Knifflige Jagd nach den Besten
Fürs Management wünscht sich der Aktionär nichts sehnlicher als die Qualifiziertesten.
Florian Beckermann. Fürs Management wünscht sich der Aktionär nichts sehnlicher als die qualifiziertesten und motiviertesten Vorstände und Aufsichtsräte. Kurzum: Die Besten sind gerade gut genug. Doch dieser Wunsch ist äußerst schwierig zu erreichen, wenn die entsprechenden Mittel nicht zur Verfügung stehen. In der modernen Wirtschaftswelt zumindest sind echte Leistungsträger kaum noch mit ein paar blasierten Funktionstiteln zu ködern. Die Karriereperspektive und nicht zuletzt wettbewerbsfähige Vergütung müssen gewährt werden, wenn die Unternehmung sich erfolgreich und nachhaltig behaupten soll. Bei der jährlichen Vergütungsdebatte im Rahmen von Hauptversammlungen geht es den Aktionären und dem kritischen Stimmrechtsberater-Votum oft nur am Rande um die Höhe der Remuneration, sondern meist um die Nachvollziehbarkeit. Somit der Einordnung, ob die gewährte Vergütung auch den Anforderungsparametern entspricht. Diese wären (nicht abschließend):
1. Strategische Exzellenz: Top-Manager sollen Erfahrung und spezifische Weitsicht mitbringen um passgenauere, nachhaltige Strategien zu entwickeln und um die langfristige Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.
2. Führungskompetenz & Governance: Leistungsorientierte Führung von Teams, Motivation und die Schaffung einer resilienten Unternehmenskultur sind zwingende Voraussetzungen – dies sind charakterliche Eigenschaften.
3. Finanzielle Performance & Shareholder Value: Unternehmen mit exzellenten Managern erzielen in der Regel bessere finanzielle Ergebnisse, höhere Renditen und stabile Wertentwicklung.
4. Krisenmanagement: In schwierigen Zeiten braucht es kühlen Kopf und Erfahrung. Entschlossenes Handeln und das Minimieren von Risiken führen sicher durch Krisen.
5. Netzwerk & Reputation: Top-Manager sollen wertvolle Kontakte zu Investoren, Politik, Wirtschaft und Medien mitbringen. Mit einem guten Ruf kann ein Manager das Vertrauen steigern – ein starkes Signal für Qualität und Professionalität.
6. Innovation & Wandel: Gute Führung soll Trends früh erkennen, Innovation entsprechend fördern und die (grüne und soziale) Transformation aktiv vorantreiben. Heute wichtiger denn je.
Es ist bei Aktiengesellschaften die Aufgabe des Aufsichtsrates bzw. des Nominierungs- und Vergütungsausschusses diese Parameter in messbare Teile zu zerlegen und in der Vergütungspolitik festzulegen. Das gelingt sichtbar nicht überall. Diskretionäres Gewurschtel ist nicht nachvollziehbar und wird abgelehnt. Der Aufsichtsrat scheitert. Problem: Österreichs Unternehmen verfügen bereits in den Aufsichtsräten über zu wenig Mittel, um für sich selbst das Personal zu generieren, das den Unternehmensanforderungen genügt. Die Aufsichtsräte sind weitgehend zu schlecht vergütet um unabhängig, leistungsorientiert und interventionsfrei agieren zu können – es gibt ein paar Ausnahmen. Welcher internationale Manager mit den oben genannten Qualifikationen übernimmt für 1.500 Euro im Monat und 500 Euro Sitzungsgeld (alles vor Steuern), entsprechende Verantwortung und Zeitbürde? Die erste Reihe, große Motivation oder gar eine Professionalisierung erreicht man so nicht. Hier macht man sich allzu häufig etwas vor. Es muss die Frage erlaubt sein, ob schon die Jagd nach den Besten an der Jägerauswahl scheitert. Die Wettbewerbssituation tritt dann noch hinzu. Hier gibt es Verbesserungspotenzial.
Florian Beckermann ist Vorstand des IVA – Interessenverband für Anleger