Europäische Aktien: Gewinnwachstum sorgt weiterhin für Auftrieb

Berenberg-Fondsmanager Matthias Born setzt in seinen Anfang Oktober 2017 aufgelegten europäischen Aktienfonds Berenberg European Focus Fund und Berenberg Eurozone Focus Fund auf Unternehmen mit stabilem Gewinnwachstum. Umso mehr erfreut es ihn, dass 2017 zum ersten Mal seit Langem die Gewinne in Europa wieder kräftig zugelegt haben. Auch für das kommende Jahr erwartet er ein starkes Gewinnwachstum. Vor allem zyklischere Sektoren ziehen deutlich an. Im Fonds sind derzeit die Branchen Technologie, zyklischer Konsum, Industrie und Gesundheit bevorzugt. Diese Gewichtung ergibt sich aber aus der Einzeltitelselektion und wird nicht nach makroökonomischen Trends gesteuert. (02.11.)

In den vergangenen Jahren sind die Gewinne vieler europäischer Unternehmen nicht gewachsen. Jetzt sprudeln sie wieder. „2017 ist das erste Jahr seit Langem, in dem die Firmen wieder ordentlich verdienen. Die Gewinne haben im zweistelligen Bereich zugelegt“, sagt Berenberg-Fondsmanager Matthias Born. Da schon in den vergangenen Jahren die Aktienkurse gestiegen sind, haben sich Bewertungskennziffern wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis ausgeweitet. „Jetzt wurde von einer bewertungsgetriebenen auf eine gewinngetriebene Aktienmarktrallye umgeschaltet. Das ist eine sehr gesunde Entwicklung“, so Born.

Er rechnet auch im kommenden Jahr mit einer guten Konjunktur in Europa, sodass einem weiteren starken Gewinnwachstum nichts im Wege stehen dürfte. Das Sentiment ist sehr positiv, Stimmungsindikatoren sind auf langjährigen Hochs. „Zwar kann die Stimmung an den Börsen immer kurzfristig kippen, da auch die zuletzt starken Kursgewinne zu Gewinnmitnahmen führen können. Der unterliegende fundamentale Gewinntrend bleibt jedoch zunächst intakt“, sagt Born und empfiehlt, potenzielle Rücksetzer für Zukäufe in europäischen Aktien zu nutzen.

Katalonien und Brexit können die Aktienmärkte nicht schrecken

Als einzigen möglichen Bremsfaktor für die Gewinne sieht Born die Entwicklung des Euro. „Zum ersten Mal seit mehreren Jahren hat der Euro gegenüber vielen Währungen wie dem US-Dollar, dem Pfund Sterling und dem chinesischen Renminbi aufgewertet. Eine weitere Aufwertung könnte die Gewinnentwicklung belasten“, warnt Born. Politische Brandherde hingegen, etwa die Lage in Katalonien oder die Brexit-Verhandlungen, sieht er nicht als Bedrohung für den europäischen Aktienmarkt insgesamt. Hier rechnet er höchstens mit kurzfristigen stimmungsbedingten Kurs-rückschlägen. „Komplett ausbremsen könnte den Markt aber nur eine Gewinnrezession, und die sehen wir zurzeit nicht“, erklärt Born.

Die lokalen Märkte allerdings sind von den politischen Themen durchaus betroffen. „Spanische Aktien dürften sich erst einmal weiter volatil entwickeln“, sagt Born. In Großbritannien verunsichert der anstehende Brexit Unternehmen, die sich mit Investitionen zurückhalten, und dämpft das Konsumverhalten. „Wir sehen in Großbritannien zurzeit relativ viele Gewinnwarnungen von Unternehmen, die lokal orientiert sind, zum Beispiel Unternehmen aus dem Konsumbereich“, erläutert Born. „In unseren Fonds spielen Überlegungen über politische Entwicklungen und Währungsschwan-kungen allerdings keine Rolle. Die Diversifizierung über viele verschiedene Endmärkte reduziert ein geballtes Risiko und zudem hat es sich immer gezeigt, dass man sich von diesen kurzfristigen Störfaktoren nicht irritieren lassen sollte. Mittel- bis langfristig zählen die unternehmensspezifischen Umsatz- und Gewinntreiber.“

Günstige Bewertung spricht für europäische Aktien

Ein weiteres Argument, das für europäische Aktien spricht, ist die Bewertung. Insbesondere im Vergleich zu US-Aktien sind europäische Werte weiterhin günstig. „In diesem Jahr ist der Bewertungsabschlag auf dem gleichen Niveau geblieben. Der US-Aktienmarkt hat ein weiteres Mal eine bessere Performance erzielt als der europäische Markt“, so Born. Auch in den USA läuft die Konjunktur rund, ein schwächerer Dollar hilft vielen Unternehmen. Das kommt Borns Strategie entgegen. Er investiert zwar mit dem Berenberg European Focus Fund in Europa und mit dem Berenberg Eurozone Focus Fund in der Eurozone. In beiden Fonds fokussiert er sich aber auf global agierende Unternehmen. Daher ist für ihn eine weltweit gute Wirtschaftslage ebenso vorteilhaft wie ein Aufschwung in Europa.

„Wir sind überzeugt, dass sich die Aktienkurse langfristig an der Gewinnentwicklung orientieren. Wir setzen daher auf Unternehmen mit stabilem Gewinnwachstum“, so Born. Um dies zu erreichen, müssen sie ein robustes Geschäftsmodell mit hohen Eintrittsbarrieren aufweisen. Diese Art von Unternehmen findet er in Europa vor allem in Deutschland, Frankreich, Skandinavien, Großbritannien und der Schweiz. Im Sektorbereich wird er vor allem bei Technologie, Konsum, Gesundheit und Industrie fündig. Weniger vertreten ist der von ihm bevorzugte Unternehmenstyp unter Banken, Versorgern und Telekom-Firmen. „Gerade in Europa können nur sehr wenige Banken strukturell wachsen“, so Born. Versorger oder Telekommunikation sind zudem sehr homogene Sektoren. Die Unternehmen unterscheiden sich kaum und haben ähnliche Treiber. Als Stockpicker bevorzugt er Sektoren wie Industrie, Konsum und Technologie. Hier heben sich viele Unternehmen durch Innovationen, Marken oder besondere Geschäftsmodelle ab. „Europa ist nach wie vor eine Region, in der man starke globale Player und Hidden Champions finden kann, die durch hohe Eintritts-barrieren ihre Gewinnentwicklung langfristig absichern können.“

Lieber Luxusgüter als Autobauer und Spezialpharma als Big Pharma

Im Sektor zyklischer Konsum verzichtet Born auf Automobilhersteller und setzt stattdessen lieber auf Luxusgüterproduzenten. „Die zunehmende Regulierung hinsichtlich CO2-Einsparungen sowie der Trend zum E-Auto erfordern von den Autobauern hohe Investitionen. Das hemmt die Gewinnentwicklung. Zudem entsteht mehr Wettbewerb, da es beim E-Auto neue Anbieter gibt“, erklärt Born. Bei Luxusgütern ist nach der Durststrecke der letzten zwei Jahre wieder der langfristige Wachstumspfad intakt, der unterliegend durch den Anstieg des globalen Wohlstands untermauert wird. Zudem schaffen es hier viele Firmen, sich ihre Position durch starke Marken langfristig zu sichern.

Auch Big Pharma hat er von seiner Einkaufsliste gestrichen. „Die großen Pharmafirmen leiden unter dem ständigen Druck auslaufender Patente und dem Preisdruck durch die Gesundheitssysteme“, warnt Born und bevorzugt daher Spezialpharma- und Medizintechnikfirmen, die sich davon zum Teil besser abkoppeln können.

Den defensiven Konsumgüterkonzernen macht immer mehr lokale Konkurrenz, vor allen Dingen in den Schwellen-ländern, zu schaffen, deswegen geht Born hier sehr selektiv vor. Auch die disruptive Veränderung der Verkaufskanäle hin zu Online wirkt sich in der Branche negativ aus.