Gewinne – pfui?

Zweimal standen Unternehmensgewinne in der Vorwoche wieder einmal im Mittelpunkt öffentlichen Interesses. Das eine Mal ging es bei der Hauptversammmlung des Verbund um die staatliche Gewinnabschöpfung, das andere Mal um Firmen, die während der Corona-Pandemie Kurzarbeitshilfen erhalten haben, „obwohl“ sie Gewinne schrieben. Gewinne scheinen hierzulande also etwas Böses zu sein. Warum das so ist, bleibt mir unverständlich. Denn die Funktionen des Gewinns gehörten zu den ersten Dingen, die ich in meinem Betriebswirtschaftslehre-Studium gehört habe: Prämie für die Übernahme des unternehmerischen Risikos, Verzinsung des eingesetzten Kapitals und (in den Fällen, in denen der Eigentümer im Unternehmen arbeitet,) der Unternehmerlohn. Den Eigentümern davon etwas strittig zu machen, kann doch keinem vernünftigen Menschen einfallen, würde man meinen. Selbstverständlich sollten Aktionäre von Übergewinnen profitieren: Denn andernfalls müssten sie ja vom Staat entschädigt werden, wenn es einmal nur unterdurchschnittliche Gewinne gibt – was wohl undenkbar ist. Noch skurriler ist der Streit um die Kurzarbeitshilfen. Ja, sehr wahrscheinlich hat es einzelne schwarze Schafe gegeben, die sich hier ein „Körberlgeld“ gemacht haben. Aber viele Unternehmen hätten ohne Kurzarbeit gar nicht überlebt: Löhne und Abgaben zahlen und nichts verkaufen dürfen, das kann sich einfach nicht ausgehen. Und warum sollte man dem Unternehmer, der ja meist trotzdem arbeiten musste und sich selbst nicht in Kurzarbeit begeben konnte, seinen Lohn (= Gewinn) verweigern? (09.05.)

Marius PERGER, HERAUSGEBER