Mit Goldplating gegen die Geschlechterquote

Der Entwurf zum Leitungspositionengesetz sorgt für Stress bei börsennotierten Unternehmen.

Florian Beckermann. Es geht um die Geschlechtergleichstellung, eine „neue“ Geschlechterquotendebatte. Eine IVA-Umfrage verdeutlicht den Bruch in der Gesellschaft. Das Thema ist emotional, komplex und politisch bespielt. Wie sieht der Entwurf aus? Eine schleunigst umzusetzende EU-Richtlinie lässt börsennotierten Unternehmen die Wahl: Entweder mindestens 40 % Männer oder Frauen im Vorstand, oder 33 % für Vorstand und Aufsichtsrat zusammen. Doch der noch von Alma Zadic (Grüne) eingebrachte österreichische Entwurf des Justizministeriums sieht vor, dass ab einem Zweier-Vorstand mindestens ein anderes Geschlecht, und dem Aufsichtsrat mindestens 40 % Männer oder Frauen angehören sollen. Eine schärfere nationale Umsetzung einer EU-Richtlinie droht, so genanntes „Goldplating“ – einen Wettbewerbsnachteil kann man verorten. Und alles bitte zeitlich kurzfristig. Zwar erfüllen viele Börsenunternehmungen diese Vorgaben bereits heute, doch manche eben nicht. Sie schwitzen.

Statistik: Wie eine Blitzumfrage des IVA herausstellte, halten 68 % die Vorgabe der EU-Richtlinie für ausreichend oder votieren für eine Abmilderung des Gesetzesvorschlags, während jedoch 68 % der befragten Frauen den Gesetzesvorschlag präferiert. 48 % sind gegen eine Quotenregelung, 43 % halten sie für sinnvoll (Frauen 89 %). Eine tiefe Kluft.

Klar ist, das Erreichen einer Geschlechtergleichstellung stößt auf gesellschaftsstrukturelle Probleme. Die für die Börse naheliegenden Instrumente der BWL oder Leistungsmessung sind wenig geeignet, eine Antwort auf die Quotenfrage zu entwickeln. Sie sind geschlechtsneutral. Es geht um eine gesellschaftlich-soziale Frage.

Kritik: Dass eine Quotenregelung gegen das Leistungsprinzip verstößt, Diskriminierung, Frust oder Vorurteile gar provozieren könnte, ist System-immanent. Zusätzlich wirkt ein solcher Eingriff in die Privatautonomie für Einige gar als Börsenhindernis. Er ist geeignet, Unternehmen vom österreichischen Markt abzuhalten oder zu verdrängen – mithin der genannte Wettbewerbsnachteil. Mit der prognostizierbaren Vermeidungsstrategie „Zweiervorstand“ wird Transparenz, Gremien- und Berichterstattungsqualität umgehend erodiert – US-Verhältnisse drohen. Dass zusätzlich die beschleunigte Zwangsquote zu nachteiligem Stückwerk führen wird, verwundert nicht.

Fazit: Der IVA empfiehlt in seiner Stellungnahme, den Zeitrahmen zu überdenken und Unternehmen mehr Anpassungsfrist zu gewähren. Ferner legt er den Fokus auf eine Leistungsbestellung in Vorstand und Aufsichtsrat. Dies ist nur durch eine Breitenwirkung zu erreichen. Flexible Arbeitszeitmodelle, anonyme Bewerbungsverfahren, verbesserte Elternkarenzzeitlösungen oder – speziell für Frauen – die gezielte Förderung für Führungspositionen oder Mutterschutzlösungen auf Vorstandsebene sollten als geeignetere Mittel zumindest überprüft werden.

Florian Beckermann ist Vorstand des IVA – Interessenverband für Anleger