Wie die asiatische Finanzkrise die Schwellenländer verändert hat
Vor zwanzig Jahren stand die asiatische Finanzkrise kurz bevor. In diesem Beitrag beleuchtet Michael Hasenstab, CIO von Templeton Global Macro, wie die Reaktion der Politik vor Ort in den folgenden zwei Jahrzehnten die Schwellenländer allgemein beeinflusst hat. Und er erläutert, warum nach seiner Auffassung einige der einst unbeliebtesten Lokalwährungsmärkte mittlerweile mit die spannendsten Chancen bieten. (26.07.)
Die asiatische Finanzkrise, deren Beginn sich in diesem Monat zum 20. Mal jährt, wirkte sich bis weit in das Jahr 1998 hinein aus und warf mehrere Jahre lang dunkle Schatten auf viele Länder der Region. Seitdem spielen die Lehren aus dieser Krise bei der umfassenden Umgestaltung der Schwellenländer insbesondere in Asien, aber auch rund um den Globus eine wesentliche Rolle.
Auf dem Höhepunkt der Krise lebte ich in Asien und konnte ihre verheerenden Folgen für die dortigen Länder beobachten. Länder wie Indonesien, Südkorea, Thailand, Malaysia und die Philippinen wurden von den massiven Abwertungen ihrer Währungen, durch die ihre externe Anfälligkeit rasch vergrößert wurde, schwer in Mitleidenschaft gezogen.
Einige Länder arbeiten seit mittlerweile zwei Jahrzehnten hart daran, ihre Widerstandskraft gegenüber externen Schocks zu erhöhen. Viele der heutigen Politiker, die diese Krise erlebten und daraus lernten, sind darum bemüht, die Gefahren, dass sich dies wiederholen kann, zu verringern.
Einige dieser Länder haben über Jahre hinweg ihre Devisenpolster verstärkt. Zudem haben sie bei ihren Leistungsbilanzen einen Überschuss oder nahezu ein Gleichgewicht erreicht, ihre Staatshaushalte saniert und ihre Verbindlichkeiten in US-Dollar abgebaut, indem sie einheimische Finanzierungsquellen nutzten. Diese Anpassungen hatten tiefgreifende Auswirkungen auf ihre Wirtschaft. Mittlerweile gibt es eine Gruppe von Schwellenländern, deren Wachstum stärker und deren Leistungsbilanzen gesünder sind als in vielen Industrieländern.
An den lokalen Währungsmärkten, und insbesondere in den Ländern, die aus dieser Krise unmittelbar ihre Lehren zogen und über Jahrzehnte an der Stärkung ihrer Volkswirtschaften gegenüber künftigen Schocks arbeiteten, sehen wir einige unterbewertete Anlagechancen.
Eine Ära wirtschaftlicher Stärke in Indonesien
Indonesien ist ein gutes Beispiel für ein Land, das seine externe Abhängigkeit seit der asiatischen Finanzkrise mit Tatkraft verringert hat. Nachdem Indonesien die verheerenden Folgen der Krise durchlebt hatte, machte sich das Land an ein ehrgeiziges Strukturreformprogramm, das seine Wirtschaft stärken, seine Wachstumstreiber ins Gleichgewicht bringen und die Entwicklung im Inland beschleunigen sollte. Diese fortlaufenden Reformen verliehen seiner zugrunde liegenden Wirtschaft Kraft und verbesserten seine Position zur Abschirmung vor externen Schocks.
Es muss nicht darüber gemutmaßt werden, ob diese Strukturreformen wirken, denn sie wurden im vergangenen Jahrzehnt durch reale exogene Schocks ernsthaft auf die Probe gestellt. Im Jahr 2008 griff die globale Finanzkrise auf Länder rund um den Globus über. Indonesien jedoch hatte viel weniger externe Verbindlichkeiten und eine ausgewogenere, binnenwirtschaftlich breiter aufgestellte Wirtschaft als 1997. Infolgedessen kam es in Indonesien trotz der „Risk-off“-Währungsabwertungen in den Schwellenländern dieses Mal nicht zu einer Wiederholung der asiatischen Finanzkrise.
Jüngst bewies Indonesien, dass es einen starken Rückgang der Rohstoffpreise, wie z. B. den Einbruch der Ölpreise im vierten Quartal 2014 und ihren anhaltenden Rückgang bis Anfang 2016, bewältigen kann. Zeitgleich mit diesem deutlichen Rückgang der Ölpreise begannen die Märkte, sich Mitte 2015 vor einer Schrumpfung der chinesischen Wirtschaft zu fürchten, da dessen Wachstumsrate sich abschwächte. Beides zusammen – der Einbruch der Ölpreise und die Ängste um China – trieb die Anleger aus den Schwellenländern. Dies führte in der gesamten Anlageklasse auf breiter Front zu Währungsabwertungen.
Während all dieser Ereignisse zeigte sich die indonesische Wirtschaft jedoch robust und erreichte im Durchschnitt von Jahr zu Jahr beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) ein Wachstum von rund 5 %. Zwanzig Jahre zuvor wäre es für Länder wie Indonesien schwierig gewesen, einen gleichzeitigen Schock bei den Rohstoffpreisen, bei den Wechselkursen und beim Handel zu meistern. Doch mittlerweile haben viele Länder diese externe Anfälligkeit deutlich verringert. Wir sehen ausgezeichnete Anlagechancen am indonesischen Lokalwährungsmarkt, und die längerfristigen Aussichten für das Land sind nach unserer Einschätzung nach wie vor vielversprechend.
Viele Schwellenländer haben ihre inländischen Märkte erweitert
Eine der wichtigsten Entwicklungen, die viele Schwellenländer im vergangenen Jahrzehnt vollzogen, ist die Erweiterung ihrer inländischen Finanzmärkte.
In der Vergangenheit fehlte es oft an einer starken Anlegerbasis im Inland, sodass die Auswirkungen von Finanzvolatilität oft noch verstärkt wurden. Dagegen sind inländische institutionelle Anleger an vielen inländischen Märkten mittlerweile viel präsenter und wirken häufig als stabilisierende Kraft, wenn die Kurse von Vermögenswerten einbrechen, indem sie einspringen und Vermögenswerte kaufen, wenn ausländische Anleger daraus fliehen.
Insgesamt hat der Übergang zu inländischen Finanzierungsquellen die finanzielle Widerstandsfähigkeit in vielen Ländern erhöht. Ferner wurden u. a. auch folgende Maßnahmen getroffen:
- Beibehaltung flexibler Wechselkurse, so dass rasche Anpassungen an exogene Schocks möglich sind; Aufrechterhaltung umfangreicher Bestände an Devisenreserven;
- Umsetzung einer umsichtigen Fiskalpolitik über längere Zeiträume, die die unmittelbare Anfälligkeit verringert und gleichzeitig mehr Spielraum schafft, um Schocks mit fiskalischen Stabilisatoren abzufedern;
• Unterstützung einer ausgewogeneren makroökonomischen Politik mit unabhängigen, glaubwürdigen Zentralbanken, die besser in der Lage sind, die Inflation festzuzurren und das Wachstum in Koordination mit der Fiskalpolitik zu unterstützen;
• Stärkung der Bilanzen, vor allem auf der Ebene von Regierungen und Finanzsektor, wobei sich der Schuldenstand der Unternehmen in manchen Ländern dennoch erhöht hat;
• und Aufbau eines robusten und stabilen Bankensektors mit einem besser regulierten Umfeld.
Insgesamt haben mehrere Schwellenländer in Asien und rund um den Globus ihre Abhängigkeit von externen Finanzierungsquellen deutlich verringert und ihre generelle Finanzstabilität erhöht. Für einige dieser Länder sehen wir eine vielversprechende Zukunft. Während die asiatische Finanzkrise vor 20 Jahren schmerzhafte Auswirkungen hatte, haben die Lehren aus dieser Krise vielen Länder mittlerweile den Weg zu viel besseren Lösungen aufgezeigt.