe man auch nicht vergessen, welche Möglichkeiten KI beispielsweise im Bereich der Geldwäsche oder Terrorfinanzierung biete, betont Üblacker. Ohne KI stünden weniger Instrumente zur Verfügung.

Künstliche Intelligenz und die Mitarbeiter
Jede industrielle Revolution habe die Jobprofile verändert, so Üblacker. Natürlich würden manche Berufe wegfallen und es gebe eine „Grundangst“; andererseits würden aber auch neue Berufe entstehen. Brugger verweist dazu auf Studien, dass sich bis 2030 80 % der Berufsfelder neu erfinden werden; man sehe schon jetzt, dass Unternehmen auf der Suche nach bestimmten Spezialisten sind.

Sedrati-Müller empfiehlt deshalb, sehr viel Zeit in die Ausbildung der Mitarbeiter zu investieren. Nicht nur jungen, auch älteren Mitarbeitern solle man die Möglichkeit geben, entsprechende KI-Kompetenz zu erwerben. „Dann verschwindet auch die Angst, dass KI Jobs wegnimmt.“

Und schließlich würden auch neue Jobs geschaffen werden, so Sedrati-Müller. Denn es brauche Menschen, die anderen beibringen, wie man mit KI umgeht: „Das funktioniert nebenbei schlecht.“

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Bargeld hat bei Unternehmen im Euroraum mit 88 % die höchste Akzeptanzrate aller Zahlungsmittel

Neue EZB-Studie zur Zahlungsmittelpräferenz im Euroraum unterstreicht die Beliebtheit von Bargeld

(23.09.) Die aktuellen Ergebnisse der Unternehmensumfrage der Europäischen Zentralbank (EZB) zeigen, dass im Euroraum weiterhin Bargeld die höchste Annahmequote hat. Die repräsentativen Daten liefern Einblicke in die Bargeldnutzung und Zahlungsmittelpräferenz der Unternehmen. In Österreich präferieren 54 % der Klein- und Mittelbetriebe (KMUs) Bargeldzahlungen, im Euroraum-Durchschnitt sind es 30 %.

Die EZB ließ 2024 zum zweiten Mal eine im gesamten Euroraum repräsentative Unternehmensbefragung zur Bargeldnutzung und -annahme durchführen. Im Februar und März 2024 wurden 7.675 Unternehmen verschiedener Größenklassen aus unterschiedlichen Sektoren befragt. Dies ermöglicht einen präzisen Blick auf die Bargeldnutzung aus Unternehmensperspektive im Euroraum sowie auf aggregierte Trends der Nutzung und Präferenz verschiedener Zahlungsmittel.

Bargeld hat mit 88 % die höchste Akzeptanzrate als Zahlungsmittel in Unternehmen
Im Euroraum geben 88 % der Unternehmen an, dass sie Bargeld als Zahlungsmittel annehmen. Damit liegt die Akzeptanzrate knapp über jener der Zahlungskarten (85 %). Sowohl die Akzeptanzrate für Bargeld als auch für Zahlungskarten ist im Vergleich zu 2021 um jeweils 8 Prozentpunkte gesunken, gestiegen ist dafür insbesondere die Akzeptanz für mobile Zahlungen (von 30 % im Jahr 2021 auf 37 % 2024). Unterschieden nach Unternehmensgröße wird Bargeld am häufigsten in KMUs akzeptiert. Am höchsten ist die Bargeldakzeptanzrate in KMUs in Irland (96 %), Frankreich (94 %) und Italien (93 %), Österreich liegt mit 92 % knapp dahinter, aber über dem Euroraum-Durchschnitt von 89 %.

Bargeld wird bei zentralen Kriterien für die Zahlungsmittelwahl am positivsten wahrgenommen
Für 94 % der Unternehmen im Euroraum ist die Sicherheit eines Zahlungsmittels ein zentrales Kriterium für die Entscheidung, ob dieses in Transaktionen mit Konsumentinnen und Konsumenten akzeptiert wird. Die weiteren zentralen Kriterien für die Akzeptanz eines Zahlungsmittels sind die Verlässlichkeit und die Einfachheit der Handhabung, die für 92 % bzw. 90 % der Unternehmen im Euroraum-Durchschnitt wichtig bzw. sehr wichtig sind. Bei all diesen Kriterien wird Bargeld im Vergleich zu bargeldlosen Zahlungsmitteln als deutlich besser bewertet. Im Euroraum-Durchschnitt geben 47 % der Unternehmen an, dass Bargeld verlässlicher als eine Kartenzahlung ist, bei kontaktlosen Kartenzahlungen sind es sogar 52 %.

94 % der Unternehmen, die Bargeld akzeptieren, wollen dies auch zukünftig tun
Von jenen Unternehmen, die aktuell Bargeld als Zahlungsmittel akzeptieren, erwarten 94 % im Euroraum-Durchschnitt, dies auch zukünftig beizubehalten. Nur 4 % der Unternehmen erwarten diesbezüglich eine Änderung, insbesondere aufgrund der rückläufigen Nutzungsfrequenz von Bargeld durch Konsumentinnen und Konsumenten. 39 % jener Unternehmen, die im Euroraum Bargeld nicht als Zahlungsmittel akzeptieren, nennen als Begründung, dass dieses nicht ausreichend von Konsumentinnen und Konsumenten genutzt wird. Auch in Österreich wird diese Begründung von 44 % der ausschließlich bargeldlosen KMUs genannt – die Präferenzen der Konsumentinnen und Konsumenten beeinflussen daher maßgebend das Zahlungsmittelverhalten der Unternehmen.

Erläuterung: Der Begriff „Unternehmen“ bezieht sich im Rahmen der EZB-Studie und in diesem Artikel auf Unternehmen aller Größenklassen im Euroraum, jedoch beschränkt auf den B2C-Bereich und die folgenden Sektoren: Einzelhandel, Beherbergung, Gastronomie und Freizeit. Die Studie bezieht sich somit auf jene Unternehmen, die in ihrem regulären Geschäftsbetrieb auch Bargeldzahlungen von Konsumentinnen und Konsumenten erhalten (bzw. erhalten können).

Die EZB-Zahlungsmittelstudie ist auf der Website der EZB verfügbar: https://www.ecb.europa.eu/stats/ecb_surveys/use_of_cash_by_companies_in_the_euro_area/html/index.en.html

Geheimtipp Bangkok?

Thailands Aktien waren zuletzt massiv auf dem Vormarsch.

Roman Steinbauer. Am 13. September meldete die Nachrichtenagentur Reuters, Thailands staatlicher Mutual Fund „Vayupak“ werde sein Kapitalisierungsvolumen auf umgerechnet bis zu 4 Milliarden Euro ausdehnen. Ziel sei es, an der inländischen Börse Aktien zu erwerben. Bereits diesen Monat werden dazu der Öffentlichkeit neue Anteilscheine angeboten.

Aber nicht nur damit erklärt sich eine seit wenigen Wochen wieder zum Leben erweckte Börse in Bangkok. Neben der Ausweitung des (dem thailändischen Finanzministerium und staatlichen Agenturen unterstehenden) Fonds nahmen jüngst auch die politischen Spannungen ab und überzeugende Wirtschaftsdaten schlugen mit positiven Impulsen auf die thailändische Börse durch. Seit 15. August sprang der SET-Index in Bangkok von 1.290 um mehr als 11 % auf 1.436 Punkte am 18. September. Dies, nachdem die führenden Aktien bereits seit Beginn 2023 eine ausgeprägte Schwäche aufwiesen. Noch am 26. Juli berichtete der kanadische Finanzsender Business News Network (BNN) darüber, die Marktkapitalisierung der Börsen in Singapur und Kuala Lumpur habe jene Bangkoks übertroffen. Stellte doch der thailändische Handelsplatz bis 2022 unangefochten die Nr. 1 in Südostasien dar.

Zweistellige Kursgewinne
Ab Mitte des Vormonats drehte sich die Stimmung markant und die Nachfrage an Gesellschafteranteilen aus dem Siam-Staat sprang rasant an. Betreffend jene Wertpapiere, die an Europas Börsen Stuttgart bzw. Frankfurt notieren, kam mit steigenden Umsätzen in folgende Titel besonders viel Bewegung: Aktien der Kasikornbank zogen seit 20. August bis 18. September von 3,45 auf 4,08 Euro, Bangkok Bank von 3,45 auf 4,06 Euro nach oben. Papiere, der vom einstigen Premierminister Thaksin Shinawatra gegründeten Intouch Holdings (Mobilfunk und Satellitentechnik) prosperierten von 2,13 auf 2,36 Euro, jene des Agro-Unternehmens Sri Trang von 0,48 auf 0,57 Euro, während Siam Cement von 5,25 auf 6,30 Euro sprangen. Als Profiteur sehen Investoren ebenso PTT Global Chemical, die um satte 21 % auf 0,75 Euro kletterten. Einzig Valoren der Hana (Mikroelektronik) waren zuletzt erst ansatzweise auf Erholungskurs und stehen im Vergleichszeitraum um 2 % über dem Vorniveau.

Beeindruckendes Zahlenwerk
Nach einer seit Spätherbst 2022 bis zum heurigen Sommer permanent schrumpfenden Industrieproduktion überraschte das thailändische Amt für Industrieökonomie kürzlich die Märkte mit einem August-Wert von +1,8 %. Für denselben Monat wies die Bank of Thailand ein Plus der Privatinvestitionen von 6,0 % aus – ein Anstieg, der zuletzt im März 2012 übertroffen worden war. Begleitend dazu erholte sich die Devise. Der Baht (THB) legte binnen zweier Monate um mehr als 6 % auf 36,97 pro Euro zu. Laut Zentralbank kamen zudem die Währungsreserven im August mit 213 Milliarden Euro bis auf 6 % an den Spitzenwert von Jänner 2021 heran. Das Leitzinsniveau befindet sich seit zwölf Monaten bei 2,5 %, wobei Senkungen der Zentralbank nun als wahrscheinlich gelten. Erstaunlich zudem die eingezogene Preisstabilität: Lag die Inflation im September 2022 auf Jahresbasis noch bei 7,9 %, errechnete das Handelsministerium für den Vormonat gerade noch einen Anstieg um 0,35 % p.a., während die Arbeitslosigkeit mit 1 % nachrangig erscheint. Einen Makel im Zusammenhang mit dem Konsum stellt nur die Altersstruktur der Bevölkerung dar. Da der durchschnittliche Thailänder bereits 39,6 Jahre (2023) aufweist, kann von einer jungen Bevölkerung nicht mehr gesprochen werden.

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Coface: „Bleibt alles anders?“

Der Kreditversicherer wiegt politische Chancen wie Risken einer unruhigen Zeit ab.

Tibor Pásztory. Der internationale Kreditversicherer Coface hielt letzte Woche in Schloss Schönbrunn seine jährliche Country Risk Conference ab, in deren Rahmen unter anderem der ehemalige BarackObama-Wahlkampfstratege Julius van de Laar Einblick in die Wahlkampfstrategien der beiden Präsidentschaftskandidaten Kamala Harris und Donald Trump sowie Ausblick auf die wirtschaftlichen Folgen der nahenden Präsidentschaftswahlen gab.

Van de Laar ist eine in deutschen Medien durchaus bekannte Größe, die es versteht, auf eloquente Weise tiefe Kenntnisse der US-amerikanischen Innenpolitik zu vermitteln. In einer Zeit, die nicht nur Unsicherheit, sondern auch die eine oder andere lustige Abkürzung bringt (in vorliegendem Fall VUKA = Volatilität, Unsicherheit, Komplexität, Ambiguität), nahm dabei der Begriff „perception“ (Wahrnehmung) ein. Tatsächlich, so van de Laar, der sich nicht gerade als Trump-Fan zu verstehen gab, wird dem republikanischen Kandidaten bescheinigt, ein wahrer Meister des Spiels mit der Wahrnehmung durch breite Wählerschichten zu sein, selbst dann, wenn diese mit der Realität nichts zu tun hätten. Die Frage, wer denn nun die höheren Siegeschancen hätte, Harris oder Trump, konnte und wollte freilich auch Van de Laar nicht beantworten, wenn-gleich alle derzeitigen Umfragen auf ein Aufholen der derzeitigen Vizepräsidentin hindeuteten, deren sichtbarste Schwäche ihre mangelnde Wirtschaftskompetenz zu sein scheint. Ein Schelm, dem hier nicht Bill Clintons legendärer Sager „It‘s the economy, stupid!“ einfällt! Dem Vortragenden fiel er jedenfalls ein …

Tatsächlich wurde bei Coface eine ausführliche Untersuchung der derzeitigen Wirtschaftslage der Vereinigten Staaten verfasst, die, um es vorwegzunehmen, zum Schluss kam, dass der Inflation Reduction Act (IRA) der – an sich gar nicht so erfolglosen – Präsidentschaft Joe Bidens nicht immun gegen die derzeitige Unsicherheit sei, wer denn die Wahl am 5. November gewinnen sollte. Ein Hochrisikothema sei dabei die Energiepolitik, da sich eine Trump Administration gegen den Ausbau von Windfarmen „from day one“, so Donald Trump, stellen würde. Dieses Kernstück des IRA umfasst schließlich über zehn Jahre gerechnet geplante klimarelevante Investitionen von 370 Milliarden US-Dollar (331,40 Milliarden Euro) sowie ein Kredit-volumen von 220 Milliarden US-Dollar (197,05 Milliarden Euro) für alternative Energieprojekte wie Windfarmen, Wasserstoff, Sonnenenergie und ähnliches.

Stattdessen plane Trump, so die Studie, eine strikte Unterstützung der Ölindustrie, spekulierend auf höhere Unabhängigkeit der US-Energieversorgung von anderen Staaten sowie auf ein Sinken der Ölpreise durch forciertere Ölförderung, wobei in den USA sowieso noch nie so viel Erdöl gefördert wurde wie 2024. Auch erwarte sich Trump so mehr Arbeitsplätze in Krisenregionen. Die im IRA enthaltenen geplanten Investitionen in alternative Energiequellen werden von der republikanischen Partei hingegen als unnötig, wenn nicht schädlich, gesehen. Ganz allgemein sei von republikanischer Seite ein „Downsizing“ von Bundeskompetenzen in Sachen Umwelt und Klima geplant. Das Sagen sollten stattdessen (lokale) Gerichte haben.

Diese Unsicherheit, so schließt der Bericht, habe bereits jetzt zu Verschiebungen und Absagen von IRA-Projekten geführt.

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Zwischendurch mal vorsichtig sein

Die Kunst, mit Zertifikaten ein Portfolio abzusichern.

Michael Kordovsky. Der Nasdaq-100-Index hat bereits am 10. Juli sein Hoch erreicht, ehe nach einer scharfen Korrektur wieder eine Gegenbewegung folgte. Der Dax zeigt bereits seit mehreren Monaten eine Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau, unterbrochen durch die Korrektur im August. Indessen mit einem Plus von fast 25 % im laufenden Jahr bereits sehr gut entwickelt hat sich der Goldpreis. Doch nach einer 0,5-%-Leitzinssenkung der Fed und weltweit zahlreichen geopolitischen Krisenherden könnte diesbezüglich schon viel im aktuellen Goldpreis eingepreist sein.

Gleichzeitig wird der Aktienmarkt ungemütlicher: Gewinnenttäuschungen bei größeren Unternehmen oder ungünstige Konjunkturdaten könnten die globalen Aktienmärkte bald erneut unter Druck setzen. Wenn aber die Unsicherheit steigt, ist es kostengünstiger, eine temporäre Portfolio-Absicherung durchzuführen, als ein ganzes Portfolio im Falle aktivierter Stopps umzuwälzen. Um Aktien- oder Goldbestände richtig abzusichern, können passende Hebelzertifikate eingesetzt werden, deren Vorteile in einer guten Skalierbarkeit von Ordergrößen und einer großen Auswahl nach Merkmalen wie Hebel und Abstand zur Knock-out-Schwelle liegen. Hinzukommen steuerliche Aspekte: Hebelzertifikate unterliegen als verbriefte Derivate mit eigener ISIN der KESt von 27,5 %, die auf österreichischen Depots automatisch abgeführt wird. Dem stehen Emittentenrisiko und Knock-out-Schwelle als Nachteile gegenüber. Wird Letztere erreicht, droht meist ein Totalverlust.

Die richtige Selektion
Bei der Absicherung lautet die wichtigste Frage: Mit welchem Index weist der abzusichernde Teil die höchste Korrelation (Gleichlauf der Wertentwicklung) auf? In nur seltenen Fällen sind ausschließlich ETFs auf Standard-Indizes wie Dax oder S&P 500 im Portfolio. Deshalb kommt hier eine Proxy-Hedge-Strategie auf Basis passender Aktien-Cluster ins Spiel: Letztere sind Gruppen von Aktien mit gleichen Merkmalsausprägungen wie zum Beispiel in Fonds oder Einzelaktiendepots enthaltene US-Standardwerte, die man beispielsweise mit einem Short-Hebelzertifikat auf den S&P 500 absichern könnte, oder europäische Aktien, für die Short-Hebelzertifikate auf den Euro Stoxx 50 in Frage kämen.

Ist das geklärt, erfolgt die konkrete Auswahl anhand von Hebel und Abstand zwischen Indexstand (oder Goldpreis) und Knock-out: Je kleiner Letzterer ist, desto größer sind in der Regel der Hebel und das Risiko. Je schwankungsintensiver (volatiler) der betreffende Index als Underlying für das Hebelzertifikat ist, desto niedriger sollte der Hebel und desto größer der Abstand zum Knock-out sein. Trotz eines kurzfristigen Absicherungshorizonts von maximal mehreren Wochen, sollte idealerweise der Abstand im Bereich der aktuellen Zwölf-Monats-Volatilität liegen.

Absicherung von Goldbeständen
Gleiches Schema gilt auch für Gold-Investments, insbesondere physische Goldbestände. Angenommen, diese liegen bei 10 Unzen, deren Wert auf Spotpreis-Basis insgesamt 25.875 USD bzw. 23.176 Euro beträgt. Die Volatilität des Goldpreises liegt bei 17 %. Als Beispiel käme der von der Société Générale emittierte Turbo-Unlimited-Short-Optionsschein mit der ISIN DE000SW80BM6, unbegrenzter Laufzeit (open end) und einem Hebel von 6,61 in Frage. Dieser weist per 19. September bei einem Goldpreis von 2.587,465 USD eine Knock-out-Schwelle von 2.976,281 USD auf. Das ist ein Abstand von rund 15 %. So stark müsste der Goldpreis steigen, damit es zum Knock-Out käme. Anleger, die damit Goldbestände im Wert von 23.200 Euro hedgen, müssen zur optimalen Absicherung (betreffendes Volumen von 23.200 Euro/Hebel von 6,61) 3.510 Euro einsetzen.

Risikomanagement und Glattstellung
Die Wertentwicklung der Hedge-Position sollte täglich verfolgt werden, und aufgrund der Gefahr eines Overnight-Gaps im Falle eines Short Squeeze sollte spätestens 5 % vor der Knock-out-Schwelle die Absicherungsposition glattgestellt werden. Geht es beim Hedge in die richtige Richtung und man gewinnt in etwa damit jenen Betrag, den man in diesem Fall mit den Goldbeständen verliert, dann sollte man ab einem bestimmten Punkt Kasse machen, vor allem dann, wenn Gold bereits überverkauft ist und eine technische Gegenreaktion zunehmend wahrscheinlicher wird. Letzteres kann anhand einschlägiger Indikatoren gut erkannt werden.

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All-Time-High beim Gold

Die Fed-Entscheidung lässt die Märkte jubeln – Preis springt auf 2.626 USD.

Andreas Fastl, Commodity Trader. Obwohl durchaus erwartet, löste die Zinssenkung von 50 Basispunkten (am 18.9.) eine weitere Kaufwelle im Goldmarkt aus. Am Tag selbst sah man extreme Volatilität (die schon das Schlimmste befürchten ließ), aber nach heftigen Schwankungen zwischen 2.600 und 2.574 USD (Spotgold) stieg das gelbe Edelmetall auf ein neues Allzeithoch von 2.626 USD.

Diese Euphorie sah man jedoch nur im Gold, denn der Silberpreis schwankte zwischen 31,30 und 29,70 USD und verbesserte sich hinterher nur marginal auf 31,50 USD. Platin lief die drei Tage bis zum Wochenende zwischen 990 und 965 USD auf und ab und schloss bei vergleichsweise schwachen 975 USD. Palladium war zuvor, ab 9.9. von 905 auf 1.127 USD extrem gestiegen, aber nach der Zinsentscheidung ging es für das Katalysatormetall bergab in den Bereich von 1.050 USD.

Das ist erstaunlich, da ja gerade die Platingruppe (wie Silber) konjunkturorientiert reagiert und der S&P 500 selbst ebenso einen Freudensprung vollführte (von 5.615 auf 5.733). Aber offenbar ist die industrielle Anwendung eines Edelmetalls ein anderer Aspekt als die Psychologie niedrigerer Leitzinsen.

Die Kommentare sind naturgemäß extrem bullish und reichen von „Goldrallye gerade erst begonnen“ bis „Jahrzehnt-Rohstoffzyklus gestartet“. Die Idee dahin-ter geht weit über den traditionellen Ansatz „niedrige Leitzinsen vermindern Konkurrenz zum zinslosem Gold“ hinaus und ziehen auch in Betracht, dass es mit der Wirtschaft nicht unbedingt so gut weitergehen könnte.

Während man üblicherweise am Narrativ „Jetzt wird‘s besser, denn die Zinsen fallen!“ nicht rütteln darf, erinnert der Gedanke vom Rohstoff-Superzyklus daran, dass es einen Grund gibt, die warum die Fed zurückrudert, und dass es ihr eventuell nicht gelingen wird, der Konjunktur so schnell auf die Sprünge zu helfen.

Die Rohstoffpreise stehen im Verhältnis zu Aktien aktuell auf einem historischen Tief. Sollten wirklich die Aktienkurse einbrechen, so die Idee, dann würden viele auf Rohstoffe als Werterhaltung setzen.

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Optimismus und proaktive Ansätze dominieren CEO-Agenda 2025

• Gute Zukunftsaussichten unter CEOs weltweit: Fast sieben von zehn bewerten das globale Wachstum im nächsten Jahr positiv
• Die zuversichtlichsten Führungskräfte sind viermal häufiger bereit, Übernahmen zu tätigen
• Aufstrebende Technologien und geopolitische Unsicherheiten prägen nach wie vor das Themenfeld der CEOs

(16.09.) Weltweit zeigen sich CEOs zuversichtlich hinsichtlich der Wachstumsaussichten für die nächsten zwölf Monate. Fast sieben von zehn (69 %) Unternehmensleiterinnen und Unternehmensleiter sehen die globale Entwicklung im kommenden Jahr positiv, obwohl das Geschäftsumfeld nach wie vor komplex und unvorhersehbar ist. Aufstrebende Technologien, ein verändertes Verbraucherverhalten und eine unsichere geopolitische Lage prägen die Wirtschaft. Viele CEOs berichten von Herausforderungen, die es ihnen erschweren, mit dem dynamischen externen Umfeld Schritt zu halten und auf Veränderungen in der Branche zu reagieren. Nur knapp vier von zehn (38 %) CEOs betrachten sich als führend im Umgang mit externen Einflüssen. Bei den zuversichtlichsten Führungskräften steigt dieser Anteil auf 54 Prozent, während er bei weniger zuversichtlichen deutlich niedriger bei nur acht Prozent liegt.

„CEOs erkennen die Chancen und Risiken, die mit den disruptiven Kräften, welche die Geschäftswelt prägen, einhergehen. Ein Mix aus vorsichtigem Optimismus und der Sorge, den Anschluss zu verlieren, wird voraussichtlich die Investitionen und strategischen Maßnahmen in den kommenden Monaten bestimmen. Es wird erwartet, dass Geschäftsführerinnen und GEschäftsführer zunehmend von einer reaktiven zu einer proaktiven Herangehensweise wechseln, um eben diese disruptiven Kräfte zu nutzen und ihre Marktposition zu stärken“, so Gunther Reimoser, Country Managing Partner von EY Österreich.

Das sind Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY Österreich. Dafür wurden 1.200 Führungskräfte weltweit befragt.

CEO-Optimismus treibt M&A an
Der positive Ausblick der CEOs dürfte die M&A-Aktivitäten im kommenden Jahr antreiben: Mehr als drei Viertel (78 %) der optimistischsten Führungskräfte überprüfen ihr Portfolio proaktiv und strategisch im Einklang mit den Kernzielen ihres Unternehmens. Darüber hinaus planen 98 Prozent innerhalb der nächsten zwölf Monate eine Form von Transaktion. Insgesamt hat mehr als ein Drittel (37 %) der CEOs Übernahmen im nächsten Jahr im Blick, wobei 59 Prozent der optimistischsten CEOs den Erwerb von Vermögenswerten planen, im Vergleich dazu nur 16 Prozent der weniger zuversichtlichen.

M&A geprägt von der Notwendigkeit, der Konkurrenz voraus zu sein
Angesichts der aktuellen Marktlage stellen CEOs fest, dass herkömmliche Methoden zur Portfolio-Überprüfung oftmals veraltet sind und die traditionelle strategische Planung sowie das Portfoliomanagement zunehmend an Effektivität einbüßen. Nahezu ein Viertel (24 %) der Befragten gibt an, dass ihre Portfolio-Überprüfungen nicht konsequent genug durchgeführt werden, und 23 % empfinden den Prozess als zu reaktiv. CEOs setzen daher zunehmend auf flexiblere und proaktivere Strategien, um Innovation und Transformation voranzutreiben und so der Konkurrenz einen Schritt vorauszubleiben.

Die Transaktionsaktivität wird in den kommenden Monaten voraussichtlich stabil bleiben, getragen von strategischen Allianzen, Joint Ventures und Veräußerungen. Beinahe die Hälfte (47 %) der CEOs beabsichtigt, in den nächsten zwölf Monaten aktiv strategische Partnerschaften mit externen Partnern einzugehen. Zudem planen 44 % Veräußerungen oder Börsengänge, während 37 % M&A-Aktivitäten zur Priorität machen.

Zu den wichtigsten Investitionszielen zählen in den kommenden Monaten die USA, Großbritannien, Kanada, Mexiko und Deutschland. Die attraktivsten Sektoren umfassen Banking, Asset Management, Medien und Unterhaltung, Konsumgüter sowie Versicherungen.

Prioritäten der CEOs: Technologie vor Klimawandel und Talentmanagement
Ganz oben auf der Agenda von CEOs stehen aufstrebende Technologien, um Innovationen voranzutreiben, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und sich Wettbewerbsvorteile zu sichern (38 %). Weitere wichtige Themen sind die veränderten Kundenbedürfnisse (36 %), das unsichere globale wirtschaftliche und geopolitische Umfeld (35 %), neue regulatorische Herausforderungen (35 %) und der zunehmende Druck auf die Lieferketten (33 %).

Weniger als ein Drittel (29 %) der Führungskräfte sehen den Klimawandel und Umweltfragen als eine der größten disruptiven Kräfte. Ebenso betrachten nur 29 Prozent der CEOs den Zugang zu Talenten als eine der bedeutendsten Herausforderungen für die nächsten zwölf Monate.

„CEOs stehen an einem Wendepunkt, an dem die traditionellen Ansätze nicht mehr ausreichen, um den Herausforderungen eines sich schnell verändernden Marktes gerecht zu werden. Mit einem klaren Fokus auf proaktive Strategien und durch die Nutzung disruptiver Kräfte werden die optimistischsten CEOs ihre Positionen festigen und Wachstumspotenziale ausschöpfen. Wichtig ist es, einerseits Transaktionen mit größerer Flexibilität zu begegnen, um sich rasch an Gegebenheiten anzupassen, andererseits ist die Planung möglicher Szenarien unumgänglich, um strategische Entscheidungen zu treffen, die auf eine Reihe unterschiedlichster Marktbedingungen abgestimmt sind – Balance ist gefragt. In einem Umfeld, das von Unsicherheiten und schnellem Wandel geprägt ist, ist dies der entscheidende Faktor für nachhaltigen Erfolg“, so Reimoser abschließend.

Bessere Rahmenbedingungen schaffen!

Politiker aller Parlamentsparteien (v.l.: Axel Kassegger, FPÖ, Martin Margulies, Die Grünen, Karin Doppelbauer, Neos, Andreas Minnich, ÖVP, und Kai Jan Krainer, SPÖ) diskutierten über Möglichkeiten, den vorbörslichen Kapitalmarkt in Österreich zu stärken.

Marius Perger. Invest.Austria, das Investoren-Netzwerk für den vorbörslichen Kapitalmarkt, die Startup-Plattform AustrianStartups, die Interessenvertretung heimischer Jungunternehmer Junge Wirtschaft und Startup Now, das Startup-Service der Wirtschaftskammer, haben im Hinblick auf die Nationalratswahlen ihre „Vision 2030“ vorgestellt, die konkrete Maßnahmen enthält, um die Rahmenbedingungen für Unternehmer und Investoren in Österreich zu verbessern und unternehmerisches Wachstum zu fördern und auszubauen.

In der Vorwoche lud nun Invest.Austria Politiker aller Parlamentsparteien zur „Investors Lounge“ in die Säulenhalle der Wiener Börse ein, um zwei Kernpunkte dieses Programms zu diskutieren: die Gründung eines Dachfonds für institutionelle Anleger und die Einführung eines Beteiligungsfreibetrags.

Rund 290 Milliarden Euro würden hierzulande auf Sparbüchern von Kleinanlegern liegen, weitere 280 Milliarden Euro bei institutionellen Anlegern wie Pensionskassen, Versicherungen, Banken und Stiftungen, so Invest.Austria. Für dieses Kapital mangle es an Investmentangeboten, weshalb die öffentliche Hand mit einem Dachfonds ein Investmentvehikel schaffen solle, welches das Investmentkapital österreichischer institutioneller Investoren bündeln und als Ankerinvestor für österreichische Investmentfonds fungieren sollte. Diese Fonds wieder sollten Eigenkapitalfinanzierungen für österreichische Startups sowie klein- und mittelständische Unternehmen in der Wachstumsphase zur Verfügung stellen, so die Idee.

Risikokapital soll in Österreich bleiben
Ganz klar für einen solchen Dachfonds sprach sich in der Diskussion ÖVP-Nationalratsabgeordneter Andreas Minnich aus. Mit einem rot-weiß-roten Dachfonds, der Risikokapital in großem Maße anziehen könnte, solle man KMU und Startups die Möglichkeit geben, durchzustarten. Und gleichzeitig würde dies sicherstellen, dass österreichisches Risikokapital „nicht nur im Silicon Valley“ landet. Ein Unternehmen zu gründen, „soll Freude machen“, betonte NEOS-Nationalratsabgeordnete Karin Doppelbauer. Dafür müssten die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden. Um das Land nach vorne zu bringen, seien ein starker, wettbewerbsfähiger Standort, „beste Bildung für alle“ und eine einfachere Mitarbeiterbeteiligung nötig, so Doppelbauer. Ein „klares Bekenntnis zum Eigentum“ gab FPÖ-Nationalratsabgeordnete Axel Kassegger ab: Es brauche Rahmenbedingungen, um Eigentum zu schaffen, zu erhalten und weitergeben zu können.

Kritischer zeigt sich der grüne Wiener Landtagsabgeordnete Martin Margulies: Es sei nicht Aufgabe des Staates, jene zusätzlich zu unterstützen, die in der Lage sind zu investieren, sondern jene, „die es brauchen“. Man solle den Staat nicht „hineinzwingen“, bürokratische Hürden sollten aber aus dem Weg geschafft werden, sagt Margulies. Und SPÖ-Nationalratsabgeordneter Kai Jan Krainer meinte zwar in Richtung Dachfonds: „Ja, bitte machen, gründen“, er „weiß aber nicht, was soll der Staat machen“. Es sei nicht primäre Aufgabe des Staates, ins Risiko zu gehen. Wenn das Risiko im Rahmen bleibt, sei es aber denkbar, dass auch Pensionskassen, Banken oder Versicherungen in einen solchen Dachfonds investieren dürfen.

Investmentanreize für Private fehlen
In den vergangenen beiden Jahren seien Finanzierungen für Unternehmen stark eingebrochen, betont Invest.Austria. Während aber in anderen europäischen Ländern Programme etabliert wurden, um privates Risikokapital zu aktivieren, würden in Österreich Anreize für Privatpersonen fehlen, in Startups, KMUs und Venture-Capital- oder Private-Equity-Fonds zu investieren. Vorgeschlagen wird deshalb die Einführung eines Beteiligungsfreibetrags bei der Frühphasenfinanzierung von Startups und KMUs durch Investoren.

Zustimmung zu dieser Idee kam von Minnich: Der Staat müsse in Vorlage gehen, um Kapital in Österreich zu halten, und es sei nötig, die Rahmenbedingungen zu verbessern, um Eigenkapital attraktiver zu machen. Ebenfalls positiv äußerte sich Kassegger, der betonte, dass es beim Eigenkapital in Österreich „Luft nach oben“ gebe; ein solcher Freibetrag wäre ein Anreiz, das Feld nicht den Fremdkapitalgebern zu überlassen. Und für Doppelbauer könnte er ein Hebel sein, Innovation, Leistungsfähigkeit, Jobs und Sozialsystem zu finanzieren.

„In einer anderen Welt hätte ich nichts dagegen“, meint dagegen Margulies. In der jetzigen Situation habe der Staat aber nichts zu verschenken. Und auch Krainer ist der Meinung, dass es kein Geld für einen solchen Freibetrag gebe: Vorrangig müssten Bildung, Gesundheit und Pensionen als Kernthemen des Staates sichergestellt werden.

Foto: Börsen-Kurier

 

 

Keine Angst vor Turbulenzen!

Mit Zertifikaten kann man selbst von höheren Schwankungen profitieren.

Raja Korinek. Der vergangene Monat August jagte so manch einem Anleger einen gehörigen Schrecken ein. Die Zinswende in Japan und Rezessionsängste in den USA führten zu gröberen Kursrücksetzern an den Börsen. Schwächer als erwartete Zahlen des US-Chipherstellers Nvidia gossen weiteres Öl ins Feuer.

Wie hoch die Nervosität der Anleger letztendlich war, lässt sich etwa auch anhand eines Indikators messen, so zum Beispiel des Volatilitätsindexes VIX. „Der Index drückt die vom Markt erwartete zukünftige Schwankungsbreite – oder implizite Volatilität – des US-Aktienmarktes über 30 Tage aus. Die Berechnung erfolgt auf Grundlage der Kurse der Call- und Put-Optionen des S&P 500 Index“, erklärt Heiko Geiger, Zertifikate-Spezialist bei der Bank Vontobel, im Interview mit dem Börsen-Kurier.

Dieser schnellte Anfang August auf die Marke von knapp mehr als 38 Punkten, wobei zwischenzeitlich an dem Tag sogar ein „Intra-Day“-Hoch von gut 66 Punkten erreicht wurde. Inzwischen ist der Index wieder gesunken und notierte zuletzt bei 16,9 Punkten (per 13.9.).

Auf Erwartungen setzen
Freilich, besonders risikobereite Anleger können auf einen erneuten Anstieg setzen. Denn weitere Turbulenzen werden von Marktbeobachtern nicht ausgeschlossen. Geiger verweist in diesem Zusammenhang etwa auf Chancen mit Turbo- und Faktorzertifikaten sowie mit Mini-Futures. Der Vontobel-Experte zeigt jedoch auch einen wichtigen Aspekt auf: Anleger setzen mit solchen Produkten nicht direkt auf den Index, sondern auf den börsengehandelten „Future“. Es handelt sich um ein Derivat, mit dem künftige Kurserwartungen gehandelt werden – in diesem Fall auf den VIX.

Die Wertentwicklung des Futures kann dabei vom Index abweichen. Auch müssen Anleger beachten, dass der Index, und somit der Future, nach einem steilen Anstieg in der Regel wieder genauso rasch sinkt. Einzig, selbst die Korrektur bietet Chancen für Anleger. Sie können mit den zuvor genannten Produktgruppen auch auf fallende Kurse setzen.

Weniger Risiko mit Teilschutz
Bei Anlageprodukten wie Bonus-Zertifikate oder Aktienanleihen nutzten Anleger die Volatilität indirekt, indem sie Neuemissionen zeichneten oder handelten, um dadurch höhere Kupons und/oder tiefere Barrieren zu erhalten, ergänzt Geiger. Solche Zertifikate sind weniger riskant, da es sich um Teilschutzprodukte handelt. Sprich, solange Barrieren nicht durchbrochen werden, winken interessante Renditechancen. Wird die Barriere jedoch durchbrochen, sind Verluste möglich.

Geiger verweist auf weitere Trends: So dürften angesichts sinkender Zinsen Aktieninvestments wieder verstärkt in den Fokus rücken. Die Chancen darauf könnten vorsichtigere Anleger gerade mit Teilschutzprodukten nutzen.

Dabei stehen derzeit einige Megatrends an den Aktienmärkten hoch im Kurs. „Bei den Themeninvestments dominieren nach wie vor die großen Technologiethemen wie Künstliche Intelligenz, Cyber Security und Robotics.“ Tatsächlich gibt es kaum noch einen Wirtschaftsbereich, der ohne den Einsatz von KI arbeitet. Die zunehmende Digitalisierung und virtuelle Vernetzung verdeutlichten obendrein die Notwendigkeit nach mehr Sicherheit im Netz.

Rüstung rückt in den Fokus
Doch damit ist noch nicht Schluss. Der Vontobel-Experte meint: „Obendrein ist aufgrund steigender globaler Krisen das Thema Sicherheit und Rüstung wieder auf der Agenda der Anleger.“ So zähle Rheinmetall zu einem der beliebtesten Basiswerte etwa in Österreich.

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Chinas Deflationsrisiko signalisiert eine Zeitenwende

Vermögensverwalter: Hohe Wachstumsraten sind Vergangenheit.

Roman Steinbauer. Es mag schon etwas paradox anmuten, in aktuellen Zeiten das Wort „Deflation“ zu nennen. Die (vor allem durch enorme industrielle Überkapazitäten) vom Rest anderer Industriestaaten abweichende Wirtschaftslage Chinas brachte das Thema dennoch wieder ins Rampenlicht.

Die Finanzmarkt-Korrespondentin für China des US-Wirtschaftskanals CNBC, Evelyn Cheng, führte in einem Beitrag bereits am 14. August aus, Chinas Behörden würden am Anleihemarkt intervenieren – ein Umstand, der Sorgen um die Finanzstabilität offenbare. Die Maßnahmen der Notenbank zielten darauf ab, eine ausgebrochene Rallye am Anleihemarkt zu bremsen, um ein weiteres Drücken des Zinsniveaus zu verhindern. Im Gegensatz zu den USA oder Europa liegen die Renditen 10-jähriger chinesischer Staatsanleihen aktuell nur noch bei 2,07 %, während Peking bei zweijährigen Titeln sogar Schuldscheine mit Kupons um 1,36 % am Markt unterbringt. Aufsehen erregend ist dabei das Tempo der Abnahme der Anleiherenditen bzw. des Kursanstiegs der Bonds. Warfen doch Verbindlichkeiten mit Laufzeit über eine Dekade hinweg im diesjährigen Jänner noch 2,58 % ab.

Zunehmende politische Brisanz
Vordergründig mag das Umfeld historisch niedriger Zinsen vorteilhaft erscheinen, wird der Staat doch dadurch in die Lage versetzt, zu günstigen Konditionen Staatsanleihen zu begeben. Doch die Geschwindigkeit der Flucht der Anleger in den festverzinslichen Sektor schafft unter Chinas Wirtschaftslenkern Unruhe. Resultiert aus dieser Entwicklung immerhin eine zunehmende Kaufzurückhaltung der Konsumenten, die das Wirtschaftswachstum insgesamt bedrohe. Die Ökonomin Cheng wies in diesem Zusammenhang insbesondere auf eine (in Europa noch kaum vernommene) Jugendarbeitslosigkeit im Reich der Mitte hin, die unterdessen 14,9 % erreicht habe. Somit baue sich Potenzial eines sozialen Sprengstoffes auf. Die Korrespondentin zitierte am 6. September bereits unter anderem jüngste Aussagen des ehemaligen Chefs der chinesischen Zentralbank, Yi Gang, wonach sich die Entscheidungsträger in Peking auf die Ankurbelung der Binnennachfrage konzentrieren sollten. Die Bekämpfung des Deflationsdrucks mit einer extrem

lockeren Geldpolitik sei dabei der vorrangige Ansatz. Denn nach Worten Gangs bewege sich der Verbraucherpreisindex (VPI) der zweitgrößten Volkswirtschaft bis zum Jahresende Richtung Null-Linie. Nach Daten des chinesischen Nationalen Statistikamtes hielt sich die Teuerung bereits 2023 mit +0,2 % gerade noch über der Null-Linie.

Alte Maßstäbe nicht mehr heranzuziehen
Der Schweizer Finanzkanal Moneycab brachte Ende August zum Thema eine Lageeinschätzung des Bondstrategen der Vermögensverwaltung Abrdn (2017 aus der Fusion von Standard Life und Aberdeen Asset Management entstanden), Edmund Goh. Dieser umriss die heikle wirtschaftliche Situation, in der sich China derzeit befindet, dramatisch: „Die Vermögenspreise sinken, die Wirtschaft schwächelt. Dabei stellen die niedrigen Anleiherenditen eine Gefahr für die Stabilität des Finanzsystems dar.“ Die Verkettung der Gegebenheiten im gegenwärtigen Trend seien unverkennbar. Denn durch sinkende Renditen hätten Chinas Versicherungsunternehmen die Anlagegelder vorwiegend auf den Anleihemärkten geparkt. Druck durch die Kunden, Fix-Renditen zu garantieren, führten zu-dem zu einer Trendverstärkung. Laut Goh werde die asiatische Wirtschaftsmacht generell nicht mehr in der Lage sein, die hohen Wachstumsraten Jahrzehnte fortzusetzen. Denn selbst im Zuge eines fiskalischen Stimulus-Eingriffes, erwartet dieser nur noch eine Expansion von 2 bis 3 % p.a.

Foto: AdobeStock / vegefox.comvergangener

 

 

Globale Konjunkturrisiken

Faktoren, die das weltweite Wirtschaftswachstum beeinträchtigen.

Michael Kordovsky. Die globale Entwicklung ist das Ergebnis des Zusammenspiels aller wirtschaftlichen Aggregate in allen Regionen der Welt, wobei wesentliche Konjunkturtrends in den USA, dem Euroraum und in China sowie dem gesamten asiatisch-pazifischen Raum am meisten ins Gewicht fallen. Die Weltwirtschaft soll laut aktuellen Prognosen des IWF in den Jahren 2024 und 2025 um 3,2 bzw. 3,3 % wachsen. Ein Wachstum der US-Wirtschaft von heuer 2,6 und nächstes Jahr 1,9 % (und lediglich von 0,9 bzw. 1,5 % im Euroraum) soll 5,4 % in 2024 bzw. 5,1 % in 2025 in den asiatischen Entwicklungs- und Schwellenländern gegenüberstehen. Es scheint aber alles in geordneten Bahnen zu laufen, gäbe es nicht individuelle konjunkturelle Schwachstellen.

Steigende Staatsausgaben beflügeln US-Wirtschaft
Ein zuletzt starker Einzelhandel und Servicesektor ließen jüngste Rezessionsängste in den USA wieder abklingen. Aber es bleiben strukturelle Faktoren, die zu denken geben. Die Staatsschuldenquote stieg in den Jahren 2019 bis 2023 von 107 auf 123 %. Mit den Zinsanstiegen 2022/23 steigen auch die Kosten der Refinanzierung ablaufender Staatsanleihen. Bereits von 2019 bis 2023 weitete sich das Haushaltsdefizit von 4,6 auf 6,3 % aus. Dass in einem derartigen Umfeld die Staatsausgaben eine treibende Kraft des BIP-Wachstums sind, stimmt bedenklich. Laut der zweiten BIP-Schätzung der US-Statistikbehörde Bureau of Economic Analysis lag im ersten und zweiten Quartal 2024 das BIP-Wachstum (im Vergleich zum Vorjahresquartal) bei jeweils 2,9 bzw. 3,1 %. Die Staatsausgaben stiegen dabei noch um jeweils 3,9 bzw. 3,7 %, während der Warenexport mit +3,6 % Stärke zeigt. Letzterer kann sich in einem eintrübenden globalen konjunkturellen Umfeld schnell verschlechtern. Bezüglich der Staatsausgaben wird der Kongress früher oder später zu einer Budgetkonsolidierung angehalten sein. Dass eine Rezession derzeit kein Tabu ist, zeigen folgende Einschätzungen: Die Analysten von J.P. Morgan Research beziffern die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den USA und global bis Ende 2024 mit 35 %.

Kaum Wachstum im Euroraum
In den ersten zwei Quartalen 2024 lag das BIP-Wachstum im Euroraum lediglich bei je 0,5 bzw. 0,6 %. Eine rückläufige Wirtschaftsleistung meldeten im zweiten Quartal die Länder Finnland, Lettland, Irland, Estland und Deutschland. Österreich verzeichnete ein Nullwachstum. Zwar zeigt sich der Dienstleistungssektor solide, doch der HCOB-Einkaufsmanager-Index Industrie Eurozone (von S&P Global) reflektiert ein anderes Bild: Die Auftragseingänge verzeichneten im August das höchste Minus seit Jahresbeginn. Bereits seit 26 Monaten steckt die Industrie in der Rezession. Eigentlich müsste das für starke Leitzinssenkungen sprechen, gäbe es laut Index-Daten nicht seit Juni einen Anstieg der Einkaufspreise und den Umstand, dass es den Industrieunternehmen im Euroraum gelungen ist, im August erstmals seit April 2023 ihre Verkaufspreise anzuheben. Bleiben aber die Leitzinsen der EZB zu lange auf zu hohem Niveau, erhöht dies die Rezessionsgefahr.

China bleibt unberechenbar
Die wirtschaftlichen Aktivitäten in China sind etwas schwächer als ursprünglich angenommen. Der Dienstleistungssektor wächst auf Sparflamme, zumal sich dessen Unternehmen in einer Preis-Kosten-Schere befinden. Die verarbeitende Wirtschaft steht kritischer da, zumindest laut offizieller Statistik des National Bureau of Statistics of China.

Der NBS Manufacturing fiel (im August) im Kontraktionsbereich (unter 50) von 49,4 auf 49,1 Punkte weiter zurück. Die Markterwartungen von 49,5 Punkten wurden dabei verfehlt. Der aus einer Befragung von rund 650 Privatfirmen und Staatsunternehmen resultierende „Caixin China General Manufacturing PMI“ drehte im August vom Kontraktionsbereich wieder leicht ins Plus. Was dabei vorsichtig stimmt, ist der Umstand, dass erstmals in acht Monaten die Exporte rückläufig waren. Staatsprogramme unterschiedlicher Art werden zwar immer wieder medial thematisiert. Doch der große konjunkturelle Schub bleibt weiter aus, während vom chinesischen Immobilienmarkt noch immer gewisse Risiken ausgehen.

In punkto China kommen noch geopolitische Risikofaktoren in Bezug auf den Konflikt mit Taiwan ins Spiel. Diese Gemengelage macht China unberechenbar, während eine mögliche neue Pandemie, klimawandelbedingte Naturkatastrophen und weitere geopolitische Krisenherde (Ukraine, Kosovo, Nahost) weltweit betrachtet schwer einschätzbare konjunkturelle Risikofaktoren darstellen.

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Rüstung, Raumfahrt und Cybersecurity

Derzeit krisenfeste Segmente mit teils noch günstig bewerteten Aktien.

Michael Kordovsky. Ähnlich wie im Kalten Krieg fließen immer mehr staatliche Gelder in Rüstung und Raumfahrt. Eine Wachstumsbranche ist dabei auch die Cybersicherheit. Die Bereiche Landesverteidigung und Cybersicherheit sind miteinander verflochten, denn ein Teil zukünftiger Kriegsführung besteht auch in Cyberattacken. Darüber hinaus haben viele Rüstungsfirmen auch Standbeine in der Luft- und Raumfahrt. Nicht umsonst nennt man den Sektor „Aerospace & Defense“, dessen Aktien entsprechend performen.

Der 29 Werte enthaltende „MSCI World Aero and Defense Index“ liegt seit Ende 1994 (bis 30. August 2024) mit 11,62 % pro Jahr im Plus, verglichen mit 8,04 % p.a. im MSCI World. In den vergangenen drei Jahren waren es sogar 16,07 % p.a., verglichen mit 6,90 % p.a. im MSCI World. In dem Segment steckt also Momentum und das hat triftige Gründe, denn der seit 24. Feber 2022 tobende Ukraine-Krieg veranlasste die NATO-Länder ihr Verteidigungsbudget aufzustocken. 23 der 32 NATO-Staaten werden 2024 das Ziel von 2 % des BIP für Verteidigungsausgaben erreichen. Die NATO-Staaten geben insgesamt rund 1,35 Billionen Euro (davon fällt der Löwenanteil auf die USA) für Verteidigung aus, was einem Anstieg von 10,9 % entspricht. Laut Zion Market Research sollte der globale Aerospace&Defense-Markt von 2022 bis 2030 um 8,2 % p.a. auf umgerechnet 1.249,2 Milliarden Euro wachsen. Noch dynamischer wächst der Cybersicherheitsmarkt, und zwar laut Grand View Research von 2023 bis 2030 um 12,3 % p.a.

Wachstumsdynamik bei US-Rüstungskonzernen
Während die Rheinmetall-Aktie zwischenzeitlich mit +106 % auf Jahressicht bereits heiß gelaufen ist, sind diverse internationale Rüstungs-Blue-Chips noch einigermaßen bodenständig bewertet. Ein Klassiker der Rüstung, Luft- und Raumfahrt ist RTX. 90 % aller kommerziellen Weltraumflüge des US-Verteidigungsministeriums werden von Produkten des Unternehmens unterstützt. Das Produktspektrum reicht von der Raketenabwehr, Militärfahrzeugen, Raketen, Sensoren, Elektronik für die Raumfahrt bis hin zu Flugzeugtriebwerken und Flugzeugteilen. Laut Analystenkonsens von Zacks Investment Research sollte von 2024 auf 2025 der Gewinn/Aktie um knapp 18 % steigen und das für 2025 geschätzte KGV liegt per 4. September bei akzeptablen 18,8.

Starke Ertragsdynamik zeigt der Luft-, Raumfahrt- und Verteidigungskonzern Lockheed Martin. Bei 9 % Umsatzsteigerung im zweiten Quartal konnte der freie Cashflow um rund 95 % verbessert werden und aufgrund eines erfreulichen Geschäftsverlaufs hat das Management den Umsatz- und Gewinn-Ausblick für das Gesamtjahr 2024 nach oben revidiert. Ein wichtiges Produkt des Unternehmens ist das Mehrzweckkampfflugzeug F-35, das sich einer starken Nachfrage erfreut. Laut Zacks lagen in den vergangenen vier Quartalen die veröffentlichten Gewinne/Aktie permanent über den Analystenprognosen und ein für 2025 erwartetes KGV von 19,9 ist akzeptabel.

Mit einem für 2025 geschätzten KGV von 18 etwas günstiger ist General Dynamics, die neben Panzer, Schiffen und U-Booten auch Geschäftsflugzeuge (Gulfstream Aerospace) herstellt. Im zweiten Quartal konnte das Unternehmen bei 18 % Umsatzanstieg den Gewinn/Aktie um 20,7 % steigern.

Eisenbahninfrastruktur auf dem Mond
Über ein besonders interessantes Raumfahrtprojekt verfügt Northrop Grumman, bekannt für Drohnen, den Tarnkappenbomber B-2 sowie das Kampfflugzeug F-14. Northrop Grumman soll für die Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) das Konzept für ein Eisenbahnnetz auf dem Mond erstellen, denn bis zum Jahr 2035 soll eine Mondinfrastruktur entstehen, die Energieversorgung, Transport und Kommunikation gewährleistet. Mit einem KGV von 18,9 hat die Aktie noch Luft nach oben.

Aufgeteilt auf die Standbeine Luft/Raumfahrt, Rüstung und Digitale ID/Cybersicherheit ist Thales, deren Auftragseingänge im ersten Halbjahr 2024 um 26 % auf 10,77 Milliarden Euro stiegen. Bei 8,9 % Umsatzanstieg konnte der Nettogewinn um 57 % auf 1,02 Milliarden Euro gesteigert werden. 2023 hat Thales das Cybersicherheitsunternehmen Imperva übernommen. Damit erweitert Thales sein Cybersicherheitsportfolio und ermöglicht eine Kombination von Lösungen zum Schutz von Anwendungen, Daten und Identitäten im gesamten digitalen Ökosystem der Kunden. Diese Übernahme sollte bis 2027 bei einem organischen Umsatzwachstum von 6 bis 7 % eine deutliche Rentabilitätsverbesserung ermöglichen. Laut Analystenkonsens unter finanzen.net sollte der Gewinn/Aktie von 2024 bis 2028 um 10,2 % p.a. wachsen und das für 2026 geschätzte KGV liegt auf Basis eines Aktienkurses von 146 Euro bei günstigen 13,7.

Auswertungen großer Datenmengen und Spezialsoftware für Geheimdienste und Regierungen bietet indessen Palantir Technologies, deren Lösungen Menschenhandel, Terror und Betrug bekämpfen. Aufgrund der besonderen Ausrichtung ist wegen „Seltenheitswert“ durchaus eine höhere Bewertung gerechtfertigt.

Die erwähnten Einzeltitel sind Investmentmöglichkeiten. Doch kompakt in 28 Titel des Bereichs Landesverteidigung inklusive Cybersecurity können Anleger über den „VanEck Defense UCITs ETF“ investieren, der per 4. September auf Jahressicht rund 43 % im Plus liegt.

Foto: Pixabay / NASA-Imagery

 

 

Krise bei den Autoherstellern

Die Nachfrage im Luxussegment bleibt aber teils beachtlich stark.

Roman Steinbauer. Die Lage in der Autoindustrie spitzt sich zu. Sahen Analysten im Frühjahr bei Herstellern aus dem EU-Raum nur eine holprige Transformationsphase zu E-Modellen, spricht das Management von VW unterdessen vom „Wegbruch“ der Kundennachfrage zu ganzen Modellreihen. Die Aktionäre deutscher Kfz-Produzenten hatten seither Kurseinbrüche bis zu mehr als 40 % hinzunehmen. Dass (abgesehen von Hyundai Motor) die Aktien weiterer Produzenten wie Toyota Motor, Nissan, Mazda Motor oder Ford ebenso Federn ließen, mag kein Trost sein. Ein Aufwind ist derzeit bloß bei chinesischen Mitbewerbern wie Geely zu registrieren, deren Papiere binnen vier Wochen um 14 % anzogen.

Krisenmodus erfasst Hersteller in rascher Abfolge
Zur Diskussion um Werksschließungen bei VW gedeihen bereits Spekulationen einer Einbringung durch das Land Niedersachsen (hält 20 % der VW-Stammaktien) oder gar der Bundesregierung in Berlin. Stellantis wiederum schob als Muttergesellschaft der Volumenmarken Chrysler, Fiat, Peugeot, Opel und Citroen kürzlich den Bau eines geplanten Werks in Illinois auf, weshalb die US-Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) aufgrund von Verletzung zu vereinbarten Tarifverträgen zu klagen droht. BMW sieht sich indes mit einem Entscheid der US-Behörde National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) konfrontiert, 721.000 Fahrzeuge (Kurzschlussgefahr durch eine Steckverbindung an der Wasserpumpe, Anm.) zurückzurufen. Des Weiteren schockte der US-Autoriese Ford die Märkte mit einem Verlust von 1,14 Milliarden US-Dollar im zweiten Quartal, wobei nur noch Modelle mit Verbrennungsmotoren schwarze Zahlen schrieben. Beeinträchtigungen im Zollstreit mit China sind indes im Euro-Raum noch kaum abzuschätzen.

Verschärfung der Lage
Die Daten des Verbands der deutschen Automobilindustrie (VDA) für August rütteln auf: So sanken die Inland-Pkw-Neuzulassungen im Vergleich zum Vorjahr um 28 %, jene deutscher Hersteller um 23 %. In hohem Tempo nehmen Konsumenten dabei von reinen E(BEV)-Autos Abstand. Im Vormonat wurden mit 40.600 Stück um 60 % (!) weniger als 2023 abgesetzt. Noch stabil zeigen sich die Exportzahlen des Nachbarn, die heuer mit 2,116 Millionen Einheiten um 2 % im Plus liegen.

Die Europäische Automobile Manufacturers Association (ACEA) zeichnete für Juli für den EU-Raum (durch die niedrige Vergleichsbasis im Vorjahr) noch ein günstigeres Bild. Mit 6,5 Millionen Einheiten wurde eine Steigerung um 3,9 % erzielt. Spanien führte das Feld mit +5,6 % vor Italien (+5,2 %), Deutschland (+4,3 %) und Frankreich (+2,2 %) an. „Deftiger“ sind die ersten Zahlen für Frankreich im abgelaufenen Monat: Die Neuanmeldungen kollabierten um satte 24,3 %. Der Branchenausblick des deutschen Ifo-Instituts lässt kurzfristig keine Erholung erwarten. Im August brach dieser um 6,2 auf -24,7 Punkte ein. Dass im Zuge dieser Entwicklung die Autohersteller die österreichischen Zulieferer noch stärker unter Preisdruck setzen werden, liegt auf der Hand.

Luxussegment als Alternativanlage?
Spektakulär verlief seit dem Börsengang im Herbst 2020 hingegen die Kursnotiz von Ferrari. Anteilscheine für den Hersteller aus Maranello (Modena) kletterten, ausgehend von 148 Euro, seitdem um das knapp Dreifache auf 436 Euro. Das Ergebnis je Aktie zog seither von 3,73 Euro auf 6,91 Euro (2023) mit, die Umsatzerlöse schnellten von 3,46 auf 5,97 Milliarden Euro. Die Zunahme der Mitarbeiter (4.988 zu Ende 2023) lag mit +9 % hingegen in einem „normalen Verhältnis“. Das Rückschlagpotential ist unterdessen hoch. Auf Basis der Gewinnprognosen 2024 zeigt der Titel ein KGV von 55.

Völlig konträr kamen hingegen die Aktionäre der britischen Nobelsportwagen-Marke Aston Martin unter die Räder. Nach dem Börsengang im Jahr 2019 bei umgerechnet 40 Euro per Aktie liegt der Kurs der (auch an der Stuttgarter Börse notierten) Wertpapiere gerade noch bei 1,75 Euro. Die Briten mit Firmensitz Gaydon (südwestlich von Birmingham) haben attraktive Sportwagen anzubieten, eine Profitabilität lässt aber bereits seit 2017 auf sich warten. Von einem Konsortium um Investor Lawrence Stroll kontrolliert, zogen die Verkäufe vom Beginn dieses Jahrzehnts von 3.394 auf 7.000 Einheiten und die Erlöse von umgerechnet 710 Millionen Euro auf 1,89 Milliarden Euro in 2023 an. Die Quartalsergebnisse blieben mit einem Cashflow von -71 Millionen Euro in Q1 und -12,1 Millionen Euro in Q2 aber weiterhin negativ. Der Aktienkurs hob sich seit 8. August immerhin wieder um 10 %.

Eine Diskrepanz zum starken operativen Geschäftsverlauf ist bei den Vorzugsaktien der Porsche festzustellen. Trotz einer am oberen Erwartungsende erreichten Umsatzrendite in Q2 von 17 % verfolgen die Anteilseigner eine laufend abdriftende Börsennotiz, die im August mit 38 Euro einen weiteren Tiefstand markierte. Die Eckdaten sind unterdessen reizvoll. Auf Basis der erwarteten Gewinne 2024 ergibt sich ein niedriges KGV von 2,66 und eine Dividenden-Rendite von 6,27 %.

Abgesehen vom Umstand, dass derzeit wohl nur antizyklisch agierende Investoren bei Auto-Aktien zugreifen, haben Anleger nur passiv die Möglichkeit am Erfolg weiterer Luxusmarken zu profitieren. Maserati fungiert in der Stellantis-Gruppe, Lamborghini und Bentley sind unter dem Dach von Audi bzw. VW, während Rolls Royce Auto von BMW gesteuert wird.

Foto: Pixapay/Ultra-Media

 

 

Ab in den Hohen Norden

Klimafreundlich und anlegerfreundlich präsentieren sich die nordischen Börsen.

Christian Sec. Der Trend zur Investition in den Norden ist nicht nur auf das noch halbwegs erträgliche Klima zurückzuführen. Immerhin hat der OMX Copenhagen, der Leitindex der dänischen Börse, in den vergangenen fünf Jahren eine Gesamtperformance von fast +74 % erzielt. Auch der schwedische Leitindex mit +63 % (ohne Währungsbereinigung) performte in diesem Zeitraum deutlich besser als der ATX und der Dax.

Ein Grund, warum die nordischen Börsen die wirtschaftliche Schwäche in Europa besser bewältigten als viele andere europäische Börsen, liegt in der globalen Ausrichtung der skandinavischen Unternehmen, erklärt Johannes Rogy, Nordea-Vertriebschef für die CEE-Länder. Diese globale Ausrichtung führt dazu, dass Analysten ihren Fokus auf die Exportmärkte in Nordamerika und Asien legen. Ein weiteres Merkmal der nordischen Börsen ist ihre hohe Liquidität, so Kevin Legind-German von SEB International Asset Management gegenüber dem Börsen-Kurier, was auf die Reife des Aktienmarktes zurückzuführen ist. Ein wichtiger Unterschied betrifft auch die flacheren Hierarchien und dezentralen Strukturen in den skandinavischen Unternehmen, betont Legind-German. Besonders in innovationsgetriebenen Branchen bringt dies Vorteile, wie Studien zeigen.

Zykliker in Helsinki und Stockholm
Die vier Börsen (Stockholm, Helsinki, Kopenhagen, Oslo) weisen unterschiedliche Schwerpunkte auf. So sind die Handelsplätze in Stockholm und Helsinki stark von zyklischen Werten, wie der Industrie, geprägt, erläutert Legind-German. In Stockholm dominiert der Industriesektor, der 42 % des Leitindex OMX Stockholm 30 ausmacht, während er beim OMX Helsinki 28 % beträgt. Zu den Schwergewichten in Stockholm zählen Industriekonzerne wie Atlas Copco und Ericsson. Atlas Copco, ein Unternehmen, das Kompressoren und Vakuumpumpen für die Bauwirtschaft herstellt, verzeichnete einen Kursanstieg von 28 % in den letzten zwölf Monaten, wobei Asien der größte Absatzmarkt ist. In Helsinki sind Unternehmen wie der Aufzughersteller Kone und das unverwüstliche Nokia tonangebend. Der ehemalige Weltmarktführer bei Mobiltelefonen hat sich neu erfunden und ist nun ein bedeutender Anbieter von 5G-Netzinfrastrukturen für Telekommunikationsunternehmen, weltweit.

Pharmazie in Dänemark
An der Börse in Kopenhagen ist der Gesundheitssektor mit rund 37 % der stärkste Sektor, was sich gerade während der Covid-Krise im Jahr 2020 als vorteilhaft erwies und dazu führte, dass die Kopenhagener Börse in einem Jahr, in dem viele europäische Märkte wie der ATX negativ abschnitten, um fast 34 % zulegen konnte. Der mit Abstand größte Einzelwert in der dänischen Hauptstadt ist der Pharmariese Novo Nordisk, ein weltweit führender Insulinhersteller, dem das 2021 eingeführte Antidiabetikum Semaglutid ein hohes Umsatzwachstum bescherte. Der Umsatz des Unternehmens stieg 2023 im Vergleich zu 2021 um 65 %, die Forschungsausgaben im gleichen Zeitraum gar um 81 %. Der Aktienkurs des Unternehmens hat sich in den letzten drei Jahren fast verdreifacht und trug maßgeblich zur Überperformance des Index bei. Ein weiterer bedeutender Titel im dänischen Index ist Møller-Maersk, die größte Container-Reederei der Welt.

An der Börse in Oslo beherrscht der Energiesektor naturgemäß mit über einem Drittel der Marktkapitalisierung den norwegischen Leitindex. Der Erdgaskonzern Equinor ist der größte Einzelwert, wobei 67 % der Anteile vom norwegischen Staat gehalten werden. Anleger müssen das Risiko des hohen Rohstoff-Exposures an dieser Börse einkalkulieren. Mit einer Performance von rund 20 % in den letzten fünf Jahren liegt die Osloer Börse knapp vor dem OMX Helsinki mit +16 %.

Foto: Pixabay / 12019

 

 

Der nächste Sargnagel für „grüne“ Investments

EU-Aufsichtsbehörde ESMA: Wo „grün“ draufsteht, soll auch „grün“ drinnen sein.

Andreas Dolezal. Mitte August hat die europäische Markt- und Wertpapieraufsicht ESMA ihre Leitlinien zu Fondsnamen, die ESG- oder nachhaltigkeitsbezogene Begriffe verwenden, in allen Amtssprachen der EU veröffentlicht. Damit steht fest, dass die Bestimmungen am 21. November 2024 in Kraft treten. Die ESMA schließt damit eine regulatorische Lücke.

Regulatorischer Alleingang der ESMA
Die EU-Offenlegungs-Verordnung SFDR legt fest, wann sich ein Finanzprodukt nachhaltig nennen darf („hellgrün“ = Artikel 8, „dunkelgrün“ = Artikel 9), vergisst aber, dafür Schwellenwerte festzulegen. Das führt zur skurrilen Situation, dass in Artikel-9-Finanzprodukten manchmal nur 1 % nachhaltige Investitionen enthalten sind. Diese Lücke schließt die ESMA mit ihren Leitlinien.

Experten fragen sich jedoch, ob es überhaupt in den Kompetenzbereich einer Aufsichtsbehörde fällt, solche Regeln festzulegen. Deren Aufgabe ist es eigentlich, geltende Regeln zu beaufsichtigen – und nicht, nach eigenem Gutdünken, ohne parlamentarische Kontrolle, eigenmächtig Regeln zu erlassen.

Bemerkenswert ist, dass es sich um einen Alleingang der EU-Markt- und Wertpapieraufsicht handelt, und nicht um gemeinsame Leitlinien der drei Aufsichtsbehörden EBA (Banken), EIOPA (Versicherungen) und ESMA. So gelten die neuen Regeln nur für Investmentfonds, nicht aber für Bank- und Versicherungsprodukte.

Wo „grün“ draufsteht, soll „grün“ drinnen sein
Die ESMA betrachtet eine lange Liste an „grünen“ Schlüsselbegriffen für Fondsnamen als relevant:
• Transformationsbezogene Begriffe wie „transformierend“, „Transformations-“, aber auch „Fortschritt“, „Entwicklung“, „Netto-Null“ usw.
• Umweltbezogene Begriffe wie „grün“, „ökologisch“, „Klima“, „ESG“ usw.
• Sozialbezogene Begriffe wie „sozial“, „Gleichstellung“ usw.
• Governance-bezogene Begriffe wie „Unternehmensführung“, „Governance“ usw.
• Auswirkungsbezogene Begriffe wie „wirkungsvoll“, „Impact“ usw.
• Nachhaltigkeitsbezogene Begriffe wie „nachhaltig“, „Nachhaltigkeit“ usw.

Fonds mit solchen Begriffen in Namen müssen mindestens zu 80 % im Einklang mit diesen nachhaltigen Aspekten investieren. Werden in einem Fondsnamen mehrere relevante Begriffe kombiniert, gelten die jeweiligen Bestimmungen kumulativ. Dann wird es also doppelt und dreifach kompliziert.

Folgt eine Welle an Namensänderungen?
Neue Fonds müssen die Leitlinien ab 21. November 2024 anwenden. Fonds, die vor diesen Stichtag aufgelegt wurden, erst ab 21. Mai 2025. Das heißt, dass sich Fondsgesellschaften überlegen müssen, ob und welche „grüne“ Fonds sie eventuell umbenennen. Denn der bürokratische Aufwand, um relevante Begriffe in Fondsnamen zu rechtfertigen, ist erheblich und mit aufsichtsrechtlichen Risiken behaftet.

Eingriff ins Asset Management
Dazu kommt, dass die Bestimmungen einen massiven Eingriff ins Fondsmanagement darstellen. Stets zu mindestens 80 % „grün“ investiert zu sein – unabhängig von der Marktphase -, schränkt den Handlungsspielraum von Asset Managern erheblich ein. Die Auswahl an geeigneten Investments ist nach wie vor eingeschränkt, die Datenlage weiterhin mangelhaft, und Cash gilt nicht als nachhaltiges Investment.

Bärendienst an nachhaltigen Finanzprodukten
Schon die missglückte Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen vergällt vielen Anlegern die Lust am nachhaltigen Investieren. Viele „grüne“ Fonds haben sich in den vergangenen zwei, drei Jahren nicht als Performancebringer herausgestellt. Und nun legt eine Aufsichtsbehörde Investmentfonds auch noch praxisferne Fesseln an. Das Angebot an nachhaltigen Finanzprodukten wird weiter schrumpfen.

Foto: Adobe Stock / Bos Amico

 

 

Turbulente Zeiten am japanischen Aktienmarkt

Ein Marktkommentar der Experten des Steiermärkische Sparkasse Private Banking.

(30.08.) Der Boom bei japanischen Aktien war im ersten Halbjahr 2024 ein Topthema an den Finanzmärkten. Anfang August dieses Jahres ist Japans Aktienmarkt allerdings auf den Boden der Tatsachen zurückgekehrt, schreiben die Experten des Steiermärkische Sparkasse Private Banking im jüngsten Marktkommentar. Zwischen dem Höchststand von rund 42.000 Punkten Mitte Juli und dem Absturz am 5. August (31.500 Punkte) klafft ein Minus von rund 25 Prozent. Ausgelöst wurde der „Schwarze Montag“ durch die Zinserhöhung der japanischen Zentralbank, die ein Ende einer Phase von Kreditkosten nahe Null markierte. Der Index hat in den letzten 3 Wochen jedoch bereits einen Großteil des verlorenen Bodens wieder wettgemacht und lag Mitte dieser Woche rund 10% unter seinem Allzeithoch.

Ein Rückblick auf die 1980er und 1990er Jahre
Japan erlebte in den 1980er Jahren ein Wirtschaftswunder, das durch riesige Fortschritte in Produktionsprozessen angetrieben wurde. Der Export in westliche Industrieländer boomte, während der Technologietransfer von US-amerikanischen Unternehmen zu japanischen Firmen den Prozess noch beschleunigte. Auch die verbesserte Effizienz und Modernisierung des japanischen Bankensektors trug zu einem enormen Wachstum bei. Um 1990 trat im Land aber das ein, was als die verlorenen Jahrzehnte bezeichnet wird. Die Konjunktur verlangsamte sich im krassen Gegensatz zum Boom der 1980er Jahre. Ein wichtiger Auslöser waren steigende Zinsen, die eine Blase platzen ließen, die sich zuvor aufgrund von äußerst großzügigen Kreditvergaben der Banken entwickelt hatte. Das Vertrauen in die japanische Wirtschaft war im In- und Ausland erschüttert. Die Börse brauchte bis zum Jahr 2024, um wieder das Niveau vom Ende der 1980er Jahre zu erreichen.

Fundamentale Gründe
Für den starken Anstieg der Aktienkurse in diesem Jahr gibt es eine Reihe an fundamentalen Gründen. Zunächst fielen eine Reihe von Unternehmensergebnissen überraschend gut aus und die Gewinnprognosen konnten nach oben korrigiert werden. Auch die Schwäche des japanischen Yen – Stichwort niedrige Zinsen – unterstützte die Nachfrage nach Aktien. Außerdem entwickelten japanische Unternehmen im Laufe der Zeit eine bessere Corporate Governance, die sich nach und nach den Standards in den USA und Europa annähert. Nach Reformen, die auf Vorschläge der Tokioter Börse zurückgingen, werden nunmehr die Interessen der Aktionäre besser berücksichtigt, was deren Vertrauen fördert.

Wird der japanische Aktienmarkt weiter steigen?
Die laufenden Corporate-Governance-Reformen sind natürlich keine Garantie für weitere Kurssteigerungen. Viel wird von den vorherrschenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wie der Inflation und den Zinsen abhängen. Japan leidet wie auch viele westliche Industrieländer unter einer überalterten Bevölkerung und einem Arbeitskräftemangel. Das führt zu einem Aufwärtsdruck auf die Löhne, während die Unternehmen diese gestiegenen Kosten über die Preise für ihre Produkte weitergeben. Geopolitische Entwicklungen kommen Japan hingegen zugute. So haben zuletzt zum Beispiel im Zuge von Spannungen im asiatisch-pazifischen Raum globale Halbleiterproduzenten vermehrt in Japan investiert.

Diversifikation
Ein Hauptgrund, warum sich ausländische Anleger für eine Investition in Japan entscheiden, ist die Diversifizierung. Als Anlageklasse weisen japanische Aktien andere Eigenschaften auf als US-amerikanische oder europäische. Die Aktien könnten sich anders entwickeln als ihre Pendants auf der ganzen Welt. Dies bietet den Anlegern eine sogenannte Diversifikation. Die Auswahl einzelner Aktien birgt aber ein erhebliches Risiko und erfordert Expertenwissen. Die meisten Anleger sind besser bedient, wenn sie einen Fonds kaufen, der ein Engagement in der Anlageklasse bietet. Die Steiermärkische Sparkasse ist mit ihren eigenen Fonds zu rund 1 bis 5 Prozent am japanischen Aktienmarkt engagiert.

Die Forderungen des IVA

Anlegerschützer mit Vorschlägen für den heimischen Kapitalmarkt.

Tibor Pásztory. Am 29. September finden Nationalratswahlen statt. Die Regierungskonstellationen, die sich danach ergeben werden, scheinen noch nie so offen wie heute. Es ist anzunehmen, dass sich die Verhandlungen zur Regierungsbildung einige Zeit hinziehen werden, und Überraschungen sind nicht ausgeschlossen. Von den zur Wahl stehenden Parteien glänzen einige Parteien durch Desinteresse, wenn nicht feindseliger Grundhaltung gegenüber dem Kapitalmarkt. Andere wiederum tun zumindest so, als seien sie interessiert.

Ohne direkten Zusammenhang mit den kommenden Wahlen, jedoch vom Zeitpunkt her gut getroffen, wiederholt der Interessenverband der Anleger (IVA) seine Vorschläge für eine Belebung des heimischen Kapitalmarktes anlässlich einer Pressekonferenz von IVA-Vorstand Florian Beckermann. Gründe für eine Belebung gibt es genug, hat doch die Inflation der letzten Jahre einiges an Vermögen – gerade von kleinen Sparern – vernichtet. Auch wird die private Vorsorge angesichts der eigentlich sattsam bekannten Pensionsproblematik vom Staat zu wenig gewürdigt.

Behaltefrist statt Kontomodell
Ganz vorne im Katalog, der höflicherweise als „Vorschläge“ und nicht wie üblich als „Forderungen“ tituliert wird, stehen steuerrechtliche Aspekte: In erster Linie wird hier das wirklich nicht neue Thema einer Kapitalertragssteuerreform wiederholt. Im Gegensatz zu Finanzminister Magnus Brunner hält Beckermann allerdings wenig von einem – wie er meint, komplizierten – Kontomodell, sondern plädiert für eine simpel gestaltete Behaltefrist.

Die Forderung (hier handelt es sich tatsächlich um eine solche), dass „Übergewinn“-Steuern abzuschaffen seien, gehört sowieso zur DNA des IVA, ebenso ein Nein zu Vermögenssteuern.

Entbürokratisierung
Breiten Raum wird im IVA-Vorschlagskatalog der Entbürokratisierung gewidmet. Erwähnt werden unter anderem eine Reduktion der Nebenkosten beim Erwerb von Eigenheimen sowie eine Abschaffung der Eintragungsgebühr von Eigentum (derzeit 1,1 %), Pfandrechten (1,2 %) und generell von Vertragserrichtungsgebühren.

Zweite und dritte Säule
Nachgedacht wird beim IVA auch über eine Reform der steuerbegünstigten Zukunftsvorsorge. Hintergrund ist hier die allzu kostenintensive Kapitalgarantie. Dem IVA zufolge sollte es auch eine Variante ohne Kapitalgarantie geben. Ein hoher inländischer Aktienanteil sollte forciert werden.

Die betriebliche Mitarbeitervorsorge sollte von 1,53 auf 2 bis 3 % erhöht werden und die Auszahlung als Zusatzpension nach Pensionsantritt gestaltet werden. Dazu sollten die Mitarbeitervorsorgekassen zusammengelegt werden, um Verwaltungskosten zu sparen.

Schlussendlich wird ein Gewinnfreibetrag für Investitionen in Beteiligungen an börsennotierten Infrastrukturunternehmen mit einer öffentlichen Körperschaft als Kernaktionär angeregt. Auf gut Deutsch werden hier die ÖBAG-Beteiligungen sowie EVN, Burgenland Holding und Flughafen Wien angesprochen.

Es bleibt abzuwarten, wie sehr sich – und ob überhaupt – die künftige Bundesregierung mit diesen Themen auseinandersetzen wird. Als gelernter Österreicher kann man auch einen Weg in die Gegenrichtung nicht ganz ausschließen.

Foto: Wiener Börse

 

 

Oberbank-Chef liest Politikern die Leviten

Die Österreicher sparen und sorgen wieder vermehrt vor.

Rudolf Preyer. „Wir haben hierzulande keine Wirtschaftspartei und wir sind ein Hochsteuerland.“ Dass in seinem Fall nicht mehr mit Altersmilde zu rechnen ist, unterstrich CEO Franz Gasselsberger (Foto) zuletzt in der Pressenkonferenz der Oberbank eindrücklich.

Weitere Stationen seiner Tour de Force: „Wir haben keine Arbeitsmarkt-, keine Kapitalmarkt-, keine Pensions-, keine Verwaltungsreform bekommen.“ Und: „Die Menschen erhalten keine Hilfe für den langfristigen Vermögensaufbau. Sie glauben auch nicht mehr an die Garantie staatlicher Pensionen.“ Daher boomen das Sparen und die private Vorsorge, so der Bankchef, dessen Fazit lautet: „Ich bin mit der politischen Situation und dem Reformstau alles andere als zufrieden. Es herrscht überall Stillstand, wohin das Auge reicht.“

Erstmals setzen lassen – der Blick auf die Halbjahresergebnisse der Oberbank überzeugt auch von Gasselsbergers Managementfähigkeiten.

Historisches operatives Ergebnis
Vorneweg: Die Oberbank weist das beste operative Ergebnis in der Geschichte des Instituts auf. Unterm Strich blieb jedoch ein leichter Rückgang des Periodenüberschusses nach Steuern, dieser verringerte sich um 12,3 % auf 201,4 Millionen Euro. Verantwortlich dafür sei die Beteiligung an der Voestalpine gewesen, an der die Bank rund 8 % hält. Nach einem Sondereffekt in der Vorjahresperiode entspreche das aktuelle Beteiligungsergebnis wieder dem „langjährigen Durchschnitt“.

Die Sparquote in Österreich liege bei hohen 9 %, dementsprechend verzeichnete die Bank seit Jahresbeginn ein Plus von 3,2 % bei den privaten Spareinlagen auf 39,1 Milliarden Euro. Bei Versicherungsprodukten und Fondssparplänen sei gar ein Plus von 10 % erzielt worden. Bei den Privatkrediten kam es allerdings zu einem Einbruch um 8,3 % auf 3,66 Milliarden Euro. Das Firmenkreditvolumen stieg um 5,8 % auf 16,9 Milliarden Euro, das Zinsergebnis legte um 17,1 % auf 329,4 Millionen Euro zu. Der Gesamtbestand an Leasingforderungen erhöhte sich um 9 % auf 2,8 Milliarden Euro. Das Kreditrisiko habe sich – nach dem Corona-bedingten Stillstand im Insolvenzgeschehen – „normalisiert“ so Gasselsberger. Auch wenn die Firmeninsolvenzen über dem Vor-Corona-Niveau liegen, blieben doch die Privatinsolvenzen unter diesem Wert. Wohnbaufinanzierungen haben bei der Oberbank im ersten Halbjahr sogar um 17 % zugelegt, was durchaus „kein Strohfeuer“ sei, so der CEO. Auch das internationale Kreditgeschäft – Deutschland +8 %, Ungarn +7 %, Tschechien +4 – laufe „gut“. Die gesamten Risikovorsorgen seien um 9,3 % auf 402 Millionen Euro gesunken. Das Eigenkapital habe sich um 6,8 % auf 3,96 Milliarden Euro erhöht, damit sei die Kernkapitalquote von 17,2 auf 18,3 % gestiegen.

Expansionsstrategie fruchtet
Wachstumspläne hat die Bank, die 175 Filialen in Österreich, Deutschland, Tschechien, der Slowakei und Ungarn betreibt, weiterhin in Deutschland. Gasselsberger: „Die Oberbank verträgt in Deutschland locker einen zweistelligen Filialzuwachs.“ Den Schwerpunkt hat die Bank mit derzeit rund 50 Filialen bei den nördlichen Nachbarn vor allem im Firmenkundengeschäft, das Wachstum in diesem Segment bezifferte der CEO mit 8 %. Vom in Deutschland „überaus kostspieligen Privatkundengeschäft“ möchte man dort weiter absehen.

Und schließlich: „Man muss auch die positiven Dinge betonen.“ Gasselsberger versprühte in der Pressekonferenz auch Optimismus: Der Inflationsrückgang und erwartbare Zinssenkungen seien „Vorboten für eine Stimmungsaufhellung in Österreich“. Die gegenwärtige Lage sei folglich „besser als die Stimmung“.

Zuletzt schrieb Gasselsberger der Politik ins Stammbuch: „Es wären klare Signale notwendig, wie der Wirtschaftsstandort Österreich nachhaltig gestärkt werden kann. Ich sehe aber zurzeit niemanden, der so etwas sagen könnte.“

Foto: Peter Rigaud

 

 

KI trifft auf Tradition

KI wird sowohl Beratung als auch Produktgestaltung in der Vorsorge verändern.

Christian Sec. Der österreichische Versicherungsvertrieb ist trotz aller technologischer Revolutionen ein klassischer Vermittlermarkt geblieben. Der Prämienanteil digitaler Abschlüsse im Versicherungsgeschäft lag 2022 bei gerade einmal 0,5 %. Im Vergleich dazu liegt dieser Anteil in Großbritannien bei rund 30 %. Auch mittelfristig wird der „Digitale Abschluss“ in Österreich nicht über ein Marktvolumen von 5 % steigen, prognostiziert Arno Schuchter, ehemaliger Vorstandsdirektor der Generali, während eines Symposiums.

Daher wird es künftig darum gehen, neue Technologien wie die Künstliche Intelligenz (KI) in den Prozess der klassischen Beratung zu integrieren. „Die Frage wird sein, wie gut es gelingt, eine Veränderungsbereitschaft in einer Organisation zu erzeugen“, erklärt der Change-Manager Kurt Mayer gegenüber dem Börsen-Kurier. Eine Studie von Roland Berger wagt einen Blick in die nahe Zukunft und zeigt dabei auf, wie die vertriebliche Realität im Jahr 2028 aussehen wird.

KI in Kundengesprächen
Einfache Beratungsgespräche, wie Fragen über Abrechnungen, werden dann rund um die Uhr über einen Chat-Bot bzw. virtuellen Assistenten ablaufen. Bei manchen Versicherern in Deutschland läuft mittlerweile die KI schon bei Kundengesprächen mit, sodass diese bereits während des Kundengesprächs dem Berater Hinweise darüber geben kann, welche anderen Produkte dem Kunden vorgeschlagen werden können – und zwar in Abhängigkeit davon, welche Antworten der Kunde gibt.

Beim Beratungsprozess wird die KI bei der Vorbereitung von Kundenterminen, aber auch bei der Nachbereitung (z. B. für die Erstellung eines neuen Angebotes) eingesetzt werden, erläutert Claudia Fell von Roland Berger.

„Es geht darum, die Berater mittels Datenanalyse in der Beratung bestmöglich zu unterstützen und eine großartige Beratungserfahrung zu bieten“, so Wolfgang Gerlach, Vorstand für Operations, Data und IT bei der Uniqa, auf Börsen-Kurier-Anfrage. In einem Pilotprojekt entwickelte die Uniqa einen KI-Chatbot, der per Knopfdruck Auskunft darüber gibt, ob eine gewisse Kundensituation gedeckt ist, welche Rahmenbedingungen gelten oder ob ein zusätzlicher Versicherungsbaustein benötigt wird.

99 % aller Organisationen, die KI-basierte virtuelle Agenten nutzen, erfahren eine verbesserte Kundenzufriedenheit, erklärte auch Aldo de Rubertis von IBM-Senior Consultant auf einer Veranstaltung.

Individuellere Modelle
Mittelfristig hat mit dem Aufkommen der KI das One-Size-Fits-All-Produkt ausgedient, sind sich Experten einig. Noch basiert z. B. die Lebensversicherung auf statistischen Durchschnittswerten bzw. auf Risikogruppierung. Nun werden jedoch schon „Pay as you live“-Modelle auch für die Gesundheitsversicherung heiß diskutiert. Die Nutzung von Wearables in Kombination mit KI erlaubt die systematische Analyse von Aktivitäten und gesundheitsbezogener Daten einzelner Personen in Echtzeit und damit die Berücksichtigung von Echtzeitdaten in der Tarifgestaltung.

Zu Ende gedacht, wäre das Ergebnis in letzter Konsequenz ein dynamisches Preismodell: mit kontinuierlicher Prämienanpassung. Dieser Anreize würde den Versicherten motivieren und gute Risiken belohnen sowie das versicherungstechnische Risiko, schlechte Risiken einzukaufen, ausschalten. Die Frage ist, ob der Kunde die dafür nötigen Daten der Versicherung zur Verfügung stellen würde. Hier ist wohl die Vorsicht in Kontinentaleuropa größer als global. Eine Studie von Remark zeigt, dass zwei Drittel der befragten Konsumenten weltweit dem Teilen von Wearables-Daten nicht ablehnend gegenüberstehen, vor allem dann, wenn eine günstigere Prämie als Lohn lockt.

Foto: AdobeStock / top images

 

 

Die transformative Rolle der Tokenisierung in der Vermögensverwaltung

Die Blockchain verändert die Vermögensverwaltung und hat den Branche der Branche von Papier zu digitalen Vermögenswerten zufolge. Zu den Vorteilen zählen Geschwindigkeit, niedrigere Kosten und optimierte Betriebsaufzeichnungen.

In der Finanzwelt ist ein bedeutender Wandel im Gange. Tokenisierung und Blockchain verändern die Vermögensverwaltung und haben in nur wenigen Jahrzehnten den Umstieg von Papier zu digitalen Vermögenswerten bewirkt. Schroders Expertin Marita Mcginley, Head of Digital Asset Strategy, und Stephanie Magnus, Principal bei Baker McKenzie Wong & Low erläutern die relavanten Aspekte.

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Liquidität: So funktionieren die Mechanismen neuer Fonds, die in Private Markets investieren

Da sich immer mehr Privatanleger für eine Allokation an den Private Markets entscheiden, beleuchten wir heute die Liquiditätsmechanismen neuer Fondsstrukturen.

Private Markets sind von Natur aus weniger liquide als öffentliche Märkte und die Bindung von Geldern über einen längeren Zeitraum ist für viele Privatanleger ungewohnt.

Zudem sind Aufsichtsbehörden weltweit besorgt über die potenziellen Risiken, die mit Privatanlagen in Zeiten von Marktstress verbunden sind. Private Vermögensverwalter suchen jedoch nach Möglichkeiten, diese Liquiditätsherausforderung zu bewältigen, wie beispielsweise durch die Umstellung von Fonds mit fester Laufzeit auf flexiblere Fonds mit unbegrenzter Laufzeit, die Einführung offener halbliquider Fonds sowie durch neue regulierte Strukturen.

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Dieser Inhalt richtet sich an professionelle Anleger.

Harris oder Trump? – Die Börsen im Bann von Wahlen

Anleger sollten sich auf verstärkte Volatilität einstellen, meint die Steiermärkische Sparkasse Private Banking.

Red. Die Börsen-Turbulenzen der letzten Zeit haben viele Anleger überrascht, sind aber angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen nicht ganz unlogisch. Für die nächsten Wochen sollte man sich auf eine verstärkte Volatilität einstellen, da die schwache globale Wirtschaftsentwicklung, die weitere Perspektive bei den Leitzinsen sowie das Superwahljahr 2024 – insbesondere die US-Wahlen – einiges an Unsicherheiten in die Finanzmärkte bringen, wie die Experten des Steiermärkische Sparkasse Private Banking im jüngsten Marktkommentar schreiben.

Wahlergebnisse erfolgreich vorherzusagen, ist schwierig. In den letzten zehn Jahren haben Meinungsforscher und politische Analysten einige bemerkenswerte Prognosefehler gemacht. Bestes Beispiel ist die US-Präsidentschaftswahl 2016, bei der Schätzungen die Wahrscheinlichkeit eines Sieges von Hillary Clinton auf 71 bis 99 % bezifferten. Die Wahl gewann aber Donald Trump. Ein klarer Vorsprung und ein wiederkehrender Amtsinhaber verringern in der Regel die Unsicherheit und die Volatilität an den Finanzmärkten – beides fehlt derzeit.

Welche Wirtschaftsagenda verfolgt Kamala Harris?
Nach dem Rückzug des amtierenden US-Präsidenten Joe Biden konzentriert sich nun alles auf die derzeitige Vizepräsidentin Kamala Harris, die im November 2024 in der Wahl zum US-Präsidenten als demokratische Kandidatin gegen den Republikaner Trump antritt. Die ersten guten Umfrageergebnisse für Harris sprechen für die Entscheidung der Demokraten, „mitten im Rennen die Pferde zu wechseln“. Während Trump seine geplante Wirtschaftspolitik bereits recht deutlich kommuniziert hat, ist allerdings über die wirtschaftliche Agenda der neuen Kandidatin bislang nur wenig bekannt.

Arbeitnehmer, Klima und Frauen
Die Einwanderungsproblematik und das Abtreibungsrecht waren bisher ihre Themen, als Wirtschaftspolitikerin hat sich die 59-jährige bislang nicht profiliert. Ihre Laufbahn kann aber Hinweise auf ihre mögliche Agenda geben. Es wird erwartet, dass sie die Wirtschaftspolitik von Biden im Großen und Ganzen weiter fortsetzen und eigene Akzente hinzufügen wird. Harris gilt wie Biden als arbeitnehmerfreundlich, setzt sich für eine bezahlbare Gesundheitsversorgung sowie für die gleiche und faire Bezahlung von Frauen ein. Sie hat sich oft als Unterstützerin der Mittelschicht und der unteren Einkommensschichten hervorgetan. Dazu passt, dass sie die unter der Präsidentschaft von Trump eingeführten Steuererleichterungen als „Geschenk für Reiche“ kritisierte und sich für eine Erhöhung der Unternehmenssteuern auf 35 % aussprach, was sogar über dem Vorschlag von Biden mit 28 % liegt. Zudem wollte sie die Erbschaftssteuer für Reiche anheben. Es ist daher denkbar, dass sie eine höhere Besteuerung von Unternehmen und Reichen und im Gegenzug Erleichterungen für schwächere Einkommensklassen in die Wege leiten wird. Harris unterstützt den von Biden auf den Weg gebrachten Inflation Reduction Act, ein de facto Subventionspaket für die Industrie, um erneuerbare Energien zu fördern und Arbeitsplätze zu schaffen. Es ist davon auszugehen, dass sie dieses Programm weiterführen oder sogar erweitern wird.

Harte Haltung gegenüber China
Belastungen für die Märkte ergeben sich aus der weiterhin angespannten Lage des US-Haushalts und den schwierigen Handelsbeziehungen zu China. Bei beiden Themen sind von Harris kaum große Veränderungen zu erwarten. Möglicherweise wird die Vorgehensweise gegenüber China etwas gemäßigter und die Gefahr einer weiteren Zuspitzung des Handelskonflikts geringer. Am protektionistischen Kurs der US-Wirtschaftspolitik wird sich allerdings auch unter Harris wenig ändern. Bereits Biden hat an vielen, von seinem Vorgänger eingeführten Zöllen – auch gegenüber anderen Ländern außer China – festgehalten oder sogar weitere Handelshemmnisse für bestimmte Branchen angeordnet. Harris dürfte diesen Weg fortsetzen – im Gegensatz zu Trump, der 10 % Zölle auf alle importierten Waren verhängen möchte, was aber die Kosten für die täglichen Ausgaben in die Höhe treiben und damit untere Einkommensschichten stärker belasten würde.

US-Haushalt und Zinspolitik
Trumps Wirtschaftspolitik dürfte günstige Auswirkungen auf die Öl- und Waffenindustrie, Gesundheits- und Finanzunternehmen sowie mittelgroße Unternehmen, die von der „Back to America“-Politik und Steuersenkungen profitieren würden, haben. Technologiewerte, erneuerbare Energien und Elektromobilität könnten Vorteile durch eine Wahl von Harris generieren.

Die Auswirkungen von Wahlen auf die Finanzmärkte sind grundsätzlich launisch. Zuletzt zeigte sich bereits ein sprunghafter Anstieg des Volatilitätsindex VIX, der als Maß für die Unsicherheit herangezogen werden kann. Insgesamt dürfte die Verunsicherung an den Märkten zunehmen, bis die Wahlen entschieden sind. Auch andere geopolitische Konflikte, die Zinspolitik sowie die abgeschwächte globale Konjunktur könnten weiter für unruhige Marktphasen sorgen.

Kursstürze nach der Richtungsentscheidung

Mittel- und langfristig sehen Experten die in den USA erfolgte Zulassung von Ethereum-ETFs jedoch positiv.

Patrick Baldia. In der Zwischenzeit hat sich der Kurs zwar wieder etwas erholt, aber der Sturz, den die zweitgrößte Kryptowährung Ethereum Anfang August erlebte, hatte es in sich. Am 5. August setzte es ein Minus von 20 % gegenüber dem US-Dollar. Bekanntlich sind an besagtem „schwarzen Montag“ auch der Bitcoin und andere digitale Währungen sowie im Übrigen auch die globalen Aktienmärkte unter Druck geraten. Allerdings weniger stark als Ether.

Bernhard Wenger, Head of Northern Europe bei 21Shares, führt den Ether-Kurssturz unter anderem auf die Korrelation zu Tech-Aktien, die am besagten „schwarzen Montag“ besonders litten, zurück. „Die Korrektur ist aber auch auf andere Faktoren zurückzuführen, wie makroökonomische Daten aus Japan und den USA sowie geopolitische Spannungen zwischen Israel und dem Iran“, erklärt er im Gespräch mit dem Börsen-Kurier. Nachsatz: „Daher haben viele Investoren Risiko aus ihren Portfolios genommen oder auch einfach Gewinne realisiert.“

Für Lukas Enzersdorfer-Konrad, Deputy CEO bei Bitpanda, bestätigt der Kurssturz, dass „Krypto erwachsen geworden ist bzw. in der Mitte des etablierten Finanzsystems angekommen ist“. „Die zunehmende Korrelation des Kryptomarktes mit dem Aktienmarkt und makroökonomischen Faktoren ist eine Folge der stärkeren

institutionellen Beteiligung und wachsenden Marktkapitalisierung“, meint er gegenüber dem Börsen-Kurier. Krypto-ETFs wie der neue Ethereum-ETF würden diese Entwicklung fördern, indem sie Kryptowährungen weiter in die traditionellen Finanzmärkte integrieren und die Reaktion auf globale wirtschaftliche Trends verstärken.

Zunehmendes institutionelles Interesse
Stichwort institutionelle Beteiligung: Experten gehen davon aus, dass die Genehmigung von Ethereum-ETFs verstärkt institutionelles Kapital anziehen wird, wie das auch seit der Zulassung von Bitcoin-ETFs zu Jahresbeginn zu beobachten war. Das würde die Volatilität weiter verringern und den Preis von Ethereum stützen. Enzersdorfer-Konrad glaubt, dass nach der „Richtungsentscheidung für die gesamte Branche“ noch viele „spannende Entscheidungen und Entwicklungen“ folgen könnten. „Das Interesse institutioneller und privater Investoren an der Anlageklasse Krypto wird weiter steigen – auch jenseits von Bitcoin und Ethereum.“ Während der Bitcoin als Wertspeicher bzw. digitales Gold betrachtet wird, hat Ethereum einen anderen Investment-Case. Enzersdorfer-Konrad spricht von „vielseitigen Einsatzmöglichkeiten und einer anderen Positionierung“. Wenger sieht die Kryptowährung als „dezentrale Plattform, die Smart Contracts ausführt und als digitaler App-Store für Anwendungen dient, die ohne zentrale Kontrolle laufen“. „Man investiert in eine ganze Infrastruktur von Geschäftsmodellen“, hält er fest. In Europa ist es aufgrund der UCITS-Richtlinie jedenfalls nicht möglich, einen Ethereum-ETF zu lancieren. Dasselbe gilt auch für Bitcoin-ETFs. Allerdings haben Anleger, die nicht direkt in eine Kryptowährung investieren möchten, die Möglichkeit, auf einschlägige ETPs (Exchange Traded Products) zu setzen. Dazu gehören passiv gemanagte börsengehandelte Wertpapiere wie ETFs, ETCs (für „Exchange Traded Commodities“, Anm.) und ETNs (Exchange Traded Notes). Experten raten allerdings von einem ausschließlichen Fokus auf Kryptowährungen ab. In einem traditionellen Anlage-Portfolio sei ein Anteil von rund 5 % sinnvoll.

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AI goes MAD: Künstliche Intelligenz begeht Inzucht

Je mehr KI mit KI-erzeugten Daten trainiert wird, desto seltsamer sind die Ergebnisse.

Andreas Dolezal. Large Language Models (LLM) wie ChatGPT schlugen bei ihrer Präsentation vor gut zwei Jahren ein wie eine Bombe. Die Begeisterung über die zuvor noch nie gesehenen Fähigkeiten, verbunden mit der Fantasie zukünftiger Einsatzmöglichkeiten, war riesengroß. Künstliche Intelligenz werde die Welt verändern, waren (und sind) sich Experten einig.

Mittlerweile ist der Hype abgeebbt. Zwar halten KI-Systeme mehr und mehr Einzug in alltägliche Anwendungen, doch Kritik und Skepsis nehmen zu. Künstliche Intelligenz unterstützt Ärzte beim Auswerten medizinischer Daten, Asset Manager durchforsten mit KI Unternehmensberichte (beide Berufsgruppen treffen aber letztendlich menschliche Entscheidungen), um nur zwei sinnvolle Beispiele zu nennen. Fraglich ist andererseits, wie viele (vor-)wissenschaftliche Arbeiten und Hausaufgaben noch dem menschlichen Gehirn entstammen.

KI ist ein Datenstaubsauger
Für ihr Training und ihre Antworten benötigt Künstliche Intelligenz riesige Mengen an qualitativ hochwertigen menschengemachten Daten, die sie sich aus dem Internet holt (und dabei auch Urheberrechte verletzt). Derzeit sind die meisten dieser Daten noch menschlichen Ursprungs und verfügen – dank den enormen Fähigkeiten unseres Gehirns – über unübertroffene Einzigartigkeit. Mit der vermehrten Nutzung von KI steigt jedoch auch die Anzahl der KI-generierten Texte, Bilder und Videos im Internet. Und je mehr KI mit KI-generierten Daten trainiert, desto seltsamer werden die Antworten und Ergebnisse.

KI wird verrückt
Wie das US-Magazin Futurism schreibt, passieren seltsame Dinge, wenn man Künstliche Intelligenz mit Daten füttert, die von KI-Systemen erzeugt wurden. In Experimenten von Datenforschern dauerte es nur fünf Durchgänge, bis die KI „verrückt“ wurde. Sowohl Bild- als auch Sprachmodule lieferten groteske Ergebnisse, wenn sie mit ihren eigenen Erzeugnissen gefüttert werden. US-Forscher haben für diese Art der Dateninzucht den Begriff „Model Autophagy Disorder“, kurz „MAD“, geprägt. Ein weiterer Effekt ist, dass bestimmte Charakteristika und Vorurteile weiter verstärkt werden.

KI verzehrt sich selbst
Die Studie „Self-Consuming Generative Models Go MAD“ betrachtet was passiert, wenn beliebte Bildgeneratoren wie Midjourney oder DALL-E immer wieder mit eigenen Daten gefüttert werden. Es kommt zu einer autophagen – also selbstverzehrenden bzw. selbstverstümmelnden – Feedbackschleife. Das Fazit: Erhalten die Modelle nicht genügend echte (menschengemachte) Daten, entstehen mit jedem Durchlauf zunehmend schlechtere Ergebnisse.

Entweder nimmt die Bildqualität ab oder es entsteht nur mehr Einheitsbrei. Bilder von Menschen sind meistens mit einem Lächeln versehen, der Himmel strahlend blau und Büros saubere, strahlend weiße Orte. Damit kennt die Künstliche Intelligenz nur lächelnde Menschen, blaue Himmel und saubere Büros – besonders, wenn sie immer wieder mit den eigenen Daten gefüttert wird. Ausgebeutete Fabrikarbeiter und Müllhalden werden kaum noch generiert.

KI steht zunehmend in der Kritik
Kunstschaffende und Autoren kritisieren beispielsweise, dass ihre Bilder und Texte im Internet als Basis für KI-Erzeugnisse dienen. Dazu kommt der enorme und weiterwachsende Energie- und Wasserbedarf der für den Betrieb von KI-Systemen erforderlichen Rechenzentren. Eine Suchmaschinenanfrage, die mithilfe von KI beantwortet wird, benötigt etwa zehnmal so viel Energie wie eine herkömmliche Antwort. Selber denken spart Energie. Ganz zu schweigen vom KI-Einsatz in der Kriegsführung (der übrigens im EU-AI Act ausgespart wird).

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Insolvenz: Aktionäre dürften leer ausgehen

Die heimische Biotech-Firma hat ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung beantragt.

Patrick Baldia. Auch wenn es bekannt war, dass die Marinomed Finanzierungsbedarf hat und bis auf Weiteres keine schwarzen Zahlen schreiben wird, so kam die Nachricht vom vergangenen Dienstagabend, dass das Unternehmen ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung beantragt, wohl für viele Aktionäre überraschend. Erst im Juni bei der HV erklärte CEO Andreas Grassauer, dass man zwar eine negative Eigenkapitalquote habe, dafür aber eine positive Fortbestehungsprognose. Damit habe man Kapitalgeber wie die Europäische Investitionsbank (EIB), die den Zinsendienst der Biotech-Firma gestundet hat, überzeugen können.

„Die benötigten Finanzmittel zur Sicherstellung der Liquidität der Gesellschaft konnten kurzfristig nicht aufgebracht werden und eine Zahlungsunfähigkeit droht. Weiters konnten Umsatzerwartungen für das Geschäftsjahr 2024 bisher nicht wie angenommen realisiert werden“, begründete die Marinomed nun den Antrag auf die Einleitung eines Sanierungsverfahrens. Konkret wären die Umsätze aus dem Verkauf der Carragelose-Produkte gesunken, und auch der Abschluss weiterer Partnerschaften für die Marinosolv-Produkte habe sich verzögert. Mit dem Sanierungsverfahren soll das Unternehmen nun nachhaltig finanziell stabilisiert werden.

Laut Marinomed belaufen sich die Verbindlichkeiten und Rückstellungen per 31.07.2024 zu Buchwerten auf insgesamt rund 25 Millionen Euro. Im Liquidationsfall und einer Abwicklung im Konkurs sei von Passiva von rund 31 Millionen Euro auszugehen. In diesem Fall rechnet die Creditreform mit einer Quote von 13 %. „Das Unternehmen bietet seinen Gläubigern eine Sanierungsquote von 20 %, zahlbar innerhalb von zwei Jahren ab Annahme. Inwieweit diese Quote angemessen und erfüllbar ist, wird von dem zu bestellenden Insolvenzverwalter noch geprüft werden“, so Peter Stromberger vom KSV 1870. Von der Insolvenz betroffen wären jedenfalls 48 Mitarbeiter.

Geschäftsmodell nicht risikofrei
„Man darf nicht vergessen, dass das Geschäftsmodell der Marinomed nicht risikofrei war“, sagt IVA-Präsident Florian Beckermann im Gespräch mit dem Börsen-Kurier. Über den „klassischen Nischenwert mir geringer Marktkapitalisierung“. Es sei äußerst zeitaufwändig und mit hohen Kosten verbunden, die Arzneimittel und Medizinprodukte aus dem Bereich Virologie und Immunologie auf den Markt zu bringen. Laut dem Anlegerschützer können die Aktionäre nach dem aktuellen Stand nicht davon ausgehen, dass sie zumindest einen Teil des von ihnen investierten Kapitals wiedersehen werden. „Bekanntlich sind Eigenkapitalgeber im Insolvenzfall schlechter gestellt als die Fremdkapitalgeber.“

Was passiert mit den Aktien der Marinomed? Nachdem der Handel mit den Papieren der Gesellschaft am vorvergangenen Mittwoch bis 14:05 Uhr ausgesetzt war, informierte die Wiener Börse zu Mittag per Aussendung, dass mit Wirkung vom Donnerstag, den 15. August 2024, die Aktien der Korneuburger Biotech-Firma aus dem Prime Marktet in das Marktsegment Standard Market Continuous verschoben werden würden. Wie geht es weiter? „Der Handel wird bald einschlafen und die Wiener Börse die Notiz beenden“, meint Beckermann.

Gegründet wurde die Marinomed 2006 als Spin-off der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Der Börsengang erfolgte 2019.

Auf Basis des aus der Rotalge gewonnenen Wirkstoffs Carragelose wurde ein Portfolio von Produkten zur Behandlung viraler Atemwegsinfektionen entwickelt. Im Vorjahr wuchs die Produktpalette im Bereich Immunologie um ein allergenblockierendes Nasenspray und ein allergenblockierendes Nasenspray und feuchtigkeitsspendende Augentropfen. Weiters soll die aktive Pipeline mehrere Produktkandidaten in der Spätphase der Entwicklung umfassen.

Warum Wandelanleihen in den Fokus rücken

Chancen mit Aktien kombiniert mit einem Verlustpuffer: Die Eigenschaften sind wieder gefragt.

Raja Korinek. Die Volatilität hat auf den globalen Märkten jüngst wieder schlagartig zugenommen. Die US-Wirtschaftsdaten deuten auf eine Verlangsamung. Geopolitisch verschlimmert sich die Lage in der Ukraine sowie im Nahen Osten. Für Jan Viebig, CIO bei ODDO BHF, steht fest: „Typischerweise nimmt die Volatilität unmittelbar vor und zu Beginn einer militärischen Auseinandersetzung zu. Es sind vermehrt Kursausschläge nach unten, als auch nach oben zu beobachten, womit das Risiko an den Finanzmärkten steigt.“

Doch ganz sollte man sich von den Aktienmärkten nicht abwenden. „Sehr langfristig steigen Aktienkurse.“ Eine Möglichkeit, weiterhin auf einen Aufschwung zu setzen – mit einem Puffer nach unten – bieten Wandelanleihen.

Solche Papiere sind mit einem fixen Kupon ausgestattet, der geringer als bei „normalen“ Anleihen ist. Dafür sind sie zusätzlich mit einer Kaufoption ausgestattet. Sie berechtigt Anleger, das Papier während der Laufzeit in Aktien des Emittenten – zu einem fixen Wandlungskurs – zu wandeln. Je weiter der Aktienkurs darübersteigt, desto wertvoller wird die Kaufoption, somit die Wandelanleihe. Lösen Anleger dann nämlich die Kaufoption ein, kommen sie günstiger an die Aktie heran als mit einem Direktkauf. Hinzu kommt folgender Aspekt: Korrigieren die Aktienmärkte kräftig, verliert auch die Kaufoption an Wert. Im schlimmsten Fall kassieren Anleger den Kupon und können die Wandelanleihe bis Fälligkeit behalten.

Einzig, die wachsende Korrekturgefahr ist nicht das einzige Argument. Arnaud Brillois, Leiter des Global Convertibles-Teams bei Lazard AM, meint, die Aussichten auf eine weiche Landung der US-Wirtschaft erhöhten die Chancen auf eine Zinssenkung im zweiten Halbjahr. Grundsätzlich profitieren Anleihen von solch einem Schritt. Dann sind bestehende Papiere besser verzinst als jene, die erst nach der Senkung begeben werden, und gewinnen an Wert.

Aufholpotenzial nicht unterschätzen
Zudem würden Wandelanleihen Brillois zufolge meist von mittelgroßen Emittenten aus dem Wachstumssegment emittiert werden. Für sie ist es eine interessante Finanzierungsmöglichkeit, da die Kuponzahlungen verhältnismäßig niedriger sind als bei normalen Anleihen und andererseits, weil Wandelanleihen oft kein Rating haben, wodurch Emissionen rascher und günstiger erfolgen. „Dennoch haben sich angesichts eines global hohen Zinsniveaus die Aktien dieser Unternehmen schlechter entwickelt als der breite Markt“, so der Lazard-Experte. Viele kleinere Wachstumsfirmen benötigen eine Menge Fremdkapital für ihre Wachstumspläne. Dieses wird im Lichte sinkender Zinsen wieder leistbarer. Brillois räumt entsprechenden Aktien – somit den Wandelanleihen – in solch einem Umfeld reichlich Potenzial ein.

Foto: AdobeStock / svetazi

 

 

Marktturbulenzen – Folgen für Anleger

Obwohl die Märkte aufgrund der jüngsten US-Wirtschaftsdaten ins Trudeln geraten zu sein scheinen, ist es nach Ansicht von Stephen Dover vom Franklin Templeton Institute zu früh, um daraus auf eine Rezession in den USA zu schließen

(06.08.) Das ganze Jahr über haben wir davor gewarnt, dass die Bewertungen am US-Aktienmarkt überzogen sind und wenig Spielraum für Enttäuschungen lassen. Unser ständiges Jahresendziel für den S&P 500 Index lag bei 5.250, also nur geringfügig über dem Wert, mit dem der Index gestern eröffnete. Wir bleiben vorsichtig. Auf der Grundlage historischer Analysen von Phasen wirtschaftlicher Verlangsamung sind wir der Ansicht, dass sich Wachstumswerte besser entwickeln werden als Substanzwerte und dass Qualität ebenfalls gerechtfertigt ist. Wir sind besorgt über Gewinnenttäuschungen – vor allem bei Aktien mit geringerer Kapitalisierung.

Allerdings berücksichtigen wir auch, dass Positionierung, Momentum und quantitativer Handel entscheidend sein können, wenn es zu Marktverwerfungen kommt. Obwohl die implizite Aktienvolatilität in die Höhe geschossen ist (der VIX stieg am 5. August auf 65 – den höchsten Stand seit vier Jahren), sind die Marktbewegungen möglicherweise noch nicht abgeschlossen. Es werden sich letztendlich Gelegenheit bieten, aber wir glauben, dass es für alle außer den langfristigsten Anlegern zu früh ist, um nach Werten zu suchen.

Die Märkte außerhalb der USA wurden besonders hart getroffen, und der japanische Nikkei verlor an seinem zweitschlechtesten Handelstag in der Geschichte über 12 %. Dies erinnert uns daran, dass es nahezu unmöglich ist, das Aktienrisiko während größerer Korrekturen oder Bärenmärkte nach Regionen (oder nach Sektoren oder Stilrichtungen) zu diversifizieren. Unserer Meinung nach ist es zu diesem Zeitpunkt noch zu früh, um einzugreifen.

Rezessionsrisiko nimmt zu
Das Risiko einer Rezession in den USA nimmt eindeutig zu, was sich in den starken Schwankungen der Marktpreise widerspiegelt. Steigende Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung, ein schwacher Beschäftigungsbericht für Juli und Anzeichen für einen möglichen Rückgang des verarbeitenden Gewerbes haben das Bild verändert.

Andere Indikatoren sind jedoch weniger besorgniserregend, darunter die jüngste Umfrage des Institute for Supply Management für das nicht-verarbeitende Gewerbe, der Bericht über das US-Bruttoinlandsprodukt für das zweite Quartal und vereinzelte Hinweise aus dem Einzelhandel.

Unserer Ansicht nach ist es noch zu früh, um den Schluss zu ziehen, dass die USA auf eine Rezession zusteuern. Doch selbst eine stärkere Verlangsamung kann zu Gewinnenttäuschungen führen, auf die ein überbewerteter Aktienmarkt nicht vorbereitet war.

Die Fed wird die Zinssätze im September und danach sicherlich senken. Die Markterwartungen für die September-Sitzung liegen derzeit bei einer Senkung um 50 Basispunkte, und eine Senkung zwischen den Sitzungen (“Notfall”) ist nicht auszuschließen. Die Anleger werden die Sitzungen der Fed im August in Jackson Hole, Wyoming, aufmerksam verfolgen, um Hinweise auf ihre Politik zu erhalten.

In der Vergangenheit haben die Aktienmärkte in dem Jahr, in dem die Fed mit Zinssenkungen beginnt, positive Renditen erzielt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Wirtschaft in eine Rezession eingetaucht ist oder eine solche vermieden hat. Die durchschnittliche Rendite ein Jahr nach der ersten Zinssenkung liegt in Rezessionszeiten bei 4,98 % gegenüber 16,66 % in Nicht-Rezessionszeiten. In Rezessionszeiten nach der ersten Zinssenkung waren die Rückschläge größer, wobei der durchschnittliche maximale Rückschlag 20 % betrug gegenüber 5 % in Nicht-Rezessionszeiten.

Weltweit gibt es keine „weißen Ritter“ für den Fall, dass eine Rezession eintritt. China hat wenig Neigung gezeigt, die Art von Stimulierung zu wiederholen, die es vor 15 Jahren während der globalen Finanzkrise angeboten hat. Europa und Japan sind ebenfalls nicht willens oder in der Lage, die Weltwirtschaft mit einer “Lokomotive” zu unterstützen. Die Wahlen in den USA schließen schnelle finanzpolitische Maßnahmen aus.

Die Märkte könnten daher angesichts dieser globalen Beschränkungen langsamer auf gute Nachrichten reagieren, wenn die Fed die Zinsen senkt, wenn sie denn kommt.

Trotzen Small Caps dem Markt?

Aktien von kleinkapitalisierten US-Firmen zogen bis Ende Juli überproportional an.

Roman Steinbauer. Ob in Tokio, New York oder an führenden Handelsplätzen Europas: Die Kursschwankungen und auch die Rückgänge an den Weltbörsen nahmen jüngst eklatant zu. Der Volatilitätsindex VIX sprang binnen zweier Wochen von 12 auf teils mehr als 18. Und noch ist für Investoren und Anleger nicht auszumachen, ob bloß eine Korrektur stattfindet oder bereits ein negativer Wendepunkt an den Märkten eingeleitet wurde.

„Abverkauf“ bei Tech-Aktien
Abseits der Schlagzeilen um bisher favorisierte, gewichtige Aktien sticht Beobachtern indes eine unterschiedliche und interessante Charakteristik der Chart-Verläufe der Index-Kategorien ins Auge. Jene Aktienkorb-Register, in denen während der vergangenen Quartale vorrangig gesuchte, schwer gewichtete Tech-Unternehmen beinhaltet sind, büßten kürzlich Tagesabschläge von mehr als 3 % ein. Indizes, in denen kleinere Gesellschaften zusammengefasst sind (Small Caps), verhielten sich hingegen weit stabiler.

Abzulesen war diese Entwicklung bereits seit Anfang Juli an der Stärke des Russell-2.000-Index. Diese Signalwirkung lässt einen Trendwechsel zu geringer kapitalisierten Werten vermuten. So legte der Russell, indem die nach Marktwert 2.000 kleineren der 3.000 bedeutendsten US-Unternehmen gelistet sind, im Vormonat von 2.050 um knapp 8 % auf 2.210 Punkte zu. Der S&P 500 (der Index der gewichtigsten 500 US-Titel) konnte hingegen gerade noch um 1,2 % auf 5.520 Punkte steigen.

Aktuell lässt sich diese Rotation allerdings nicht an deutschen Börsen beobachten. So büßte der 70 Titel umfassende SDax im genannten Zeitraum 1 % auf 14.300 Punkte ein, während der Dax 40 (trotz deutlicher Auf- und Abschläge) insgesamt auf der Stelle trat.

Überzeugung contra Abneigung
Der US-Sender CNBC thematisierte Ende Juli die entstandene Diskrepanz und den sich abzeichnenden Trendwechsel. In einem Interview gestand der Chefanalyst des Finanzforschungsinstitutes Fundstrat Global Advisors, Tom Lee, Small Caps für August noch ein kräftiges Aufwärtspotenzial um 15 % zu. Konträr war hingegen die Sichtweise des Kollegen Sameer Samana, er ist Senior Global Marktstratege des Finanzdienstleisters Wells Fargo. Er bremst einen vermuteten „Hype“ um eine bevorstehende Anlagerotation. Samana glaubt eher an ein Strohfeuer und argumentiert: „Hinter Small Caps stehen oft Gesellschaften alter Prägung wie Textil oder Fast Food. Warum sollten die plötzlich gekauft werden und das den KI-Hype aushebeln?“

Abgrenzung zu Mikro-Aktien
Keineswegs ist die resistente Entwicklung gering gewichteter Aktien im Juli mit „Microcap“-Papieren (das sind Mikro-Aktien, die oft unter 1 Euro oder US-Dollar notieren, Anm.) gleichzusetzen. Häufig werden mittels jener Aktien Kursschwankungen bei Unternehmen spekulativ ausgenützt, obwohl diese eine dünne Kapitalausstattung aufweisen.

Darüber hinaus trat eine Situation ein, die im Zuge der starken Aktienmärkte zu denken gibt. Nach Angaben von S&P Global Market Intelligence Data notierten am 25. Juli in Summe 448 an US-Börsen gelistete Aktien unter 1 USD. Noch vor einem Jahr war dies bei 108, vor zwei Jahren bei 67 Titel der Fall. Experten orten ein „explosives Wachstum an Penny Stocks“ – Forderungen strengerer Listing-Kriterien an die Securities and Exchange Commission (SEC) werden bereits lauter.

Foto: AdobeStock / Dizain

 

 

Diskussionen befeuern den Uranmarkt

Internationale Aktien aus dem Atomenergiebereich im Vergleich.

Roman Steinbauer. Die Konzeption von Atomkraftwerken neuer Bauart ist im Laufen, der Bedarf an Uran wächst. Potente Persönlichkeiten wie Bill Gates oder Warren Buffett sind in der Implementierung neuer Technologien (wie berichtet, soll das Projekt Terra Power in Wyoming kleine Reaktoren in Modulform produzieren) involviert. Derartige Kraftwerke sollen örtlich flexibler aufzubauen und logistisch rascher zu installieren sein. Im Zuge der Wandlung zu einer Nutzung nicht-fossiler Energieträger gesellt sich dazu eine weitere Erkenntnis: Die globale Nachfrage an Stromkapazitäten durch den exponentiellen Anstieg des Energiehungers durch die Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) und deren Erfordernissen an immensen Rechenleistungen wurde weit unterschätzt.

Unter dem Titel „Weltenergie Investments 2024“ erstellte die Internationale Energie Agentur (IEA) im Juni den jüngsten „Flagship Report“. Demnach erhöhte sich die globale Stromnachfrage im Vorjahr um 2,2 %. Doch bereits ab heuer rechnen die Experten der Forschungs-, Entwicklungs- und Anwendungsplattform von Energietechnologien mit einem erheblichen Anstieg des Elektrizitätsbedarfs. Jährlich soll die Nachfrage bis inklusive 2026 um 3,4 % anziehen. Der Anteil der direkten Elektrizitätserzeugung zum gesamten Energieverbrauch werde den Prognosen nach von 20 % in 2023 bis zum Jahr 2030 auf 30 % zusteuern.

Temporäre Rücksetzer im Zuge der Hausse
Trotz hoher Kursschwankungen des Materialpreises glänzen indes die Perspektiven für Uranförderer. Neben der Reaktivierung stillgelegter Kernkraftwerke befinden sich derzeit 60 Reaktoren in Bau. An den Rohstoffmärkten kam seit Feber der Preis des Urandioxids U308 je 250 lb (113,4 kg) zwar von umgerechnet 97 auf 78 Euro zurück. Doch ging dem seit August 2021 zuvor ein dramatischer Anstieg um 250 % voraus.

Nicht nur Aktien des US-Atomkraftwerksbetreibers Entergy (die Titel stehen seit Jahreswechsel 20 % im Plus) sprangen zuletzt deutlich an. Fulminante Kursanstiege verzeichneten in jüngster Vergangenheit Papiere jener Unternehmen, die in der Exploration von Uranlagerstätten rasch vorankommen. So katapultierte sich die Notiz der kanadischen Bedford Metals (sitzt ebenso auf Claims mit Goldvorräten) an der Canadian Exchange von April 2023 bis zuletzt von 0,14 CAD (0,22 Euro) auf 2,13 CAD (3,20 Euro). Einen Blick wert sind aktuell die Valoren des zweitgrößten Uranförderes, Cameco, aus Saskatoon. Denn nach mehr als drei Jahren an Anstiegen, kam der Kurs seit Ende Mai an der Frankfurter Börse von 51 auf 38 Euro zurück.

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Bei Fresenius wirkt das neue Erfolgsrezept

Der Gesundheitskonzern richtet sich konsequent auf zwei Geschäftsfelder aus.

Stefan Riedel, München. Der Gesundheitskonzern Fresenius (ISIN: DE0005785604) hat mit seinen Quartalszahlen den in diesem Jahr eingeschlagenen Aufwärtstrend bestätigt. Und auch an der Börse spricht sich langsam herum, dass sich der Ende 2022 eingeleitete Umbruch inzwischen auf Umsatz und Profitabilität positiv auswirkt. In den vergangenen vier Monaten hat die Fresenius-Aktie um 20 % zugelegt.

Erfolgreich verschlankt
Unter dem neuen Konzernlenker Michael Sen konzentriert sich Fresenius auf zwei Geschäftsfelder, den Krankenhausbetreiber Helios und der Arzneihersteller Kabi. Das Produktsortiment von Kabi enthält Generika, injizierbare Arzneien und klinische Ernährung. Fresenius investiert dabei vor allem in Biosimilars zur Behandlung von Krebs- und Autoimmunerkrankungen, das heißt Nachahmerprodukte von auf Protein- und Antikörperbasis entwickelten Arzneien, deren Patentschutz abgelaufen ist. Zugleich wurde die eigenständig gelistete Dialysetochter Fresenius Medical Care, kurz FMC (DE0005785802), ausgegliedert und in eine AG umgewandelt.

Im zweiten Quartal 2024 kletterte der um währungs- und akquisitionsdingte Sondereffekte bereinigte Umsatz um 8 % auf 5,4 Milliarden Euro. Der bereinigte operative Gewinn (Ebit) legte um 1 5% auf 660 Millionen Euro zu. In derselben Größenordnung ging es mit dem Konzerngewinn nach oben, der 457 Millionen Euro erreichte. Besser als erwartet entwickelt sich vor allem der vom Umsatz kleinere Geschäftsbereich Kabi. Hier ging es beim Ebit um 17 % auf 334 Millionen Euro nach oben. Für das Gesamtjahr erwartet Fresenius beim Ebit ein Ergebnis am oberen Ende der anvisierten Spanne von 6 bis 10 % und dazu ein Umsatzplus zwischen 4 und 7 %.

Fortschritte beim Schuldenabbau
Auch finanziell steht Fresenius immer besser da, weil Schuldenabbau und Kostensenkungen schneller als geplant realisiert werden. Der Free Cashflow erhöhte sich im zweiten Quartal weiter auf 660 Millionen Euro, der operative Cashflow verfünffachte sich gegenüber dem Vorjahr auf 709 Millionen Euro. Eine wichtige Rolle spielt das sehr profitable Krankenhausgeschäft der spanischen Helios-Tochter Quironsalud, die 2016 übernommen worden war. Fresenius ist damit auf dem richtigen Weg, um die zuletzt auf 13,5 Milliarden Euro gesunkene, mit einem Verschuldungsgrad von 3,43 gegenüber dem Ebitda aber immer noch hohe Nettoverschuldung, weiter herunterzufahren. Die für 2025 geplanten Einsparungen von 400 Millionen Euro sollen noch in diesem Jahre realisiert werden.

„Das Geschäftsjahr 2024 ist ein Wendepunkt für Fresenius“, ist Vorstandschef Sen überzeugt. Diesen Optimismus teilen die meisten Analysten. Von einer „strahlenden Zukunft“ schreibt Christian Ehmann von Warburg Research, der sein Kursziel von 41 auf 43 Euro angehoben hat. Richard Felton von Goldman Sachs spricht von „einem weiteren robusten Quartal“, hält aber an seinem Neutral-Rating mit Kursziel 30 Euro fest. Für 2025 rechnen die Konsensschätzungen mit mehr als 20 % Wachstum beim Gewinn je Aktie. Setzt sich der Aufwärtstrend in den nächsten Quartalen fort, ist die Aktie mit einem 2025er-KGV von 9 günstig bewertet.

Foto: Fresenius AG

 

 

Ist Bargeld wirklich die sicherste Anlageform?

Investoren mit Fokus auf regelmäßigen Erträgen sollten das Potential abseits von Cash erkennen

Der Anstieg der Zinssätze und der Rückgang der Inflation hat das Thema Cash wieder attraktiver gemacht. Mit Zinssätzen von 5 % in den USA und Großbritannien, und 4 % in Europa scheint Bargeld eine sichere Option für viele Anleger zu sein.

Für langfristige Anleger bietet Bargeld jedoch keine stabile Einkommensquelle. Die Zinssätze schwanken, was das Wiederanlagerisiko erhöht. Diversifikation ist entscheidend – eine zu hohe Konzentration auf Bargeld birgt langfristige Risiken. Anleihen und Aktien bieten höhere potenzielle Renditen sowie Schutz gegen Inflation und Zinsschwankungen. Eine ausgewogene Mischung maximiert Erträge und minimiert Risiken.

Ertragsorientierte Anleger sollten daher über Cash hinausblicken und das Potential anderer Anlageformen erkennen, wie Harry Goodacre von der Schroders Strategic Research Unit in diesem Artikel erläutert:

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Drei Wachstums-Bereiche in einem breiter werdenden Markt

Ein Kommentar von Christophe Braun, Equity Investment Director bei Capital Group.

(23.07.) Nach einer starken Rallye in den ersten sechs Monaten des Jahres gehen Aktien mit kräftigem Rückenwind und noch besseren Aussichten in die zweite Jahreshälfte. Auch wenn das Risiko eines Rückschlags weiterhin besteht, untermauern die gesunden Verbraucherausgaben und die robusten Unternehmensgewinne die optimistische Sicht zur Jahresmitte 2024. „Wir erwarten ein solides Wirtschaftswachstum für den Rest dieses Jahres und bis 2025“, sagt Christophe Braun, Equity Investment Director bei Capital Group. „Dies dürfte zu steigendem Gewinnwachstum in allen Branchen und Sektoren führen, was wiederum eine breitere Marktrallye zur Folge haben dürfte, da Gewinnwachstum ein Haupttreiber von Renditen ist.“ Im breiter werdenden Markt sieht Braun vor allem in drei Bereichen starke Wachstumschancen:

1. KI-Chancen außerhalb des Tech-Sektors
Mit ihrem Potenzial, ganze Branchen und die Art und Weise, wie Menschen ihre Arbeit verrichten, zu verändern, biete künstliche Intelligenz (KI) überzeugende Investitionsmöglichkeiten. Dies habe zu einem Hype um die Aktien der Tech-Giganten geführt, die Pionierarbeit in Sachen KI leisten würden. „Natürlich ist es wichtig, möglichst frühzeitig die künftigen Gewinner in den Bereichen zu identifizieren, die unmittelbar von KI profitieren: Halbleiter, Infrastruktur, Anwendungen und die KI-Modelle selbst“, sagt Braun. „Die Chancen im KI-Bereich gehen jedoch weit über die Tech-Unternehmen hinaus.“

Die Notwendigkeit eines massiven Ausbaus von Rechenzentren treibe beispielsweise die Nachfrage nach Bau- und Ingenieurausrüstung von Unternehmen wie Caterpillar an. KI-Rechenzentren würden zudem große Mengen an Strom benötigen, weshalb ihr Ausbau die Nachfrage nach Energie ankurbeln dürfte. Da sich mehrere Tech-Giganten verpflichtet hätten, netto keine CO2-Emissionen mehr zu verursachen, könne die Nutzung von Atomstrom zunehmen, mit entsprechenden Auswirkungen auf Energieanbieter. Dazu passe, dass Microsoft im Juni 2023 einen Vertrag mit Constellation Energy abgeschlossen habe, um eines seiner Rechenzentren mit Atomstrom zu versorgen.

2. Vielfältige Anlagegelegenheiten außerhalb des US-Aktienmarktes
Darüber hinaus sieht Braun solide Anlagechancen außerhalb der US-Märkte: „Der Anstieg der Aktienkurse breitet sich aus und durchzieht die globalen Aktienmärkte“, sagt Braun. So hätten beispielsweise die sieben Unternehmen, die 2023 den MSCI EAFE Index angeführt hätten, seit Anfang 2022 um mehr als 40 Prozent zugelegt und damit ihre US-Konkurrenten abgehängt. Diese Unternehmen kämen aus ganz unterschiedlichen Branchen. Zu ihnen gehören das Gesundheitsunternehmen Novo Nordisk, der Computerchip-Hersteller ASML, der Software-Titan SAP und der Bankenriese HSBC.

Für Anleger auf der Suche nach Unternehmen mit dominanten Marktpositionen und einer starken Nachfrage nach ihren Produkten und Dienstleistungen lohne sich deshalb der Blick über den Tellerrand. Der niederländische Halbleiterausrüster ASML beispielsweise profitiere von der steigenden globalen Nachfrage nach Halbleitern für den Aufbau von Cloud- und KI-Infrastrukturen. Der Pharmariese AstraZeneca investiere aggressiv in Forschung und Entwicklung, was zu einer umfangreichen Pipeline von Therapien für Krebs und seltene Krankheiten in der Spätphase der Entwicklung geführt habe. Dem Luft- und Raumfahrthersteller Airbus und dem Triebwerkhersteller Safran wiederum dürfte die weltweit steigende Nachfrage nach Flugreisen zugutekommen.

3. Technologieführer gestalten die Dividendenlandschaft neu
Auch bei den Dividendentiteln weite sich das Feld, nicht zuletzt deshalb, weil auch unter den Tech-Giganten Dividendenzahlungen zunehmend an Bedeutung gewönnen. Als Beispiele nennt Braun hier Meta, Alphabet und Salesforce, die in der ersten Hälfte des Jahres 2024 Dividenden eingeführt hätten. Insgesamt seien 14,1 Prozent der gesamten Bardividenden, die 2023 von S&P 500-Unternehmen gezahlt worden seien, auf Tech-Unternehmen zurückgegangen. Damit habe der Tech-Sektor in US-Dollar unter allen Sektoren den zweitgrößten Beitrag geleistet.

„Obwohl die Dividendenrenditen vieler Technologieunternehmen bescheiden sind, sind die Dollarbeträge enorm“, sagt Braun. „In dem Maße, in dem sich die Aussichten auf Wirtschaftswachstum verbessern, steigen die Chancen für Ertragswachstum bei dividendenzahlenden Unternehmen. Für dividendenorientierte Strategien erhöhen sich dadurch die Chancen, Erträge zu erwirtschaften und stärker am Aufwärtstrend an den Märkten teilzuhaben.“

Für Anleger auf der Suche nach laufenden Erträgen kämen aus Sicht Brauns unter anderem Unternehmen aus den Branchen Technologie, Luft- und Raumfahrt sowie Energie in Frage, welche zuletzt Dividenden eingeführt bzw. erhöht hätten. Dazu gehörten Halbleiterhersteller wie Broadcom oder Texas Instruments sowie General Electric, das Flugzeugtriebwerke herstelle und warte. Auch das Energieunternehmen Canadian Natural Resources habe seine Dividende trotz der schwankenden Ölpreise zuletzt erhöht.

Fazit
„Angesichts der Aussichten auf ein solides globales Wachstum und gesunder Fundamentaldaten werden die Aktienmärkte breiter“, fasst Braun zusammen. „Die US-Aktienmärkte dürften nicht die einzige Quelle für überdurchschnittliche Renditen sein. Anleger sollten deshalb global denken.“ Angesichts weiter bestehender Risiken rund um Inflation, Zinssätze und Welthandel bleibe jedoch die Einzeltitelauswahl entscheidend.

Potenzial nach Kursabstürzen

60 % Verlust und mehr binnen zwölf Monaten bei Aktien aus dem ATX-Prime.

Michael Kordovsky. Im ATX-Prime triften die Kurse teilweise massiv auseinander. Einem Plus von 77 % über zwölf Monate bei der S-Immo steht ein Minus von knapp 70 % bei Marinomed gegenüber – gefolgt von mehr als 60 % minus bei Pierer Mobility.

Letztere musste am 14. Juni ihren Ausblick an verschärfte globale Rahmenbedingungen anpassen. Ein hohes Zinsniveau in den USA und volatiles Marktumfeld in Europa führten dazu, dass die Verkaufszahlen nach drei überdurchschnittlich erfolgreichen Jahren heuer unter den Erwartungen liegen. Händler bleiben auf hohen Lagerbeständen sitzen, was eine beträchtliche Kapitalbindung bedeutet. Hinzukommen noch steigende Produktionskosten in Europa. Vor allem der Fahrradmarkt steht derzeit unter Druck. Das Management reagiert auf das Marktumfeld mit verschärftem Kostenmanagement und Restrukturierungsmaßnahmen. Für das Geschäftsjahr 2024 erwartet der Vorstand einen Umsatzrückgang von 10 bis 15 % in den beiden Segmenten Motorrad und Fahrrad. Während im Motorrad-Bereich noch ein ausgeglichenes bis leicht positives Ebit erwirtschaftet werden sollte, rechnet der Vorstand im Fahrradgeschäft mit einem deutlich negativen Ebit von -110 bis -130 Millionen Euro. Eine Ertragsverbesserung ist laut Experten ab 2025 zu erwarten. Ob der Kurs bereits das Tief erreicht hat, entscheidet unter anderem der Halbjahresbericht am 26. August.

Ertragsperspektiven bei AT&S und Semperit …
Auf Jahressicht per 18. Juli rund 47 % im Minus liegt auch Semperit. Das Unternehmen ist aus dem medizinischen Handschuhgeschäft komplett ausgestiegen und fokussiert sich auf Industrieprodukte wie Hydraulik- und Industrieschläuche, Fördergurte oder Rolltreppenhandläufe. Erfolgreiche Kostensenkungsprogramme und infolge einer Entspannung der Rohstoffpreise rückläufige Materialaufwendungen wirken bereits positiv. Die Semperit-Gruppe hat in den ersten drei Monaten 2024 einen stabilen Umsatz in Höhe von 176 Millionen Euro erzielt. Das Ebitda konnte um 9,4 % auf 23 Millionen Euro gesteigert werden. Laut Analystenschätzungskonsens sollte der Gewinn/Aktie von 2024 auf 2025 von 1,10 auf 1,71 Euro steigen, woraus bei einem Kurs von 10,76 Euro ein für 2025 günstiges KGV von 6,3 resultieren würde.

Fast 35 % im Minus (auf ein Jahr) liegt der Hersteller von IC-Substraten und Leiterplatten AT&S. Infolge zyklischer Schwankungen in diversen Kundensegmenten, wie mobile Endgeräte, Server und Industrieapplikationen, war im Geschäftsjahr 2023/24 der Umsatz um 13 % auf 1,55 Milliarden Euro rückläufig, während das Konzernergebnis ins Minus drehte. Mittlerweile hat bereits in einigen von AT&S bedienten Industrien eine Stabilisierung stattgefunden. Für 2024/25 geht das Management von einem Jahresumsatz zwischen 1,7 und 1,8 Milliarden Euro und einer um Sonderposten bereinigten Ebitda-Marge zwischen 25 und 27 % aus. Mittelfristig soll AT&S auch vom KI-Trend profitieren und laut MarketScreener sollte der Gewinn/Aktie von 2024/25 auf 2025/26 von 0,805 auf 3,478 Euro steigen, woraus bei einem Kurs von 20,20 Euro ein für 2025/26 erwartetes KGV von relativ günstigen 5,8 resultieren würde.

… und bei Schoeller-Bleckmann
Ebenfalls interessant erscheint Schoeller-Bleckmann, die Spezialkomponenten für die Öl- und Gasexploration liefert und für ihre Richtbohrwerkzeuge weltbekannt ist. Trotz eines Rekordjahres 2023 ist der Aktienkurs auf Jahressicht mehr als 30 % im Minus. Heuer setzt das Unternehmen den Ausbau der Niederlassung in Saudi-Arabien weiter fort und im Bereich Geothermie konnten Kunden in mehreren Ländern gewonnen werden. Laut MarketScreener ist in den kommenden Jahren mit Gewinnzuwächsen zu rechnen.

Foto: Wiener Börse / Daniel Hinterramskogler

 

 

„Nutri-Score“ für nachhaltige Anlageprodukte

Aufsichtsbehörden schlagen simple Klassifizierung für „grüne“ Finanzprodukte vor.

Andreas Dolezal. Seit März 2021 soll die EU-Offenlegungsverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation SFDR) dazu beitragen, Nachhaltigkeitsmerkmale von „grünen“ Finanzprodukten transparent darzustellen. Im Herbst 2023 startete die EU-Kommission eine Konsultation der SFDR, um deren Nutzen für Anleger zu überprüfen. Die europäischen Aufsichtsbehörden für Banken, Versicherungen sowie Markt und Wertpapiere (gemeinsam kurz ESAs) haben dazu im Juni 2024 eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht.

Hürde für Investoren
Die ESAs räumen ein, was Finanzmarktteilnehmer und Anleger in der Praxis bereits festgestellt haben, dass nämlich der gesetzliche Rahmen verbessert werden könnte. Die Offenlegungen sind für Investoren komplex und schwer zu verstehen, insbesondere für Kleinanleger. Verbrauchertests und Rückmeldungen von Verbraucherverbänden zeigen, dass es Anlegern auf Basis der SFDR-Informationen schwerfällt, zu verstehen, wie nachhaltig Finanzprodukte sind.

In ihrer Stellungnahme schlagen die Aufsichtsbehörden die Einführung eines einfachen Kategorisierungssystems oder eines simplen Nachhaltigkeitsindikators für Finanzprodukte vor. Vereinfachte Offenlegungen sollen es Kleinanlegern ermöglichen, das Nachhaltigkeitsprofil eines Finanzprodukts besser zu verstehen und sich im breiten Spektrum nachhaltiger Produkte besser orientieren zu können.

Ähnlich dem Lebensmittelbereich
Die Kategorien sollten aus Sicht der ESAs einfach sein und klare objektive Kriterien oder Schwellenwerte enthalten, anhand derer Anleger feststellen können, in welche „grüne“ Kategorie das Anlageprodukt fällt. Ein simpler Indikator, ähnlich dem „Nutri-Score“ für Lebensmittel, könnte sich auf die ökologische Nachhaltigkeit, die soziale Nachhaltigkeit oder beides beziehen – und diese nachhaltigen Merkmale eines Finanzprodukts in einer bunten Skala veranschaulichen.

Der „Nutri-Score“ ist eine vereinfachte Darstellung von Nährwertangaben auf Lebensmittelverpackungen. Er wird derzeit in einigen wenigen EU-Staaten (Frankreich, Belgien, Deutschland, Luxemburg, Niederlande und Spanien) verwendet. Der Nutri-Score für Lebensmittel ist allerdings der-maßen vereinfacht, dass viele Lebensmittelproduzenten an ihm laute Kritik üben.

Ein „Nutri-Score“ für Anlageprodukte könnte laut den ESAs komplexe Informationen zur Nachhaltigkeit in einem Format vereinfachen, das für Anleger besser verständlich ist. Ähnlich einfache Indikatoren finden Verbraucher heute bereits mit dem synthetischen Risikoindikator in den „Beipackzetteln“ von Anlageprodukten, oder dem Energieverbrauch im Energieausweis eines Gebäudes.

Die Bewertungsskala könnte auf Buchstaben und Farben basieren, wie eben auch beim „Nutri-Score“ für Lebensmittel. Buchstaben und Farben würden die Kategorie widerspiegeln, zu der ein Finanzprodukt gehört. So könnten beispiels-weise die klima- und umweltschädlichsten Produkte durch rote Farbe gekennzeichnet werden, während grüne (für Umweltthemen) und blaue Farben (für soziale Themen) die nachhaltigsten Produkte anzeigen könnten. Zur feineren Abstufung könnten verschiedene Schattierungen derselben Farbe dienen.

Vorschläge
Um sicherzustellen, dass es sich um einen vertrauenswürdigen Indikator für Investoren handelt, sollte sich das Klassifizierungssystem auf klare und objektive Kriterien stützen. Dafür bieten sich laut den ESAs unter anderem die EU-Taxonomie, die Dekarbonisierungsziele oder die Treibhausgasintensität der im Finanzprodukt getätigten Investments an.

Foto: AdobeStock / Studio v-zwoelf

 

 

Empfehlungen der OECD für finanzielle Bildung

Umfragen zur Finanzkompetenz zeigen, dass es vielen Menschen an grundlegenden Kenntnissen mangelt.

Arno Tippow. Auf Vorschlag des Ausschusses der Versicherungen und privaten Altersvorsorge (IPPC Insurance and Private Pensions Committee) und des Ausschusses für Finanzmärkte (CMF Committee on Financial Markets) war auf Ministerebene vom OECD-Rat die Empfehlung zur Finanzkompetenz im Oktober 2020 angenommen worden. Es stelle ein einziges, umfassendes Instrument zur Finanzkompetenz dar, das Regierungen, andere öffentliche Behörden und relevante Interessensgruppen bei ihren Bemühungen zur Gestaltung, Umsetzung und Bewertung von Richtlinien zur Finanzkompetenz unterstütze, so die OECD. Finanzielle Bildung sei in vielen Ländern und Volkswirtschaften zu einer langfristigen politischen Priorität geworden und werde als wichtige Ergänzung zu Marktverhalten, aufsichtsrechtlicher Regulierung und finanzieller Inklusion anerkannt.

Empfehlungen der OECD
Die Empfehlung (Recommendation of the Council on Financial Literacy) der OECD wurde ursprünglich im International Network in Financial Education (INFE) in den Jahren 2017 und 2018 entwickelt. Das INFE ist ein Netzwerk von mehr als 280 öffentlichen Institutionen mit Fachkenntnissen in Finanzkompetenz aus mehr als 130 OECD-Mitglieds- und Nichtmitgliedsländern und Volkswirtschaften. Es wurde 2008 gegründet und spielt eine große Rolle für das Arbeitsprogramm von CMF und IPPC zur Finanzbildung. Dabei werden Aufklärung im Finanzbereich, die Verbesserung des Risikobewusstseins, das Verständnis bei Versicherungsfragen, Altersvorsorge und Kreditanträgen in den Fokus gestellt.

Im Mai 2020 waren laut OECD mehr als 70 Länder und Volkswirtschaften weltweit dabei, nationale Strategien zu Finanzkompetenz zu entwerfen und umzusetzen. Ein wichtiges Instrument dazu stellen die statistischen Erhebungen der Schulbildung dar, wie sie mittels der weltweiten Pisa-Studien vorgenommen werden.

Eigenverantwortung stärken
An der Pisa-Studie während des Abklingens der Covid-19-Pandemie 2022 beteiligten sich 700.000 15-jährige Schüler und Schülerinnen und repräsentierten damit rund 29 Mio Schulbesucher in 81 Ländern. Fast 100.000 Schüler aus 20 OECD-Mitglieds- und Partnerländern nahmen an der optionalen Bewertung der Finanzkompetenz und Finanzbildung teil, darunter in der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) auch Österreich und die Schweiz. Aufgrund der zunehmenden Belastung der öffentlichen Mittel wird von den privaten Haushalten eine stärkere Eigenverantwortung für das eigene finanzielle Wohlergehen erwartet. Das bedeutet, dass die nächste Generation ihre finanzielle Kompetenz und Bildung weiter ausbauen müsse, so die Empfehlung der OECD. Schlecht hinterfragte Finanzentscheidungen könnten nachhaltige Auswirkungen auf die Verbraucher als auch auf die Gesellschaft haben. Die Konsumenten, insbe-sondere aus gefährdeten Gruppen, müssten auch die finanziellen Risiken prekärer Karriere- und Verdienstmöglichkeiten tragen. Diese Risiken ließen sich durch ein vorausschauendes persönliches Finanzmanagement planen und abmildern.

Österreich ganz vorne
Österreich zählt zu den Ländern, die in Bezug auf Financial Literacy über dem OECD-Durchschnitt liegen, so die Studie. Ebenfalls dazu zählen die flämischen Provinzen in Belgien, Teile Kanadas, Tschechien, Dänemark, die Niederlande und Polen.

Im OECD-Durchschnitt erreichten 11 % der Schüler den Top-Level 5; das bedeutet, sie waren in der Lage komplexe finanzielle Produkte zu analysieren und nicht-routinemäßige finanzielle Fragen zu lösen.

Auf oder unter dem niedrigsten Level 1 kamen in der OECD durchschnittlich 18 % der Schüler. Sie können bestenfalls den Unterschied zwischen Bedarf und Wunsch erkennen, einfache Entscheidungen über tägliche Ausgaben treffen und die Bedeutung alltäglicher finanzieller Dokumente wie Rechnungen erkennen.

Wie in fünf weiteren OECD-Ländern schnitten Schüler in Österreich besser ab als Schülerinnen; in vier Ländern zeigten Mädchen bessere Ergebnisse, in zehn Ländern gab es keinen signifikanten Unterschied. Sowohl unter den Bestperformern als auch unter den Schwächsten waren im Schnitt mehr Schüler als Schülerinnen.

Was die OECD empfiehlt
Die Regierungen sollten sicherstellen, dass alle Schüler unabhängig von ihrem sozioökonomischen Hintergrund die gleichen Chancen erhalten, in der Schule finanzielle Bildung zu erwerben, so die OECD. Gefördert werden solle die Finanzkompetenz auch im Umfeld der Schüler. Ebenfalls sei es wichtig, Einstellungen der Schüler zu finanziellen Angelegenheiten zu stärken, um das Interesse an Geldangelegenheiten zu wecken. Auch müssten der Zugang zu und die Nutzung von Finanzdienstleistungen sicher und altersgerecht sein. Dies betreffe insbesondere den Online-Zugang. Und schließlich gehe es auch darum, Maßnahmen zum Verbraucherschutz im Einklang mit den Grundsätzen der G20 und der OECD zu fördern.

Sozioökonomische Gerechtigkeit
Viele Länder haben erhebliche Fortschritte bei der allgemeinen Sekundarbildung gemacht, die für die Ermöglichung von Chancengleichheit und voller Teilhabe an der Wirtschaft von entscheidender Bedeutung ist, zum Beispiel hat Rumänien im letzten Jahrzehnt die Bildung auf bislang marginalisierte Bevölkerungsgruppen ausgeweitet.

In zehn Ländern und Volkswirtschaften verfügte ein großer Anteil aller 15-Jährigen über Grundkenntnisse in Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften, womit ein hohes Maß an sozioökonomischer Gerechtigkeit erreicht wurde. In Europa beispielsweise Dänemark, Finnland, Irland, Lettland und das Vereinigte Königreich.

Starker Leistungsrückgang
„Gleichzeitig kam es bei der Pisa-Erhebung 2022 im OECD-Durchschnitt zu einem beispiellosen Leistungsrückgang“, so OECD-Generalsekretär Mathias Corman. „Der Rückgang der Mathematikleistungen ist dreimal so groß wie bei allen vorherigen aufeinanderfolgenden Veränderungen.“

Tatsächlich gilt im OECD-Durchschnitt mittlerweile jeder vierte 15-Jährige als leistungsschwach in Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften. Dieser Trend ist in 18 Ländern und Volkswirtschaften ausgeprägter, wo mehr als 60 % der 15-Jährigen zurückfielen.

Ein direkter Zusammenhang mit den pandemiebedingten Schulschließungen sei nicht erkennbar. Die mathematischen Leistungen waren bereits vor der Pandemie abgesunken. Negative Trends gab es 2018 neben anderen europäischen Ländern auch in Finnland und den Niederlanden.

Engagement der Eltern
Drei Viertel der Schüler geben an, dass sie sich im Umgang mit verschiedenen Technologien sicher fühlen. Lernmanagementsysteme, schulische Lernplattformen und Videokommunikationsprogramme verwenden heutige Jugendliche spielerisch.

Die einstündige Verwendung digitaler Geräte in der Schule pro Tag verbesserte die Punkteanzahl in Mathematik. Dagegen scheinen Geräte, die in der Freizeit eingesetzt werden (Mobiltelefone) oft zu schlechteren Leistungen zu führen, so die Studie. Manche Schüler fühlen sich durch die digitalen Geräte ihrer Mitschüler abgelenkt oder gestört.

Insgesamt zeigen Bildungssysteme mit positiven Trends bei Engagement der Eltern beim Lernen der Schüler und Schülerinnen zwischen 2018 und 2022 eine größere Stabilität oder Verbesserung der Mathematikleistungen. Das gilt besonders für benachteiligte Studierende. Die aktive Unterstützung der Eltern am schulischen Lernen kann einen entscheidenden positiven Einfluss haben.

Im Durchschnitt der OECD-Länder ist allerdings der Anteil der Schüler in Schulen, in denen die meisten Eltern Gespräche über die Fortschritte ihres Kindes mit einem Lehrer initiieren, zwischen 2018 und 2022 um 10 % gesunken.

Foto: AdobeStock / Dmitry Lobanov

 

 

Warum semiliquide Fonds für Investitionen in erneuerbare Infrastruktur wählen?

Große institutionelle Anleger profitierten viele Jahre lang von Investitionen in illiquide Vermögenswerte, während Privatanleger das Nachsehen hatten und diese hochwertigen Chancen nicht nutzen konnten.

Dazu gehören Investitionen wie direkte Beteiligungen an Infrastrukturprojekten im Zusammenhang mit der Energiewende, die das Potenzial für höhere Renditen, Portfoliodiversifizierung und materielle Vorteile für Umwelt und Gesellschaft sowie Energiesicherheit bieten. Heute eröffnen neue Strukturen Privatanlegern den Zugang zu Investitionen in die Energiewende. Die Experten von Schroders erläutern in diesem Artikel, warum dabei eine „semiliquide“ Struktur sinnvoll ist.

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Ist Gold ein stiller Nutznießer des 3D Reset?

Geopolitische und fiskale Fragilität – Trends, die direkt mit der Demografie und der Deglobalisierung (Aspekte des 3D Reset) zusammenhängen – bewirken heute eine anhaltende und globale Nachfrage nach Gold. Dies könnte unserer Meinung nach eine der stärksten Haussen auslösen, seit Präsident Nixon im November 1971 das Goldfenster schloss.

Zwar hat sich der Goldpreis erholt, die Goldaktien sind jedoch dahinter zurückgeblieben. Trotz starker finanzieller Fundamentaldaten, bedingt durch diese vom Osten angeführte Goldhausse, liegen die Bewertungen nahe an den 40-Jahres-Tiefs, was auf den Pessimismus des Westens in Bezug auf Gold und die schlechte operative Performance einiger Sektorführer zurückzuführen ist. Was könnte das ändern?

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Mittelstand im Sog der Rezession – Kein Lichtstreifen am Horizont

Die Creditreform KMU-Umfrage für Österreich bringt wenig Erbauliches.

(09.07.) Die mittelständische Wirtschaft erwartet keine spürbare Konjunkturerholung im Jahr 2024. Das zeigt die aktuelle Frühjahrsstudie der Creditreform Wirtschaftsforschung in der 1.700 Unternehmen befragt wurden. Demnach haben sich die Geschäftserwartungen im Mittelstand während der letzten sechs Monate kaum verbessert und bleiben mehrheitlich pessimistisch.

„Die Geschäftslage war im vergangenen Winterhalbjahr mehr als unbefriedigend, vor allem im Baugewerbe und im Verarbeitenden Gewerbe. Die Ertragslage kann sogar als katastrophal bezeichnet werden, über der Hälfte der Unternehmen meldete rückläufige Erträge“, fasst Gerhard Weinhofer, Geschäftsführer vom Österreichischen Verband Creditreform, die Ergebnisse zusammen. So sinkt das Creditreform Geschäftsklima-Barometer, das die Ist-Lage, die Erwartungshaltung und als Conclusio daraus die aktuelle Stimmung darstellt, auf minus 5,0 Punkte. Im Vorjahr waren es noch plus 9,7 Punkte. Solch einen schlechten Wert gab es weder am Höhepunkt der Corona-Pandemie noch während der Finanzkrise 2009.

Die Umfrageergebnisse zeigen: Auch in den ersten Monaten des Jahres verzeichnete der Mittelstand eine insgesamt schwache Konjunkturlage. Überwiegend wurden gesunkenen Auftragsbestände gemeldet, die Umsätze entwickelten sich deutlich schwächer als üblich zu dieser Jahreszeit. Nur wenige Unternehmen verzeichneten ein Umsatzplus (18,4 Prozent der Befragten), während 43,6 Prozent der Unternehmen einen Rückgang meldeten.

Erwartungen bleiben pessimistisch
In allen Wirtschaftsbereichen werden die Geschäftserwartungen erheblich von der Rezession beeinflusst und sind größtenteils pessimistischer als im letzten Frühjahr. Der Erwartungsindex des Mittelstandes bleibt im negativen Bereich und lässt eine weiterhin schlechte Geschäftslage in den kommenden Monaten erwarten. Insbesondere das Verarbeitende Gewerbe und der Handel sind pessimistisch. Im Baugewerbe wird der übliche positive Saisoneffekt im Frühjahr dieses Mal von der Krise überlagert.

„Die Erwartungen im Mittelstand sind so zurückhaltend wie seit der Finanzkrise 2009 nicht mehr. Bei den Unternehmen herrscht eine große Unsicherheit, bedingt durch den Ukraine-Konflikt, möglichen Veränderungen in der Geldpolitik und der allgemein schlechten Konjunkturlage“, sagt Weinhofer. Derzeit rechneten nur 17,7 Prozent der befragten Unternehmen mit steigenden Umsätzen (Vorjahr: 26,7 Prozent), mehr als jeder Dritte (34,1 Prozent) erwarte Umsatzrückgänge.

Investitionsbereitschaft historisch niedrig
Die österreichischen KMU haben im letzten Winter mehr Personal abgebaut als neue Stellen geschaffen. Auch dies ist auf unsichere Wirtschaftsaussichten und eine schlechte Auftragslage zurückzuführen. 29,5 Prozent der Unternehmen meldeten eine verkleinerte Belegschaft (Vorjahr: 21,0 Prozent), im Verarbeitenden Gewerbe fast jeder Zweite (45,1 Prozent). In den kommenden Monaten dürfte sich der Personalabbau zudem fortsetzen. Jedes 4. Unternehmen will Personal abbauen.

Hohe Finanzierungskosten und pessimistische Konjunkturaussichten bremsen auch die Investitionsbereitschaft, die auf den niedrigsten Stand seit 1997 gesunken ist. Nur noch 30,7 Prozent der Unternehmen planen Investitionen. „In allen Bereichen des Mittelstandes sinkt die Investitionsbereitschaft. Entsprechend gering ist aktuell die Kreditnachfrage der Unternehmen“, erläutert Weinhofer. Aufgrund der Verschärfung der Finanzierungsbedingungen wachse gleichzeitig die Sorge vor einer Kreditklemme. 50,9 Prozent der Befragten befürchten, keine Finanzierung mehr zu bekommen (Vorjahr: 38,0 Prozent).

Eigenkapitalschwäche im Handel
Der Anteil eigenkapitalschwacher Unternehmen mit einer Eigenkapitalquote von unter 10 Prozent ist zuletzt gestiegen. Besonders im Dienstleistungsgewerbe und im Handel haben viele Unternehmen eine Eigenkapitalschwäche. Gleichzeitig meldeten mehr Unternehmen als im Vorjahr eine solide Quote von über 30 Prozent. Vor allem im Verarbeitenden Gewerbe lag der Anteil eigenkapitalstarker Unternehmen deutlich höher als im Vorjahr.

Conclusio
Die heimische Wirtschaft befindet sich im Sog der negativen Wirtschaftsentwicklung des wichtigsten Handelspartner Deutschland. Zusätzlich bringt eine der höchsten Teuerungsraten in der Euro-Zone wichtige konjunkturtreibende Branchen wie die Immobilienwirtschaft, den Bau sowie die Industrie in Bedrängnis. Dazu kommt angesichts der allgemeinen Verunsicherung durch Polykrisen ein Rückgang im Binnenkonsum. Es wird an der neuen Bundesregierung liegen, die bekannten Themen wie Pension, (Wirtschafts-)Bildung, Integration und Standortsicherung anzugehen und Österreich zukunftsfit zu machen. Ebenso müssen bürokratische Hemmnisse (kein Gold Plating, weniger Berichtspflichten) endlich abgebaut werden, der Staat nach dem Ende der Pandemie schlanker und effizienter werden. Die Exportwirtschaft als wesentliche Konjunkturlokomotive muss durch faire Freihandelsabkommen gefördert werden. In der Steuerpolitik sollte ein Grundsatz gelten: Fleiß und Leistung müssen belohnt werden.

Wenn Künstliche Intelligenz Vermögen verwaltet

Bei Pictet lässt man seit Kurzem Algorithmen bei einem Fonds entscheiden.

Raja Korinek. Die Künstliche Intelligenz (KI) wird in immer mehr Bereichen eingesetzt. Und das offenbar mit Erfolg. Laut einer Auswertung des US-Beratungsunternehmens EY treibt der KI-Höhenflug den Wert der 100 wertvollsten börsennotierten Unternehmen weltweit zunehmend nach oben. Dieser stieg in den ersten sechs Monaten 2024 um 17 % auf knapp mehr als 42 Billionen US-Dollar. An der Spitze steht das US-Softwareunternehmen Microsoft mit einem Börsenwert von 3,32 Billionen US-Dollar. Das Unternehmen integriert unter anderem die KI in seiner Suchmaschine Bing und hat sich obendrein an Open AI, aus dessen Haus Chat GPT stammt, beteiligt. Den zweiten Platz im Ranking belegt Apple, gefolgt vom Chip-Konzern Nvidia.

Mit der Einführung des Chatbots Chat GPT Ende November 2022 wurde das Potenzial der KI erstmals auch einer breiten Öffentlichkeit sichtbar gemacht, konstatiert Gabriele Susinno, Senior Client Portfolio Manager bei Quest (Quantitative Equity & Solutions Team) von Pictet Asset Management, gegenüber dem Börsen-Kurier. Dabei würde die KI schon länger zum Einsatz kommen, wenn auch vielen Menschen deren Einsatz oftmals gar nicht bewusst sei. „Sie wird beispielsweise bei Spamfilter in E-Mails, in GPS-Geräten sowie in Streamingvorschlägen eingesetzt.“

KI wird herausgefordert
Dabei nehme die Fehlerhäufigkeit bei der Datenauswertung ab, je komplexer die Programmierung gestaltet werde, verweist Susinno auf Fortschritte.

Die Anwendung in der Finanzindustrie stelle jedoch eine besondere Herausforderung dar, meint der Experte in Zusammenhang mit dem KI-Einsatz in der Vermögensverwaltung. „Schließlich geht es nicht um die Gesichtserkennung oder um autonomes Fahren, wo die Parameter gleich bleiben. So verändern sich die Finanzmärkte ständig, weshalb die KI regelmäßig angepasst werden muss.“

Sie wird beispielsweise im „Pictet-Quest AI-Driven Global Equities Fund“ angewendet. Das zugrundeliegende Universum ist der MSCI-Weltindex, es besteht somit aus 1.600 Aktien. Sie alle werden von der KI streng durchleuchtet. Zu den Selektionskriterien zählen beispielsweise das aktuelle Analystensentiment, das Preismomentum, aber auch Kalendereffekte. Susinno verweist in diesem Zusammenhang mit dem französischen Luxuskonzern LVMH auf ein konkretes Beispiel hin. Die Aktie ist im Fonds derzeit übergewichtet. Der Quest-Experte erklärt weshalb und verweist unter anderem auf den langfristig positiven Ausblick von Analysten für die Aktie.

Kurzfristig falle hingegen – aufgrund des Kalendereffekts – das Votum gemischt aus. Konkret war die bevorstehende Veröffentlichung von Quartalsdaten gemeint, ein Umstand, der manch einen Analysten etwas vorsichtiger stimmte. Zu den weiteren Investments im Fonds zählen etwa Microsoft, Visa, Apple sowie Mitsubishi.

Laufendes „Tuning“ notwendig Gabriele Susinno verweist im Gespräch mit uns obendrein auf weitere Details beim Investmentansatz. So werde das Portfolio einmal wöchentlich neu balanciert, sprich Gewichtungen angepasst, und das KI-Programm grundsätzlich einmal im Quartal adjustiert. Auch die Nachhaltigkeit spielt im Übrigen eine Rolle. So werden bei diesem Fonds ebenfalls Ausschlusskriterien bei der Selektion angewendet. Obendrein gibt es eine positive Ausrichtung gegenüber Unternehmen, die etwa auf Umwelt und Soziales bei ihren Geschäftsmodellen achten. Insgesamt wird in rund 600 Titel investiert.

Verluste sind jedoch auch bei diesem Produkt nicht ausgeschlossen.

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Einiges spricht weiterhin für Aktien

Auch wenn die Bewertungen überzogen erscheinen, bleiben Experten positiv gestimmt.

Patrick Baldia. Die gut performenden Aktienmärkte und vor allem der anhaltende Höhenflug der großen US-Tech-Unternehmen, wesentlich getrieben vom KI-Trend, haben zuletzt immer mehr Experten auf den Plan gerufen, die vor einer Korrektur bzw. schlimmstenfalls sogar vor einem Crash in den kommenden Wochen und Monaten warnen. „Dass etwa Nvidia im bisherigen Jahresverlauf 31 % zum Wachstum der Marktkapitalisierung des S&P 500 beigetragen hat, bereitet uns Unbehagen“, sagt etwa Luca Paolini, Chefstratege bei Pictet Asset Management.

Nicht wenige Beobachter fühlen sich derzeit an die späten 1990er Jahre erinnert, als Internetaktien einen rasanten Höhenflug erlebten, um dann ab dem Frühjahr 2000 jäh abzustürzen. Stichwort: Dotcom-Blase. Für Karin Kunrath, CIO von Raiffeisen Capital Management, hinkt dieser Vergleich. Viele der damals gehypten Internetaktien wären erst kurz am Markt gewesen, ohne nennenswerte Umsätze oder gar Gewinne aufzuweisen. „Die heutigen, nun auch im KI-Bereich dominierenden großen Tech-Unternehmen sind seit Jahren bzw. Jahrzehnten am Markt, verfügen über starke Geschäftsmodelle und Marktpositionen sowie einen langen Track-Record in der Umsatz- und Gewinnentwicklung“, stellt die Expertin klar. Auch sei der Markt heute deutlich breiter bzw. werde der Aufwärtstrend von wesentlich mehr Sektoren und Einzeltiteln getragen.

Aktien weiterhin übergewichtet
Wie sollen Anleger im Aktienbereich vorgehen? Sowohl bei Raiffeisen Capital Management als auch Pictet bleibt man in der Anlageklasse weiter offensiv positioniert bzw. übergewichtet. Dennoch scheint etwa bei US-Aktien etwas Vorsicht angebracht. Bei Raiffeisen Research wird etwa von einer allzu starken Übergewichtung abgeraten. Auch ein Sektoren-Shift könnte Sinn machen. Bei Picet Asset Management reduziere man etwa derzeit die IT-Positionierung. Insgesamt spreche für Aktien das stetige Wirtschaftswachstum, die sich verbessernden Aussichten für Unternehmensgewinne sowie mögliche Zinssenkungen, so Paolini. Auf Sektorenebene habe man Versorger und Kommunikationsdienste übergewichtet und Immobilienaktien untergewichtet. In geographischer Hinsicht bleiben Aktien der Eurozone, der Schweiz und Japans übergewichtet. Zwar hätten die vorgezogenen Neuwahlen in Frankreich Europa zugesetzt, dennoch biete die Region Zugang zu einer nachhaltigen zyklischen Erholung zu einer attraktiven Bewertung.

„Auch wenn es derzeit insbesondere an geopolitischen Spannungen nicht mangelt und gewisse Risikofaktoren für temporäre Marktkorrekturen zweifelsfrei bestehen, sehen wir weiterhin ein insgesamt konstruktives Marktumfeld für ‚risky assets‘“, so auch Kunrath. Vor allem an den entwickelten Aktienmärkten wären die Rahmenbedingungen positiv.

Auch bei Invesco bleibt man im „Risk-on“-Modus. „Angesichts des positiven makroökonomischen Umfelds sind wir in risikoreicheren Anlagen übergewichtet, halten die Risiken jedoch unter Kontrolle, da die sehr ausgereizten Bewertungen das Aufwärtspotenzial für risikoreiche Anlagen begrenzen“, erklärt Kristina Hooper, Chief Global Market Strategist. So sehe man etwa ein nennenswertes Risiko, dass die Märkte zu optimistisch sein könnten und mögliche Probleme nicht vollständig eingepreist hätten. Auf der Rechnung hat man bei der US-Investmentgesellschaft etwa Nicht-US-Dollar-Anlagen sowie zyklischere Aktien, Value-Aktien und Small-Caps. Sie würden von einem stärkeren globalen Wachstum am meisten profitieren.

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Photovoltaik: Aktienkurse hinken hinterher

Ein Erfolgszug der Photovoltaik, der sich in den Kursen nicht widerspiegelt.

Roman Steinbauer. Die hohen Wachstumsraten für Wind- und Photovoltaik-Module spiegeln sich keineswegs an den Börsennotizen. Nach einer Phase des starken Aufschwungs bis zum Erreichen eines Peaks im Jänner 2021 mit 2.115 Punkten erodierte der „S&P Global Clean Energy Index“ ungebremst. Mit aktuell 875 Zählern steht dieser (vorwiegend westliche Gesellschaften beinhaltende Index) um 59 % tiefer.

Vor allem in der Photovoltaik ist die mangelnde Profitabilität europäischer Anbieter gegenüber den oft preisgünstigeren Produkten aus Fernost augenscheinlich. Die Enttäuschung zieht sich bis zum jüngsten Geschehen um das Schweizer Solartechnik-Unternehmern Meyer Burger. Zuletzt an der Börse SIX Swiss nur noch als „Penny-Stock“ geführt, wurde mit 1. Juli ein Reverse Split von 750:1 vollzogen. Das Unternehmen mit Geschäftssitz Thun erzielte im Jahr 2023 mit 1.200 Mitarbeitern Erlöse von 135 Millionen Schweizer Franken (139,73 Millionen Euro) und konnte seit 2019 keine Gewinne mehr erzielen. Aber auch die Kurse von Enphase Energy, Sunrun, SolarEdge, Array Technologies oder Canadian Solar bewegen sich entlang neuer Tiefststände.

Überschrittener Wendepunkt
Solarpaneele dürften bei grünen Energievarianten dabei in Zukunft die Dominanz übernehmen. Das Fachmedium Ingenieur.de, das Entwicklungen in Technik und Wissenschaft publiziert, berichtete bereits im Oktober 2023 von einem überschrittenen Wendepunkt. Die Autorin Nicole Lücke berief sich dabei auf eine Studie der University of Exeter, die den Siegeszug der Photovoltaik als „sehr wahrscheinlich“ einstufe. Noch vor dem Jahr 2050 werde diese die führende Rolle bei Energieträgern übernehmen, ohne dass es einer „ehrgeizigen Klimapolitik“ bedürfe.

Der Zusammenhang mit Wasserstoff treibe den Sektor zusätzlich an und direkt Sonnenenergie nutzende Systeme würden immer effizienter. Falls der rasche technologische Fortschritt Bestand habe, reiche die globale Verfügbarkeit der Solarenergie, die Windkraft und Geothermie dauerhaft auszustechen. Das Fachmagazin zitierte den Wissenschaftler Femke Nijsse, der einen Zyklus ausmachte. Dieser bewege sich in einem Kreislauf zwischen der Einführung von Technologien und der Erkenntnis der Unternehmen, zu einer kostengünstigeren wirtschaftlichen Nutzung. Schreibe man diesen Zyklus fort, sei das künftige Tempo des Wachstums der Solarenergie relativ darstellbar.

Dass die Power Construction Corp. of China im Juni in der Provinz Xinjiang die mit 200.000 Hektar weltgrößte Solarfarm in Betrieb nahm (jährlich sollen mehr als 6 Mrd kw/h Strom produziert werden) kann als weiterer Beleg des Trends gesehen werden.

Foto: AdobeStock / Fenris Wolf

 

 

„Magnificent Seven“ driften auseinander

Ein Marktkommentar von Peter Bates, Portfoliomanger Global Equities bei T. Rowe Price.

(21.06.) In den letzten Jahren wurde der US-Aktienmarkt von den „Magnificent Seven“ dominiert, aber es gibt Anzeichen dafür, dass sich diese einst homogene Gruppe von Large-Cap-Wachstumsunternehmen aufzulösen beginnt. Die überdurchschnittliche Performance der „Magnificent Seven“ trieb den S&P 500 Anfang des Jahres auf neue Höchststände und führte dazu, dass sich der Index in einem noch nie dagewesenen Maße konzentrierte.

Seit Ende Mai haben NVIDIA, Meta, Microsoft und Amazon den Markt weiterhin übertroffen, während Apple, Alphabet und Tesla ins Hintertreffen geraten sind. Da es unwahrscheinlich ist, dass sich die Vorteile der KI-Technologie gleichmäßig auf die Mitglieder der “Magnificent Seven” verteilen werden, ist eine weitere Streuung innerhalb der Gruppe zu erwarten.

Weniger Zinssenkungen dürften Value-Aktien begünstigen
In der Zwischenzeit könnten Value-Aktien für ein Comeback bereit sein, da die Anleger versuchen, ihr Engagement über die „Magnificent Seven“ hinaus zu diversifizieren, insbesondere angesichts der wachsenden Erwartung, dass das Umfeld höherer Zinsen anhalten wird. Wenn die Fed nur wenige oder gar keine Zinssenkungen vornimmt, dürften Value-Unternehmen davon profitieren, da sie tendenziell eher zinsempfindlich sind und in der Regel in einer Welt, in der die Zinssätze länger höher blieben, besser abgeschnitten haben. Und obwohl Value-Aktien in den letzten Monaten besser abgeschnitten haben, werden sie weiterhin mit einemerheblichen Abschlag gegenüber Wachstumswerten gehandelt. Wenn die Bedingungen weiterhin Value-Aktien begünstigen – und wir glauben, dass dies der Fall sein wird – könnte die Dominanz der Growth-Aktien allmählich schwinden.

Die Chancen werden größer
Small-Cap-Aktien werden momentan mit einem erheblichen Abschlag gegenüber größeren Unternehmen gehandelt, nachdem sie mehrere Jahre lang mit einer hohen Inflation und einem steilen Anstieg der Kreditkosten zu kämpfen hatten. Während das Anhalten eines höheren Zinsniveaus den Aufwärtstrend von Small-Cap-Aktien begrenzen könnte, dürften sich die Erträge kleinerer Unternehmen verbessern, wenn die Zinsen sinken.

Obwohl wir glauben, dass Value- und möglicherweise Small-Cap-Aktien die Dominanz der Large-Cap-Wachstumswerte anzufechten beginnen, ist es wichtig, den Unterschied zwischen einer Ausweitung der Marktchancen und einer Rotation zwischen Marktstilen, Sektoren oder Kapitalisierungen zu betonen. Wir sagen nicht den baldigen Untergang der „Magnificent Seven“ voraus, sondern rechnen mit einer kontinuierlichen Ausweitung der Chancen auf mehr Unternehmen und Sektoren im gesamten Markt, die in der Vergangenheit möglicherweise zurückgeblieben sind.

Mehr als nur eine Blase

Angefeuert von Megatrends kennen die Tech-Aktienkurse fast nur eine Richtung.

Christian Sec. Die Wachstumsfantasien scheinen in der Tech-Branche, nicht zuletzt aufgrund der KI-Revolution, grenzenlos. Der Nasdaq 100, als wichtiger Indikator für die Performance von Technologieunternehmen in den USA hat in den vergangenen zwölf Monaten rund 32 % zugelegt. Aber auch längerfristig performt die Technologiebranche besser als der gesamte Aktienmarkt. Der MSCI World Information Technology, weist für die letzten zehn Jahre eine annualisierte Rendite von 19,3 % auf. Die Performance ist damit doppelt so hoch, wie die des MSCI World (+9,13 %). Angesichts dieser hohen Kursanstiege stellt sich die Frage, wie lange dieser Boom noch anhalten kann. Denn immerhin liegt das KGV des MSCI World IT bei rund 39 (KGV MSCI World: 21,7).

Die Branche sorgt sich jedoch nicht allzu sehr über die hohe Bewertung. So liegt der erwartete Gewinnanstieg pro Aktie beim MSCI World IT bei fast 15 % für das nächste Jahr, und damit um einiges höher als in den meisten anderen MSCI-Branchen-Indizes. Dieses beschleunigte Gewinnwachstum im Tech-Bereich werde die Bewertungen wieder normalisieren, ist Bernhard Ruttensteiner, Manager des „Erste Stock Tech“-Fonds, überzeugt. Weiters sorge die kontinuierliche Innovation in diesem Sektor für stabile Gewinnmargen und viele Unternehmen haben daher auch eine gute Preissetzungsmacht. Von der Aufrüstung in der KI profitiert der Marktführer bei KI-Chips Nvidia ganz besonders. Als Meta bekanntgab, um 3 Milliarden US-Dollar mehr in KI zu investieren, stiegen die Aktien von Nvidia im selben Atemzug um 3 %.

US-Zentrierung
Egal ob MSCI World IT oder aktiv gemanagte Tech-Aktienfonds, die Top-Werte sind die üblichen Verdächtigen. Microsoft, Apple und Nvidia gehören in jedem weltweiten Tech-Fonds zu den Top-Werten. Beim MSCI IT bilden die drei Werte 54 % des Gesamtvolumens des Index. Beim „Erste Stock Techno“ und dem „Raiffeisen High-Tech ESG“ sind es derzeit rund

25 %. Nicht verwunderlich ist die starke US-Konzentrierung bei den globalen Tech-Fonds sowie im Index. Beim MSCI-Tech-Index liegt der US-Anteil bei 89 %, beim „Erste Stock Tech“ sowie beim Fonds von Raiffeisen bei 81 %.

Richtung Asien
Wer daher ein wenig von der US-Zentrierung Abstand gewinnen und z. B. exklusiv in den Technologiesektor Asiens investieren möchte, der könnte den „Wellington Asia Technology Fund“ ins Auge fassen. Die Fünf-Jahres-Gesamtperformance des Fonds liegt bei mehr als 100 %. Japan und Taiwan sind am stärksten gewichtet, mit etwa 37 respektive 26 %. Danach folgt China mit 18 %. Der größte Wert des Fonds ist dabei Taiwan Semiconductor Manufactoring. Der weltweit größte Auftragsfertiger für Halbleiterprodukte profitiert vom KI-Boom und der damit großen Nachfrage nach Chips. Beim „Raiffeisen High-Tech ESG“ ist dieser Wert auch der stärkste Nicht-US-Wert im Portfolio.

Wer über einen Fonds in europäische Tech-Werte investieren möchte, hat viele verschiedene ETFs zur Auswahl. Zum Beispiel könnte man in den MSCI-Europe-IT Index-investieren. Die Performance lag 2023 bei 39 %, das KGV bei rund 33. Der stärkste Titel im Index ist das niederländische Halbleiterunternehmen ASML. Übrigens ist dies auch der stärkste europäische Titel im Erste-Stock-Tech-Fonds.

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Fondssparpläne kritisch betrachtet

Die Chancen und die Grenzen des Cost-Average-Effektes.

Michael Kordovsky. Schritt für Schritt Vermögen aufbauen und dabei durch den Cost-Average-Effekt den Einstandskurs systematisch optimieren – das sind die großen Vorteile von Sparplänen. Der sogenannte „Cost-Average-Effekt“ (oder Durchschnittskosteneffekt) ist eine Anlagestrategie, bei der regelmäßig feste Beträge in einen Investmentfonds investiert werden, unabhängig vom aktuellen Kursniveau. Diese Methode kann die Auswirkungen der Marktschwankungen glätten und potenziell zu einer Verringerung des durchschnittlichen Kaufpreises der Fondsanteile führen.

Der Hauptvorteil des Effekts liegt somit in seiner Fähigkeit, das Timing-Risiko zu minimieren. Anleger müssen sich nicht darum kümmern, den Markt zu „timen“, da sie kontinuierlich investieren. Dies ist besonders vorteilhaft in volatilen Märkten, da mehr Anteile gekauft werden, wenn die Preise niedrig sind, und weniger Anteile, wenn die Preise hoch sind. Diverse historische Auswertungen haben gezeigt, dass diese Methode langfristig zu einer positiven Rendite führen kann. Auch Überrenditen sind möglich, wenn über volatile Seitwärtsbewegungen oder Bärenmärkte günstig akkumuliert werden kann, sofern der betreffende Markt auch wieder schnell nach oben dreht: Das hat sich beispiels-weise von Anfang Jänner 2011 bis Ende Mai 2024 im „Amundi MSCI World II“ (ISIN: FR0010315770) in Euro gezeigt: Die Sparplan-Performance von 11,9 % steht einer Einmalerlag-Performance von 11,3 % p.a. gegenüber.

Grenzen des Effekts
Der Cost-Average-Effekt verliert jedoch an Wirksamkeit bei stark ausgeprägten Abwärtstrends mit niedriger Volatilität. Geht es kontinuierlich bergab, besteht das größte Risiko darin, dass Volatilität und Marktrückgänge den durchschnittlichen Kaufpreis weniger effektiv senken, wenn die Märkte nicht wieder rechtzeitig anziehen. Ein Einmalerlag zu einem niedrigeren Einstiegszeitpunkt kann dann häufig die bessere Alternative sein. Hinzukommt noch, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt die Volatilität der bereits angesparten Fonds viel stärker ins Gewicht fällt als der zusätzliche Effekt weiterer Sparraten.

Als Beispiel nehmen wir einen ETF-Sparplan im „Amundi MSCI World II“ über die vergangenen fünf Jahre bis Ende Mai 2024. Monatlich werden 100 Euro angespart. Nach fünf Jahren belaufen sich die monatlichen Einzahlungen auf 6.000 Euro und das angesparte Vermögen liegt bei 8.331 Euro. Die nächste Sparrate wären nur noch 1,2 % des bereits ansparten Betrags. Dem steht eine Volatilität von 13,3 % p.a. in den vergangenen drei Jahren gegenüber. Im Gegensatz dazu würde unter Annahme einer Nullperformance nach zehn Sparraten die nächste Sparrate noch 10 % des angesparten Betrags ausmachen. Da fällt der Cost-Average-Effekt noch ins Gewicht.

Wo ist dann die Grenze, die Anleger zum Stopp des Sparplanes veranlassen könnte? Hier eine Orientierungshilfe: Zumindest sollten die nächsten zwölf Monatssparraten betragsmäßig so hoch sein, dass sie das Ausmaß der Volatilität abdecken. Im Falle des Beispiels wären es 13,3 % von 8.331 Euro, also 1.108 Euro. Damit wäre alles

noch im Rahmen (zwölf Sparraten machen 1.200 Euro aus). Doch sobald die Grenze erreicht ist, bestehen zwei Möglichkeiten: entweder den Sparplan beenden oder entsprechend aufstocken.

Zusätzlich kann nach mehreren Jahren der Ansparung der angesparte Teil abgesichert werden. Wird die 200-Tage-Linie im Chart des betreffenden Fonds oder ETFs nachhaltig unterschritten, kann eine Reduktion der Position um beispielsweise die Hälfte erfolgen.

Geeignete Fonds für Sparpläne
Für Fondssparpläne eignen sich besonders breit diversifizierte Aktienfonds und ETFs (Exchange Traded Funds). Diese bieten eine Streuung des Risikos über viele Einzelwerte und Märkte. Insbe-sondere globale Aktienfonds und ETFs sind für langfristige Sparpläne geeignet, da sie das Risiko über verschiedene Länder und Branchen streuen. MSCI World ETFs oder S&P 500 ETFs sind Beispiele für Produkte, die aufgrund ihrer Diversifikation und langfristigen Wachstumschancen für Sparpläne geeignet sind. Aber es ist auch eine Kombination aus Anlagestilen (Value, Growth oder anderes), Regionen, Investmentthemen mitsamt Beimischung von Anlageklassen wie Anleihen, Rohstoffe, Edelmetalle und offener Immobilienfonds möglich. Vorsichtige Anleger können sogar ausgewogene Mischfonds besparen. Wichtig ist zum einen eine gewisse Vola, doch langfristig wird Kapital aufgebaut und das soll dann schon möglichst breit diversifiziert und solide ausgestellt sein.

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Größte Medikamentenklasse ist am Entstehen

Ein Gastkommentar von Christian Lach und Lukas Leu von Bellevue Asset Management. Die beiden Autoren sind die Portfolio Manager des Bellevue Obesity Solutions (Lux) Fonds.

Red. Die renommierte Fachzeitschrift The Lancet hat eine Studie veröffentlicht, die das Ausmaß der Adipositas-Pandemie verdeutlicht: Weltweit leiden bereits mehr als eine Milliarde Menschen an Übergewicht. Im Jahr 2020 waren 38 % der Weltbevölkerung über fünf Jahren übergewichtig oder fettleibig. Bis 2035 wird mit einem Anstieg auf 51% gerechnet, was einem jährlichen Wachstum von 3 % entspricht. Seit 1975 hat sich die Adipositas weltweit fast verdreifacht. Diese Zahlen und Entwicklungen sind dramatisch.

Lösungen zur Prävention und Behandlung von Adipositas sind gefragter denn je. Dank der jüngsten Fortschritte sind wir an einem Wendepunkt angelangt, der eine noch nie dagewesene Dynamik ausgelöst hat. Der Markt für sichere und wirksame Therapeutika ist weit offen, da beispielsweise in den USA nur 2 % der Adipositas-Patienten medizinisch behandelt werden. Die Wachstumsrate des Marktes wird auf 25 bis 30 % pro Jahr geschätzt (CAGR 2022 bis 2030).

Derzeit wird der Markt für GLP-1-Medikamente von Novo Nordisk und Ely Lilly dominiert. Novo Nordisk beeindruckt mit seiner Marktführerschaft im Bereich der Adipositasbehandlung und einem optimistischen Ausblick für seine Pipelinekandidaten. Die Umsatzprognose für den globalen Adipositasmarkt wurde deutlich auf 100 Milliarden US-Dollar im Jahr 2030 angehoben. Die Zuversicht von Novo Nordisk beruht auf Fortschritten in der Produktion und der Entwicklung von Produkten der nächsten Generation wie CagriSema und Amycretin. Die Pipeline ist voll mit neuen Ansätzen in den Bereichen Fettleibigkeit, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und seltene Krankheiten. Die Novo-Nordisk-Aktie wird derzeit mit einem KGV von 32 gehandelt, was einer Prämie von 60 % gegenüber dem Markt entspricht. Aber das geschätzte Wachstum ist mit 12 % (EPS CAGR 2025 – 2028) viermal so hoch wie im Sektor.

Mindestens sieben biopharmazeutische Unternehmen wetteifern derzeit um den größten Gewichtsverlust. In der zweiten Jahreshälfte werden wichtige Neuigkeiten von Amgen, Structure Therapeutics, Roche sowie Viking Therapeutics erwartet. Für die Kostenerstattung ist entscheidend, dass die Medikamente einen positiven Einfluss auf Gesundheitsparameter haben. Im Fokus stehen dabei Sicherheit und Verträglichkeit, die für den zukünftigen Markterfolg immer wichtiger werden.

Über den Tellerrand schauen
Für einen nachhaltigen Erfolg bei der Gewichtsreduktion ist jedoch ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich. Die Wertschöpfungskette ist daher deutlich breiter als man auf den ersten Blick vermuten könnte und geht über die GLP1-Medikamente hinaus. Sie reicht von der Prävention über die Diagnostik und Behandlung bis hin zur Therapie von Folgeerkrankungen.

Die Unternehmen zeichnen sich durch ein überdurchschnittliches Umsatzwachstum, hohe Bruttomargen, eine attraktive Pipeline und ein solides Finanzierungsprofil aus. Die Obesity-Wertschöpfungskette umfasst die folgenden Bereiche:

Ernährung und Bewegung: Unternehmen mit klarem Bezug zur Behandlung und Prävention von Adipositas in den Bereichen Ernährung, Fitness und Sport. Ein erwähnenswertes Unternehmen ist Smartfit, das viertgrößte Fitnessstudio der Welt mit Sitz in Brasilien. Trotz 4,8 Millionen aktiven Mitgliedern ist die Marktdurchdringung in Südamerika noch gering. Ein EPS-Wachstum von 30 % ist daher möglich.

Diagnostik und Therapie: Biopharmazeutische Unternehmen mit klarem Fokus auf die Behandlung von Übergewicht bzw. Adipositas und Begleiterkrankungen sowie Medtech-Unternehmen für Diagnostik, chirurgische Lösungen oder Therapieüberwachung sowie Produktions- oder Vertriebsunternehmen.

Begleiterkrankungen: Biopharma- und Medtech-Unternehmen, die in der Diagnostik und Behandlung von Folgeerkrankungen aktiv sind, sowie Dienstleistungsunternehmen wie Krankenhäuser mit ganzheitlichem Diabetes-Management, Rehabilitations- oder Dialysezentren.

Die Aussichten für Investoren sind vielversprechend, denn das Umsatzwachstum im Bereich der Adipositas-Therapie soll jährlich um mehr als 20 % steigen.

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Dekarbonisierung Europas – wie Net Zero den europäischen Aktien Energie verleiht

Ein Kommentar von Niall Gallagher und Chris Legg von GAM Investments.

(17.06.) Die Erfüllung der Netto-Null-Verpflichtungen bis 2050 wird eine große Herausforderung sein, die alle Wirtschaftszweige betrifft und weitaus mehr Ressourcen erfordert, als viele politische Entscheidungsträger schätzen oder ihren Wählern gegenüber zugeben wollen. Doch für Anleger bietet das ehrgeizige Streben nach Dekarbonisierung bei einer Reihe von europäischen Unternehmen attraktive Chancen.

Von den Vereinten Nationen bis zur Europäischen Union ist die Verpflichtung, bis 2050 Netto-Null-Ziele zu erreichen, scheinbar in Stein gemeißelt.

In der Praxis wird das Erreichen dieser sehr ehrgeizigen und sehr lobenswerten Ziele jenseits der Schlagworte viel leichter gesagt als getan sein. Als Manager der Ersparnisse unserer Kunden sind wir jedoch davon überzeugt, dass die Dekarbonisierung eine große Chance darstellt, unseren Anlegern langfristige Renditen zu bieten.

Seit einiger Zeit bietet das Streben nach Dekarbonisierung eine Fülle von Möglichkeiten, und wir haben versucht, unsere Portfolios so zu positionieren, dass sie die unserer Meinung nach überzeugendsten Aussichten auf ein nachhaltiges, langfristiges Ertragswachstum nutzen, die sich aus dem Streben nach Netto-Null-Emissionen ergeben.

Wie Anleger die Chancen nutzen, die sich ihnen durch die Dekarbonisierung und den Investitionssuperzyklus bieten – neben anderen Faktoren, die das neue Zeitalter prägen, wie die Normalisierung der Zinssätze, der Aufstieg der asiatischen Mittelschicht und die digitale Transformation -, wird die langfristigen Renditen bestimmen, die sie von ihrem Portfolio erwarten können.

Erreichen von Netto-Null-Emissionen bis 2050: Eine gewaltige Herausforderung
Die unbequeme Wahrheit ist, dass die Energienachfrage weiter steigen wird. Dieser Nachfrageanstieg wird durch die wachsende Weltbevölkerung, vor allem aber durch den höheren Pro-Kopf-Energieverbrauch in den Schwellenländern angetrieben, wo der Pro-Kopf-Energieverbrauch nur einen Bruchteil des Niveaus der Industrieländer beträgt. Und wenn das Angebot nicht steigt, um die wachsende Nachfrage zu decken, könnten Entwicklungsländer weiterhin die Quelle nutzen, die ihnen am meisten zur Verfügung steht – Kohle oder sogar Holz in den am wenigsten entwickelten Ländern. Kohle ist nicht nur wegen der daraus resultierenden Luftverschmutzung schlecht für die menschliche Gesundheit, sondern setzt auch doppelt so viel CO2 pro erzeugter Energieeinheit frei wie Gas. Wir sind der Meinung, dass die Investitionen in Energie/Ressourcen – insbesondere in Gas, einem wichtigen Übergangskraftstoff und Backup für intermittierende erneuerbare Energien – anziehen müssen. Andernfalls wird die Welt wahrscheinlich höhere Energiepreise und gar Engpässe sowie einen höheren Kohleverbrauch erleben.

Wir müssen auch die politischen Herausforderungen in Betracht ziehen, die sich ergeben, wenn Politiker von ihren Wählern verlangen, ihre Kohlenstoffemissionen zu reduzieren – die Kosten dafür sind unmittelbarer als der längerfristige Nutzen für die Umwelt. Da einige Politiker in ihrem Bestreben Netto-Null-Emissionen zu erreichen, bereits mit einem gewissen Widerstand der Wähler konfrontiert sind – und trotzdem noch eine Chance haben, wiedergewählt zu werden -, können wir nicht ausschließen, dass der realistische Zeitplan weiter nach hinten verschoben wird. So bewundernswert das Ziel 2050 auch sein mag, in der realen Welt ist es aus technischen, finanziellen und politischen Gründen eine große Herausforderung. Und wir haben schon viel zu spät begonnen zu handeln!

Die neue Reise der Kapitalanlagen – vom Rost zum Boom?
Nach Angaben der IEA1 müssen sich die jährlichen Investitionen in saubere Energie weltweit bis 2030 auf rund 4 Billionen USD mehr als verdreifachen, um bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen.

Da die Dekarbonisierung eine der wichtigsten politischen Prioritäten in den USA und Europa ist, müssen die Investitionen in Sachanlagen in der gesamten OECD deutlich ansteigen. Was die Frage aufwirft, wie die bestehende Infrastruktur den Übergang zur Dekarbonisierung bewältigen wird. So ist die Realität, dass die Investitionen nach der globalen Finanzkrise (GFC) über einen längeren Zeitraum zu niedrig waren – wobei die Infrastruktur und der Kapitalstock in vielen Industrieländern sowohl alt als auch in schlechtem Zustand waren.

Unternehmensinvestitionen auf niedrigem Niveau
In den USA belaufen sich der Inflation Reduction Act und andere Massnahmen auf ca. 2 Billionen USD an direkten oder indirekten Mitteln. Europa muss darauf reagieren – sowohl finanziell als auch hinsichtlich der Planung von Reformen – oder es wird weiter zurückfallen.

Die Erleichterung der Energiewende, und die Hoffnung, die Netto-Null-Ziele bis 2050 auch nur annähernd zu erreichen, erfordert einen Investitionsschub in einer Reihe von Sektoren und Branchen – von der Energiewirtschaft selbst über die Elektrifizierung (weit über Fahrzeuge hinaus), die Sanierung von Wohn- und Geschäftsgebäuden bis hin zur Fertigungs- und Prozessindustrie.

Net Zero ist eine große Chance, unseren Investoren Rendite zu bieten
Als Investment Manager ist es unsere Aufgabe, für die Menschen, die uns ihre Ersparnisse anvertrauen, attraktive Renditen zu erzielen. Wir konzentrieren uns auf die Chancen, die das Thema Dekarbonisierung bietet. Und angesichts des Ausmaßes der Ambitionen der politischen Entscheidungsträger und der Schwierigkeiten, mit denen sie sich erst jetzt auseinandersetzen, um diese zu erreichen, erstrecken sich die Investitionsmöglichkeiten auf eine ganze Reihe von Branchen, die alle eine Rolle spielen müssen.

Nutzung von Chancen innerhalb des Energiesystems
Wir glauben, dass viele der überzeugendsten Möglichkeiten, die wir sehen, in bestehenden Unternehmen liegen, die eng mit den Energiesystemen verbunden sind, auf die wir uns heute verlassen. Während einige Befürworter der Netto-Null-Emissionen die bestehenden Energieunternehmen ganz aufgeben oder auf deren Veräußerung drängen wollen, sind wir in der Realität der Meinung, dass die bestehenden großen Unternehmen eine wichtige Rolle spielen, wenn wir bei der Dekarbonisierung sinnvolle Fortschritte erzielen wollen. Weltweit verfügen diese Unternehmen – von denen wir viele, wie Shell und Total, schon seit längerem in unseren europäischen Portfolios bevorzugen – über das Fachwissen Tausender hochqualifizierter Ingenieure und Projektmanager sowie über eine Marktpositionierung, fundierte Kenntnisse über die Funktionsweise der Energiewirtschaft und Hunderte von Milliarden Dollar an operativem Cashflow pro Jahr, um die Energiewende zu unterstützen und voranzutreiben. Diese Unternehmen sollten bei der Energiewende nicht an den Rand gedrängt werden – sie müssen in der Zukunft der kohlenstoffarmen Energie an vorderster Front und im Mittelpunkt stehen, wenn wir überhaupt Aussicht auf Erfolg bei der Dekarbonisierung haben wollen.

Innerhalb des Energiesystems erweist sich die Übertragung und Verteilung von Elektrizität als ein erheblicher Engpass. Die steigende Elektrizitätsnachfrage (und die erforderliche Komplexität des Systems) werden die Sanierung, den Ausbau und den Ersatz bestehender Systeme erforderlich machen. Die Übertragungs- und Verteilungsnetze müssen um ein Vielfaches vergrößert werden – nach einigen Schätzungen um das Fünffache weltweit. Wir sind der Ansicht, dass Unternehmen wie Prysmian, Schneider Electric, Linde und Atlas Copco – Positionen in unseren Portfolios – gut positioniert sind, um voraussichtlich eine Schlüsselrolle beim Ausbau der Stromnetze und dem erforderlichen Investitionsschub in das Energiesystem zu spielen.

Die hier beschriebenen spezifischen Investitionen stellen nicht alle Investitionsentscheidungen des Managers dar. Der Leser sollte nicht davon ausgehen, dass die identifizierten und besprochenen Anlageentscheidungen profitabel waren oder sein werden. Die hierin enthaltenen Verweise auf spezifische Anlageempfehlungen dienen lediglich der Veranschaulichung und sind nicht notwendigerweise repräsentativ für Anlagen, die in der Zukunft getätigt werden.

Stromnetze: Der größte Engpass?
Die weltweiten Stromübertragungsleitungen müssen bis 2050 um das Fünffache erhöht werden, von 7 Mio. auf 35 Mio. Leitungskilometer, da der Strombedarf um das 2,5-fache und die Übertragungsintensität um das 2,25-fache steigt.

Ein weiterer Kostenfaktor bei der Dekarbonisierung des Energiesystems ist das Erfordernis der Ausfallsicherheit, der Energiespeicherung und einer Reservestromquelle. Biokraftstoffe und synthetische Kraftstoffe, die häufig aus erneuerbaren Ressourcen hergestellt werden, können ebenfalls eine Rolle bei der Verringerung der Treibhausgasemissionen spielen, wobei nachhaltiger Flugkraftstoff als wesentliches Element der Verpflichtung der Luftfahrtindustrie zur Erreichung der Netto-Null-Ziele angesehen wird. Grüner und blauer Wasserstoff, die durch Elektrolyse von Wasser mit erneuerbaren Energien bzw. aus Erdgas mit Hilfe von Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS) hergestellt werden, können als Kraftstoff für den Verkehr, für industrielle Prozesse und als Energiespeicher verwendet werden. Bislang sind viele dieser neuen Technologien jedoch noch auf staatliche Unterstützung angewiesen, und die Kosten liegen weit über denen der herkömmlichen Technologien. Wir sind daher vorsichtig, hier außerhalb bestehender Unternehmen mit attraktiver Kapitalrendite (ROC) wie Atlas Copco und Linde zu investieren, die von einer schrittweisen Erweiterung ihres Produktangebots in diesen Segmenten profitieren können. Und Erdgas, möglicherweise mit CCS, dürfte eine wichtige Rolle bei der Unterstützung der intermittierenden erneuerbaren Energien spielen.

Aufbau einer kohlenstoffärmeren Zukunft: Bauwesen, Mobilität und industrielle Prozesse
Moderne Gebäudesysteme werden ständig weiterentwickelt, um eine umweltfreundlichere Zukunft zu unterstützen, die von den sich ständig ändernden Erwartungen der Verbraucher und den Anforderungen an umweltfreundliche Gebäude bestimmt wird. Dies gilt sowohl für den Bau neuer Gebäude als auch für die Renovierung bestehender Anlagen. Um von der Nachfrage nach kohlenstoffarmen Gebäudelösungen einschließlich Isolierung und der Bereitstellung von Mietgeräten zu profitieren, sind Unternehmen wie Kingspan, Saint Gobain und Ashtead in unseren Portfolios seit langem übergewichtet.

Bei der Mobilität spielt die Verkehrsinfrastruktur eine wichtige Rolle, um Fortschritte bei den Klimazielen zu erreichen. In der automobilen Wertschöpfungskette schätzen wir Unternehmen wie Infineon und ST Micro, die Leistungshalbleiter liefern – ein Kernstück von Elektrofahrzeug-Antriebssträngen. Über Elektroautos hinaus tragen die von uns favorisierten Unternehmen – wie der Lkw-Hersteller Volvo – dazu bei, eine nachhaltigere Zukunft bei der Elektrifizierung von Bussen, Lkw und schweren Baumaschinen zu gestalten.

Und schließlich entwickeln sich die industriellen Prozesse, zum Teil angetrieben durch regulatorische Entwicklungen, in Richtung einer kohlenstoffärmeren Zukunft. Die traditionell emissionsintensive Herstellung von Grundprodukten wie Zement, Ziegel und Stahl kann durch Maßnahmen wie die Verwendung von Biomasse, aus Abfällen gewonnenen Brennstoffen oder durch den Einsatz von CCS-Technologien weniger umweltschädlich werden – auch, wenn die höheren Kosten an die Kunden weitergegeben werden. Wir sind in diesem Bereich über Linde und Atlas Copco engagiert. Unternehmen, die unserer Meinung nach ein attraktives Renditepotenzial bieten.

Die hier beschriebenen spezifischen Investitionen stellen nicht alle Investitionsentscheidungen des Managers dar. Der Leser sollte nicht davon ausgehen, dass die identifizierten und besprochenen Anlageentscheidungen profitabel waren oder sein werden. Die hierin enthaltenen Verweise auf spezifische Anlageempfehlungen dienen lediglich der Veranschaulichung und sind nicht notwendigerweise repräsentativ für Anlagen, die in der Zukunft getätigt werden.

Die Investition in die Energiewende ist eines unserer wichtigsten Anlagethemen
So wichtig Europas Dekarbonisierungsanstrengungen auch sind, wir glauben, dass die wahren Kosten – und das Ausmaß der Investitionsmöglichkeiten – vielen erst jetzt bewusst werden. Wir denken, dass die Unternehmen, die wir in unseren Portfolios halten, an der Spitze der Entwicklungen im Dekarbonisierungsprozess stehen werden. Wir sind zwar nach wie vor der Ansicht, dass der Zeitplan für das Erreichen des Netto-Null-Ziels eine Herausforderung darstellt, aber die Notwendigkeit, sich dem Netto-Null-Ziel anzunähern, steht außer Frage, und die Investitionschancen, die der Weg der Dekarbonisierung bietet, sind unserer Meinung nach außergewöhnlich. Wir haben uns seit langem bemüht, unsere Portfolios so zu positionieren, dass sie von den wachsenden Ausgaben profitieren.

Wir sind der Ansicht, dass die Dekarbonisierung und der Investitionssuperzyklus die wichtigsten Anlagethemen sein werden, die die Performance europäischer Aktien vorantreiben können.

Gendern kann sich lohnen

Die Berücksichtigung von Diversität in Konzernen kann den Erfolg langfristig steigern.

Raja Korinek. Das Thema Diversität rückt zunehmend in den Fokus, wenngleich es noch viel in Sachen Gleichberechtigung zu tun gibt. Dieses Fazit geht aus dem jüngsten „Global Gender Gap Index“-Bericht des Weltwirtschaftsforums hervor, der vor wenigen Tagen veröffentlicht wurde. Der Bericht misst seit 2006 Ungleichheiten zwischen Männer und Frauen in Wirtschaft, Bildung, Gesundheit sowie der politischen Führerschaft. Ein Indexstand von 100 % würde auf die völlige Gleichstellung deuten. Er liegt bei derzeit bei 68,5 %.

Diversity lohnt sich für Unternehmen
Dabei können sich geschlechtergerechte Teams etwa in Unternehmen lohnen. Sie hätten eine höhere Innovationskraft, träfen die kreativeren Entscheidungen und entschieden sich für nachhaltigere Lösungen, konstatiert Elena Curtillet, Head of Fixed Income Funds beim Vermögensverwalter Ampega, einer Tochter des deutschen Versicherungskonzerns Talanx. Curtillet meint: „Divers aufgesetzte Teams sind attraktiv für Talente, ein Umstand, der im aktuellen Umfeld wichtiger denn je ist.“ Schließlich gibt es einen wachsenden Mangel an gut ausgebildeten Kandidaten. Zugleich senke eine zufriedene Belegschaft die Fehlzeiten und damit die Kosten für die Unternehmen.

All solche Entwicklungen hätten auch positive Auswirkungen auf den Aktienkurs entsprechender Unternehmen, verweist die Ampega-Expertin auf Studien des US-Consulters McKinsey. So wurde im März der „Diversity Matters Even More“-Bericht für Kontinentaleuropa veröffentlicht. Demzufolge hätten europäische Unternehmen mit gemischten Führungsteams eine mehr als 60 %ig höhere Wahrscheinlichkeit, überdurchschnittlich profitabel zu agieren.

Bei der Boston Consulting Group hat man sich obendrein die Auswirkungen allein auf deutsche Aktien angesehen, gemessen am „BCG Gender Diversity Index“. Er misst die 100 größten deutschen Unternehmen, die ein Teil der Prime-Indizes (Dax, MDax, SDax) sind. Die Ergebnisse wurden Ende 2023 veröffentlicht: Demnach haben im Schnitt divers geführte Unternehmen in den vergangenen drei Jahren eine um 5 %-Punkte höhere Aktienrendite erzielt als jene Firmen, deren Führungsriege überwiegend männlich besetzt ist.

Sechs Kriterien zur Gerechtigkeit
Doch wo wird der „Ampega Diversity Plus“-Aktienfonds fündig? Für die Selektion habe man sich mit der nachhaltigen Ratingagentur ISS ESG auf sechs Kriterien verständigt, zu denen eine möglichst hohe Geschlechtervielfalt, Chancengleichheit sowie eine ausgewogene Work-Life-Balance in Unternehmen zählen. Auch Finanzkennzahlen werden durchleuchtet. Dividendenzahlungen spielen ebenfalls eine Rolle. Das Universum ist der Stoxx-600-Index. Fündig wird der Fonds etwa bei Pharmakonzernen wie Novartis und Sanofi. Auch L‘Oreal und SAP zählen zu den Investments.

Eine weitere Möglichkeit bieten börsengehandelte Indexfonds, also ETFs. Der „Lyxor Global Gender Equality (DR) UCITS ETF“ bildet den „Solactive Equileap Global Gender Equality Index“ ab. Dieser investiert in 150 Aktien aus den Industrienationen, in deren Unternehmenspolitik die Gleichberechtigung der Geschlechter eine besonders zentrale Rolle spielt. Dazu zählen etwa die norwegische Storebrand, die australische Mirvac Group sowie Allianz. UBS bietet ebenfalls einen ETF auf diesen Index an, jedoch werden Fremdwährungen zum Euro abgesichert.

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Die Krux mit der Inflation

Experten mahnen vor allzu großen Erwartungen bei den Verbraucherpreisen.

Raja Korinek/Rudolf Preyer. Die jüngste Sitzung der US-Notenbank war mit besonders großer Spannung erwartet worden. Schließlich stieg zuletzt die Nervosität darüber, inwieweit sich die erste Zinssenkung hinaus hinziehen wird. „Zu Jahresbeginn rechneten Marktbeobachter mit sechs Schritten nach unten“, konstatiert Luca Paolini, Chefstratege beim Schweizer Vermögensverwalter Pictet Asset Management, im Rahmen seines globalen Wirtschaftsausblicks. Die Annahmen wurden längst kräftig nach unten geschraubt.

Bislang bleibt der Leitzins unverändert in einer Spanne von 5,25 und 5,5 %. Fed-Chef Jerome Powell merkte auf der jüngsten Sitzung an, dass der Kampf gegen die Inflation nur langsam voranschreite. Tatsächlich hat sich die US-Inflation zuletzt ein wenig beruhigt. Im Mai stiegen die Verbraucherpreise um 3,3 % im Vergleich zum Vorjahreswert und lagen damit leicht unter den Erwartungen. Die Kernrate lag bei 3,4 %. Bei dieser Berechnung werden die besonders schwankungsfreudigen Energie-, Tabak,- und Nahrungsmittelpreise ausgelassen.

Ist die wahre Inflation höher?
Einzig, Robert Halver, Leiter der Kapitalmarktanalyse der Baader Bank, kommt zu einem anderen Fazit, wie er auf seinem Vortrag im Rahmen des jüngsten Investmentabends der Dadat erläuterte: Seit Jahren besuche er Freunde in den USA, wie er sagt, und stelle alljährlich seinen eigenen Inflationstest – mit Toastbrot und Budweiser – an. Er meint in diesem Zusammenhang, dass die offizielle Inflation nicht stimme. Zuletzt sei Halver auf einen Wert eindeutig über den aktuellen US-Verbraucherpreisen (CPI) gekommen.

Dabei sollte ein wesentlicher Punkt nicht unterschätzt werden. Zu einer höheren Inflation komme es schon allein deshalb, da Trinkgelder bei Restaurantbesuchen automatisch abgebucht würden. Halver sieht darin im Übrigen eine Unsitte, wie er konstatiert. Alles in Allem meint der Kapitalmarktexperte: „Von der höheren Inflation werden wir so schnell nicht mehr herunterkommen.“

Auch die jüngsten Daten aus der Eurozone deuten auf eine hartnäckige Entwicklung. So legten die Verbraucherpreise im Monat Mai um 2,6 % – und damit mehr als erwartet – im Vergleich zum Vorjahreswert zu. Entsprechend vorsichtig gaben sich die europäischen Währungshüter auf der Juni-Sitzung. Der Leitsatz wurde dennoch um 25-%-Punkte auf 4,25 % gesenkt. Allerdings revidierte die EZB ihre Prognosen nach oben. So wurde die Gesamtinflation auf 2,5 % für 2024 und 2,2 % für 2025 angehoben.

Dennoch gehe laut Paolini die Entwicklung in der Eurozone insgesamt in die richtige Richtung. Der Pictet-AM-Experte verweist zudem auf einen weiteren Aspekt in der Eurozone, der ihn zuversichtlich stimmt. So dürfte das Wachstum allmählich anziehen. Das BIP könnte im laufenden Jahr dabei um gut 0,8 % wachsen.

Das Konsumentenvertrauen steigt wieder
Doch was stimmt den Marktexperten derart zuversichtlich? Dazu dürfte unter anderem das steigende Konsumentenvertrauen in der EU beitragen, das von einigen Faktoren beflügelt wurde, zu denen höhere Löhne und gesunkene europäische Gaspreise zählen. Die Gaspreise hatten in der Region einen kurzen, scharfen Höhenflug nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs im Frühjahr 2022 erlebt.

Ein wenig Vorsicht lässt Halver von der Baader Bank jedoch bei den Entwicklungen in Deutschland walten. Dessen Wirtschaftspolitik hat jüngst für reichlich Schlagzeilen gesorgt, auch da die Energiewende in Richtung Nachhaltigkeit die Strompreise verteuert hat.

Doch auch beispielsweise das drohende Aus der Verbrennermotoren sorgt für Skepsis. Deutschland sei insgesamt auf dem Weg zur De-Industrialisierung, mahnt Halver: „Alle großen Länder lassen das Verbrenner-Auto weiterlaufen. Was Deutschland groß gemacht hat, lassen wir hingegen links liegen.“

Alles in Allem räumt Paolini europäischen Aktien in nächster Zeit dennoch die besseren Chancen gegenüber jenen aus den USA ein, zumal sie derzeit vergleichsweise besonders günstig bewertet seien. Allein im MSCI-Europe-Index lag das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) per Ende Mai bei 14,92, im MSCI USA hingegen bei knapp 26, wozu freilich zu einem Großteil der starke Kursanstieg der US-Technologieaktien beigetragen hat.

Der Euro könnte aufwerten
Als weiteres „Zugpferd“ sieht Paolini dabei aber auch den günstigen Euro – etwa im Verhältnis zum US-Dollar. Denn damit vergünstigt sich der Einstieg internationaler Investoren bei Aktien in der Eurozone. Überhaupt sei der Dollar derzeit gut 15 bis 20 % überbewertet, ein Umstand, der freilich nicht ewig andauern könne. Paolini begründet solch eine Einschätzung etwa mit dem sehr hohen Budgetdefizit der USA. Halver von der Baader Bank liefert konkrete Zahlen: „Eine Billion Dollar zahlen die Amerikaner jedes Jahr an Zinsdienst.“

Der US-Dollar sollte Paolini zufolge angesichts solcher Entwicklungen deshalb – etwa gegenüber dem Euro – an Wert verlieren. Bis Jahresende könnte die US-Währung rund 3 % nachgeben. Auf die kommenden fünf Jahre könnte der Verlust sogar bis zu gut 10 % ausmachen, so die weitere Prognose.

Als Leitwährung dürfte der US-Dollar seinen Status dennoch nicht verlieren, ergänzt Halver. So nahm etwa der Anteil des Euro an den weltweiten Devisenreserven allein im vergangenen Jahr um 1 %-Punkt auf 20 % ab, wie die EZB erst vor Kurzem mitteilte. Wichtigste Währung bleibe der US-Dollar mit einem um 0,3-%-Punkte gestiegenen Anteil von 58,4 %.

Einzig, auch in den USA gebe es Paolini zufolge derzeit interessante Anlagechancen, die Anleger ebenso wenig außer Acht lassen sollten.

So böten ihm zufolge beispiels-weise US-Unternehmensanleihen mit guter Bonität Potenzial. „Solche Papiere könnten in den kommenden fünf Jahren interessante Erträge abwerfen.“ Denn die Renditen, die sich aktuell erzielen lassen, sind im Vergleich zu den vergangenen Jahren hoch, das Risiko im Vergleich zu einem Aktieninvestment hingegen ein gutes Stück überschaubarer.

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Vorbildliche Pensionssysteme

Andere Länder, andere Sitten. Das gilt auch bei der Ausgestaltung der staatlichen Renten.

Christian Sec. Österreich wird bis zum Jahr 2033 das Pensionsalter der Frauen durch die Anhebung von sechs Monaten pro Jahr, an das der Männer angeglichen haben. Aber dies sollte nur der erste Schritt zu einer weiteren Veränderung des Regelpensionsalters nach 2033 sein, erklärt dazu die Wifo-Pensionsexpertin und Vorsitzende der Alterskommission Christine Mayer gegenüber dem Börsen-Kurier. Mit einer Verzögerung von fast 30 Jahren könnte damit Österreich dem Beispiel Deutschlands folgen. Nachdem dort die Angleichung des Pensionsalters der Frauen, an das der Männer auf 65 Jahre bereits 2004 abgeschlossen wurde, beschloss die deutsche Regierung 2007 die schrittweise Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters auf 67 Jahre. Dieser Prozess der Anhebung ist 2031 abgeschlossen. Man könnte also sagen, dass die Deutschen diesbezüglich nicht nur einen Schritt (Angleichung des Pensionsalters für Mann und Frau), sondern bereits zwei Schritte voraus sind.

Aber es bedarf nicht nur die Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters, sondern auch finanzieller Anreize für einen späteren Renteneintritt, ist Mayer überzeugt. Diese Anreize können z. B. auch die Unterstützung von Unternehmen betreffen.

Hier könnte z. B. Japan als Vorbild dienen. 50 % der 65 bis 69-jährigen gehen in dem Inselstaat einer Erwerbsarbeit nach, obwohl das staatliche Pensionsalter bei 65 Jahren liegt. Fast 40 % der japanischen Unternehmen halten ihre über 70-jährigen Mitarbeiter in Beschäftigung. Die demografische Entwicklung Japans nimmt jedenfalls vorweg, was uns in Österreich um 2040 blühen wird. In Japan kommen auf jeden Pensionisten weniger als zwei Erwerbstätige.

Aber man muss gar nicht so weit in den Fernen Osten blicken, um Regelungen zu finden, wie man mit der steigenden Lebenserwartung in der Bevölkerung umgeht. Während der Lebenszeitgewinn in Österreich faktisch zu 100 % in die Pension bzw. Freizeit fließt, verfolgt Dänemark genau den entgegengesetzten Weg. Dort fließen ab 2030 die Langlebigkeitszuwächse zur Gänze in die Arbeitszeit. Die Anpassung des Rentenalters erfolgt auf Grundlage der durchschnittlichen Lebenserwartung für 60-jährige. Wenn die Lebenserwartung steigt, erhöht sich das das Rentenalter. Derzeit liegt das gesetzliche Rentenalter bei 67 Jahren. Nach aktuellen Prognosen wird das Rentenalter im Jahr 2030 auf 68 Jahre steigen.

Hybride Systeme
In Dänemark sind mehr als 90 % der Erwerbstätigen durch eine betriebliche Altersvorsorge abgesichert. 10 bis 15 % des Gehaltes werden automatisch in der zweiten Säule angespart, zusätzlich zu einer staatlichen Pension.

Auch in Holland liegt der Anteil der Erwerbstätigen mit einer starken kapitalgedeckten betrieblichen Säule bei über 90 %. Die Beitragsbemessung liegt zwischen 15 und 25 %. Zusätzlich garantiert das niederländische Pensionssystem eine Grundabsicherung für jeden Bürger, auch wenn er nie in die Rentenkassen eingezahlt hat. Die Höhe ist abhängig davon, wie lange jemand in den Niederlanden gewohnt oder gearbeitet hat. Den vollen Satz gibt es nach 50 Jahren.

Bei der Diskussion um die Umlagefinanzierung wird immer wieder auf Schweden als Vorbild verwiesen, das nicht-finanzielle Beitragskonten auf Umlagebasis mit einer ergänzenden kapitalgedeckten Vorsorge kombiniert (hybrides System). Vom Pensionsbeitragssatz von 18,5 werden 16 % über das Umlageverfahren auf dem Pensionskonto gutgeschrieben und 2,5 % werden kapitalgedeckt angelegt.

Die Bürger können dabei zwischen unterschiedlichen Fonds wählen. Die Pensionshöhe ergibt sich aus dem Kapital am Pensionskonto, welches auf die erwartete Pensionsdauer aufgeteilt wird. Der Korridor für den Pensionsantritt liegt zwischen 61 und 69 Jahren.

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Tech-Unternehmen steigen in die Dividendenpolitik ein

Ein Marktkommentar von Cameron Shanks, Investmentanalyst bei Aegon Asset Management.

(11.06.) Nach Meta ist nun auch der Tech-Gigant Alphabet in die Dividendenpolitik eingestiegen. Beide Unternehmen gesellen sich zu Microsoft, Apple und Nvidia als „große Tech“-Dividendenzahler. Hinzu kommen weitere Tech-Dividenden, darunter Salesforce und Booking.com mit ihrem Dividenden-Debüt in diesem Jahr. Diese Entwicklung ist von Bedeutung, da die Branche bisher eher auf Rückkäufe gesetzt hat.

Allein die großen Technologieunternehmen werden für das kommende Jahr Dividenden in Höhe von ungefähr 53 Milliarden US-Dollar ausschütten. Diese Zahl liegt nahe an den 60 Milliarden US-Dollar, die vom FTSE 100-Index insgesamt erwartet werden. Eine bemerkenswerte Zahl, wenn man bedenkt, dass der FTSE in der Vergangenheit für seine Erträge bekannt war.

Die Dividende wird jedoch durch die Höhe der Rückkäufe in den Schatten gestellt. Die Unternehmen können in diesem Jahr Aktien im Wert von 315 Milliarden US-Dollar zurückzukaufen, was fast dem Fünffachen der Dividendenausschüttung entspricht. Die Vorliebe für Aktienrückkäufe ist demnach ungebrochen. Dennoch ist der Trend zur Dividende ein wichtiges Signal für Investoren.

Dividenden als Signal für Unternehmensreife
Die klassische Theorie besagt, dass Dividenden positive Nachrichten über den künftigen Cashflow eines Unternehmens vermitteln. Diese Theorie wird durch die positive langfristige Korrelation zwischen Dividendenwachstum und Aktienkursentwicklung gestützt.

In ähnlicher Weise wird in der Wissenschaft die „Reifehypothese“ vertreten. Diese Theorie geht davon aus, dass Dividenden ein Signal für die Reifung des Finanzprofils eines Unternehmens sind, die sich in einem Rückgang des Risikos und einer zunehmenden Generierung freier Cashflows äußert. Die Wahrnehmung eines geringeren Risikos wirkt sich positiv auf die Kapitalkosten des Unternehmens aus, was wiederum zu einer höheren Bewertung der Aktie führt.

Die Berichterstattung in den Medien über den Technologiesektor deutet auf Letzteres hin. Die Schlagzeilen über Metas „Erwachsenwerden“ kommen nach einer Periode der Rationalisierung des Betriebs, der strengen Kostenkontrolle und der neuen Konzentration auf aktionärsfreundliche Erträge. Die Einführung der Dividende kann als Zeichen dafür gewertet werden, dass diese Disziplin von Dauer ist und dass Meta, wie auch andere Unternehmen aus der Technologiebranche, in eine neue Phase seines Unternehmens eintritt.

Reifere Finanzprofile bieten Spielraum für die Rückführung von Eigenkapital und die Möglichkeit, die Ausschüttungsquoten deutlich zu erhöhen.

United Rentals
Ein aktuelles Beispiel für diese Dynamik ist das Unternehmen United Rentals, der größte Vermieter von Baumaschinen in den USA. Das Geschäftsmodell des Unternehmens ist einfach: Es kauft Baumaschinen, vermietet sie und verkauft sie später weiter. Bei einem beliebigen Baumaschinenverleih werden Anleger wahrscheinlich nicht begeistert sein, doch diese Unternehmen erzielen beeindruckende Renditen, wenn sie in großem Maßstab betrieben werden. United Rentals ist mit 1.600 Niederlassungen und einem Fuhrpark im Wert von 21 Milliarden US-Dollar der größte Akteur in der Branche.

Die Vermietungsbranche ist zyklisch. Während der großen Finanzkrise ging die Bautätigkeit im Nichtwohnungsbau in den USA um etwa 30 % zurück und als sich die Nachfrage nach Mietgeräten verlangsamte, kam es zu einem intensiven Preiswettbewerb. Die sinkenden Mietpreise führten zu einer Beeinträchtigung der Gewinne der Branche, was sich in einer starken Reduktion der Gewinnspanne von United Rentals manifestierte.

Seitdem hat sich die Branche gewandelt: Die zehn größten Unternehmen beherrschen 44 % des Marktes, was einer Verdoppelung im Vergleich zur Zeit vor der Finanzkrise entspricht. United Rentals hat den Markt durch Fusionen und Übernahmen aggressiv konsolidiert und ist als Komplettanbieter auf der Baustelle in neue Kategorien vorgestoßen. Die jährliche Wachstumsrate der Umsätze beträgt 14 %. Im selben Zeitraum konnte eine Verbesserung der Gewinnspannen von 25 % im Jahr 2009 auf heute fast 48 % beobachtet werden.

Die Branche ist konsolidiert, sodass die größten Anbieter einen strukturellen Vorteil in Bezug auf die Kaufkraft der Flotte und den Umfang des Mietangebots aufweisen. Zudem hat sich die Branche den Drittdatenanbieter Rouse zu eigen gemacht, der Einblicke in die Mietpreise und Auslastungsgrade auf lokaler Ebene bietet. Dies fördert die Preisdisziplin und ermöglicht es den Vermietungsunternehmen, ihre Flottenkäufe besser zu planen und zu verteilen.

Die Jahre des rasanten Wachstums von United Rentals scheinen abgeschlossen zu sein. Strukturelle Veränderungen haben jedoch zu einer Weiterentwicklung des Geschäftsmodells geführt, das höhere durchgängige Margen und Cashflow-Generierung unterstützt. Das Unternehmen hat im Jahr 2023 mit der Zahlung von Dividenden begonnen, was ein wichtiges Signal für das Vertrauen des Managements in die Widerstandsfähigkeit der Erträge und des freien Cashflows ist. Dies wiederum führt zu einem höheren Multiplikator für den gesamten Zyklus, was eine entsprechende Aufwertung der Aktie zur Folge hat.

Krebskiller mit Renditepotenzial

Dank neuer Therapieansätze wird Krebs immer besser behandelbar.

Stefan Riedel, München. International bekannt und profitabel geworden ist Moderna mit seinem Covid-19-Impfstoff Spikevax. Die Milliardeneinnahmen geben dem US-Biotechunternehmen ein dickes Cash-Polster, um etliche neue klinische Kandidaten zur Marktreife zu bringen. Eines der spannendsten Projekte ist mRNA-4157, ein Krebs-Impfstoff, den Moderna zusammen mit dem US-Pharmakonzern Merck&Co entwickelt.

Konferenz bewegt die Aktienkurse
Auf der ASCO 2024, dem weltweit wichtigsten Fachkongress für die Krebsmedizin, präsentierten beide Firmen in der Vorwoche vielversprechende Wirksamkeitsdaten. Demnach verringerte mRNA-4157 als Kombinationstherapie mit dem Krebsmittel Keytruda bei Schwarzem Hautkrebs um 49 % häufiger als die alleinige Behandlung mit Keytruda das Risiko, dass sich die Melanome erneut bildeten. Mit dem Aktienkurs von Moderna ging es als Reaktion auf die Resultate deutlich nach oben. Die zulassungsrelevante klinische Studie soll Ende 2029 die entscheidenden Daten liefern. Für Merck wäre das ein Erfolg zur rechten Zeit: 2028 läuft der Patentschutz für Keytruda aus. Mit 25 MrdUSD im Jahr 2023 ist Keytruda das mit Abstand umsatzstärkste Krebsmedikament.

Für Markus Manns, Fondsmanager bei Union Investment, wäre ein Durchbruch umso bemerkenswerter, weil Krebsimmuntherapien aus der Klasse der sogenannten „Checkpoint-Inhibitoren“ wie Keytruda mit einem Problem zu kämpfen haben: „Es ist schwer, die Wirksamkeit weiter zu verbessern, ohne dass sich durch die Kombination mit einem anderen Immunmodulator die Nebenwirkungen erhöhen.“

Zwei Pharma-Pioniere
Von den neuen Therapieansätzen prägten die Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADCs) auf der ASCO 2024 wie im Vorjahr das Bild. ADCs sind ein Killertrio, das Tumorzellen beseitigt, ohne dabei benachbartes Gewebe zu schädigen. Möglich macht es das Zusammenspiel von chemischen Wirkstoffen, die Krebszellen beseitigen, einem Antikörper, der bei einem bestimmten Protein der Tumorzelle angreift, und einem Linker, der die beiden anderen Komponenten verbindet. „ADC-basierte Krebstherapien haben den großen Vorteil, dass sie mit Hilfe der hohen Bindungsaffinität der Antikörper genau bei den Tumorzellen andocken und in diese eindringen, ehe die Zellgifte freigesetzt werden“, erläutert Lukas Leu, Fondsmanager bei Bellevue Asset Management.

AstraZeneca und Daiichi Sankyo sind mit Enhertu die Pioniere. Zugelassen ist die ADC-Therapie bislang bei HER2-positivem Brustkrebs mit Metastasenbildung für Patientinnen, bei denen zwei vorherige Therapien nicht mehr anschlagen. Im Jahr 2020, also drei Jahre nach der Zulassung, erzielte Enhertu Jahresumsätze von 3,1 Milliarden US-Dollar (2,87 Milliarden Euro). Branchenexperten taxieren das jährliche Umsatzpotenzial auf mehr als 10 Milliarden US-Dollar (9,26 Milliarden Euro).

Und wie mit Infimzi und Tagrisso, zwei anderen Krebsarzneien mit Milliardenumsätzen, arbeitet AstraZeneca daran, den Einsatz von Enhertu in andere Krebsarten zu erweitern. Pfizer hat sich durch die Übernahme der Biotechfirma Seagen in gleich drei neue Wirkstoffklassen eingekauft.

Für Anleger lässt sich mit Pharmaaktien das Risiko besser diversifizieren. Biotechfirmen haben dagegen im Erfolgsfall den größeren Kurshebel nach oben – und bei Rückschlägen die größere Absturzgefahr.

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„Risiko, nicht dabei zu sein, ist höher“

Krypto-Experte Wenger über Vor- und Nachteile der Assets in der Portfolioverwaltung.

Klaus Schweinegger. Der gebürtige Grazer Bernhard Wenger ist Head of Northern Europe beim Krypto-Spezialisten 21 Shares. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung im Banking und Asset Management und war zuletzt als Geschäftsführer beim Assetmanager State Street Global Advisors in seiner Wahlheimat Schweiz tätig. Im Gespräch mit dem Börsen-Kurier versucht er, mit Vorurteilen aufzuräumen und blickt in die Zukunft der Anlageklasse.

Börsen-Kurier: Herr Wenger, beim Thema Bitcoin scheiden sich die Geister. Kritiker der Kryptowährungen warnen vor allem vor der hohen Volatilität. Aber auch der Kontrollverlust durch staatliche Instanzen wird ins Treffen geführt. Was entgegnen Sie diesen?
Bernhard Wenger: Bitcoin baut auf einem dezentralisierten Netzwerk auf, was bedeutet, dass keine einzelne Instanz, einschließlich Regierungen, es kontrollieren oder manipulieren kann. Dies ist ja gerade der Vorteil und das attraktive an Krypto-Assets. Es gibt keine demokratischere Art von Währungen bzw. Vermögensgegenständen. Bitcoin ermöglicht es Einzelpersonen, die volle Kontrolle über ihr eigenes Geld zu haben. Die Gesamtanzahl an jemals verfügbaren Bitcoins ist begrenzt, keine Instanz kann zusätzliche Bitcoins „drucken“ und die Währung so destabilisieren.

Und was die Volatilität betrifft, ist Bitcoin natürlich ein Risiko-Asset, allerdings ist die Volatilität in den vergangenen Jahren stark gefallen und auch die Diversifikationsaspekte in einem gut aufgestellten Portfolio sollte man als Anleger berücksichtigen.

Börsen-Kurier: Welche Rolle können und sollen Kryptowährungen in ausgewogenen Portfolioverwaltung demzufolge spielen?
Wenger: Analysen unseres Research-Teams ergeben, dass eine Beimischung von 5 % Bitcoin zu einem klassischen 60/40-Portfolio das Risiko-Rendite-Profil signifikant verbessert und bei regelmäßigem Rebalancing auch die Volatilität im Gesamtportfolio vernachlässigbar steigt.

Somit kann Bitcoin einen echten Mehrwert für ein professionell aufgestelltes Portfolio liefern. Wer allerdings nicht alles auf ein Pferd setzen will, was die Krypto-Allokation betrifft, für den sind Baskets bzw. Indizes das perfekte Instrument, um in den Markt zu gehen.

Börsen-Kurier: Eine Möglichkeit sind auch die sogenannten „Exchange Traded Commodities“ (ETCs), also börsengehandelte Rohstoffe. Wo liegen hier die Vor- und Nachteile und wo auch mögliche Risiken?
Wenger: Ich sehe eigentlich kaum Nachteile, ETCs oder ETPs, wie sie auch oft genannt werden, für ein Krypto-Investment heranzuziehen. Sie bieten, wie beim Gold, alle Vorteile von ETFs, sind, wenn sauber aufgesetzt, immer zu 100 % physisch hinterlegt und operieren im regulatorischen Rahmen. Der einzige Vorteil von Direktinvestments liegt aus meiner Sicht darin, dass diese zu jeder Zeit handelbar sind und der Investor nicht auf Handelszeiten an traditionellen Börsen schauen muss.

Börsen-Kurier: Es gibt heute in etwa 20.000 Kryptowährungen, wie erkenne ich seriöse Basiswerte?
Wenger: Keine leichte Frage, weil es ja oft nicht klar ist, wer zukünftige Gewinner sind bzw. kommt es natürlich auch auf den Zeithorizont an. Langfristig orientierte Investoren sollten sich jedenfalls auf die größten Werte beschränken, die sind dann auch meistens über ETPs investierbar, mit allen Vorteilen was Qualitätskontrolle und Sicherheit betrifft. Wir gehen davon aus, dass 95 % oder mehr nicht überleben werden, diejenigen, die sich durchsetzen, jedoch ein überdurchschnittliches Kurspotenzial haben und die Welt zum Positiven verändern werden bzw. dies schon tun.

Börsen-Kurier: Und was können Investoren vom Krypto-Markt in Zukunft erwarten?
Wenger: Wir stehen erst am Anfang, sowohl, was die technologische Entwicklung betrifft, als auch Krypto-Assets als Anlageklasse. Beispiele voranschreitender institutioneller Adaption sind die im Jänner zugelassenen Spot-ETFs in den USA und die aktuellen News, dass bereits der ein oder andere große Pensionsfonds über ETFs in Bitcoin investiert hat. Das Risiko, nicht dabei zu sein, schätze ich jedenfalls höher ein, als das Risiko, dabei zu sein.

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ESG – ein Thema für die Börse

IR-Verantwortliche gehen offener mit der komplizierten Materie um.

Tibor Pásztory. Im Rahmen einer Veranstaltung des Circle Investor Relations Austria (CIRA) wurden in mehreren Panels aktuelle, das Metathema ESG betreffende Fragen diskutiert, wobei die drei Buchstaben für Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung) stehen. Dabei fiel auf, dass im Vergleich zu Diskussionen, die vergangenes Jahr stattgefunden hatten, ein wenig mehr Gelassenheit der Teilnehmer – ESG- und/oder IR-Verantwortliche von meist börsennotierten Unternehmen – zu verspüren war.

Komplexität bleibt
Dies ist keineswegs darauf zurückzuführen, dass sich die Materie etwa vereinfacht hätte – im Gegenteil: die Beschlüsse zur Taxonomie-Verordnung sowie zum Lieferkettengesetz (ð S. 16) werden die Wirtschaft in den nächsten Jahren ordentlich auf Trab halten. Generell wird der Hang zur Regulatorik durch die EU-Instanzen als überbürokratisch kritisiert – und das nicht nur seitens der Wirtschaft -, doch wird es durchaus auch pragmatisch gesehen, dass mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) nun wenigstens rechtliche Rahmenbedingungen existieren, nach denen man sich (hoffentlich) orientieren kann. Diese Direktive zur Nachhaltigkeitsberichterstattung soll bereits nächstes Jahr in Kraft treten und wird speziell bei börsennotierten Unternehmen unumgänglich sein.

Ein grundlegendes Merkmal von CSRD wird die Wesentlichkeitsanalyse darstellen. Sie soll nachweisen, welches Thema für welches Unternehmen und dessen Stakeholder von Bedeutung sein wird. So werden zum Beispiel Themen wie „Wasserverbrauch“ oder „Abwasser“ für ein Bankinstitut wohl nicht die wichtigsten Fragen verursachen.

Allerdings werden sich Unternehmen so ziemlich aller Branchen den Kopf über ihre Klimatransitionspläne zerbrechen werden müssen, indem sie ihre eigenen Klima-Fußabdrücke messen und sich diesbezüglich im Anschluss gege-benenfalls neue Ziele setzen müssen. Eine Ebene darüber wird ein ESG-Risiko- und Chancenmanagement eingeführt, das Risken, aber auch Chancen für die Unternehmen aus ESG-Perspektive identifizieren soll. Diese neudeutsch „IROs“ (Impact Risk Opportunites) genannten Analyseergebnisse sollen eine Grundlage für künftige Wertschöpfungsketten darstellen.

Reines Europa-Thema
Ob es sich hier um Wunschdenken handelt oder tatsächlich eines Tages Mehrwerte für europäische Unternehmen (denn nur diese sind von der neuen Regulatorik betroffen) entstehen könnten, bleibt aus heutiger Sicht offen.

Immerhin hört man auch von Investor-Relations-Verantwortlichen im ESG-Diskurs neuerdings immer wieder den Begriff „Wertschöpfung“, einen Begriff, der vor kurzem in Zusammenhang mit ESG noch undenkbar war. Ob die künftige Regulatorik der Menschheit mehr hilfreich oder der (europäischen) Wirtschaft eher schädlich sein wird, muss sich freilich erst herausstellen.

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Positionierung der Märkte in der Halbzeit des Zyklus

Wie zu Jahresbeginn erhofft, ist das Jahr 2024 nach den Turbulenzen der beiden Vorjahre bislang von geringer Volatilität an den Aktienmärkten und sinkender Volatilität an den Rentenmärkten geprägt.

(04.05.) Eine Marktruhe, hinter der sich im Zweifelsfall eine übermäßige Zurückhaltung der Anleger verbergen könnte, die aber bei nüchterner Analyse der Fundamentaldaten die typische Situation in der Halbzeit des Wirtschaftszyklus vorwegnimmt. Das heißt, dass die Wirtschaft und die Märkte, nachdem sie die Ängste der letzten Krise abgeschüttelt haben, ihre übliche Reisegeschwindigkeit erreichen.

In Erinnerung an den erlebten Inflationsschock gibt es bei den Marktvariablen immer noch eine Anomalie, und zwar bei den kurzfristigen Zinssätzen, die jetzt deutlich über der Inflation liegen.

Ebenso schnell wie die Inflation angestiegen war, ging sie auch wieder zurück. Aus diesem Grunde sind die Zentralbanken bei der Rücknahme der geldpolitischen Straffung sehr vorsichtig. Bei einer Inflationsrate von 2,5 % in der ^Eurozone und 3,5 % in den USA dürften die Zinssätze der EZB und der Fed, die bei 4 % bzw. 5,5 % liegen, jedoch nicht lange auf diesem Niveau bleiben.

Langfristige Zinssätze, die unter den kurzfristigen Zinssätzen liegen (invertierte Kurven), spiegeln nicht die Prognosen für eine Rezession wider, die immer weniger durch Makrodaten gestützt werden, sondern vielmehr die Vorläufigkeit des derzeitigen Niveaus der kurzfristigen Zinssätze und diskontieren ihren künftigen Rückgang. Überdies sind die langfristigen Zinssätze auf einem Niveau, das mit der derzeitigen Phase des Wirtschaftszyklus konform geht.

Mit dem Zinsanstieg 2022/23 haben die Anleihezinsen eine Bewertungsanomalie korrigiert, die seit der ersten Hälfte der 2010er Jahre anhielt. Beim derzeitigen Niveau der Staatsanleihen ist es möglich, das nominale Wachstum der jeweiligen

Volkswirtschaften abzufangen, wie dies vor der großen Finanzkrise von 2008 der Fall war, die als Lösung eine lange Phase von Niedrigzinsen verlangte.

Für Rückschlüsse auf die kurzfristige Entwicklung reicht die Beobachtung der Bewertungen nicht aus. Bleibt das wirtschaftliche Umfeld weiterhin überhitzt, sind weitere Phasen nachteiliger Volatilität nicht auszuschließen. Kapitalgewinne über den Kuponfluss hinaus werden erst dann berücksichtigt, wenn sich die Wirtschaft am Ende des Zyklus nähert.

Aus Bewertungssicht weisen die Anleihemärkte jedoch keine Anomalien mehr auf.

Anleihen mit einem höheren Emittentenrisiko weisen ebenfalls Bewertungen auf, die mit dem derzeitigen Wirtschaftszyklus konform gehen.

Die Spreads von Unternehmensanleihen, die sich im Jahr 2022 zeitgleich mit der intensivsten Phase der Zinserhöhungen der Zentralbanken ausgeweitet hatten, haben sich inzwischen wieder eingeengt und bewegen sich in der Nähe typischer Zyklustiefs.

Dies entspricht einem Wirtschaftszyklus, der endlich eine Stabilisierung des Wachstums-Inflations- Verhältnisses und eine Verlängerung der Durationserwartungen verzeichnet. In dieser Zwischenphase des Zyklus stellen Spread-Anleihen eine attraktive zusätzliche Carry-Möglichkeit gegenüber Staatsanleihen mit hoher Bonität dar, auch wenn der Spielraum für weitere Spread-Einbrüche geringer ist.

Eine plötzliche Ausweitung der Spreads hingegen erscheint wenig wahrscheinlich. Ausgenommen ist eine deutliche konjunkturelle Abschwächung; diese Annahme wird durch die aktuellen Daten nicht gestützt und ist in absehbarer Zeit unwahrscheinlich, insbesondere wenn die Zentralbanken einen Zinssenkungszyklus einläuten.

Die Erholung an den Aktienmärkten in den letzten anderthalb Jahren war beträchtlich. Dennoch können die Bewertungen, wenngleich sie weniger attraktiv sind als Ende 2022, nicht als außerordentlich bezeichnet werden.

Insgesamt betrachtet sind die US-Marktmultiplikatoren infolge der Bewertungen des Technologiesektors eher überzogen. Die Bewertungen von Nicht-US-Indizes und von anderen US-Sektoren als dem Technologiesektor entsprechen jedoch den historischen Durchschnittswerten und sind daher nicht allzu hoch.

Aber selbst, wenn man den Technologiesektor in die Analyse aufnimmt, sind die absoluten Bewertungen (Multiplikatoren) weniger angespannt, sofern man den Gewinnschätzungen der Unternehmen für 2025 und 2026 Glauben schenkt.

Letztlich ist die Bewertung der Aktienmärkte als zyklisch korrekt und mittelfristig attraktiv anzusehen. Dies gilt auch im Vergleich zum Anleihemarkt.

Zwar sind die Anleihezinsen im Vergleich zu den Niveaus vor und nach der Pandemie gestiegen und stellen nun eine Chance dar, die im vorangegangenen Zyklus faktisch weggefallen war. Allerdings sind während des Zinssanstiegs auch die Renditen auf Unternehmensgewinne (Aktienerträge) gleichzeitig mit den Zinsen gestiegen, sodass die Risikoprämie für Aktien weiterhin hoch ist.

Die Aktienmärkte sind deshalb nicht mehr mit einem Abschlag bewertet. Sie sind aber auch nicht so überzogen, wie man nach der Erholung der letzten anderthalb Jahre annehmen könnte. Die Fortsetzung der Aufwärtsbewegung kann vor allem durch die Weiterführung des Wirtschaftszyklus und das Gewinnwachstum gestützt werden.

Angesichts der aktuellen Bewertungen ließe sich der Rückschluss ziehen, dass die Märkte die Gewinne des Jahres 2024, also ein halbes Jahr im Voraus, bereits vollständig diskontiert haben. Auf dem Weg zur Einpreisung der Gewinne des Jahres 2025/26 könnten sie jedoch weiter steigen.

Auch dabei handelt es sich um eine für die Mitte des Wirtschaftszyklus charakteristische Situation, bei der wir ebenfalls davon ausgehen, dass sie in nächster Zeit fortdauern wird.

Should I stay or should I go?

Von Russland wegzukommen, ist für viele Unternehmen nicht einfach.

Christian Sec. Die russisch-österreichischen Beziehungen gediehen über viele Jahrzehnte prächtig. Laut einem Bericht des ORF-Wirtschaftsmagazins Eco waren zu Beginn des Überfalls auf die Ukraine mindestens 65 Unternehmen in Russland aktiv, mehr als die Hälfte davon ist es auch heute noch.

Der Ausstieg ist teuer, und daher sträuben sich viele Unternehmen dagegen. Entscheidet sich ein Unternehmen, Russland zu verlassen, muss es einen Antrag bei einer russischen Kommission stellen, mit der Auflage, dass der Marktwert des Unternehmens mindestens halbiert wird. Je höher der sogenannte „Haircut“, also der Abschlag auf den Marktwert, umso größer die Chance, mit der Genehmigung durchzukommen. Hinzu kommen noch Steuern auf den Verkaufspreis. Die Strabag oder Voestalpine warten noch auf die Genehmigung des Kremls, Russland endgültig verlassen zu können, wie aus Eco zu vernehmen war.

Die Strabag hatte mit Ende 2023 noch einen geringfügigen Auftragsbestand in der Höhe von 3,5 Millionen Euro in Russland. Zwei Niederlassungen in Moskau sind von der Abwicklung betroffen. Die Andritz wiederum listet in ihrem Geschäftsbericht drei Niederlassungen auf. In zwei der drei rechtlichen Einheiten wurden zwischenzeitlich alle Geschäftsaktivitäten eingestellt, erklärt dazu CFO Norbert Nettesheim gegenüber dem Börsen-Kurier. Mittlerweile laufen in Russland nur noch wenige Transaktionen, für die der Maschinenbau-Konzern 2022 Liefer- und Dienstleistungsverpflichtungen eingegangen ist, die nicht unter die Sanktionsbestimmungen fallen. „Die Notwendigkeit der Niederlassungen wird regelmäßig geprüft“, erklärt Nettesheim.

„Keine Rückzugsmöglichkeit“
Ähnlich agiert der Fruchtsafthersteller Agrana, der rund 83 Millionen Euro Umsatz in Russland macht. Der Konzern unterhält eine Anlage im russischen Serpuchov, die gute Mengen und Margen produziere, wie das Unternehmen in seinem Geschäftsbericht schreibt. Die russische Tochter agiere weitestgehend autonom und bleibe auch vorerst in Betrieb, da man keine Rückzugsmöglichkeit sehe, wie der Agrana-Chef Stephan Büttner in der jüngsten Bilanzpressekonferenz erklärte.

Je größer die potenziellen Verluste, umso geringer die Bereitschaft für einen Exit. Wienerberger hatte wenig Probleme, sich aus dem Russland-Geschäft zurückzuziehen. Der Anteil des Russlandgeschäftes betrug weniger als ein Prozent.

Großes Sanktionsrisiko
Die Raiffeisenbank International hadert da schon eher, wenn fast 60 % des Konzerngewinns von der russischen Tochter erwirtschaftet werden. Man prüfe einen Ausstieg aus Russland, heißt es mittlerweile schon seit immerhin zwei Jahren, aber trotz Rüffel der EZB, die die Reduktion der Geschäftstätigkeit in Russland fordert, scheint keine endgültige Entscheidung in Sicht. Immerhin liegt das Eigenkapital der russischen Tochter bei 2,4 Milliarden Euro. Diese will man nicht so leichtfertig in den Sand setzen. Pläne, sich halbwegs schadlos zu halten, wurden geschmiedet – und verworfen.

Aber auch wenn die Furcht vor großen Verlusten viele Unternehmen vor dem Exit abhält: Manchmal hilft Wladimir Putin höchstpersönlich bei der Gewissensentscheidung. Wenn z. B. ein Dekret des Diktators für eine unfreiwillige Entkonsolidierung sorgt. Gemäß diesem Dekret, das seit Ende 2023 am Tisch liegt, soll die OMV ihre Beteiligungen sowie ihre Anteile an russischen Gasfeldern verlieren. Schlussendlich sind Unternehmen auch durch Veranlagungen mit Russland verwoben. Die Uniqa hatte mit Ende 2023 noch russische Unternehmensanleihen in der Höhe von 59,7 Millionen Euro in ihren Büchern. Bei der VIG waren es Buchwerte von 19,2 Millionen Euro.

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Das fulminante Comeback des Kupferpreises

Nach dem Knick 2023 setzte die Notierung zu neuen Höhenflügen an.

Raja Korinek. Die Energiewende steht weltweit erst am Beginn, die Abkehr von fossilen Energieträgern ist kein einfaches Unterfangen, gewinnt aber zunehmend an Fahrt. Doch die Transition erfordert große Investitionssummen – und den Einsatz jeder Menge Industriemetalle, wobei vor allem Kupfer im Vordergrund steht. Benjamin Louvet, Leiter Rohstoffe bei Ofi Invest Asset Management, erklärt gegenüber dem Börsen-Kurier, weshalb: „Allein in einer Windturbine werden 950 Kilogramm bis zu einigen Tonnen Kupfer benötigt, je nach Größe.“

Auch in Solarpaneelen wird das Metall benötigt, ebenso wie für die Elektromobilität. In Elektroautos wird drei- bis viermal mehr Kupfer verbaut als in herkömmlichen Verbrenner-Autos. Auch die Künstliche Intelligenz wird die Nachfrage antreiben. „Die Datenmengen werden damit wachsen, ebenso wie der Bedarf an Rechenzentren“, betont Louvet. Für den Bau wird unter anderem das rötliche Industriemetall gebraucht.

Nachfrage dürfte kräftig steigen
Wie aber lauten die Prognosen? Derzeit liegt die globale Kupfernachfrage bei jährlich rund 28 Millionen Tonnen, hält das US Geological Survey – eine wissenschaftliche Organisation aus den USA – fest. Die Schätzungen deuten kräftig nach oben. Bis 2050 könnte die Nachfrage auf 53 Millionen Tonnen hinaufschnellen, verweist der Ofi-Experte auf Zahlen der International Energy Agency. „Aus aktueller Sicht reicht die Minenförderung nicht aus, ein Umstand, der den Preis antreiben dürfte.“ Schließlich dauert es Jahre, bis Minen ihre Förderung ausbauen oder überhaupt in Betrieb nehmen.

Hinzu kommt ein weiterer Aspekt: Vor wenigen Monaten forderte die Regierung von Panama das kanadische Bergbauunternehmen First Quantum Minerals auf, seine Kupfermine „Cobre Panama“ zu schließen. Damit falle eine wichtige Angebotsquelle aus dem globalen Markt weg, konstatiert Louvet.

Auch auf der Nachfrageseite gibt es interessante Entwicklungen. „Die Aktivität im verarbeitenden Gewerbe des Westens scheint ihren Boden gefunden zu haben, das Nachfragewachstum in China bleibt robust und die Lagerbestände sind deutlich gefallen“, so Bernd Meyer, Chefstratege Wealth and Asset Management bei der Berenberg Bank.

Kommt eine Korrektur?
Die jüngsten Entwicklungen haben den Kupferpreis kräftig angetrieben. Dieser notierte per 31. Mai bei 9.977 USD je Tonne an der London Metal Exchange und lag damit knapp unter dem Rekordhoch vom Frühjahr 2022. Im Vorjahr war es unter anderem aufgrund Konjunktursorgen insbesondere in China zu einem Preisknick gekommen.

Interessierte Anleger können mit Zertifikaten auf einen weiteren Preisanstieg setzen. So bietet die BNP Paribas ein ETC (Exchange Traded Commodity) auf die künftige Preisentwicklung an. Bei ETCs handelt es sich um besicherte Zertifikate. Anleger, die sich ein höheres Risiko zutrauen, können auf die weitere Preisentwicklung mit einem Faktor-Long-Zertifikat gehebelt setzen. Ein solches Produkt bietet die Société Générale mit einem Faktor von 2 an. Als Berechnungsgrundlage bei Faktor-Zertifikaten wird stets der Schlusskurs des Basiswertes vom Vortag herangezogen. Die aktuelle prozentuelle Kursveränderung darauf wird dann mit dem Faktor multipliziert.

Anleger sollten beachten, dass aufgrund der prozentuellen Berechnung auch größere Verluste entstehen können, wenn der Basiswert in die entgegengesetzte Richtung läuft oder stärker seitwärts schwankt.

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Profiteure der Fußball-Europameisterschaft 2024

Einige Aktien prominenter Ausrüster und Ausstatter könnte das Fußball-Spektakel beflügeln.

Michael Kordovsky. Die diesjährige Fußball-Europameisterschaft 2024 findet vom 14. Juni bis 14. Juli in Deutschland statt. Unter den zehn Austragsorten sind unter anderem Berlin, München, Frankfurt und Hamburg. Erwartet werden 2,7 Millionen Besucher in den Stadien und rund 7 Millionen Fans in den Fanzonen. Alleine nach Berlin sollen 1,9 Millionen Besucher aus rund 120 Ländern kommen. Konkret bedeutet dies einen Aufschwung für deutsche Fluglinien insbesondere für die Lufthansa und auch für den Mietwagen-Anbieter Sixt.

Letzterer weist von 2017 bis 2023 ein Gewinnwachstum/Aktie von 9,7 % p.a. auf und ist bei einem Kurs von 73,90 Euro mit einem für 2025 geschätzten KGV von relativ günstigen 9,7 bewertet. Man kann an der Entwicklung der betreffenden Aktien auch über leicht gehebelte Zertifikate partizipieren. Vorteile sind ein etwas geringerer Kapitaleinsatz infolge des Hebels und die günstigen Transaktionsspesen bei zahlreichen Brokern. Der Nachteil liegt im Emittenten-Risiko, das im Falle einer Insolvenz des Emittenten schlagend würde.

Zu den einzelnen Zertifikaten: An Sixt kann mit einem Hebel von 1,47 mit dem von der HSBC emittierten „Open End-Turbo-Optionsschein auf Sixt SE“ partizipiert werden. Per 31. Mai ist die Knock-Out-Schwelle noch 67 % entfernt.

Für Lufthansa gibt es von Goldman Sachs einen „Open End Turbo Optionsschein Long“ mit Hebel von 1,20 und rund 83 % Abstand vom Knock-Out.

Interessant erscheint auch die in Deutschland sehr aktive Hotelkette Accor, für die Analysten auch in den kommenden Jahren ein kontinuierliches Gewinnwachstum erwarten. Hier bietet ein „Open End Turbo Optionsschein Long auf Accor“ (Emittent Goldman Sachs) bei einem Hebel von 1,10 einen Abstand zum Knock-Out von 90 %.

Trikotsponsoren und Bier-Aktien
Ausrüstern, die die besten Mannschaften ausstatten, winken erfolgreiche Verkaufszahlen und Kursgewinne. Dabei stehen vor allem die Sportartikel-Konzerne Adidas, Nike und Puma im Blickpunkt. Nike ist hier mit Mannschaften wie Kroatien, England, Niederlande, Frankreich und Portugal besonders aussichtsreich – und 2027 kommt sogar Deutschland (bisher Adidas) hinzu. Besonders starke „Adidas-Mannschaften“ sind hingegen heuer neben Deutschland noch Spanien, Italien und Belgien, während Puma die Schweiz, Serbien, Österreich und Tschechien ausstattet. Den Matchball für die EM liefert traditionell wieder Adidas. Auf letztere bietet HSBC einen „Open End-Turbo-Optionsschein“ mit moderatem Hebel von 1,28 und einem Abstand zum Knockout von knapp 78 %.

Nur einen Hebel von 1,13 und 88 % Abstand vom Knock-Out hat der „Turbo Unlimited Long-Optionsschein ohne Stopp-Loss-Level auf Nike“ (Emittent Société Générale).

Bier ist während einer EM generell stark gefragt, weshalb Anleger einen Blick auf diverse Brauereititel wie z. B. Heineken werfen könnten. Coca-Cola als Sponsor versorgt wiederum Fans, Offizielle und Freiwillige bei der EM mit Getränken. Da es sich bei Coca-Cola um eine defensivere Aktie handelt, kann durchaus ein Hebelzertifikat mit einem Hebel von mehr als 2 eingesetzt werden. Ein Beispiel wäre der „Open End Turbo Long auf Coca-Cola“, emittiert von Morgan Stanley, mit einem aktuellen Hebel von 2,15 (per 31.5. um 14:45 Uhr) und Abstand zum Knock-Out von rund 46 %.

Foto: AdobeStock / Marc Kunze generiert mit KI

 

 

Wahlen und Märkte

(24.05.) Analysen zu den bevorstehenden Wahlen in UK und den USA.

Orla Garvey, Senior Portfolio Manager für Fixed Income bei Federated Hermes Limited

Vergangene Woche wurde bestätigt, dass am 4. Juli Parlamentswahlen in Großbritannien stattfinden werden. Obwohl vorgezogene Neuwahlen im Vereinigten Königreich immer ein potenzielles Risiko darstellen, kam diese Ankündigung doch etwas überraschend. Die Konservative Partei hat in den letzten Umfragen nicht zulegen können und liegt derzeit etwa 20 Prozentpunkte zurück. Betrachtet man jedoch, dass sich die Debatte in den kommenden Wochen auf die Erfolge der Konservativen Partei bei der Bekämpfung der Inflation konzentrieren könnte – die sie fast wieder auf das Ziel der Bank of England gebracht haben – und dass sich die Wirtschaft nach der technischen Rezession, die wir Ende letzten Jahres erlebt haben, leicht erholt hat, erscheint das Timing sinnvoller.

Die aktuellen Umfragen deuten darauf hin, dass wir im Sommer eine Labour-Regierung mit Keir Starmer als neuem Premierminister haben werden, aber bis dahin kann sich noch viel ändern, und wir können das Risiko eines unausgeglichenen Parlaments nicht völlig ausschließen. Hinsichtlich der Auswirkungen auf das Wachstum gibt es keine großen Unterschiede zwischen den Parteien; eine Labour-Regierung würde das Potenzialwachstum wahrscheinlich nach oben korrigieren, hätte aber den gleichen begrenzten fiskalpolitischen Spielraum wie die Konservativen.

Was die Geldpolitik betrifft, so ist die Bank of England politisch unabhängig und wird sich bei ihren nächsten Schritten wahrscheinlich eher von den Daten als vom Wahltermin leiten lassen. Die geldpolitische Sitzung im Juni findet 14 Tage vor dem Wahltermin in Großbritannien statt. Nach den CPI-Daten dieser Woche ist die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung im Juni fast auf Null gesunken, während die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung im August bei 50 Prozent und im September bei etwa 80 Prozent liegt. Die Veröffentlichung des Haushaltsplans nach den Wahlen könnte ebenfalls einen Einfluss auf diese Wahrscheinlichkeit haben, aber unter der Annahme, dass eine Labour-Regierung sich zunächst an die Haushaltsgrenzen halten würde, sollte der Haushalt nicht von Bedeutung sein.

Wir gehen weiterhin davon aus, dass die Bank of England ihren geldpolitischen Lockerungszyklus in diesem Jahr einleiten wird. Die erhöhte Unsicherheit im Zusammenhang mit den Wahlen und dem Haushalt einer möglichen Labour-Regierung dürfte den Druck auf die Zinsstrukturkurve erhöhen.

Stephen Auth, Chief Investment Officer für Equities bei Federated Hermes

Unsere Entscheidung, Aktien im Januar 2023 überzugewichten und diese Position seither beizubehalten, beruhte weitgehend auf unserer Einschätzung eines sehr positiven fundamentalen Umfelds: ein angemessenes Wirtschaftswachstum, ein solides Gewinnwachstum, eine Inflation, die zwar unter ihrem Höchststand liegt, aber stabil ist, und eine Fed, die sich weitgehend zurückhält. Der Anstieg der Aktienkurse um 20 Prozent im vergangenen Jahr und um 12 Prozent seit Jahresbeginn ist zu einem großen Teil darauf zurückzuführen, dass der Markt unsere Einschätzung übernommen hat. Die Frage ist nun: „Wie geht es weiter?“ Unseres Erachtens ist es der politische Zyklus.

Da der Wahlzyklus in die letzten fünf Monate geht, werden die Märkte mehr Zeit damit verbringen, die verschiedenen Optionen, die sich ihnen bieten – Trump oder Biden – zu bewerten und zu diskontieren. Obwohl es langfristig weniger wichtig ist, wer Präsident wird, als voll investiert zu bleiben, kann die Regierungspolitik kurzfristig die Märkte und insbesondere bestimmte Sektoren beeinflussen. Es zeichnet sich immer mehr ab, dass die diesjährigen Wahlen aus zwei Gründen von größerer Bedeutung sein könnten als gewöhnlich. Erstens sind die Wahlen zum Repräsentantenhaus und zum Senat so knapp, dass es wahrscheinlich ist, dass derjenige, der die Präsidentschaft gewinnt, auch beide Wahlen gewinnt. Zweitens sind die wirtschaftspolitischen Unterschiede zwischen den beiden Kandidaten sehr groß, vor allem in wichtigen Marktfragen wie Steuerpolitik, Regulierung und Handel.

Wie bei allen wichtigen Themen, die einen Wendepunkt für die Märkte darstellen könnten, hat Federated Hermes ein Rahmenwerk entwickelt, das uns und unseren Kunden hilft, die Wahlinformationen zu verarbeiten und ihre Auswirkungen auf die Aktienmärkte zu bestimmen. Unsere vorläufige Schlussfolgerung ist, dass ein Wahlsieg der Republikaner das wahrscheinlichste Ergebnis ist, und dies sollte uns darin bestärken, unsere Long-Positionen beizubehalten – und vor allem dafür zu sorgen, dass sich der Markt über Technologieaktien hinaus in Richtung Small Caps, Finanzwerte, Versorger und Energie ausweitet.

„Politische Kraft zur Veränderung fehlt in diesem Land“

Stärkung des heimischen Kapitalmarktes ist für Wiener Börse vorrangig.

Marius Perger. Dass die Wiener Börse im Vorjahr in einem „verhaltenen Marktumfeld“ ihr Ergebnis auf Rekordhöhe halten konnte und auch der Konzernumsatz nahezu das hohe Niveau des Jahres davor erreichte, war beim Jahrespressegespräch mit Börse-Aufsichtsratsvorsitzendem und Wienerberger-CEO Heimo Scheuch sowie Börse-CEO Christoph Boschan nur ein Randthema. Im Vordergrund stand die Bedeutung eines starken Kapitalmarkts für die heimische Wirtschaft und die grüne Transformation.

Doch kurz zurück zum Jahr 2023: Der Rückgang des Aktienumsatzes im Vorjahr bedeutet nicht, dass sich das Handelsvolumen zur Konkurrenz verlagert hätte, so Boschan. Im Gegenteil: Der Marktanteil der Wiener Börse ist sogar leicht gewachsen. Erfolgreich haben sich die anderen Geschäftsbereiche entwickelt, die Diversifikation trage Früchte, wobei Boschan einerseits auf die Erlöse aus dem Central Securities Depository Prag, das für das Verwahrgeschäft in Tschechien zuständig ist, andererseits auf das Anleihensegment verweist. Allein heuer habe man schon fast 5.000 neue Anleihenlistings verzeichnet, für Privatanleger sei das Angebot der Wiener Börse der günstigste Weg, österreichische Bundesanleihen zu handeln, betont der Börse-Chef. Zufrieden zeigt sich auch Scheuch: Die Börse Wien halte allen Vergleichen mit den „Großen“ stand, man solle „nicht jammern, sondern stolz sein auf diese Börse“.

Appell an die Politik
Trotz der Politik und des ständigen Schlechtredens des Kapitalmarktes hätten immer mehr Österreicher Interesse am Kauf von Wertpapieren, betont Scheuch. Doch immer noch würden mehr als 300 Milliarden Euro nicht oder niedrig verzinst hierzulande – salopp gesagt – „herumliegen“. Notwendig sei deshalb eine Stärkung des Kapitalmarktes, wobei Scheuch auch darauf verweist, dass die EU-Mitgliedsstaaten aufgerufen sind, mehr für den gemeinsamen Finanzmarkt zu tun. Und nicht zuletzt zeige sich, dass Staaten mit gut entwickelten Kapitalmärkten schneller, nachhaltiger und mit höheren Wachstumsraten in eine CO2-neutrale Zukunft transformieren.

Gefordert sei die Politik, betont auch Boschan. Sie müsse für „relevante Kapitalsammelstellen“ sorgen, insbesondere durch den Ausbau der zweiten und dritten Säule, deren Volumen in Österreich derzeit nur 7 % des BIP ausmacht – im Vergleich zu rund 100 % in anderen entwickelten Staaten.

„Wir brauchen eine Regierung, die sich dem Finanzmarkt widmet“, sagt Scheuch, „und einen Kapitalmarktbeauftragten, der nicht aus der Arbeiterkammer oder der Wirtschaftskammer kommt, sondern von uns“. Die Börse als Finanzierungsquelle für die Transformation der Unternehmen sei für unser Land „extrem wichtig“. Nicht vergessen dürfe man auch, dass der österreichische Wohlstand auf dem Export aufgebaut ist: „Wir brauchen die internationale Vernetzung und die kommt über den Kapitalmarkt.“

Scheuch fordert auch weitere Privatisierungen: „Wir haben gezeigt, dass diese gut funktionieren.“ Jede neue Regierung habe sich mit damit zu beschäftigen, es dürfe kein Tabu-Thema sein. Und schließlich wünscht sich Scheuch einen „Fonds, der allen Österreichern gehört“. Dazu bedürfe es einer Entpolitisierung der staatlichen Beteiligungen, die in einen Staatsfonds übertragen werden müssten. Dies wäre ein wesentlicher Bestandteil für das Wachstum der Wirtschaft. Es gehe darum, wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für den österreichischen Kapitalmarkt zu schaffen. Aber, so Scheuch: „Die politische Kraft zur Veränderung fehlt in diesem Land“.

ESG im Fokus
Verstärken will die Wiener Börse ihren Fokus auf den Bereich nachhaltiger Investmentmöglichkeiten. Bereits heute werde Emittenten das eigens für nachhaltige Anleihen konzipierte „Vienna ESG Segment“ geboten; Inzwischen sind dort mehr als 100 Anleihen von über 30 Emittenten gelistet, deren Volumen von mehr als 27 Milliarden Euro in die Transformation der Wirtschaft fließt.

Und ab sofort stellt die Wiener Börse ESG-Initiativen auf die (virtuelle) Bühne – mit einer Kampagne auf allen Kommunikationskanälen will man zeigen, wie österreichische börsenotierte Unternehmen die ESG-Transformation vorantreiben.

Foto: Börsen-Kurier

 

 

Verschärfung bei Geldwäsche-Prävention

Zentrale Datenbank für Versäumnisse beim Verhindern von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.

Andreas Dolezal. Die Europäische Kommission intensiviert ihren Kampf gegen Geldwäsche (AML; Anti-Money Laundering) und Terrorismusfinanzierung (CFT; Countering the Financing of Terrorism). Erst im Feber 2024 hat sie die finalen Inhalte der kommenden Geldwäsche-Richtlinie und -Verordnung veröffentlicht, die je nach Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU, ab etwa Mitte 2027, anzuwenden sind.

Bereits seit Mai 2024 können europäische Aufsichtsbehörden Namen von natürlichen Personen an EuReCA (European Reporting System for material CFT/AML weaknesses), eine zentrale Datenbank der europäischen Bankenaufsicht EBA, melden.

Zentrale Datenbank für Schwachstellen
EuReCA ist eine EU-weite, zentrale Datenbank bzw. Meldestelle für Schwachstellen hinsichtlich erheblicher Versäumnisse bei der Einhaltung von Anforderungen im Zusammenhang mit Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Die gesammelten Informationen beziehen sich auf Schwachstellen, die während der laufenden Aufsichts- und Zulassungsverfahren in Bezug auf Akteure des Finanzsektors festgestellt wurden, sowie auf Maßnahmen, die die Meldebehörden als Reaktion auf diese wesentlichen Schwachstellen ergriffen haben.

Die Daten werden analysiert und gemäß dem „Need-to-know“-Prinzip auf vertraulicher Basis mit den Meldebehörden auf nationaler und EU-Ebene für deren Aufsichtstätigkeiten ausgetauscht. Auch an die nationalen Geldwäschemeldestellen und Justizbehörden sowie die Europäische Staatsanwaltschaft EUStA können Daten einzelfallbezogen weitergegeben werden.

Bereits 1.400 Meldungen
Die EBA (und zukünftig die neue EU-Anti-Geldwäschebehörde AMLA) nutzt die EuReCA-Daten, um sich ein Bild von den Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsrisiken im EU-Finanzsektor zu machen. Die Analyse der Daten soll dazu beitragen, dass die EBA ihre Aufsichtstätigkeit gezielter und effektiver gestalten kann. Seit dem Start von EuReCA am 31. Jänner 2022 haben 41 Behörden bereits mehr als 1.400 Meldungen gemacht.

Geheimhaltungspflicht der Behörden
Steht ein schwerwiegender Mangel oder eine Maßnahme mit einer natürlichen Person in Verbindung, wie einem Kunden oder einem wirtschaftlichen Eigentümer, kann die jeweilige Aufsichtsbehörde diese Information an EuReCA melden. Die Behörde kann bei Bedarf auch den Namen von Leitungsorganen (z. B. Vorstände) oder Inhabern von Schlüsselfunktion (z. B. Geldwäsche-Beauftragte) melden, da ein Mangel an Ehrlichkeit oder Integrität zu schwerwiegenden Problemen bei den Governance-Regelungen oder dem Geschäftsmodell führen und letztlich die Präventionsmaßnahmen des Finanzinstituts schwächen könnte.

Alle am Informationsaustausch beteiligten Behörden sind, solange es zu keinem Strafverfahren kommt, an die Geheimhaltungspflicht gebunden. Betroffene Personen erfahren also grundsätzlich nicht, dass sie von der Behörde an EuReCA gemeldet wurden. Wer wissen möchte, ob er oder sie in der Datenbank enthalten ist, kann das Recht auf Auskunft in Anspruch nehmen. Die EBA bewahrt die personenbezogenen Daten für einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren nach ihrer Erhebung auf. Danach erfolgt die Löschung.

Rechtsgrundlage für Datenverarbeitung
Die Rechtsgrundlage für das Sammeln personenbezogener Daten, wie Vor- und Nachname, Geburtsdatum, Wohnsitzland, Staatsangehörigkeit und gegegenfalls Funktion im Finanzsektor, wurde mit einer am 16. Feber 2024 im Amtsblatt der EU veröffentlichten Verordnung – Delegierte Verordnung (EU) 2024/595 – geschaffen.

Es können nur Daten gemeldet werden, die sich auf erhebliche Versäumnisse bei der Einhaltung der Geldwäsche-Bestimmungen beziehen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Verarbeitung von Daten im Umfang begrenzt bleibt und auf das notwendige und verhältnismäßige Maß beschränkt ist.

Verletzung der Grundrechte
Die EBA stellt in ihrer Datenschutz-Folgenabschätzung fest, dass die Verarbeitung der im Zusammenhang mit Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung erhobenen personenbezogenen Daten zu erheblichen Auswirkungen auf die Grundrechte der betroffenen Personen führen kann. Ein Verstoß gegen die Datenschutzgrundsätze kann schwerwiegende Auswirkungen auf die Reputation haben, möglicherweise zum Ausschluss von sozialen und/oder vertraglichen Vergünstigungen führen und sogar unzulässige Gerichtsverfahren zur Folge haben.

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Alte Japaner, neue Wirtschaft

Trotz demographischem Supergau kehren Investoren wieder nach Japan zurück.

Christian Sec. Der japanische Aktienmarkt hat mit einem Plus von rund 15 % in den ersten vier Monaten des Jahres besser performt als alle anderen relevanten Börsenplätze weltweit. Trotzdem gibt es eine Sorge, die den Wirtschaftsstandort Japan plagt – und zwar die demographische Entwicklung. Japan ist die älteste Gesellschaft der Welt. Rund 30 % der Bevölkerung ist über 65 Jahre alt. Auf jeden Pensionisten kommen weniger als zwei Erwerbstätige. Einerseits fehlen jetzt schon Arbeitskräfte, andererseits steigen die Kosten für Sozialversicherungsausgaben rapide an, erklärt Günther Schmitt, Leiter der Abteilung „Aktien, entwickelte Märkte“ bei Raiffeisen Capital Investment, gegenüber dem Börsen-Kurier.

Während Europa den demografischen Wandel durch Einwanderung zumindest bremst, ist dies für das traditionsbewusste Japan bislang keine Alternative. Kein anderes Industrieland ist in der Bevölkerungsstruktur so homogen, mit dem Ergebnis, dass die Bevölkerung nicht nur veraltet, sondern auch im Rekordtempo schrumpft (2023: -0,65 %). Aber wenn es keinen Nachwuchs gibt, so greift der Staat auf die Alten zurück. Japans Regierung hat deshalb die „100-jährige Gesellschaft“ ausgerufen.

Jeder Japaner soll lebenslang aktiv bleiben. Das gilt auch für die Erwerbsarbeit. 50 % der 65 bis 69-jährigen Japaner gehen heute einer Erwerbsarbeit nach. Fast 40 % der japanischen Unternehmen halten ihre über 70-jährigen Mitarbeiter in Beschäftigung. Der Hintergedanke dabei ist, auch das Budget zu entlasten. Denn die demografische Entwicklung belastet auch den Staatshaushalt. Mittlerweile betragen die Staatsschulden mehr als 250 % des BIP. Aufgrund dessen, dass der Staat in der Bank of Japan einen verlässlichen Kreditgeber besitzt, ist die Zinslast jedoch überschaubar. Derzeit liegt die Rendite einer 10-jährigen Staatsanleihe bei 0,9 %.

Strukturwandel zum Besseren
Trotz dieser Rahmenbedingungen haben es japanische Unternehmen geschafft, wettbewerbsfähig zu bleiben, so Schmitt. Japan hat früh erkannt, in Automatisierung und Roboterisierung zu investieren, um so dem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken. Deshalb bietet Japan viele Einstiegsmöglichkeiten in Firmen aus dem Technologiebereich. Das wichtigste Argument für den Einstieg in den japanischen Aktienmarkt ist für Schmitt jedoch der Strukturwandel in der japanischen Wirtschaft. Initiiert wurde dieser durch die Einführung des Corporate Governance Code im Jahr 2014, durch den damaligen Premierminister Shinzo Abe.

Der Kodex verlangt von den Unternehmen, im Interesse der Aktionäre zu agieren, anstatt sich an unterdurchschnittlichem Vermögen und Cash-Beständen festzuklammern. Nach dem Platzen der Vermögensblase 1989 begannen die Unternehmen aus Vorsicht, Cash zu horten und Risiko zu meiden, was zu einer Stagnation der Wirtschaft führte. Auch die Versuche der Notenbank, mit negativen Zinsen den deflationären Tendenzen entgegenzuwirken, wirkten nicht.

Erst die Maßnahmen der Corporate Governance führten wieder zu profitableren Unternehmen, was schlussendlich auch die internationalen Investoren wieder ins Boot holte. Die Reformen sorgen dafür, die Profitabilität und Kapitaleffizienz japanischer Firmen zu stärken, so Schmitt. „Selbst Themen wie Entlassungen oder der Verkauf nicht-rentabler Geschäftszweige sind jetzt kein Tabuthema mehr, und sorgen dafür, dass sich die Kennzahlen vieler japanischer Unternehmen stetig verbessern.“ Für den Einstieg in den japanischen Aktienmarkt spricht trotz der Kursanstiege in diesem Jahr auch die noch immer günstige Bewertung, so Schmitt. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt derzeit bei 16,5 – der Dax weist zum Vergleich ein KGV von 20,4 auf.

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Die 5 Lieblingsaktien von … Rebecca Irwin

Rebecca Irwin, Portfoliomanagerin des PGIM Jennison Global Equity Opportunities Fund bei Jennison Associates verrät ihre fünf Lieblingsaktien. (17.05.)

1. Nvidia
Nvidia ist eine unserer größten Beteiligungen und derzeit unserer Ansicht nach die beste Möglichkeit, vom Investitionsboom in KI-Infrastruktur zu profitieren. Nvidia verzeichnete einen beispiellosen Umsatzanstieg im Bereich Rechenzentren von 15 MrdUSD im Vorjahr auf geschätzte 90 MrdUSD im nächsten Jahr. Die generative KI ist der Beginn einer vierten Ära der Datenverarbeitung. Sie wird das tägliche Leben in einer Weise beeinflussen, die wir noch nicht einmal ansatzweise verstehen. Derzeit ist Nvidia KI-pur.

2. Microsoft
Ein weiterer Konzern, von dem wir glauben, dass er stark vom anhaltenden Aufstieg der KI profitieren wird, ist Microsoft. Im Moment ist jedoch nicht Microsofts Investition in OpenAI der ausschlaggebende Faktor, sondern alle drei Hauptbereiche, die ein starkes Wachstum verzeichnen: Office 365, der PC-Markt und die firmeneigene Cloud-Computing-Plattform Azure, die dem Konkurrenten Amazon Web Services Marktanteile abgenommen hat und mit zunehmender Integration generativer KI ein starkes Volumenwachstum verzeichnen dürfte.

3. Ferrari
Führende Luxusmarken haben aufgrund ihrer gut positionierten Marken, ihrer hohen Preissetzungsmacht und ihrer direkten Vertriebskanäle ein starkes Wachstum verzeichnet.

Die Marke Ferrari kann in erster Linie als Luxusunternehmen betrachtet werden, das Autos herstellt. Ferrari verfügt über eine starke Markengeschichte und -tradition, einen äußerst loyalen Kundenstamm und eine Anziehungskraft, die mit der Zeit immer weiter zunimmt. Wie bei anderen Unternehmen im Luxussegment sind die Produkte von Ferrari nicht imitierbar, was dem Unternehmen eine starke Preissetzungsmacht verleiht und es ihm ermöglicht hat, seine Einnahmen und Gewinnspannen auch in einem schwierigen inflationären Umfeld zu steigern.

4. Novo Nordisk
Innovationen im Gesundheitssektor haben zu neuen Behandlungsmöglichkeiten für chronische Krankheiten wie Diabetes und Fettleibigkeit geführt. Das dänische Gesundheitsunternehmen Novo Nordisk ist zusammen mit Eli Lilly der Konkurrenz weit voraus, wenn es darum geht, Lösungen gegen Übergewicht zu finden. Dass ihre Medikamente auch dazu beitragen, Herzinfarkte und Schlaganfälle zu reduzieren, vergrößert den adressierbaren Markt zusätzlich und macht es wahrscheinlicher, dass Versicherungen und Regierungen die Kosten für den Einsatz dieser „GLP-1“-Medikamente erstatten werden. Für Novo Nordisk zeichnet sich eine Reihe potenzieller Katalysatoren ab, die das Wachstum in den kommenden Jahren weiter vorantreiben könnten. Derzeit besteht die größte Herausforderung darin, dass das Unternehmen einfach nicht genug GLP-1-Medikamente herstellen kann, um die weltweite Nachfrage zu decken.

5. Eli Lilly
Ein weiterer wichtiger Akteur im Gesundheitssektor ist Eli Lilly. Das Unternehmen hat eine starke Produktpipeline und nur wenige seiner Patente werden in den nächsten zehn Jahren auslaufen. Zusammen mit Novo Nordisk könnten sie Umsatzwachstum, Margenausweitung und Gewinnwachstum bieten, die um ein Vielfaches über dem liegen, was ein Pharmaunternehmen traditionell bieten kann.

Viele Investoren unterschätzen sowohl das Ausmaß als auch die Dauer dieses Wachstums. Während die Zahlen auf Einjahresbasis teuer erscheinen, wirken sie bereits auf Zweijahresbasis eher günstig, da das Management ein starkes Umsatzwachstum in Verbindung mit größerer Finanzdisziplin signalisiert.

Weltmeisterliches Österreich

Unser Land ist in vielen Bereichen der Industrie führend.

Christian Sec. Die heimische Exportquote bei Waren und Dienstleistungen von mehr als 60 % zeigt, dass die Unternehmen international bestehen können. Österreich weist mit 161 Unternehmen mehr sogenannte „Hidden Champions“ in Relation zur Einwohnerzahl auf als jedes andere Land der Welt, zeigt eine Studie des Instituts Simon-Kucher.

„Hidden Champions“ sind Unternehmen, die auf einem Gebiet entweder unter den Top 3 in der Welt sind oder Nr. 1 in Europa, weniger als 5 Milliarde Euro Umsatz im Jahr erwirtschaften und auch wenig bekannt sind, da sie meist im B2B-Bereich tätig sind.

Die vielen österreichischen Weltmarktführer sind für Michael Böheim, er ist Senior-Ökonom beim Wifo, „Evidenz dafür, dass es österreichischen Unternehmen erfolgreich gelungen ist, sich zu spezialisieren und sich am Weltmarkt zu behaupten“. Marktführerschaft impliziert etwas Besonderes, erklärt Böheim weiter: „Es kann eben nur einen Marktführer geben.“ So kennzeichnet Marktführerschaft für Unternehmen ein Alleinstellungsmerkmal und impliziert herausragende Leistungsfähigkeit im Vergleich zur Konkurrenz.

Die Marktführerschaft ist ein Versprechen, ein sehr gutes Produkt zu liefern, erklärt ein Sprecher von Rosenbauer, einem Weltmarktführer für Feuerwehrausstattung, auf Anfrage des Börsen-Kurier. Sie ist also so etwas wie eine sichere Bank für die Kunden, die dann auch gerne bereit sind, einen Mehrpreis zu zahlen: Höhere Margen als Preis für den Weltmeistertitel. Oftmals ist daher die Steigerung von Marktanteilen wichtiger als die Umsatzentwicklung.

So kann sich der Faserproduzent Lenzing trotz schwacher Nachfrage und steigender Kosten mit der Marktführerschaft bei Spezialfasern im Bereich Lyocell- sowie Modalfasern trösten.

Zurück aber zu Rosenbauer. Bei neuen Feuerwehrhelmen liegt der globale Marktanteil bei 40 %, bei Feuerwehrfahrzeugen bei 11 %. Häufig haben sich die heimischen Betriebe aus einer langen Unternehmensgeschichte heraus, in der sie Know-how und Vertrauen am Markt aufbauten, zu Weltmarktführern gemausert. Rosenbauer wurde bereits 1866 gegründet.

Kapsch TrafficCom benötigte von der Unternehmensgründung bis zur Weltmarktführerschaft im Bereich Mautsysteme mehr als 100 Jahre. Der Ziegelhersteller Wienerberger, 1819 gegründet, ist in den frühen 2000er-Jahren zur weltweiten Nr. 1 aufgestiegen. Geschafft wurde dies auch unter anderem durch zahlreiche Übernahmen und den Markteintritt in den USA im Jahr 1999.

Palfinger, 1932 als kleine Werkstatt für landwirtschaftliche Anhänger gegründet, wurde in den späten 1990er Jahren Weltmarktführer bei hydraulischen Ladekränen. 2014 wurde das Unternehmen mit dem Kauf der Lifting Machines Group auch zum weltweit größten Hersteller bei Forst- und Recyclingkränen und bei Abrollkippern.

Der Maschinenbauer Andritz, 1852 gegründet, ist gegenwärtig die weltweite Nr. 1 bei Maschinen im Zellstoffbereich und im Bereich der Metallumformung. Aber auch in allen anderen Geschäftsbereichen, wie Wasserkraft oder Metallverarbeitung, zählt das Unternehmen zu den Weltmarktführern.

Aber auch Europameister gibt es zur Genüge, wie z.B. Mayr-Melnhof als führender Kartonproduzent. Pierer Mobility wiederum ist mit Marken wie KTM Europas führender Hersteller für motorisierte Zweiräder mit Marktanteilen zwischen 10 und 12 %. Auch in Nordamerika konnte der Zweiradhersteller zweistellige Marktanteile erobern. Aber das Ziel liegt höher. Mit Innovation will man bei elektrischen Zweirädern im Leistungsbereich von 250 W bis 15 kW Weltmarktführer werden.

Foto: AdobeStock / josepperianes (mit KI generiert)

 

 

„Österreicher heute deutlich aufgeschlossener“

Christian Nuschele von Standard Life im Interview über Rendite-Chancen in der Altersvorsorge.

Klaus Schweinegger. Standard Life ist der letzte verbliebene britische Lebensversicherer in Österreich und feiert in diesem Jahr sein 25-jähriges Jubiläum. Wir baten Christian Nuschele, Head of Distribution von Standard Life, aus diesem Grund zum Gespräch.

Börsen-Kurier: Herr Nuschele, was waren die Gründe für den Eintritt in den österreichischen Markt und ist der österreichische Markt unverändert interessant?
Christian Nuschele: Es waren zwei zentrale Gründe. Zum einen war deutlich sichtbar, dass das staatliche Pensionssystem an seine Grenzen stoßen wird und Konsumenten privat vorsorgen müssen, um der Pensionslücke zu entgehen. Zum anderen war das Produktangebot von konservativen Produkten dominiert und wir haben sehr gute Chancen für innovative, renditeorientierte Vorsorgeprodukte gesehen. Und auch nach 25 Jahren sehen wir sehr großes Potenzial. Private Vorsorge ist notwendiger denn je und die Österreicherinnen und Österreicher sind heute deutlich aufgeschlossener gegenüber investmentorientierten Vorsorgeprodukten. Mit unseren Lösungen sind wir sehr gut positioniert und machen immer noch den Unterschied für eine erfolgreiche Pensionsvorsorge.

Börsen-Kurier: Standard Life arbeitet ausschließlich mit unabhängigen Beratern zusammen. Warum?
Nuschele: Es ist richtig, dass Standard Life ausschließlich mit unabhängigen, hochqualifizierten Beraterinnen und Beratern zusammenarbeitet – und zwar nicht nur in Österreich und Deutschland, sondern weltweit. Dahinter steckt die feste Überzeugung, dass gerade die Professionalität und Unabhängigkeit der Berater sowie die Produktauswahl aus der gesamten Breite des Marktes das beste Ergebnis für den Kunden bringt. Dass unabhängige Berater einen wertvollen Beitrag zum Konsumentenschutz leisten, wird leider noch zu oft übersehen. Wir möchten unseren Beitrag leisten, dass sich das ändert.

Börsen-Kurier: In den vergangenen Jahren hatten Berater viel mit der Regulatorik zu tun. Wie beurteilen Sie die anhaltende Diskussion rund um ein Provisionsverbot?
Nuschele: Ich halte die Einführung eines Provisionsverbots für nicht notwendig. Die Fehlanreize oder gar Provisionsexzesse sind in der Breite des Marktes nicht zu erkennen. Entsprechend ist ein so schwerwiegender Eingriff aus meiner Sicht nicht gerechtfertigt. Dies scheinen die Politiker in Brüssel aktuell glücklicherweise inzwischen auch so zu beurteilen. Die Umsetzung der regulatorischen Vorgaben hat in den vergangenen Jahren für die Beraterinnen und Berater wie natürlich auch für die Versicherer sehr viel Aufwand bedeutet. Es wäre jetzt an der Zeit, der Branche vielleicht einmal eine kleine Verschnaufpause zu gönnen.

Börsen-Kurier: Standard Life bietet seit einigen Jahren ausschließlich Fondspolizzen ohne Garantien an. Wie wird das von den eher konservativen Österreichern angenommen?
Nuschele: Es wird sehr gut angenommen. Bei den Konsumenten setzt sich immer mehr durch, dass es für den Erfolg der Pensionsvorsorge wichtig ist, dass bei der Veranlagung eine ausreichend hohe Rendite erwirtschaftet wird und Garantien die Renditeaussichten einschränken. Noch nicht hinreichend bekannt sind hingegen die großen steuerlichen Vorteile, die die Fondspolizze gerade auch gegenüber Fonds hat. Die moderne Veranlagung, steuerliche Vorteile gepaart mit der Absicherung des Langlebigkeitsrisikos und hoher Flexibilität machen die Fondspolizze zur passenden Vorsorgelösung.

Börsen-Kurier: Die Inflation sinkt, der Höhepunkt bei den Zinsen scheint erreicht zu sein. Wie geht es aus Ihrer Sicht mit der privaten Pensionsvorsorge weiter?
Nuschele: Die enorm hohen Inflationsraten haben verständlicherweise zu einer gewissen Zurückhaltung bei den Konsumenten geführt. Wir sehen aber, dass sie sich wieder verstärkt um die private Pensionsvorsorge kümmern, neue Investitionen tätigen und von Beitragsferien oder -reduzierungen wieder zum regulären Ansparen zurückkehren. Dies ist sehr positiv. Was die Zinsen anbetrifft, rechnen wir noch in diesem Jahr mit ersten Senkungen. Dies wird Bankprodukte wieder etwas weniger attraktiv machen. Ich erwarte keine Renaissance klassischer Versicherungsprodukte, sondern weiterhin einen Aufschwung bei Fondspolizzen.

Börsen-Kurier: Welche Pläne hat Standard Life?
Nuschele: Standard Life steht für innovative Vorsorgelösungen und versucht, dem Markt immer einen Schritt voraus zu sein. Dies bedeutet aber auch, das Angebot regelmäßig zu überprüfen und zu verbessern. Und genau das tun wir aktuell. Im kommenden Jahr werden wir mit einem überarbeiteten Produktangebot an den Markt gehen. Zusätzlich investieren wir gerade in die Modernisierung unserer IT- und Verwaltungsinfrastruktur, um sie leistungsfähiger zu machen und unseren Kunden einen besseren Service zu bieten. Beides wird uns dabei unterstützen, auch in den kommenden Jahren in Österreich weiter zu wachsen.

Foto: Standard Life

 

 

Mit ETFs in den Emerging Markets investieren

Gute Ausgangssituation für Anleihen und Aktien mit Schwellenländerfokus.

Michael Kordovsky. Zahlreiche Emerging Markets weisen im Vergleich zu den entwickelten Ländern einen Bewertungsabschlag auf. Dabei ist deren Wachstum langfristig noch dynamischer als jenes in unseren Breiten. Hinzu kommt in vielen Ländern eine demographisch relativ junge Bevölkerung, und das bei niedriger Staatsverschuldung. Von 2004 bis 2023 stieg laut Daten des IWF die Bruttostaatsverschuldung der entwickelten Volkswirtschaften von 76,6 % des BIP auf 112,1 %. Im gleichen Zeitraum ist der Schuldenlevel der Entwicklungs- und Schwellenländer trotz Pandemie von 46,4 % der Wirtschaftsleistung auf nur 67 % gestiegen. Ein für die entwickelten Länder erwartetes BIP-Wachstum von 1,8 % im Jahr 2025 steht 4,1 % Wachstum der Entwicklungs- und Schwellenländer gegenüber.

Während in Europa die Mittelschicht dünner wird, hat sich in zahlreichen Schwellenländern bereits eine solide Mittelschicht etabliert. Unter diesen genannten volkswirtschaftlichen Aspekten erscheint es sinnvoll, verstärkt in Anleihen von Schwellenländern zu investieren.

Und während eine österreichische Bundesanleihe mit drei Jahren Laufzeit per 17. Mai 2,925 % Rendite abwirft, bieten laufzeitkongruente Anleihen aus Brasilien, Indien und Mexiko 10,8 %, 7,1% bzw. 10,4 %.

Günstige EM-Bond-ETFs
Eingesparte Spesen sind ein Ansatz für Mehrertrag. Die Vorteile breiter Streuung und niedriger laufender Kosten bieten EM-Bond-ETFs wie beispielsweise der „L&G ESG Emerging Markets Government Bond (USD) 0-5 Years UCITS ETF“, der per Ende März 2024 mit 97 % des Volumens in Laufzeiten zwischen 0 und 5 Jahren investiert ist, woraus geringere Zinsrisiken resultieren, die beispielsweise im Falle weiterer Leitzinsanhebungen der Fed schlagend werden könnten. Trotzdem liegt die Portfolio-Rendite auf Verfall noch immer bei 6,17 %. Rund 52 % des Fondsvolumens sind im Investmentgrade-Bereich angesiedelt. Am stärksten gewichtet sind Saudi-Arabien (5,7 %), Indonesien (5,0 %), Vereinigte Arabische Emirate (5,0 %), die Türkei (4,9 %) und der Oman (4,1 %), gefolgt von Brasilien (4,0 %). Die laufenden Gebühren betragen 0,25 % pro Jahr.

Wer mit längeren Laufzeiten auf Zinssenkungen spekulieren möchte, sollte einen Blick auf den „Vanguard USD Emerging Markets Government Bond UCITs ETF“ werfen, dessen Durchschnittslaufzeit per 31. März 2024 bei 10,7 Jahren liegt, und das bei einem durchschnittlichen Credit-Rating von BBB-. Die Rendite für den schlimmsten Fall ist mit 6,71 % angegeben. Die stärksten Gewichtungen fallen auf China (10,4 %), Saudi-Arabien (9,5 %), Mexiko (7,9 %), Vereinigte Arabische Emirate (7,0 %) und Indonesien (6,3 %). Die Gesamtkostenquote liegt bei 0,25 %.

EM-Aktien-ETFs
Per Ende April 2024 lag das Forward-KGV im 1.375 Titel enthaltenden „MSCI Emerging Markets Index“ (USD) bei 12,2, verglichen mit 17,9 beim MSCI World. Nur 0,14 % p.a. an laufenden Kosten weist dabei der „Amundi MSCI Emerging Markets II UCITs ETF“ auf. Am stärksten gewichtet sind China (26,7 %), Indien (18 %), Taiwan (17,2 %) und Korea (12 %).

Zu den Top-Aktien zählen unter anderem Taiwan Semiconductor, Tencent, Samsung und Alibaba. Ebenfalls günstig mit einer Gesamtkostenquote von 0,18 % ist der „iShares Core MSCI Emerging Markets IMI UCITS ETF“, der den „MSCI Emerging Markets Investable Markets Index“ (mit 3.170 Positionen!) abbildet.

Für ESG-orientierte Anleger interessant erscheint der „Fidelity Sustainable Research Enhanced Emerging Markets Equity UCITS ETF Acc“, dessen laufende Kosten pro Jahr bei nur 0,30 % liegen. Berücksichtigt werden eine Vielzahl ökologischer und sozialer Anforderungen wie z. B. CO2-Intensität, Energieeffizienz, Wasser- und Abfallmanagement, Lieferkette, Gesundheit und Menschenrechte.

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Aktuelle Herausforderungen und Perspektiven auf dem europäischen Immobilienmarkt

Ein Kommentar von Vincent Nobel, Head of Asset Based Lending, Federated Hermes.

(14.05.) Die jüngsten Daten zu den Immobilientransaktionen in Europa deuten auf ein neues Rekordtief für das erste Quartal hin, das auf das bisherige Rekordtief im ersten Quartal des Jahres 2023 folgt. Meiner Meinung nach steht dies im Gegensatz zur verhalten positiven Stimmung auf der MIPIM, der jährlichen Immobilienmesse im März. Letztes Jahr war die Konferenz von der Hoffnung auf Zinssenkungen geprägt. Da diese jedoch ausblieben, schienen sich viele auf ein Umfeld einzustellen, in dem die Zinsen noch länger steigen werden. Auf der diesjährigen Konferenz wurde das Thema Zinssenkungen nicht so oft erwähnt, aber in der Praxis scheinen die meisten Investoren immer noch auf die Zentralbanken zu warten. Die Zentralbanken haben nun angedeutet, dass Zinssenkungen in diesem Jahr geplant sind. Worauf warten also die Immobilieninvestoren?

Viele Investoren konzentrieren sich nach wie vor auf ihre Bestandsimmobilien. Dazu gehört auch der Refinanzierungsbedarf, wenn Kredite fällig werden. Es klafft eine Lücke zwischen der bestehenden Verschuldung und der Bereitschaft neuer Kreditgeber, Kredite zu vergeben. In den meisten Fällen muss diese Lücke mit Eigenkapital geschlossen werden, was teuer und in manchen Fällen schlicht nicht möglich ist. Dort, wo es möglich ist, können Kreditverlängerungen mit hohen Tilgungsraten eine vorübergehende Entlastung bringen. Für diejenigen, die nachrangiges Fremdkapital benötigen, um diese Lücken zu schließen, können die Kosten für Fremdkapital ein Schock sein. Eine teure Mezzanine-Finanzierung zusätzlich zu einer teureren vorrangigen Finanzierung mit einem geringeren Darlehensbetrag ist für viele Investoren eine unangenehme – wenn auch nicht völlig unvorhersehbare – Überraschung. Vor diesem Hintergrund muss die Suche nach neuen Schnäppchen möglicherweise warten, bis die bestehenden Probleme gelöst sind.

Externe Schocks werden unterschätzt

Wie das Klima und die Geopolitik die Weltwirtschaft prägen.

Michael Kordovsky. Börsianer holen ihre entscheidungsrelevanten Zahlen, Daten und Fakten primär aus Publikationen über Investments und wirtschaftliche Entwicklungen. Das erscheint auch logisch. Doch immer wieder treten Ereignisse ein, die sämtliche Prognosen über Bord werfen. Es geht hier um einschneidende Ereignisse in Form von Naturkatastrophen, Kriege und Pandemien. Die Wirkung dieser externen Schocks auf Wirtschaft und Börsengeschehen wird vollkommen unterschätzt, und dennoch sind dies Meilensteine der Wirtschaftsgeschichte. Dazu gibt es jede Menge Beispiele.

Rezessionsfaktor und Kapitalvernichtung durch Krieg
So hatte der verlorene Erste Weltkrieg (1914 bis 1918) infolge nicht mehr leistbarer Folgekosten und einer übermäßigen Bedienung der Notenpresse in der Weimarer Republik 1923 eine Hyperinflation zur Folge. Dieses Chaos ebnete radikalen Kräften den Weg an die Macht, woraus 1939 bis 1945 der Zweite Weltkrieg resultierte.

Danach folgte eine lange Phase der Prosperität, anfänglich her-vorgerufen durch Wiederaufbau, dann ab den 90er-Jahren infolge neuer Märkte im Osten, angefangen in der Ex-DDR, den ehemaligen Ostblock-Staaten bis hin zur gesamten Ex-Sowjetunion. Rüstungsausgaben wurden auf breiter Front hinuntergefahren und flossen über niedrigere Steuern in die zivile Realwirtschaft.

Ab September 2001 (9/11) wurde die Welt wieder unruhiger. Nach den Terroranschlägen in den USA war in New York zwischen dem 11. und 14. September 2001 die Börse für vier Handelstage geschlossen, und nach Wiedereröffnung am Montag, dem 17. September, brachen die Kurse um 7,1 % ein. Das Platzen der damaligen Technologieaktienblase beschleunigte sich.

Den Ukrainekrieg mit Beginn 24. Feber 2022 hatte kaum jemand vorhergesagt. Er überraschte, führte zur Preisexplosion bei Erdöl und Erdgas und bremste die Erholung der Wirtschaft von der Pandemie. Infolge steigender Zinsen wurden Investitionen für Unternehmen und Eigenheime für Privatpersonen immer schwerer leistbar. Vor allem in Europa wirkte sich dies negativ auf das BIP-Wachstum aus. Vom zweiten Quartal 2022 bis hin zum dritten Quartal 2023 verlangsamte sich in der EU27 das BIP-Wachstum von 4,2 auf 0,1 %, ehe im 1. Quartal 2024 wieder eine leichte Erholung auf 0,5 % folgte.

Ein anderer Krieg in der Geschichte, der Wirtschaftswachstum kostete, war der Jom-Kippur-Krieg im Oktober 1973. Am 6. Oktober 1973, dem jüdischen Feiertag griffen Syrien und Ägypten Israel an und wollten die von Israel besetzten Golanhöhen und die Sinai-Halbinsel zurückerobern. Begleiterscheinung war auch eine Drosselung der Ölförderung durch die Organisation der arabischen Erdöl exportierenden Staaten (OPEC) um 5 %, um die westlichen Länder für ihre Unterstützung Israels unter Druck zu setzen. Die Folgen waren: eine Vervierfachung des Ölpreises, eine US-Inflationsrate von bis zu 12,3 % (Dezember 1974), in den USA eine schwere Rezession von November 1973 bis März 1975, die einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 3,2 % mit sich brachte. Ebenfalls Co-Faktoren einer US-Rezession waren der Erste Golfkrieg (1979/80) und die Kuwait-Krise (2. August 1990 bis 17. Jänner 1991).

Eine Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft mit dem Titel „Kiel Policy Brief – The Price of War“ vom Feber 2024 analysierte die ökonomischen Auswirkungen von Kriegen und verwendete dazu einen Datensatz mit mehr als 150 Kriegen seit 1870. Ergebnis im O-Ton: „Alleine auf den unmittelbaren Kriegsschauplätzen sinkt das reale BIP fünf Jahre nach Kriegsbeginn durchschnittlich um 30 %, während die Inflation um bis zu 15 %-Punkte steigt. Weitere Kriegskosten kommen auf Nachbarländer und weiter entfernte Länder hinzu, die mit zunehmender Distanz sinken.“ Daraus leiten die Autoren für die Ukraine bis 2026 einen kumulativen BIP-Verlust von umgerechnet 111,1 Milliarde Euro und einen Rückgang des Kapitalstocks um umgerechnet 880 Milliarde Euro (EUR/USD 1,08) ab. Schäden für Drittländer werden mit umgerechnet 231,5 Milliarde Euro kalkuliert.

Unterschätzte (Natur-)Katastrophen
Auch die Corona-Pandemie ist von vielen Seiten in den ersten Wochen unterschätzt worden. Doch letztendlich brach 2020 die Weltwirtschaftsleistung um 3,1 % ein. Die Spanische Grippe von 1918 bis 1920, die weltweit mindestens 25 Millionen Todesfälle verursachte, würde heute rund 4,8 % der globalen Wirtschaftsleistung kosten.

Mittlerweile alltäglich ist der Klimawandel. Heuer gingen bereits reihenweise regionale Temperaturrekorde durch die Medien. Dürren und Waldbrände, gefolgt von schweren Regenfällen und Überschwemmungen prägen die Witterung, während immer mehr Ernten ausfallen und die Preise betroffener Agrargüter emporschnellen. Doch was hat der Klimawandel für wirtschaftliche Auswirkungen?

Anhand von Prognosen aus 33 globalen Klimamodellen hat ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Paul Waidelich von der ETH Zürich eine bahnbrechende Studie durchgeführt, die in der Fachzeitschrift Nature Climate Change veröffentlicht wurde, um solche Auswirkungen auf BIP weltweit zu quantifizieren. Die Ergebnisse: Die Studie ergab, dass bei einer Erwärmung des Planeten um +3 ºC das globale BIP um bis zu 10 % sinken würde. Wichtig ist die Erkenntnis, dass Schwankungen und Extreme die Kosten des Klimawandels auf der ganzen Welt erhöhen. Niederschlagsveränderungen und starke Temperaturschwankungen richten hohe Schäden an.

Eine globale Erwärmung um 3 ºC erhöht auch das Risiko extremer Niederschläge weltweit, wodurch das globale BIP im Durchschnitt um 0,2 % sinkt. Ein Großteil dieser Kosten entsteht in den USA und in China, die im Gegensatz zu den wärmeren tropischen Regionen weniger an extreme Niederschläge gewöhnt sind. Unter den betrachteten Extremereignissen haben jedoch Hitzewellen die stärksten Auswirkungen. Die Studie deutet darauf hin, dass fast die Hälfte der weltweiten wirtschaftlichen Schäden bei einer globalen Erwärmung von 3 ºC auf extreme Hitze zurückzuführen sein könnte.

In der jüngsten Zeit häufen sich aber Medienberichte über Hitzewellen und weltweit wachsen die Risiken von Ernteausfällen, die wiederum mehr Inflation bedeuten. Mehr Inflation hat aber eine restriktivere Geldpolitik und höhere Zinsen zur Folge und kostet somit auch Wirtschaftswachstum.

Fazit
Zunehmende Klimakapriolen und erhöhte geopolitische Risiken infolge des China-Taiwan-Konflikts, eines eskalierenden Ukrainekriegs und des aktuellen Gaza-Konfliktes erfordern, dass Anleger über den Tellerrand blicken, um sich mit wesentlichen Faktoren auseinanderzusetzen, die auch die zukünftigen Wirtschafts- und Börsenentwicklungen prägen können, obwohl sie nicht unbedingt Tagesthemen der Börsenberichterstattung sind.

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Auftritt für die erste digitale Anleihe

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau begibt im Sommer erstmals Krypto-Bonds.

Roman Steinbauer. Die überraschende Pressemeldung der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) vom 6. Mai verbreitete sich nicht nur auf Blockchain-affinen Plattformen umgehend: Die führende Förderbank der bedeutendsten Volkswirtschaft Europas begibt die erste vollwertige digitale Anleihe nach dem eWpG (Gesetz über elektronische Wertpapiere des Bundesamtes für Justiz). Die Vorbereitungen zur Emission starteten bereits, die Begebung werde noch in der Sommerperiode erfolgen.

Erwartete Abwicklungsvorteile
Als Motivation, den Krypto-Markt einzubinden, führt die KfW an: Die Digitalisierung sei entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Finanzmarktes. Der Diskurs zu Krypto-Wertpapieren solle dadurch intensiviert und Marktteilnehmer gewonnen werden. Dass generell die Akzeptanz der Blockchain-Obligationen für Anleger und Großinvestoren erhöht werden soll, geht zudem aus den Worten Melanie Kehrs, Mitglied des Vorstands der KfW-Bankengruppe, zur Produktpräsentation hervor: „Für Transaktionen dieser Technologie wird der künftige Weg damit geebnet.“ Tim Armbruster, Verantwortlicher Schatzmeister der KfW, ergänzte dazu: „Die Kombination aus Fortschritt und gesetzlich reguliertem Umfeld biete der KfW gute Rahmenbedingungen, um diesen nächsten Schritt zu gehen.“ (Anm. der Red: Digitale Schuldscheine in Form von Zentralregisterwertpapieren wurden bereits begeben.) Ziel sei ebenso, Lernprozesse zum Produkt und die Verbesserungspotenziale zu erkennen. Laut Armbruster werde der Schub zur Digitalisierung der KfW vorteilhafte Effizienzsteigerungen und eine erhöhte Skalierbarkeit bringen. Ergänzend hält der Emittent dazu aber auch fest: „Die betreffenden Wertpapiere wurden und werden nicht gemäß dem U.S. Securities Act von 1933 in der jeweils gültigen Fassung registriert und dürfen in den Vereinigten Staaten weder angeboten noch verkauft werden.“

Marktreife in wenigen Wochen
Die am 18. November 1948 gegründete Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) wird in erster Linie als nationale Förderbank wahrgenommen. Sie etablierte sich aber durch die über die Jahre ausgeweitete Tätigkeit zu einer der führenden Beteiligungsbanken der Welt. Zur Liquiditätsbeschaffung für die operativen Tätigkeiten der drei Tochterunternehmen, der KfW Capital, der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH (DEG) und der IPEX-Bank GmbH (IPEX), refinanziert diese sich im überwiegenden Ausmaß über die internationalen Finanzmärkte selbst. Es werden daher keine eigenen Filialen und Kundeneinlagen beansprucht. Das deutsche Bundesfinanzministerium (übt die Rechtsaufsicht über die KfW aus) definiert die Aufgaben der in Frankfurt am Main ansässigen KfW auf ihrer Plattform: „Die Kreditanstalt für Wiederaufbau setzt in Deutschland, Europa, aber auch weltweit Impulse für Wirtschaft, Gesellschaft und Ökologie.“ Im Blickpunkt stünden der Mittelstand, Existenzgründer und die Bildungsförderung. Dabei liege der Fokus zudem beim Umweltschutz, der Wohnungswirtschaft, der Infrastruktur sowie die Projekt- und Exportfinanzierung und eine Entwicklungszusammenarbeit.

In einer mehrwöchigen Vorbereitungsphase werde nun umgehend mit institutionellen Investoren ein Wissensaustausch stattfinden, um sich mit Eventualitäten, Unsicherheiten oder Zweifel ausei-nander zu setzen. Mit an Bord ist an vorderster Front bereits die Union Investment, die reichlich Erfahrung mit Krypto-Wertpapieren mitbringe. Der Weg zur Emission werde aus einem Konsortium aus DZ Bank AG, Deutsche Bank AG, LBBW und Bankhaus Metzler begleitet werden. Details werden folgen.

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Warum sind „grüne“ Fonds Technologie-lastig?

Nachhaltige Finanzprodukte eignen sich oft nur für dynamische Anleger.

Andreas Dolezal. Die Finanzbranche soll, dem Auftrag der EU folgend, Anlagegelder verstärkt in nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten bzw. Unternehmen lenken. Auf Basis der EU-Taxonomie können sich nachhaltige Finanzprodukte wie Investmentfonds, ETFs und Lebensversicherungen mit dem Attribut „Artikel 8“ („hellgrün“) oder „Artikel 9“ („dunkelgrün“) auszeichnen. Ein Blick in die Asset Allokation zeigt, dass sich in „grünen“ Anlageprodukten fokussiert Technologie- und Finanztitel wiederfinden. Warum ist das so?

CO2-Ausstoß als Messgröße
Im Sinne der EU-Taxonomie wird eine Wirtschaftstätigkeit nur dann als nachhaltig bewertet, wenn sie heute bereits CO2-arm im Verhältnis zum Unternehmenswert ist. Über die Idee, dass auch Unternehmen, die heute noch „schmutzig“ produzieren, Kapital benötigen, um morgen „sauber“ zu sein, denkt die EU-Kommission gerade erst nach.

Das Konzept trägt den Namen „Transition Finance“. Bis zu dessen Umsetzung gilt als nachhaltig nur, was bereits klima- und umweltfreundlich ist.

Investitions-CO2-Fußabdruck
Die EU-Berechnung des CO2-Fußabdrucks einer Investition (durch Kauf von Aktien oder Anleihen) bzw. eines Portfolios setzt den jeweiligen Unternehmenswert, sprich die Marktkapitalisierung, ins Verhältnis zu den Gesamt-CO2-Emissionen des betreffenden Unternehmens. Großer Wert und verhältnismäßig geringe CO2-Emissionen machen Investments „grün“ im Sinne der EU.

Dieser Berechnungsmodus, der in den Technischen Regulierungsstandards zur EU-Offenlegungs-Verordnung gesetzlich vorgegeben ist, bevorzugt insbesondere große, global tätige Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor. Namhafte Vertreter dieser Gruppe sind Amazon, Microsoft, Meta (Facebook, WhatsApp) und Alphabet (Google).

Ebenso sind globale Finanzdienstleister wie Mastercard, Visa sowie Bankenkonzerne und Börsenplätze quasi automatisch nachhaltig im Sinne der EU.

Fokus Tech & Finanz
Damit Fondsanbieter ihre Finanzprodukte mit dem Attribut „Artikel 8/9“ schmücken können, müssen sie nachhaltig im Sinne der EU investieren. Je „grüner“ ein Fonds oder ETF ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich unter den größten Positionen im Portfolio Technologie- und Finanzwerte befinden. „Schmutzige“ Sektoren – deren CO2-Emissionen im Verhältnis zur Marktkapitalisierung hoch sind – wie Rohstoffe, Energie und Industrie finden sich erst auf den hinteren Rängen wieder.

Nachdem die globalen Tech-Konzerne wie Microsoft & Co. mehrheitlich in den USA angesiedelt sind, haben Investmentfonds mit Anlagefokus Europa oft ein Übergewicht (fallweise 40 % und mehr) im Finanzwesen. Global investierende „grüne“ Finanzprodukte kommen in der Länderallokation vielfach auf einen USA-Anteil von mehr als 50 %.

„Grünes“ Geld für die USA
Europa möchte bekanntlich bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent werden. Ob dies mit verstärkten Investments in US-amerikanische Technologie- und Finanzkonzerne erreicht wird, darf bezweifelt werden. Eher zeigt sich hier ein grundlegender Konstruktionsfehler der EU-Taxonomie, der augenscheinlich mit dem Konzept „Transition Finance“ korrigiert werden soll.

Achtung: Risiko!
Investoren in nachhaltige Finanzprodukte sollten die Dynamik dieser Investitionen im Auge behalten. So erfreulich sich Technologie- und Finanztitel zuletzt entwickelt haben, so spürbar können sie auch korrigieren und schöne Kursgewinne wieder abgeben.

Sicherheitsorientierte Anleger tun sich bei der Suche nach geeigneten „grünen“ Anlageprodukten schwerer als dynamische.

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BIP in Eurozone verzeichnet stärkstes Wachstum seit eineinhalb Jahren

Ein Kommentar von Guy Wagner von Banque de Luxembourg Investments.

(06.05.) Ausnahmsweise war das Wachstum der europäischen Wirtschaft im ersten Quartal dieses Jahres die positive Überraschung. So stieg das Bruttoinlandsprodukt der gesamten Eurozone im Quartalsvergleich um 0,3 Prozent und verzeichnete damit das stärkste Wachstum seit eineinhalb Jahren, schreiben Guy Wagner und sein Team in ihrem jüngsten monatlichen Marktbericht „Highlights“.

„Die vier größten Volkswirtschaften des Euroraums, Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien, übertrafen alle die Erwartungen der Analysten und trugen zu dem günstigen Wachstum bei“, sagt Guy Wagner, Chief Investment Officer (CIO) von BLI – Banque de Luxembourg Investments. In den USA verlangsamte sich das BIP-Wachstum im ersten Quartal leicht und betrug annualisiert plus 1,6 Prozent im Vergleich zum vierten Quartal des Vorjahres. „Dennoch war die Verlangsamung vor allem auf niedrige Lagerbestände und höhere Importe zurückzuführen, wobei das zugrundeliegende Wachstum stärker war, als es die Leitzahl vermuten lässt.“ In China deutet der BIP-Anstieg um 5,3 Prozent im Jahresvergleich darauf hin, dass die Wirtschaftstätigkeit in etwa ein Wachstumstempo verfolgt, das mit dem offiziellen Ziel von fünf Prozent übereinstimmt.

Inflation: Rückkehr zum Zwei-Prozent-Ziel könnte etwas schwieriger werden
„Nachdem sich die Inflation auf beiden Seiten des Atlantiks in den vergangenen 18 Monaten erheblich verlangsamt hat, könnte die Rückkehr zum Zwei-Prozent-Ziel etwas schwieriger werden“, glaubt der luxemburgische Ökonom So stieg in den USA die Gesamtinflationsrate im März auf 3,5 Prozent. In der Eurozone blieb die Gesamtinflationsrate im April unverändert bei 2,4 Prozent.

Leitzinsen in den USA und Europa bleiben unverändert
Wie erwartet ließ die US-Notenbank auf ihrer Sitzung am 1. Mai ihre Leitzinsen unverändert. Nach den jüngsten enttäuschenden Inflationsdaten dämpfte Präsident Jerome Powell jedoch die Hoffnungen auf eine baldige Lockerung der Geldpolitik und räumte ein, dass es in letzter Zeit keine Fortschritte in Richtung des Inflationsziels von zwei Prozent gegeben habe. Der oberste Währungshüter der USA bleibt bei seiner Meinung, dass die nächste Zinsbewegung eine Abwärtsbewegung sein wird, deren Zeitpunkt von der Entwicklung der veröffentlichten Zahlen abhängt. In der Eurozone ließ die Europäische Zentralbank auf ihrer April-Sitzung die Leitzinsen ebenfalls unverändert. Allerdings deutete die Präsidentin Christine Lagarde an, dass eine erste Senkung der Leitzinsen auf der nächsten Sitzung Anfang Juni sehr wahrscheinlich sei, wenn keine ungünstigen Inflationsdaten veröffentlicht würden.

Deutlicher Anstieg der langfristigen Zinsen
Die Verschlechterung der Inflationsstatistiken in den USA löste einen deutlichen Anstieg der langfristigen Zinsen aus. Die europäischen langfristigen Zinsen folgten dem Trend ihrer US-amerikanischen Pendants, obwohl die Inflationszahlen in Europa günstiger blieben. So stieg der zehnjährige Referenzzinssatz in Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien jeweils an.

Aufwärtstrend an den Aktienmärkten vorläufig gestoppt
Nach fünf aufeinanderfolgenden Monaten mit steigenden Kursen gingen die Aktienmärkte im April leicht zurück. Guy Wagner: „Die hartnäckige US-Inflation, die einen Anstieg der langfristigen Zinsen auslöste, und die Unsicherheit über den Beginn der geldpolitischen Lockerung durch die Federal Reserve unterbrachen zumindest vorübergehend den seit November 2023 etablierten Aufwärtstrend der Märkte.“ Die Berichtssaison war bislang eher günstig, da viele Unternehmen von der wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit profitierten. Insgesamt ging der in Euro ausgedrückte Weltaktienindex MSCI All Country World Index Net Total Return zurück, nachdem er in den Vormonaten mehrere Rekorde in Folge erzielt hatte. „Auf Sektorenebene erzielten Versorger, Energie und Basiskonsum die beste Performance, während diskretionäre Konsumgüter, Technologie und Immobilien die größten Rückgänge verzeichneten.“

Die hohe Marktkonzentration verunsichert

Der Diskurs über eine Blasenbildung an den Aktienmärkten lebt auf.

Roman Steinbauer. Nach Angaben der britischen Wirtschaftstageszeitung Financial Times (FT) repräsentiert der gesamte Aktienmarkt der USA aktuell 60 % an Kapitalisierung des Weltindex MSCI ACWI. Zuletzt wurde eine derartige Dominanz US-amerikanischer Gesellschaften im Jahr 2004 beobachtet. Für auf den globalen Markt ausgerichtete Fondsmanager führt dieser Umstand zu herausfordernden Entscheidungen. Stieg doch seit 2023 der Druck, in die Leitaktien der Tech-Rallye (ungeachtet der Bewertungsrelationen) engagiert zu sein, erheblich. Nach Meinung etlicher Marktprofis steige dadurch zunehmend die Fragilität an den Märkten. Zudem merkte die FT jenen volkswirtschaftlichen Faktor an, wonach die Vereinigten Staaten über das größte Netto-Defizit relevanter Wirtschaftsräume verfügten.

Wellensyndrom in Zeiten der Umbrüche
Das Londoner Finanzmedium strebte zuletzt in mehreren Beiträgen an, die Lage einzuordnen. Die Redakteurin Rhoula Khalaf thematisierte insbesondere die Zuspitzung der Anlagegelder in wenige Aktien der haussierenden Technologiesparte. Khalaf führte unter anderem die Expertise von Goldman Sachs Global Investment Research (GS) an, wonach der Börsenwert der zehn höchstkapitalisierten US-Gesellschaften die Schwelle von 30 % im breiten S&P-500-Index überschritten hat. Diese Dominanz der aktuellen Zugpferde sei seit dem Jahr 1970 (erste Erhebungen) noch nie eingetreten.

Bezogen auf den US-Gesamtmarkt hat die London Business School mit 28 % im Vormonat ebenso eine Topbildung wie seit 1966 nicht mehr errechnet. Trotzdem relativiert die FT: eine hohe Sektor-Konzentration sei dennoch keine Anomalie. Innerhalb der vergangenen Dekaden hätten derartige Anlageschwerpunkte, die in der Folge durch neu aufgelegte Finanzprodukte (wie Fonds, ETFs, Zertifikate, Derivate) eine Sogwirkung entfalteten, den Trend verstärkt.

Dabei sei die zugespitzte Entwicklung an den Aktienmärkten stets durch jene Wirtschaftssektoren angetrieben worden, die zur aktuellen Zeit die Realwirtschaft am stärksten beeinflussten und veränderten. Wurde der Wertpapiermarkt im 19. Jahrhundert von Versicherungen, Bank- und Immobilienwerten beherrscht, hätte sich im 20. Jahrhundert insgesamt der Transportsektor an die Spitze gesetzt. Khalaf sieht im heutigen Informationszeitalter das Übergewicht der mächtigen Aktienfavoriten des Technologieuniversums über das Maß der 1950er-Jahre als nicht hinausschießend. Damals entstand durch das enorme Aufkommen der Haushaltsgeräte an den Börsen ein goldenes Jahrzehnt für Energiekonzerne und Materialhersteller. Die FT führte zudem die Perspektive des GS-Chefstrategen für globale Aktien, Peter Oppenheimer, an. Laut dem Investmentbanker verfügten die wichtigsten Unternehmen der Technologiebranche heute über höhere Margin-Quoten und eine gute Kapitalausstattung.

Eine „Blase“ bleibt eine Vermutung
Nach Oppenheimers Worten bauten sich zudem während der Epoche der „Nifty Fifty“ (50 führende Aktien an der New Yorker Börse, die zugleich für eine Kaufen- und Halten-Strategie standen) in den 1960er und 1970er Jahren ähnlich hohe Bewertungen auf. Diese hätten aber ebenso nicht unmittelbar mit einer Blase zu tun gehabt. Bereits 1973 habe das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der „Nifty-Fifty“-Aktien im Median den Faktor 34 betragen, im Jahr 1990 sei für japanische Standardwerte sogar der 67-fache Kurs zum Gewinn akzeptiert worden. Verunsicherten Anlegern rät GS dennoch, teils günstige Aktienbewertungen kleiner Unternehmen in Betracht zu ziehen. Viele Gesellschaften seien mit einer soliden Bilanzstruktur, profitablen Dividendenausschüttungen oder mit Aktienrückkaufprogrammen attraktiv.

Foto: Adobe Stock /Old Man Stocker (KI)

 

 

Chipindustrie: Kommt der nächste Aufschwung?

Trotz der KI-Euphorie erlitt die Branche jüngst einen Dämpfer. Experten erwarten nun eine Trendwende.

Raja Korinek. Der Markt für Halbleiter gewinnt weltweit an Bedeutung. Schließlich wächst das globale Datenvolumen und damit verbunden der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI). Für den KI-Einsatz werden entsprechend immer leistungsfähigere Halbleiter gebraucht.

Dennoch gibt es auch Rücksetzer. „Trotz des aktuellen KI-Hypes war 2023 ein schwieriges Jahr für die Halbleiterbranche“, konstatiert Hagen Ernst, Stellvertretender Leiter Research und Portfoliomanagement bei DJE Kapital AG. Er verweist auf Zahlen der „Semiconductor Industry Association“ (SIA) aus den USA, denen zufolge der Markt für Maschinen zur Halbleiterfertigung – WFE (Wafer Fab Equipment) – um 8 % schrumpfte. Der gesamte Halbleitermarkt brach sogar um 16 % ein.

Trendwende noch heuer in Sicht
Die Gründe sind mehrfach. Unter anderem gab es noch Überkapazitäten am Markt. Obendrein machten die hohen Zinsen grundsätzlich vielen Wachstumsunternehmen, somit auch aus dem Technologiesektor, zu schaffen. Das Blatt könnte sich nunmehr wenden, auch da der Zinszenit erreicht sein dürfte.

Die SIA-Daten deuten jedenfalls auf eine Trendwende im laufenden Jahr hin. Ihnen zufolge dürfte der Halbleitermarkt um 5,1 % und im kommenden Jahr um 6 % wachsen. Ernst verweist auf mehrere Faktoren, die hier zusammenkommen, wie er sagt. „Neue Produktionskapazitäten für KI-Chips werden benötigt. Zudem dürfte die Erholung im Speicherchip-Segment nach Jahren geringer Investitionen der Speicherchip-Produzenten zu einer starken Nachfrage vor allem beim Kapazitätsausbau für schnelle DRAM-Speicherchips führen.“

Neue Speichertechnologien gefragt
Auch anderswo räumt man dem Sektor Chancen ein. Noch seien die Wachstumsraten schwach, von einer echten, kräftigen Erholung sei man weit entfernt, betont Robert Schramm-Fuchs, Portfoliomanager bei Janus Henderson Investors. Schramm-Fuchs nennt einige Wachstumstreiber für den Chipsektor. „Die stark steigende Nachfrage nach neuen Speichertechnologien und der sich abzeichnende KI-Server-Megatrend versprechen einen Zyklus von Technologie-Upgrades für PCs und Smartphones. Das stimmt uns optimistisch für die nächsten Jahre.“

Schramm-Fuchs verweist auch auf die Wertentwicklung der Branchen-Benchmark: Der Philadelphia PHLX Semiconductor Index verzeichnete seit seinem Höchststand Anfang März bei rund 4.905 Punkten eine 17 %ige Kurskorrektur. Zugleich aber hätten mehrere Unternehmen entlang der gesamten Halbleiter-Wertschöpfungskette gute Quartalsergebnisse und zuversichtliche Prognosen vorgelegt, zeigt Schramm-Fuchs einen weiteren positiven Aspekt auf.

Zertifikate als Chance
Anleger, die jüngste Rücksetzer zu einem Einstieg in ein Brancheninvestment nutzen wollen, können dies zum Beispiel mit dem „Alphabeta Access Products Chip Power Indexzertifikat“ von Morgan Stanley. Der Index umfasst 15 Branchentitel, zu denen unter anderem die Chiphersteller Texas Instruments aus den USA und Infineon Technologies aus Deutschland sowie die niederländische ASML gehören. Letzterer Konzern ist der weltweit größte Anbieter von Lithographiesystemen für die Halbleiterindustrie.

Das „Vontobel Solactive Global Semiconductor Leaders Indexzertifikat“ umfasst ebenfalls 15 Titel aus der globalen Welt der Halbleiter. Zu den Indexmitgliedern zählen Nvidia und Advanced Micro Devices (beide aus den USA) sowie TSMC aus Taiwan. Aus Europa sind keine Titel enthalten. Wie immer der Hinweis: Verluste sind bei beiden Produkten möglich.

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Begehrte Industriemetalle

Mit Zertifikaten am nächsten Rohstoffpreisschub partizipieren.

Michael Kordovsky. Weltweit sind die hohen „Sicherheitslagerbestände“ aus der Pandemiezeit weitgehend abgebaut. In China zeigt die Industrie bereits starke Impulse. Vor allem Batteriemetalle wie Nickel, Lithium und Kobalt sind aussichtsreich. Aluminium könnte von begrenztem Kapazitätswachstum und periodischen Stromunterbrechungen in Chinas primärem Produktionssektor profitieren. Darüber hinaus führen Trends zur Leichtbauweise in der Autobranche und beim Flugzeugbau zu steigender Nachfrage. Laut einer Schätzung des Research-Hauses „Fortune Business Insights“ sollte der Weltmarkt für Aluminium von 2024 bis 2032 jährlich um 6,2 % wachsen.

Kupfer und Silber aussichtsreich
Über besondere Chancen verfügen auch Kupfer und Silber. Der Aufbau der modernen Stromversorgungsinfrastruktur und grünen Mobilität erfordert beide Metalle. Eine Publikation von Sprott Wealth Management (mit Daten von BloombergNEF) beinhaltet eine Prognose, wonach die Silbernachfrage der Photovoltaik-Branche von 2022 bis 2030 von 140 auf 273 Millionen Unzen steigen sollte. Das Silber-Angebotsdefizit sollte dann bei 260 Millionen Unzen liegen – verglichen mit jeweils 51 bzw. 238 Millionen Unzen in den Jahren 2021 und 2022.

Auch Kupfer könnte knapp werden, denn: Für jede Windturbine werden zwischen 950 Kilogramm bis 5 Tonnen Kupfer benötigt. Bereits jetzt gibt es klare Tendenzen: So stieg die Kupfernachfrage 2023 in China um mehr als 9 % und weltweit um 4 %, trotz des verlangsamten Wachstums. Immer mehr Umweltinitiativen in Lateinamerika verhindern neue Kupferminen und Goldman Sachs rechnet bereits für 2024 am Kupfermarkt mit einem Angebotsdefizit von 428.000 Tonnen. Der Ausbau der Stromnetze in China und die grüne Energiewende in Europa erfordern reichlich davon. Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt, dass zur Deckung des durch die Energiewende entstehenden Kupferbedarfs 80 neue Minen eröffnet werden müssten (nur ein Bruchteil davon ist in Planung aktuell).

Die passenden Zertifikate
Während Gewinne aus CFDs und Futures (nicht verbriefte Derivate) dem progressiven Einkommensteuertarif unterliegen, fallen bei Zertifikaten nur 27,5 % KESt an. Allerdings sollten bei den genannten Rohstoffen Partizipationszertifikate oder Knock-Out-Zertifikate mit moderatem Hebel bis maximal 3,5 eingesetzt werden. Auf den Kupfer-Futures hat beispielsweise die Société Générale ein Open-End-Zertifikat emittiert. Per 2. Mai 2024 einen Hebel von 2,39 auf den Kupferpreis bei rund 42 % Abstand zum Knock-Out bietet wiederum ein von Morgan Stanley emittierter „Open End Turbo Long“. Eine Partizipation am Silberpreis ermöglicht indessen ein Open-End-Index-Zertifikat auf Silber – ebenso emittiert von Goldman Sachs. Alternativ gibt es reihenweise leicht gehebelte Knock-Out-Zertifikate.

Ein Index-Zertifikat auf den Primär-Aluminium-Future (Open End) hat die Deutsche Bank emittiert, und mit einem Hebel von 3,3 gibt es den von Vontobel emittierten Long-Mini-Future auf den „Primary Aluminium Future“ (Composite), dessen Abstand zum Knock-Out am 2. Mai bei rund 26 % lag. Und als Nickel-Future-Open-End-Partizipations-Zertifikat (Quanto, das heißt währungsgesichert) gibt es last but not least ein Produkt der Deutschen Bank.

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Hohe Renditen mit Fokus auf Innovation

In Innovation zu investieren, heißt vor allem in die Tech-Branche und die USA.

Christian Sec. Mit der KI-Revolution werden die Karten wieder neu gemischt. Dementsprechend geht ein wenig die Angst um. Denn eines scheint gewiss: Marktanteile werden sich verschieben. Die Unternehmen investieren in KI, nicht zuletzt in der Angst, dass sie, wenn sie es nicht tun, vom Markt gefressen werden könnten. Trotz stagnierender Umsätze und sinkender Gewinne steigerten die 500 innovativsten Top-Konzerne der Welt ihre F&E-Ausgaben um 12 %. Insgesamt zeigt sich, dass sich die Ausgaben immer stärker in die USA verschieben, wo die Forschungsausgaben gar um 13 % zulegten, während der Anstieg in Europa nur 7 % betrug. Damit droht die Schere zwischen den USA und Europa weiter auseinanderzugehen.

Auch im „MSCI Innovation Index“ ist die USA mit fast 80 % Länderanteil die dominierende Region. Dabei zeigen sich mit dem Chiphersteller Nvidia und dem Softwaregiganten Microsoft zwei Unternehmen an der Spitzenposition im Index, die in den vergangenen Jahren im KI-Bereich die Innovationstreiber geworden sind. Der Marktführer bei KI-Chips, Nvidia, profitiert von der Aufrüstung in diesem Bereich ganz besonders. Als Meta bekanntgab, seine Kapitalausgaben statt von bis zu 37 auf 40 MrdUSD zu erhöhen, um stärker in KI zu investieren, stiegen die Aktien von Nvidia im selben Atemzug um 3 %. Der Wettbewerb werde weitere Investitionsausgaben antreiben und Investitionen in KI binden, sind sich die Experten sicher. Nvidia liefert KI-Chips für Unternehmen in den Zukunftssegmenten autonomes Fahren, Robotik, Cloud Computing usw.

Microsoft wiederum glänzte schon sehr früh als Risikokapitalgeber von OpenAI, dem Gründer des KI-Pioniers ChatGPT. Der Softwarekonzern integriert ChatGPT mittlerweile in seine Produkte. So steckt nun viel ChatGPT-Know-how in der Microsoft-Suchmaschine Bing.

Hohes KGV
Auch der „Franklin Innovation Fund“ legt seinen Schwerpunkt einerseits auf die IT-Branche und andererseits auf die USA. Das Portfolio ähnelt auf dem ersten Blick dem „MSCI Innovation Index“. Auch hier sind Nvidia und Microsoft die stärksten Werte. Mit fast 10 respektive 7,7 % sind die Gewichtungen dieser beiden Schwergewichte jedoch noch höher als beim MSCI-Innovation. Trotzdem ist Matt Moberg, Portfoliomanager des Fonds, überzeugt, dass innovationsorientierte Anlagen ein aktives Management erfordern: „Innovationen sind oft fehlbewertet, weil sie häufig länger anhalten und schneller übernommen werden als erwartet.“ Daher achtet Moberg neben guten Fundamentaldaten auf die Entwicklung der Marktanteile, die durch neue Wege erobert werden, um rechtzeitig die starken Innovatoren zu identifizieren.

Insgesamt zeigt sich, dass der „MSCI Innovation Index“ mit einem KGV von 55 im Vergleich zu seinem Pendant, dem „MSCI AC“ mit einem KGV von 21, deutlich höher bewertet ist. Der Markt honoriert das höhere Risiko mit höheren Renditen. Grundsätzlich seien die hohen Bewertungen im Tech-Bereich nicht übertrieben, erklärt Bernhard Ruttensdorfer, Fondsmanager des „Erste Stock Techno“, in einem Pressegespräch. Auch in seinem Produkt sind Nvidia und Microsoft die Top-Unternehmen. Mittelfristig werde das beschleunigte Gewinnwachstum die Bewertungen normalisieren. Jedenfalls sorge aber auch kontinuierliche Innovation für stabile Gewinnmargen, so Ruttensdorfer.

Der „MSCI AC World Innovation Index“ hat seit Mai 2013 um mehr als 450 % zugelegt, und übertrifft damit den „MSCI AC World“ in seiner Performance um das Doppelte. Auch der „Franklin Innovation Fund“ erzielt seit Auflage vor rund 4,5 Jahren eine Performance von rund 71 %.

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Rüstungs-Lieferkette bietet Chancen

Investments entlang der Wertschöpfungskette statt reiner Rüstungsaktien.

Michael Kordovsky. Die weltweiten Rüstungsausgaben stiegen von 1.842 MrdUSD im Jahr 2018 bis 2023 auf 2.443 MrdUSD – ein Anstieg um jährlich 5,8 %. Weitere Erhöhungen (vor allem bei den Nato-Ländern sowie in Russland und China) zeichnen sich ab.

Die Performance des 28 Werte der Bereiche Rüstung sowie Luft- und Raumfahrt enthaltenden „MSCI World Aerospace and Defense Index“ (USD) lag in den vergangenen drei Jahren bis 29.3. bei 13,7 % p.a. verglichen mit 8,6 % p.a. im MSCI World. Allerdings ist das Forward-KGV dieses Index mit 22,6 bereits relativ hoch. Aber auf Umwegen kann man auch über teils wesentlich günstiger bewertete Aktien der Rüstungs-Wertschöpfungskette an diesem Trend mit- partizipieren.

Elektronikfirmen profitieren vom Rüstungsboom
Ein Unternehmen, das Kampfflugzeuge mit Flug-Kontrollsystemen, Navigations- und Kommunikationsausrüstung ausstattet und auch wichtige elektronische Komponenten liefert, ist die französische Thales, die über Thales Alenia Space Satelliten baut und Komponenten für die zivile und militärische Raumfahrttechnik entwickelt. Ein weiterer Bereich ist Digital Identity & Security. Laut Konsens unter finanzen.net erwarten Analysten von 2024 bis 2028 ein Gewinnwachstum/Aktie von 11,2 % p.a. Auf Basis eines Kurses von 159,20 Euro liegt das für 2025 geschätzte KGV bei 16,9.

Noch weiter hinten in der Wertschöpfungskette angesiedelt sind Chiphersteller, die laufende Aufträge von der Rüstungsindustrie erhalten. Ein aktuelles Beispiel ist AMD. Als KI-Speziallist und Anbieter von Graphik-Prozessoren in den USA mit dem Militär arbeitet auch Nvidia zusammen. Das Unternehmen mit einem von Zacks ausgestatteten „Buy“ ist laut Schätzungskonsens per 26. April mit einem für 2025/26 geschätzten KGV von 32,2 bewertet. Doch tendenziell revidieren die Analysten ihre Gewinnerwartungen/Aktie nach oben – in den vergangenen 90 Tagen sogar um 19,6 %.

Flugzeugtriebwerke und Stahl
Ein wichtiger Zulieferer in der Produktion von Militärflugzeugen ist die deutsche MTU Aero Engines AG, die nicht nur Systempartner für nahezu alle Luftfahrtantriebe der deutschen Bundeswehr ist, sondern auch eine Schlüsselrolle in den wichtigsten militärischen Triebwerksprogrammen Europas spielt – von der Entwicklung, Produktion bis hin zur Instandhaltung. Ein weiteres Standbein sind Industriegasturbinen. Im Zeitraum 2018 bis 2023 konnte das Unternehmen den Umsatz um 6,7 % p.a. auf 6,33 Milliarden Euro steigern, während sich der freie Cashflow um 11,6 % p.a. auf 352 Millionen Euro verbesserte. Auf Basis eines Kurses von 223,10 Euro liegt das von Analysten erwartete KGV 2025 bei 16.

Als Stahlzulieferer der Rüstungsindustrie fungiert der weltgrößte Stahlkonzern Arcelor Mittal, der allerdings ein großes Spektrum an zahlreichen Branchen wie Bau, Automobil, Verpackung und Transport abdeckt. Bei der Größe und Diversifikation spielt derzeit der „Defense-Trend“ daher nur eine untergeordnete Rolle und die zyklischen Schwankungen der Erträge erinnern an die Natur klassischer Zykliker.

Seltene Erden
Militärstrategisch von Bedeutung sind auch seltene Erden – eine Metallgruppe, deren Angebot von China dominiert wird. Vor allem wenn die Produktion außerhalb Chinas liegt, wird es aber interessant. Ein Beispiel ist die australische Lynas Rare Earths Ltd., die Metalle für die moderne Infrastruktur inklusive grüne Energie, E-Autos, Automatisierung, Smartphones und diverse E-Komponenten in ihren Lagerstätten hat und bereits schwarze Zahlen schreibt. Laut MarketScreener liegt das für 2025/26 geschätzte KGV der Aktie bei 13,1.

Foto: Pixabay / Defence Imagery

 

 

Womit Europas Zinslandschaft lockt

Bei Pictet sieht man gute Gründe für Euro-Unternehmensanleihen.

Raja Korinek. Das Ende der lockeren Geldpolitik vor rund zwei Jahren führte zu Turbulenzen auf den globalen Anleihemärkten. Die Zinsen wurden in Europa sowie in den USA zügig angehoben, wodurch bestehende Bonds an Wert verloren. Denn sie waren dann schlechter verzinst als jene Papiere, die nach den Anhebungen begeben wurden.

Dieser Umstand traf auf Unternehmensanleihen in einem größeren Ausmaß als auf Staatsanleihen zu. Manch ein Konzern konnte die höheren Finanzierungskosten nicht ganz einfach wegstecken. Vor allem Emittenten aus dem Hochzinsbereich schmerzten die höheren Zinsen. Darin haben Emittenten ein Rating von einem BB+ oder darunter. Das obere Bonitätssegment, der Investment Grade-Bereich, beginnt bei einem BBB-.

Lukratives Zinsniveau
Inzwischen haben die Renditen etwa bei Unternehmensanleihen in Euro ein durchaus interessantes Niveau erreicht, betonen Experten. Noch knapp vor der Zinswende lagen die Renditen bei rund 0,3 %. Sie haben zuletzt ein Niveau von gut 4 % erreicht.

Hinzu kommen die erwarteten Zinssenkungen in der Eurozone. „Der Markt rechnet derzeit mit zumindest drei Senkungen zu jeweils 0,25 %-Punkten. Die Annahme erscheint vernünftig, zumal sich die Wirtschaft teils abschwächt und die Inflation in der Region rückläufig ist“, konstatiert Manesh Mistry (Foto), Senior Client Portfolio Manager bei Pictet Asset Management, im Gespräch mit dem Börsen-Kurier. Tatsächlich stieg die Inflation in der Eurozone im März um 2,4 % im Jahresvergleich. Im Feber lag die Zahl noch bei 2,6 %. Sinkende Zinsen sollten die Kurse bestehender Anleihen unterstützen. Solche Papiere sind dann besser verzinst als jene, die nach der Senkung begeben werden.

Breite Palette nutzen
Die Marktchancen sind breit gefächert. Im „Pictet – EUR Income Opportunities Fund“ setzt man auf ein breites Spektrum insbesondere an Unternehmensanleihen aus dem Investment-Grade- und High-Yield-Segment. Zusätzlich wird das Portfolio mit Staatsanleihen und Geldmarktinstrumenten ergänzt. Damit sollen Schwankungen in stressigen Marktphasen verringert werden, erklärt Mistry. Mit knapp 40 % machen Papiere mit einem „BBB“-Rating zudem den größten Anteil im Fonds aus.

Grundsätzlich würden dabei eher defensiv als zyklisch ausgerichtete Unternehmen bevorzugt. Zudem sehe man derzeit interessantere Chancen bei Finanztiteln in Relation zu Unternehmen aus anderen Branchen. Tatsächlich haben viele Banken von den höheren Zinsen stark profitiert. Damit verbesserte sich deren Zinsmarge.

Kurze Laufzeiten im Fokus
Auch der Blick auf die durchschnittliche Restlaufzeit offenbart Interessantes. Rund 71 % des Fondsvermögens sind derzeit in Papiere mit einer Restlaufzeit von ein bis drei Jahre veranlagt. Das besondere an solchen Papieren: Weil deren Fälligkeit in greifbarer Nähe ist, schwanken deren Kurse grundsätzlich weniger als bei Anleihen mit langen Laufzeiten.

Tatsächlich könnte Unerwartetes bei den prognostizierten Zinssenkungen bzw. der Inflationsentwicklung zu herben Enttäuschungen führen. So könnte insbesondere die Entwicklung beim Ölpreis dem erwarteten Vorhaben der EZB im Juni einen Strich durch die Rechnung machen, falls sich der geopolitische Konflikt im Nahen Osten verschlechtert und die Notierung hinaufschnellt. Solch eine Entwicklung sieht man bei Pictet Asset Management allerdings nicht als Basisszenario. Mistry verweist auf die Hausmeinung, der zufolge letztendlich mit einer Deeskalation gerechnet wird.

Foto: Pictet Asset Management

 

 

Wie nachhaltig ist die Renaissance der japanischen Aktien?

Eine Einschätzung von Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management.

(22.04.) Nach über 34 Jahren hatte es der Nikkei am 28. Februar endlich geschafft: Der japanische Aktienindex erreichte ein neues Allzeithoch und erklomm im März sogar die Marke von 40.000 Punkten. Nach einem starken Performance-Jahr 2023 mit einer Wertentwicklung von 28 Prozent stürmten japanische Aktien auch in diesem Jahr an die Tabellenspitze der Aktienmärkte und stiegen in Lokalwährung um über 10 Prozent. Bietet Japan auch weiterhin Potenzial für Anlegerinnen und Anleger? Aus Sicht von Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management, ist aus makroökonomischer Sicht in Japan in den letzten Jahren tatsächlich etwas in Bewegung geraten. Dazu zählen die Rückkehr der Inflation und ein deutlich höheres Wachstum als in der Vergangenheit. Doch auch unternehmensspezifische Faktoren haben sich verbessert und damit ein positiveres Umfeld für Aktionäre geschaffen. „Trotz der attraktiven Rahmenbedingungen in Japan gibt es aber einen Wermutstropfen“, erklärt Ökonom Galler. Demnach könnte eine Erholung des Yen bremsend wirken. Japanische Aktien ohne Währungssicherung seien daher eine interessante Option.

Veränderte makroökonomische Faktoren
Nachdem es zwei Jahrzehnte keinen nennenswerten Preisauftrieb gab, ist die Inflation in Japan zurückgekehrt: „Die Verbraucherpreise sind bereits seit sieben Quartalen über die Marke von zwei Prozent gestiegen und erfüllen damit eine der geldpolitischen Zielsetzungen der Bank of Japan“, stellt Tilmann Galler fest. Die vorläufigen Ergebnisse der Frühjahrslohnverhandlungen zeigten, dass der erwartete durchschnittliche Lohnanstieg bei 5,28 Prozent liegen würde – und damit zum ersten Mal seit 33 Jahren über der 5 Prozent-Marke. „So war es keine große Überraschung mehr, dass die japanische Notenbank seit 17 Jahren den Leitzins von -0,1 Prozent auf +0,1 angehoben hat. Die Zinswende findet in Japan also mit anderen Vorzeichen statt“, sagt Galler.

Die Rückkehr der Inflation aufgrund verbesserter Nachfrage spiegelt sich auch im Wachstum des nominalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) Japans wider. „In den letzten beiden Jahren ist das BIP um jährlich 3,5 Prozent gestiegen, während das Wachstum in den 20 Jahren zuvor nur jährlich 0,2 Prozent betrug. Für die Umsatzentwicklung ist das eine gute Nachricht, da 52 Prozent des Umsatzes japanischer börsengelisteter Unternehmen auf dem Heimmarkt erzielt wird“, erklärt Kapitalmarktexperte Galler. Das aktuell kräftige Lohnwachstum verspreche auch in den kommenden Quartalen eine robuste Nachfrage.

Besseres Umfeld für Aktionäre
Noch viel entscheidender sind für das positivere Momentum japanischer Aktien die unternehmensspezifischen Faktoren. Um die Unternehmensführung stand es in der Vergangenheit im internationalen Vergleich eher unterdurchschnittlich. Doch in den letzten zehn Jahren hat Japan schrittweise das Umfeld für Aktionäre verbessert. Die jüngste Maßnahme der Tokyo Stock Exchange fordert Unternehmen auf, Ineffizienzen der Kapitalallokation anzugehen. Denn über 40 Prozent der Unternehmen im MSCI Japan Index verfügen über positive Nettoliquidität – viel mehr als in den USA (15 Prozent) oder Europa (19 Prozent). Die Folgen davon sind eine niedrige Eigenkapitalrentabilität (RoE) und ein Bewertungsabschlag japanischer Aktien. 28 Prozent der Unternehmen im MSCI Japan haben einen Kurs-Buch-Wert unter eins und 39 Prozent einen RoE unter 8 Prozent. In den USA beispielsweise liegt der Anteil mit 3 Prozent sowie 22 Prozent deutlich darunter.

 

„Die Auswirkungen der Reformen sind bereits sichtbar. Sowohl die Dividendenausschüttungen als auch die Aktienrückkäufe sind in den letzten Jahren stark gestiegen“, erklärt Tilmann Galler. Das Volumen der angekündigten Aktienrückkäufe hat 2023 einen historischen Höchststand erreicht. Der weitere Abbau der Barmittel und der Verkauf von Überkreuz-Aktienbeteiligungen zur Finanzierung von Aktienrückkäufen dürfte nach Einschätzung von Tilmann Galler zukünftig den RoE japanischer Unternehmen verbessern. Die Eigenkapitalrendite Japans könnte von 9,9 Prozent auf bis zu 12 Prozent steigen, wodurch japanische Aktien weiteren Auftrieb erhalten.

Yen als Wermutstropfen
Gleichzeitig hat jedoch der Yen in den letzten vier Jahren fast ein Drittel seines Werts gegenüber dem Euro und dem US-Dollar verloren. Dies lieferte einen kräftigen Rückenwind für den japanischen Aktienmarkt. „Die Aussicht auf tiefere Zinsen in Europa und den USA und leicht steigende Zinsen in Japan dürften zukünftig den Yen als Währung wieder attraktiver werden lassen“, sagt Tilmann Galler. Die negative Korrelation zwischen Wertentwicklung des Yen und des TOPIX der vergangenen Jahrzehnte ließe damit einen bremsenden Effekt für die zukünftige Aktienperformance erwarten. „Wir präferieren deshalb Investments in japanische Aktien ohne Währungssicherung“, führt Galler aus.

Fiesta an der Börse Madrid

Die Konjunktur in Spanien boomt – und mit ihr auch der Aktienmarkt in zahlreichen Branchen.

Stefan Riedel, München. Spaniens Wirtschaft blickt weiter sonnigen Zeiten entgegen. Der IWF prognostiziert für die viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone 2024 ein Wachstum von 1,5 %. Das ist deutlich mehr als die für die Eurozone prognostizierten 0,9 % und die 0,2 %, die für Österreich erwartet werden. Bereits 2023 hatte Spanien mit einem 2,5-%-Plus beim Bruttoinlandsprodukt die meisten Industriestaaten abgehängt. Das Land ist einer der größten Profiteure des Wiederaufbaufonds der EU. Und weil die Inflation früher sank als in der restlichen EU, haben auch die Privatverbraucher mehr Geld in der Tasche. Der robuste Arbeitsmarkt und der wieder boomende Tourismus stützen den Binnenkonsum.

Boombörse Madrid
Der Leitindex der Börse Madrid, der Ibex 35, hat seit Jahresanfang um 5 % zugelegt. Damit hat er den Wiener ATX überholt und fast so gut abgeschnitten wie der S&P 500. Im Index am höchsten gewichtet sind Konzerne aus dem Finanz-, Energie- und Bausektor. Weil in diesen Branchen traditionell hohe Dividenden ausgeschüttet werden, liegt die durchschnittliche Dividendenrendite aller im Ibex 35 enthaltenen Blue Chips mit 4,4 % weit über dem europäischen Durchschnitt.

Zur Auswahl haben Anleger einen breiten Branchenmix. Vom Ende der steigenden Zinsen profitieren zum einen Firmen aus defensiven Branchen wie Versorger, zum anderen zyklische Sektoren wie Immobilien und Infrastruktur, die in Spaniens Wirtschaft eine wichtige Rolle spielen. Gut aufgestellt ist Spanien auch bei erneuerbaren Energien. Dank der vielen Sonnenstunden und freien weiten unbewohnten Flächen für Windparks ist das Land prädestiniert für die Produktion von grünem Strom. Ein weiterer Pluspunkt ist die Verflechtung vieler spanischer Unternehmen mit Absatzmärkten in Lateinamerika.

Fonds und ein attraktives Aktientrio
Der „Xtrackers Spain UCITS ETF“ ist ein kostengünstiges Vehikel, um an der Performance des Ibex 35 in der Breite zu partizipieren. Anleger müssen sich dabei immer vor Augen halten, dass Versorger, Banken und Telekom hoch gewichtet sind. Der im Oktober 1990 aufgelegte „Fidelity Iberia Fund A“ hat mit seiner Dreijahresperformance besser abgeschnitten als die beiden zugrundeliegenden Benchmark-Indizes. Neben den Blue Chips enthält der Fonds auch etliche Nebenwerte. Demgegenüber hat der „Mediolanum Challenge Spain Equity L“ ein deutlich kleineres Fondsvolumen von 45 Millionen Euro. Die Kosten sind mit 3 % vergleichsweise niedrig. Das mit rund 30 Position konzentrierte Portfolio hat in drei Jahren eine Performance von rund 20 % erzielt.

Bei den Einzelwerten bleibt der weltweit umsatzstärkste Modekonzern Inditex ein Top Pick. Mit seinen Topmarken Zara, Bershka und Massimo Dutti sollte Inditex in den nächsten zwei Jahren ein Gewinnwachstum im unteren zweistelligen Bereich schaffen. Die operative Marge von 25 % ist in der Branche top und rechtfertigt eine höhere Aktienbewertung.

Ein weltweiter Branchenchampion ist die auf Software für Reise- und Hotelbuchungen spezialisierte Amadeus IT Group. Das Unternehmen profitiert weiter von Nachholeffekten nach der Corona-Pandemie und baut das organische Wachstum über Zukäufe in neuen Marktnischen konsequent aus.

Unter den Banken ist Banco Santander bei der Relation von erwartetem Wachstum zu Aktienbewertung ein klarer Kauf. Das Geldhaus erwirtschaftet rund 45 % seiner Erträge in Europa und den USA, expandiert aber immer stärker nach Lateinamerika. Diese Strategie zahlt sich aus. Anleger können sich dank üppiger Ausschüttungen auf hohe Dividendenrenditen freuen.

Foto: Pixabay / Karabo Spain

 

 

Chinas steiniger Weg zurück

Der Exportsektor wird zu einer wichtigen Wachstumsstütze, der Konsum könnte bald folgen.

Raja Korinek. Das globale Umfeld ist nicht einfach. Die geopolitischen Konflikte spitzen sich zu, in den USA bleibt die Inflation hoch. Dennoch erhöhte der Internationale Währungsfonds kürzlich seine Wachstumsprognosen. Ihm zufolge dürfte heuer die globale Konjunktur um 3,2 % wachsen. Auch für das Reich der Mitte gibt es eine Wachstumsprognose, sie liegt bei 4,6 %. Und damit ein Stück unter den angestrebten 5 % der Regierung in Peking.

Erfolgreicher Jahresstart
Immerhin verlief das erste Quartal bereits positiv: Die chinesische Wirtschaft wuchs mit einem Plus von 5,3 % im Vergleich zum Vorjahr stärker als erwartet. Volkswirte hatten im Schnitt mit einem Zuwachs von 4,6 % gerechnet. Denn die harten Lockdowns aufgrund der Covid-Pandemie hatten selbst nach dem Ende vor knapp mehr als einem Jahr noch lange auf der Wirtschaft gelastet – ebenso wie die Immobilienkrise. „Damit das Verbrauchervertrauen wiederhergestellt wird, braucht es Zeit und staatliche Maßnahmen“, konstatiert Peter Becker, Investment Director der Capital Group. Er ist jedoch zuversichtlich, dass dies mit der Zeit gelingen werde.

Zuletzt war es vor allem der Exportsektor, der überraschend an Schwung gewonnen hat. Dabei sticht insbesondere die Energiewende hervor. Denn China verkauft unter anderem jede Menge Solarmodule, Halbleiter, Batterien und Elektroautos am Weltmarkt, und das zu sehr günstigen Preisen. Damit hat sich das Land zugleich eine Vormachtstellung gesichert, ein Umstand, der der EU zunehmend ein Dorn im Auge ist. Becker zufolge werde China auch weiter-hin eine zentrale Rolle in den globalen Handelsbeziehungen spielen, trotz aller Bemühungen Europas, den USA und anderer Länder, sich unabhängiger von China zu machen.

Chinas Börsen unter Druck
Die Vorsicht rund um Chinas Wirtschaftsentwicklung hat auch tiefe Spuren an den Aktienmärkten sowohl am Festland als auch in Hongkong hinterlassen. Der Shanghai-Index hat etwa auf ein Jahr einen Wertverlust von rund 10 % verzeichnet. Das Minus ist beim Hang-Seng-Index in Hongkong mit gut 20 % weitaus größer.

Doch wie könnte es weitergehen? Noch immer werde Anlegern ein wenig positives Bild von China vermittelt, dass sich deutlich von der vor Ort zu beobachtenden Realität unterscheide, betont John Malloy, Co-Head of Emerging & Frontier Markets beim Assetmanager Redwheel. Malloy verweist auf die erheblichen Fiskalmaßnahmen und geldpolitischen Anreize der Regierung.

So wurde zum Beispiel am 5. Feber der Mindestreservesatz um 0,5 %-Punkte gesenkt, um die Liquidität im Finanzsystem zu erhöhen. Weitere Stützungsmaßnahmen werden erwartet, um das Marktvertrauen zu stärken, wie es heißt. „Die Schritte werden sich vermutlich auf die Unterstützung der Kapitalmärkte, die Stabilisierung der Immobilienpreise und die Ankurbelung der Wirtschaftstätigkeit konzentrieren.“

Anlagechancen mit Konsum und IT
Anleger, die auf einen Aufschwung an Chinas Börsen setzen wollen, können dies etwa mit dem „Vitruvius Greater China Equity Fund“ tun, der sich auf zehn Jahre besonders gut halten konnte. Die größte Gewichtung entfällt auf den Konsumsektor, etwa mit der Anhui Gujing Distillery, gefolgt vom IT-Sektor. Dazu zählt Netease, das unter anderem Online-Spiele anbietet.

Netease ist auch Teil des „Alphabeta Access Products WANT“-Indexzertifikats von Morgan Stanley. Auch Tencent, Alibaba und Weibo sind Teil davon. Anleger müssen bei beiden Produkten beachten, dass auch größere Verluste möglich sind.

Foto: Pixabay / Ilama2014020

 

 

Kreislauf statt Müll

Im Spannungsfeld zwischen Produktionssteigerung und Abfallreduktion.

Christian Sec. Wenn es nach dem Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft der EU geht, soll die Wegwerfgesellschaft bald der Vergangenheit angehören, genauso soll die Abfallmenge nicht mehr eins zu eins von der Produktionsmenge abhängen. Insbesondere die Lebensdauer von Produkten und ihre Wiederverwendbarkeit zu erhöhen, steht daher im Zentrum der politischen Anstrengungen.

Bei Wienerberger soll der Anteil von Produkten mit extrem langer Lebensdauer bis 2026 auf mehr als 80 % und jener von recycelbaren Produkten auf 90 % ansteigen. Das Nachhaltigkeitsprogramm von Wienerberger sieht infolgedessen bis 2026 eine 15 %ige Reduktion des an den Produktionsstätten anfallenden Abfalls vor. Bei Betonflächenbefestigungen werden so Kies und Sand durch sekundäre Zuschlagsstoffe aus eigenem Produktionsabfall ersetzt. Insgesamt lag das Abfallaufkommen von Wienerberger 2023 bei 95.336 Tonnen. Dabei zeigt sich auch ein Trend zu sogenannten weniger gefährlichen Abfällen (schädigend für Gesundheit und Umwelt). So stieg der Anteil an nicht gefährlichen, recycelbaren Abfällen von 67 auf 76 %.

Gute Auftragslage, steigende Abfälle
Der Bausektor gehört zu jenen Branchen, die besonders viele Ressourcen in Anspruch nehmen und Abfälle verursachen. Porr hat sich auf die Aufbereitung von Bau- und Abbruchabfällen sowie Bodenaushüben spezialisiert, die laut Porr rund 75 % des gesamten Abfallstroms in Österreich ausmachen. In eigenen Anlagen sowie durch gezielte Forschung werden diese und auch industrielle Abfälle so aufbereitet, dass sie erneut genutzt werden können. Wie die Ökodesign-Verordnung der EU vorsieht, wird bereits in der Planung von Bauprojekten die Einbeziehung von Abfall und Recycling mitberücksichtigt. Eine kontinuierliche Reduktion des Gesamtabfallaufkommens gestaltet sich herausfordernd, da die Abfallmengen je nach Auftragslage und durch Umbauten von Betriebsstandorten stark schwanken können, schreibt der Baukonzern in seinem Nachhaltigkeitsbericht. So stieg das Abfallaufkommen im Vorjahr auf rund 10.650 Tonnen und war damit rund 1.500 Tonnen höher als im Jahr zuvor. Um das Abfallaufkommen zu minimieren, nutzt das Unternehmen innovative Softwarelösungen. Dabei führt der Konzern überschüssiges Materialangebot mit entsprechender Nachfrage zusammen.

Reduktion des Abfallziels
Mit dem Ziel, gefährlichen Abfall zu vermeiden, sowie eine schonende Verwendung von Kupfer zu gewährleisten, hat der Leiterplattenhersteller AT&S ein Kupferrecyclingprojekt initiiert. Nach der Implementation des Recyclingprozesses können mit dieser Methode 75 % des eingesetzten Kupfers zurückgewonnen werden.

Bei Semperit werden derzeit Abfälle aus dem Post-Industrial-Bereich, die nicht wiederverwertet werden können, verbrannt. Daher forscht das Unternehmen derzeit an Möglichkeiten, diese Recyclingprozesse zukünftig abdecken zu können. Mit Hilfe von externen Partnern werden Produktionsabfälle von Fenster-, Tür und Fassadendichtungen devulkanisiert und das daraus gewonnene Rezyklat zurück in den eigenen Produktionskreislauf der Profilfertigung integriert.

Insgesamt betrachtet wurde aber mit dem Medizinsektor der Geschäftssektor mit dem größtem Einsparpotenzial im Bereich Energie und Abfall verkauft. Bei den verbliebenen Bereichen gibt es vergleichsweise nur ein geringes oder gar kein Einsparpotenzial. Durch die Adaption der Ziele nach dem Verkauf der Medizinsparte wurde das Abfallreduktionsziel auf 7 % zurückgesetzt, zuvor lag es bei 30 %.

Foto: Pixabay / AbsolutVision

 

 

Positive Signale für Emerging Markets

Ein Kommentar von Peter Becker, Investment Director bei Capital Group.

(16.04.2024) Die Situation der Emerging Markets (EM) hat sich nach der Corona-Pandemie neu geordnet. Die nächste Wachstumsphase von EMs wird anders verlaufen als in den letzten 20 Jahren: Chinas Wirtschaft durchläuft eine schwierige Phase der Reformen. Geopolitische Spannungen und die Energiewende treiben Investitionen immer mehr in Richtung der EMs, um dort zu produzieren und den Bedarf an natürlichen Ressourcen zu decken. Peter Becker, Investment Director bei Capital Group, erklärt die Trends und Chancen, die sich aus dieser Entwicklung ergeben.

„In vielen Schwellenländern schwächt sich die Inflation momentan ab, was die jeweiligen Zentralbanken zu Zinssenkungen bewegen könnte“, erläutert der Experte. Unter anderem Brasilien, Chile, Ungarn und China hätten damit bereits begonnen und dürften ihren Volkswirtschaften damit Auftrieb verleihen. Das sollte sich auch positiv auf die jeweiligen Aktienmärkte auswirken.

Im Vergleich zu früheren Zeiten stünden viele Schwellenländer außerdem wirtschaftlich deutlich solider da. Zwischen 2019 und 2021 habe sich die Summe der Bilanzüberschüsse aller Schwellenländer mehr als verdreifacht. „Reformen haben die Geschäftstätigkeit in Ländern wie Indien erleichtert. Die indische Regierung hat unternehmensfreundliche Reformen und ein digitales Identifizierungssystem eingeführt, die das Wachstum beschleunigt haben, indem sie die Ausweitung der Kreditvergabe erleichtert und große Teile der Wirtschaft in den formellen Sektor gebracht haben“, sagt Becker. „Indonesien wiederum hat mehr Flughäfen, Straßen und Seehäfen gebaut, mehr Industriezweige für ausländische Investitionen geöffnet und versucht, durch Änderungen des Arbeits- und Steuerrechts Bürokratie abzubauen.“

China ist der Elefant im Raum
Der rasante Aufstieg der chinesischen Wirtschaft hätte seinen Höhepunkt im Jahr 2020 erreicht. Die Wachstumsraten dürften sich in den nächsten Jahren verringern und China müsse in höhere Stufen der Wertschöpfungskette in Produktion und Technologie aufsteigen. In Bereichen wie der Robotik und der Batterietechnologie für Elektrofahrzeuge beweise China bereits seine Fähigkeiten als High-End-Hersteller. Der Aufstieg der chinesischen Elektroauto-Industrie könne sogar die Dominanz der deutschen Autohersteller gefährden, was jedoch auch davon abhängig sei, wie sich der chinesische Konsumentenmarkt entwickele. „Das Vertrauen der Verbraucher ist durch die strengen COVID-Sperren und die Probleme im Immobiliensektor erschüttert worden und wird sowohl Zeit als auch staatliche Maßnahmen benötigen, um wiederhergestellt zu werden. Dennoch bleiben wir optimistisch, dass dies mit der Zeit geschehen wird“, so Becker.

China wird laut Becker weiter eine zentrale Rolle in den globalen Handelsbeziehungen spielen, trotz aller Bemühungen von Europa, den USA, Japan, Indien und anderer Länder sich unabhängiger von China zu machen. In den letzten Jahren hätten sich viele Investoren von China abgewandt. Der Ausverkauf chinesischer Aktien seit 2021 habe Anleger anfällig für Volatilität gemacht, insbesondere diejenigen, die über ein passives Indexvehikel in China investiert gewesen seien. Peter Becker sieht darin eine gute Gelegenheit für aktive Manager: „Es ist die Aufgabe von Vermögensverwaltern und anderen Anlegern, aus erster Hand zu untersuchen und zu kalibrieren, welche Bereiche, Branchen und Unternehmen am besten positioniert sind, um von diesen säkularen Verschiebungen und Trends zu profitieren.“

EMs könnten von geopolitischen Spannungen profitieren
Länder wie Indonesien, Indien, oder Mexiko seien nicht mehr abhängig von einer ökonomischen Supermacht, sondern könnten sowohl mit den führenden westlichen Industrienationen als auch mit China handeln. Der Wunsch nach einer Diversifikation der Lieferketten bei vielen multinationalen Unternehmen komme den Emerging Markets ebenfalls zugute. „Wenn ein multinationales Unternehmen eine Produktionsstätte baut, zieht dies häufig Investitionen anderer Unternehmen aus dem Ökosystem der Zulieferer nach sich, die ebenfalls eine physische Präsenz in dieser bestimmten Region aufbauen”, erklärt Becker.

Indonesien versuche sich als wichtiger Nickelverarbeiter zu einem integralen Bestandteil der Lieferketten für Elektroauto-Batterien zu entwickeln. Das locke bereits Milliarden an Investitionen aus China in den Inselstaat und habe Vereinbarungen über Beteiligungen an der Nickelverarbeitung mit multinationalen Unternehmen wie dem südkoreanische Autokonzern Hyundai, dem deutschen Chemiekonzern BASF und dem US-Automobilhersteller Ford gebracht.

Mexiko habe vor Kurzem China als größten Handelspartner der USA verdrängt. Die Investitionen in das Land würden sich heute nicht mehr weitestgehend auf die Automobilbranche und die Herstellung von kleinen Elektrogeräten beschränken, sondern hätten sich auf medizinische Geräte, komplexere Elektronik, Möbel und allgemeine Industriegüter erweitert. Ausländische Direktinvestitionen von Autoherstellern wie Tesla oder BMW und Herstellern von elektronischen Bauteilen wie Bosch oder Continental hätten stark zugenommen.

Indien habe seine Produktionskapazitäten für Mobiltelefone, Haushaltsgeräte, Computer und Telekommunikationsgeräte ausgebaut. Im Ausland habe Indien einige große Unternehmen davon überzeugen können, in diese Kapazitäten zu investieren, darunter Apple, Foxconn, Daikin und Mitsubishi Electric. Die indische Strategie sei zweigleisig: Zunächst sollen die Kapazitäten zur Versorgung der eigenen Bevölkerung ausgebaut werden, um über einen längeren Zeitraum auch ein größerer Akteur auf den Exportmärkten zu werden. Der groß angelegte Ausbau der Infrastruktur solle die Nachhaltigkeit des Wirtschaftswachstums fördern.

Die Energiewende könne ein weiterer Rückenwind für das Wachstum sein. „Mit dem weltweiten Bestreben, energieeffiziente Fahrzeuge, Stromnetze und Gebäude zu bauen, steigt die Nachfrage nach Kupfer, Nickel, Eisenerz und Lithium. Wir gehen davon aus, dass dies zu größeren Investitionen in neue Bergbauprojekte in Teilen Afrikas, Südamerikas und Asiens führen wird“, prognostiziert Becker.

Stabilisator aus dem Südosten

Der CEE-Markt hat für heimische Immobilienentwickler eine stabilisierende Wirkung.

Christian Sec. 2023 sah sich der Immobilienmarkt mit massiven Zinserhöhungen konfrontiert, was zwar die Immobilienrenditen in allen Anlageklassen erhöhte, sich aber negativ auf die Immobilienwerte auswirkte. So verzeichneten die Bestandsimmobilien des Immobilienentwicklers Immofinanz Abwertungen von 186,8 Millionen Euro. Dabei war der Euroraum stärker von den Abwertungen betroffen als der CEE-Raum. Die Renditen in den Jahren davor waren aufgrund der niedrigen Zinsen und der hohen Aufwertungen der Immobilien stark gestiegen. Der Effekt in Westeuropa war dabei stärker als im CEE-Raum, erklärte die Immofinanz auf Anfrage des Börsen-Kurier.

Bei der CA Immo beträgt der CEE-Anteil am Gesamtportfolio des Büroimmobilienspezialisten etwa 27 %, jedoch betrafen nur rund 16 % der gesamten Abwertungen, rund 87 Millionen Euro, im vergangenen Jahr diese Region. Aktuell sind in den CEE-Märkten die Immobilienwerte stabiler im Vergleich zu den steigenden Finanzierungskosten, zieht die CA Immo einen Vergleich zu Westeuropa. Viele Analysten gehen davon aus, dass die Finanzierungskosten in der CEE-Region wohl noch für längere Zeit deutlich höher liegen werden als in der Eurozone. Hohe Inflationsraten von bis zu 20 % im CEE-Raum haben zu höheren Leitzinsen der CEE-Notenbanken im Vergleich zur EZB geführt.

Höhere Renditen
Zum Unterschied zu den reiferen Immobilienmärkten in Westeuropa bieten die CEE-Märkte höhere Renditen bei geringeren Transaktionsumsätzen, so die Immofinanz. Dabei bestehe in Zentral- und Osteuropa nach wie vor Aufholbedarf in puncto nachhaltiger und innovativer Office- und Retail-Lösungen. Die Spitzenrenditen liegen in den großen CEE-Metropolen Budapest (6,75 %), Prag (5,40 %), Warschau (5,85 %) über denen von Wien (5,0 %) oder den deutschen Städten, wie die Zahlen des CA-Immo-Geschäftsberichts zeigen.

Für Warimpex, den Immobilienentwickler von Büros und Hotels, ist Polen mit einem Portfolio-Anteil von mehr als 40 % einer der wichtigsten Märkte. Das Unternehmen sieht gerade in der höheren Wachstumsdynamik der Gesamtwirtschaft die Attraktivität des Marktes. „Das wirkt sich positiv auf den Büromarkt aus“, so die Warimpex. Vor allem auch deswegen, weil das dynamischere Wachstum auf ein knappes Angebot stößt. Viele Büroprojekte wurden während Covid eingestellt, hört man aus der Branche.

Unterschiedliche Schwerpunkte
Für die CA Immo liegt der Fokus in den CEE-Ländern auf gewerblichen Klasse-A-Gebäuden in den jeweiligen Hauptstädten. In den CEE-Ländern bedeutet dies nach dem angekündigten Marktausstieg aus Ungarn: Konzentration auf Prag und Warschau im Prime-Bürobereich. Bei der Immofinanz liegt der CEE-Anteil im Bestandsportfolio bei rund drei Viertel, wobei im Gegensatz zu ihrem Bestand in Österreich und Deutschland ein stärkerer Fokus auf das Einzelhandelssegment gelegt wird. So steht die Stärkung des Einzelhandelsportfolios durch Eigenentwicklungen sowie selektive Zukäufe im Fokus. In Kroatien entstehen der-zeit sechs neue Retail-Parks. Die Warimpex wiederum konzentriert sich auf hochqualitative Büro-Developments in mittelgroßen Städten Polens.

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Trendwende bei den Security-Aktien

Sicherheit ist in schwierigen Zeiten gefragt – die Investoren profitieren von steigenden Kursen.

Roman Steinbauer. Die Aktiennotiz des prominenten schwedischen Vertreters der Sicherheitsbranche, Securitas, war eine der Enttäuschungen des Vorjahres: Von Juli 2021 bis zum Sommer 2023 halbierte sich diese an der Frankfurter Börse bis auf 7 Euro. Seit November streben die Kurse nun wieder kräftig nach oben. In der Vorwoche waren bereits 9,65 Euro für einen Anteilschein aufzuwenden. Securitas ist als Sicherheitsdienstleister auf persönliche Überwachungen samt individueller Lösungen spezialisiert. Aber auch Alarmsysteme für Unternehmen, Eigenheime und Privatpersonen ergänzen das Angebot. Die Kundenstruktur der Gesellschaft mit Sitz in Stockholm umfasst den Einzelhandel, die Energieversorgung, das Gesundheitswesen, die Finanzbranche als auch öffentliche Veranstaltungen. Das zu 100 % im Eigentum stehende Tochterunternehmen Pinkerton Consulting & Investigations bietet außerdem Sicherheitsberatungen und Ermittlungsdienste an.

Völlig anders sieht die Charakteristik des Kursverlaufs der US-Aktien der The Brink’s Company aus Virginia aus. Ein steiler Aufwärtstrend hält bereits seit 16 Monaten an, der das Papier (ebenso in Frankfurt gelistet) von 50 auf 85 Euro hob. Vorwiegend in Nordamerika und Europa tätig, bietet das Unternehmen aus Richmond Sicherheits- und Autotransporte, ebenso aber auch ein Cash Management (wie Bargeldversorgungen und Serviceleistungen für Geldautomaten) an. Speziell liegt der Fokus zudem auf dem Transport von Diamanten, Juwelen, Edelmetallen und Pharmazeutika. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist mit dem Faktor 47 sehr hoch, die Dividenden-Rendite mit 1,07 % niedrig. Die hohe Bewertung liegt unter anderem aber an einem hohen Cash-Bestand der Firma, der für sich bereits 26 USD (24,05 Euro) per Aktie ausmacht.

Etablierter, starker Aufwärtstrend
Unter Investoren zogen seit Dezember besonders auch die Titel der britischen Synectics die Aufmerksamkeit auf sich. Die Notiz katapultierte sich seitdem von umgerechnet 1,25 auf 2,05 Euro nach oben. Die Gesellschaft aus Sheffield implementiert Elektronik- und Softwaresicherheitssysteme.

Als Aufsteiger präsentierten sich seit August ebenso die Aktien der Geo Group (Sicherheitslösungen bis allgemeine Dienstleistungen für Liegenschaften). Die Valoren des Anbieters aus Florida verbuchen seitdem ein Plus von 115 % auf 14,60 Euro (KGV derzeit 22).

Ein weltweit bedeutender Mitbewerber ist hingegen seit April 2021 nicht mehr börsennotiert: Die Anteile der dänisch-britischen G4S Gruppe (global mit mehr als 800.000 Mitarbeitern in mehr als 85 Staaten aktiv) wurden vor drei Jahren vom US-Konkurrenten Allied Universal (Allied selbst ist nur mit Anleihen an den Märkten gelistet) aufgekauft.

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Wenn die Schwankungen zunehmen

Die Inflation ist hartnäckig, geopolitische Konflikte verschärfen sich: Gezielte Strategien sind gefragt.

Raja Korinek. Das neue Börsenjahr ist bislang gut gestartet. In den USA bleibt die Künstliche Intelligenz (KI) tonangebend und zieht entsprechend die Branchenaktien nach oben. In Europa gibt es weitere Treiber. So legten in Deutschland etwa Rüstungsaktien kräftig zu und Bankenwerte profitierten von höheren Zinsen. Damit verbessert sich deren Marge, da höhere Zinsen meist nur an Kreditnehmer, jedoch nur in geringem Ausmaß an Sparer weitergereicht werden.

Zuletzt waren auch Hoffnungen auf sinkende Zinsen ein breiter Markttreiber, so vor allem für Wachstumsaktien. Denn damit vergünstigen sich deren Finanzierungskosten, da solche Unternehmen oftmals noch keine Gewinne schreiben. Doch mittlerweile gibt es wachsende Zweifel rund um den Start der geldpolitischen Lockerungen, allen voran in den USA. Allein im März stieg die Inflation um 3,5 % und damit stärker als erwartet. So richtig Öl ins Feuer gossen jüngst zudem Aussagen regionaler Mitglieder der US-Notenbank, so etwa von Lorie Logan aus Dallas. Sie äußerte sich skeptisch über eine allzu frühe Senkung und verwies nebst der hartnäckigen Inflation auf das anhaltend hohe Wirtschaftswachstum.

Konflikte spitzen sich zu
Hinzu kommen weitere Faktoren. Auf sie verweisen die Private-Banking-Experten der Steiermärkischen Sparkasse. Alexander Eberan, Leiter Private Banking in Wien, hebt etwa die bevorstehende US-Wahl sowie die geopolitischen Konflikte hervor. Allein im Nahen Osten sowie in der Ukraine spitzen sich die Ereignisse zu. Eine Verschärfung könnte letztendlich den Ölpreis weiteren Rückenwind verschaffen, ein Umstand, der die Inflation wiederum kräftig anheizen würde. „Dass der aktuelle Höhenflug an den Börsen in eine stärkere Volatilität übergeht, ist sehr wahrscheinlich“, so das Fazit. Die Frage sei nur, wann dies passieren werde.

Ein guter Indikator können Volatilitätsindizes sein. So misst der VIX die erwartete künftige Schwankung – die implizite Volatilität – des S&P 500 auf die jeweils kommenden 30 Tage anhand von Optionen. Zuletzt lag der VIX bei 16,28 Punkten (per 11.4.). Zum Vergleich: Als die Börsen zu Beginn der Corona-Pandemie einbrachen, schnellte der Index auf knapp 83 Punkte. In Europa misst wiederum der VSTOXX die vom Markt erwartete Schwankungsbreite des Euro-Stoxx-50-Index auf die jeweils kommenden 30 Tage. Hier verharrt der Index derzeit ebenfalls auf sehr niedrigem Stand.

Strategien gegen Schwankungen
Anleger, die mit einem Anstieg rechnen, können darauf etwa mit dem Indexzertifikat der Société Générale setzen. Eine weitere Möglichkeit bieten Low-Volatility-Fonds, so etwa das „AB SICAV I – Low Volatility Equity Portfolio“. Dabei wird auf Qualitätsaktien gesetzt, die nach Meinung des Fondsmanagements geringere Schwankungen als der Gesamtmarkt aufweisen. Beinahe 40 % des Fonds entfallen derzeit auf IT-Unternehmen, etwa auf Microsoft und Alphabet, gefolgt von Finanzen und dem Gesundheitswesen. Dazu zählt beispielsweise der US-Pharmakonzern Merck. Überhaupt entfällt regional der größte Anteil auf die USA, gefolgt von UK und Kanada.

Im „Invesco Euro Stoxx High Dividend Low Volatility UCITS ETF“ liegt der Fokus auf den 50 dividendenstärksten europäischen Unternehmen mit möglichst geringer Volatilität. Unternehmen aus Italien und Deutschland sind besonders hoch gewichtet, so etwa Mercedes-Benz oder Intesa-Sanpaolo. Verluste sind jedoch auch bei all diesen Produkten möglich.

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Fünf Gründe für Anleger optimistisch zu bleiben

Von Matthias Mohr, Managing Director Financial Intermediaries Germany & Austria bei Capital Group.

(09.04.2024) Angesichts der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, der schwelenden Spannungen zwischen den USA und China und eines umstrittenen US-Präsidentschaftswahlkampfs sind viele Anleger weiterhin verunsichert. Aber es gibt auch positive Trends, die häufig von negativen Ereignissen überschattet werden. Matthias Mohr, Managing Director Financial Intermediaries Germany & Austria bei Capital Group, identifiziert fünf Gründe für Anleger, optimistisch in die Zukunft zu blicken.

1. Die USA sind stärker als gedacht
Die erwartete Rezession habe sich in den USA nicht eingestellt. Trotz einer hohen Inflation und steigenden Zinsen sei das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2023 um 3,3 Prozent gestiegen. Mohr glaubt, dass diese Entwicklung nachhaltig ist: „Der amerikanische Verbrauchersektor lässt weiterhin seine Muskeln spielen. Im Januar kreierte die Wirtschaft 353 000 neue Arbeitsplätze. Dazu stiegen die Löhne im Jahresvergleich um 4,5 Prozent – ein robustes Tempo, das sich wahrscheinlich verlangsamen wird. Dennoch können anhaltende, wenn auch moderatere Arbeits- und Einkommenszuwächse das Wachstum der Verbraucherausgaben weiterhin unterstützen. Auch die nachlassende Inflation dürfte das reale Einkommenswachstum, insbesondere bei Arbeitnehmern mit geringem Einkommen, unterstützen.“

Darüber hinaus scheine sich der US-Wohnungsmarkt angesichts sinkender Hypothekenzinsen zu erholen und es gebe erste Anzeichen für eine Belebung der verarbeitenden Industrie, da die Unternehmen damit beginnen würden, ihre Lagerbestände aufzufüllen. Auch die Bemühungen der US-Notenbank Fed, die Inflation zu senken und zeitgleich das Wirtschaftswachstum aufrechtzuerhalten würden dazu beitragen, dass die USA die Krise stärker überwunden habe, als zunächst angenommen.

2. Künstliche Intelligenz (KI) wird Produktivität weiter steigern
Mit der Einführung von ChatGPT und anderen KI-Tools sei das enorme Potenzial, das diese Technik für die Produktivitätssteigerung haben könne, offensichtlich geworden. Es gebe bereits erste Beispiele dafür, wie KI für mehr Effektivität in Unternehmen sorgen könne. Mastercard setze beispielsweise generative KI ein, um die Mitarbeiterrekrutierung zu optimieren und Zahlungsbetrug zu erkennen. Amazon nutze KI in seinen Amazon Go-Filialen, um den Verbrauchern zu ermöglichen, Artikel mitzunehmen und über die Amazon-App zu bezahlen, ohne an der Kasse anstehen zu müssen. Und Krankenhäuser würden mit Hilfe von KI Verwaltungsaufgaben rationalisieren und so Personalengpässe beheben.

„Natürlich überschätzen wir oft die kurzfristigen Auswirkungen neuer Technologien und unterschätzen ihre langfristigen Folgen. Für Anleger ist es wichtig zu unterscheiden, was ein Hype ist und was eine greifbare Investitionsmöglichkeit darstellt. Etwas mehr als ein Jahr nach der Veröffentlichung von ChatGPT ist KI jedoch nicht mehr nur ein Schlagwort“, resümiert der Experte.

3. Weitere Aktien werden an Wert gewinnen
Im vergangenen Jahr hätten die Aktienmärkte überraschend robuste Rendite erzielt. Zu einem überwältigen Anteil seien dafür die „Magnificent Seven“, also Apple, Meta, Microsoft, NVIDIA, Amazon, Alphabet und Tesla, verantwortlich gewesen. Die verbesserte wirtschaftliche Situation der USA dürfte laut Mohr dafür sorgen, dass auch die restlichen 493 Unternehmen im S&P 500 an Wert gewinnen. Die Analysten der Wall Street erwarteten in diesem Jahr ein gesundes Wachstum an allen wichtigen Märkten.

„Es gibt in allen Märkten und Branchen Innovatoren, die Strategien zum Wachstum ihrer Unternehmen anwenden. In den USA verzeichnete der Klimaanlagenhersteller Carrier Global angesichts der Rekordtemperaturen in Regionen auf der ganzen Welt eine steigende Nachfrage nach seinen energieeffizienten Systemen. In Japan ist SMC ein führender Hersteller von Komponenten für die Fabrikautomation“, erklärt Mohr.

4. Schwellenländer profitieren von Neuausrichtung des Welthandels
Die eskalierenden Spannungen zwischen den USA und China hätten für Zölle und Handelsbeschränkungen gesorgt, welche sich negativ auf die weltweiten Warenströme ausgewirkt hätten. Verstärkt worden sei dies durch die COVID-19-Pandemie, die ernsthafte Schwachstellen in den Lieferketten aufgedeckt habe, da Betriebsstillstände und Arbeitskräftemangel zu Engpässen und Verzögerungen geführt hätten. Mohr sieht in dieser Entwicklung jedoch auch positives: „Der Welthandel ist nicht tot, er ist nur im Wandel. Um das Risiko einer übermäßigen Abhängigkeit von einer einzigen globalen Lieferkette zu verringern, entwickeln Regierungen und Unternehmen mehr Handelsbeziehungen, viele davon regional.“

Gerade für Schwellenländer würden diese Veränderungen Chancen bieten. So habe Mexiko China als wichtigsten Handelspartner der USA abgelöst. Das Land profitiere dabei von niedrigeren Arbeitskosten, reichlich im Land vorkommenden natürlichen Ressourcen und der geographischen Nähe zu den USA. Mohr glaubt, dass ähnlich wie Mexiko auch andere Schwellenländer, wie etwa Indien, Thailand, Indonesien oder Singapur, von der Umstrukturierung globaler Lieferketten profitieren könnten.

5. Große Innovationen im Health-Care-Bereich
„Pharma- und Biotechnologieunternehmen sind in den letzten Jahren in ein goldenes Zeitalter der Arzneimittelentdeckung eingetreten, indem sie Therapien für ein breites Spektrum wichtiger Krankheiten entwickelt und Leben verlängert und verbessert haben“, sagt der Experte. Viel Aufmerksamkeit hätten dabei die neuen Medikamente zur Bekämpfung von Fettleibigkeit erfahren. Hinzu kämen innovative Blutzuckermessgeräte mit eingebauter Insulinpumpe und die berechtigte Hoffnung, dass mit Hilfe der genetischen Sequenzierung zelltherapeutische Krebstherapien bald mit traditionellen Behandlungsmethoden konkurrieren könnten.

Bei all der Aufbruchsstimmung im Gesundheitsbereich mahnt Mohr jedoch: „Innovation ist zwar ein wesentlicher Werttreiber im Gesundheitssektor, aber nicht alle Innovationen werden erfolgreich sein. Investoren müssen andere Faktoren berücksichtigen, darunter das Potenzial der gesamten Entwicklungspipeline eines Unternehmens, die Qualität des Managements und den potenziellen Markt für die Therapien.“

Wohin steuert der Ölpreis?

Die Ölnotierungen legen derzeit zu. Für Anleger gibt es neue Chancen.

Raja Korinek. Die Entwicklungen beim Ölpreis sorgen immer wieder für Schlagzeilen. Anfang März trafen sich die Mitglieder des internationalen Ölkartells Opec samt ihren Verbündeten, zu denen etwa Russland zählt. Dabei wurde die freiwillige Produktionsdrosselung bis Juni verlängert.

Grund für die Entscheidung war der gesunkene Ölpreis. Allein die Nordseemarke Brent hatte im März 2022 ein Zwischenhoch von knapp 130 USD je Fass erreicht, nachdem in der Ukraine Krieg ausgebrochen war. Aufgrund zahlreicher Maßnahmen, so etwa das Anzapfen der strategischen Reserven in den USA, sank die Notierung Monate später wieder und verharrte danach in einem breiten Seitwärtstrend zwischen 70 und kurzzeitig bis zu 90 USD.

Geopolitik treibt den Preis an
Zuletzt gewann die Notierung jedoch wieder an Schwung. Binnen weniger Tage war der Brent-Preis auf mehr als 90 USD zügig geschnellt. Grund für den Auftrieb sind aktuelle geopolitischen Spannungen im Nahen Osten. Meldungen zufolge wurden jüngst zwei iranische Generäle in Syrien durch israelische Luftangriffe getötet, Teheran kündigte umgehend Gegenmaßnahmen an.

Die Sorge rund um die globale Ölversorgung wächst damit. Schließlich ist der Iran einer der weltweit größten Ölproduzenten und fördert rund 3,8 Mio Fass pro Tag. Auch könnte das Land die Straße von Hormus blockieren, ein Umstand, der weitreichende Folgen für die Versorgung haben könnte. So wird über diese Schiffsroute rund ein Fünftel der globalen Ölversorgung transportiert.

Die US-Nachfrage steigt
Doch wie sehen die Entwicklungen auf der Nachfrageseite aus? Hier zeichneten sich jüngst Zuwächse ab. Allein Mitte März wurde bekannt, dass die US-Rohöllagerbestände in der Woche zuvor – überraschend – um 1,5 Mio Fass gesunken waren. „Die Entwicklung lässt auf eine starke Nachfrage beim weltweit größten Ölverbraucher schließen“, konstatiert Ulrich Stephan, Chefanlagestratege Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank. Der Experte meint, dies, gepaart mit den geopolitischen Spannungen, dürfte den Ölpreis vorerst hochhalten. Er mahnt jedoch auch, die US-Ölproduktion nicht zu unterschätzen. Sie erreichte im Dezember mit durchschnittlich 13,3 Mio Fass pro Tag einen Rekordwert. Damit könnte ein allzu kräftiger Preisanstieg ein wenig im Zaum gehalten werden.

Begrenztes Potenzial nutzen
Anleger, die dem Brent-Ölpreis noch ein wenig Spielraum nach oben einräumen, können auf solch eine Entwicklung mit einem Discount-Zertifikat setzen. Mit diesem Produkt kauft man sich in den Basiswert günstiger ein, als dieser an der Börse kostet. Doch dafür profitiert man von Kursanstiegen des Basiswertes nur bis zu einem fixen Cap. Nach unten gibt es einen Verlustpuffer in Höhe des Diskonts, zu dem man den Basiswert günstiger erworben hat. Erst wenn der Kurs des Basiswertes derart kräftig sinkt, so dass der Puffer aus dem Diskont aufgebraucht ist, erleidet man auch mit dem Zertifikat einen Verlust. Dann ist zugleich der sogenannte Break-Even-Punkt unterschritten worden.

Ein solches Produkt bietet die BNP Paribas an (ISIN: DE000PC3RMF0). Der Cap liegt bei 90 USD, der aktuelle Break-Even-Kurs (per 4. April) bei 82,56 USD. Bewertungstag ist am 26.7.2024. Die Société Générale bietet ein Discount-Zertifikat (DE000SU9EEN1) mit einem Cap von 92 USD an. Der aktuelle Break-Even-Kurs liegt bei 83,37 USD. Bewertungstag ist ebenfalls am 26.7.2024. Bei beiden Produkten sind Verluste möglich.

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Die Ruhe vor dem Bitcoin-Halving

Wie man mit Zertifikaten auf das Potenzial der Kryptowährung setzen kann.

Patrick Baldia. Dass mit Investments in Bitcoin bzw. Kryptowährungen hohe Volatilität verbunden ist, konnten Anleger einmal mehr im März erleben. Nachdem die größte digitale Währung zur Monatsmitte mit fast 74.800 USD ein neues Rekordhoch erreichte, ging der Kurs auf 60.700 USD zurück, nur um Ende März wieder die 70.000-USD-Marke zu durchbrechen. Dahinter stehen für Experten hohe Abflüsse aus den Bitcoin-Spot-ETFs, die ja erst im Jänner von der US-Börsenaufsicht SEC zugelassen wurden – der Börsen-Kurier berichtete umfassend. Viele Anleger hätten nach den starken Kursanstiegen davor einfach nur Kasse machen wollen.

Insgesamt soll sich die Zulassung von Bitcoin-ETFs jedenfalls positiv auf den Bitcoin-Kurs auswirken und vor allem der Krypto-Branche zu mehr Akzeptanz und Institutionalisierung verhelfen. Maßgeblich verantwortlich für die starke Kursentwicklung seit dem Vorjahr – für die vergangenen zwölf Monate steht ein Plus von rund 145 % zu Buche – soll allerdings das bevorstehende „Halving“ sein. Zur Erinnerung: Alle vier Jahre wird die Belohnung, die die Miner für das Schürfen von Bitcoins erhalten, halbiert. „Die so künstlich herbeigeführte Verknappung führt zu einer abnehmenden Wachstumsrate der Bitcoin-Menge und stellt das Grundprinzip des deflationären Charakters des Bitcoins dar“, erklärt Manuel Schleifer, Finanzmarktstratege bei Raiffeisen Research, in einer aktuellen Analyse.

Tatsächlich folgten auf die letzten drei Halvings außergewöhnliche Kursanstiege. Schleifer empfiehlt den Event, den er für den 20. April prognostiziert, jedenfalls nicht unter-, aber auch nicht überzubewerten. „Wir sehen es als durchaus wahrscheinlich an, dass ein Gutteil des Aufwärtspotenzials bereits eingepreist ist und raten davon ab, das Halving als primären Grund für den Bitcoin-Kauf heranzuziehen“, meint er.

Investieren ohne Krypto-Broker
Neben einschlägigen ETFs kann man auch mit Zertifikaten das Thema Bitcoin spielen.

Im Dezember 2023 hat etwa die Raiffeisen Bank International (RBI) ein einschlägiges Produkt auf den Markt gebracht. Konkret basiert das Index-/Partizipations-Zertifikat „Long Bitcoin Future“ auf dem Bitcoin Future in US-Dollar, der an der US-Optionsbörse CME gehandelt wird.

„Wir wollten für Anleger die Möglichkeit schaffen, wertpapier-basiert an der Entwicklung des Bitcoin-Future zu partizipieren“, sagt Philipp Arnold, Head of Department Certificates Sales & Marketing bei der RBI, zum Börsen-Kurier.

Bei den Kunden sei das Zertifikat jedenfalls gut angekommen, so Arnold, der auf einen entscheidenden Unterschied gegenüber einem direkten Investment in den Bitcoin hinweist: Anleger benötigen keinen Zugang zu einem Krypto-Broker bzw. ein einschlägiges Wallet, um in das Potenzial der digitalen Währung investieren zu können. Das trifft zwar auch auf die US-Bitcoin-Spot-ETFs zu. Nur sind diese in den meisten europäischen Ländern aufgrund der UCITS-Richtlinien nicht zugelassen. Der hohen Schwankungsbreite des Bitcoin-Kurses könnten sich Anleger freilich auch mit dem Index-/Partizipations-Zertifikat nicht entziehen, warnt Arnold. Dazu komme das Währungsrisiko. Der Hintergrund: der Future notiert in US-Dollar, das Zertifikat in Euro.

Partizipationszertifikate auf den Bitcoin bietet auch Vontobel an, etwa das Open „End Partizipationszertifikat (EUR) I“, ebenso wie eine Vielzahl an Mini-Futures. Mit letzterem Hebelprodukt haben Anleger die Möglichkeit, bereits mit kleinen Beträgen überproportional am steigenden oder fallenden Kurs des Bitcoins zu partizipieren. Eine Stop-Loss-Barriere soll wiederum Schutz vor einem Totalverlust bieten.

Zu weiteren interessanten Produkten gehören unter anderem „21Shares Bitcoin“ und „21Shares Bitcoin Core“, die beide zu 100 % physisch mit der Cyberwährung unterlegt sind und dessen Performance abbilden.

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Wenn Sicherheit an Wert gewinnt

Der Bedarf an Schutz nimmt weltweit zu. Das eröffnet langfristige Investmentchancen.

Raja Korinek. Die geopolitischen Konflikte spitzen sich weiter zu: Sowohl zum Nahostkonflikt als auch zu dem Krieg in der Ukraine mehrten sich in der Vergangenheit die Schlagzeilen. Damit verbunden steigt die Nachfrage nach mehr Rüstung, ein Umstand, von dem etwa deutsche Waffenproduzenten derzeit profitieren. Entsprechend haben zuletzt deren Aktienkurse an der Börse kräftig zugelegt.

Auch Patrick Kolb, Fondsmanager des Credit Suisse (Lux) Security Equity Fund, beobachtet die Entwicklung genau. Einzig, Rüstungsaktien kommen für sein Portfolio nicht in Frage, wie er im Gespräch mit dem Börsen-Kurier festhält. Denn bei der Selektion werden strenge Nachhaltigkeitskriterien angewendet. „Dazu zählt unter anderem der Ausschluss solcher Produzenten.“

Sicherheitsbedarf wächst weltweit
Doch grundsätzlich setzt der Fonds auf den wachsenden Sicherheitsbedarf weltweit und das in unterschiedlichsten Bereichen. So könnte beispielsweise ein Cyberangriff wichtige Infrastruktur wie etwa die Wasser- oder die Energieversorgung eines Landes lahmlegen. Es könnten aber auch Autoschlösser per Fernfunk „geknackt“, Alarmanlagen ungewollt abgeschaltet oder medizinische Geräte, wie zum Beispiel Herzschrittmacher, gehackt und manipuliert werden. „Wir sehen das Thema Sicherheit deshalb als einen Megatrend, der langfristig stärker als der Gesamtmarkt wachsen dürfte“, konstatiert Kolb.

Er zieht dazu ein klares Fazit. Hinter all solchen Beispielen steckten ihm zufolge letztendlich drei große Treiber: Dazu zählen die wachsende Weltbevölkerung sowie die zunehmende Migration. Mit der Digitalisierung wachse zudem der Bedarf an Datenschutz. Auch Regulierungen und Vorschriften werden immer strenger, etwa zur Einhaltung von Sicherheitsstandards. „Zudem kann sich ein Unternehmen einen erfolgreichen Cyberangriff erst gar nicht leisten. Allein die entsprechende Berichterstattung kann einen großen Reputationsschaden zur Folge haben.“

Das Marktpotenzial ist groß
Der Markt ist jedenfalls längst kein Nischenbereich mehr. Wie groß das Potenzial tatsächlich ist, haben sich die Analysten beim deutschen Datenanbieter Statista näher angesehen: So erreichte der globale Umsatz allein am Markt für Cyberlösungen und Sicherheitsdienste im Jahr 2020 bereits 106,82 Milliarden Euro und könnte den Prognosen zufolge bis zum Jahr 2028 auf gut 250,80 Milliarden Euro wachsen. Das ist immerhin mehr als eine Verdoppelung.

Doch wie setzt Kolb all solche Themen in dem Fonds konkret um? Er verweist in diesem Zusammenhang auf sein Aktienuniversum, das gut 220 Titel umfasst. Es handelt sich dabei um „Pure-Player“, wie er sagt. „Die Unternehmen müssen daher zumindest 50 % ihres Umsatzes im Bereich Sicherheit und Schutz erzielen.“

Fünf Themenblöcke im Fokus
Doch damit ist längst nicht Schluss, es gibt noch weitere Kriterien, auf die der Experte verweist: So wird das Fondsvermögen auf insgesamt fünf Themenblöcke aufgeteilt, wobei IT-Sicherheit mit rund 25 % den größten Anteil ausmacht.

Dazu zählt beispielsweise Cyber-Ark Software aus Israel. Das Unternehmen bietet IT-Sicherheit sowie Identitätsmanagement an. Der Schutz der Gesundheit, etwa durch Wasser- und Lebensmittelkontrollen, nimmt weitere 20 % ein, ebenso wie der Schutz vor Kriminalität und Umweltsicherheit. Die restlichen 15 % entfallen auf Transportsicherheit. Umgesetzt werden solche Themen zum Beispiel mit Thermo Fisher Scientific und Idexx Laboratories.

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