Wirtschaftsdynamik wirkt positiv auf Unternehmensgewinne
Wirtschaftsdynamik wirkt positiv auf Unternehmensgewinne – ein Kapitalmarktkommentar von Ingrid Szeiler, CIO der Raiffeisen KAG (09.05.)
Die Argumente für einen positiven Aktienausblick haben sich nicht verändert. Zunächst ist die positive Wirtschaftsentwicklung zu nennen: Für die Eurozone erwarten wir das reale Wirtschaftswachstum bei 2,4 %, die USA werden um 2,8 % und die Schwellenländer sogar um knapp 6 % wachsen. Diese Wirtschaftsdynamik hinterlässt positive Spuren bei den Unternehmensgewinnen. Diese werden im globalen Schnitt heuer um 14 % zulegen. Schließlich ist der Inflationsausblick relevant. Der Preisauftrieb wird im laufenden Jahr nur unwesentlich höher sein als 2017. Das ermöglicht den Notenbanken, ihre Bremsmanöver gut zu dosieren, sodass die Finanzmärkte nicht beeinträchtigt werden. Insgesamt ist dies ein Umfeld, in dem Aktien und Renditen von Staatsanleihen steigen werden.
Dementsprechend sehen wir Aktien weiterhin positiv und sind gegenüber Staatsanleihen vorsichtig, wobei wir auf der Aktienseite Titel aus der Eurozone bevorzugen. Trotz der positiven Einschätzung, darf man nicht außer Acht lassen, dass sich der Zyklus in einem fortgeschrittenen Stadium befindet – abzulesen beispielsweise an niedrigen Arbeitslosenraten und der Verflachung der US-Zinskurve. Daher wird immer öfter auch darüber diskutiert, wann der nächste zyklische Abschwung – sowohl der Wirtschaft, aber auch der Aktienmärkte – bevorsteht. Auf Basis unserer aktuellen Einschätzung ist dies für das laufende und nächste Jahr unwahrscheinlich. Spürbar früher würde dieses negative Szenario eintreten, wenn die Inflationsraten stärker ansteigen als derzeit erwartet. Die Verschiebung der gesamten Zinskurve nach oben, inklusive einer restriktiveren Geldpolitik, würde zunächst die Aktienmärkte und in weiterer Folge die Wirtschaft belasten. Aber so weit sind wir noch nicht.
Staatsanleihen: US-Dollar gibt Lebenszeichen von sich
Wirtschaftsdaten und Vorlaufindikatoren, die die sehr hoch gesteckten Erwartungen nicht erfüllen konnten, ließen die Anleiherenditen sicherer Staaten zwischenzeitlich absinken. Zuletzt zeichnete die gute Berichtssaison aber wieder ein freundlicheres Bild. So testete insbesondere die 10-jährige US-Treasury-Rendite die 3 %-Grenze an. Die US-Notenbank wird in ihrem Zinsanhebungspfad als unbeirrt wahrgenommen, entsprechend klettern die kurzen US-Zinsen weiter in die Höhe. Schließlich gab auch der US-Dollar ein deutliches Lebenszeichen von sich und bewegte sich in die geldpolitisch „richtige“ Richtung.
Unternehmensanleihen: gute Berichtsaison unterstützt das Segment
Seit Ende März engten sich die Spreads bei Unternehmensanleihen (Investmentgrade und High Yield) leicht ein. In Anbetracht gestiegener risikoarmer Staatsanleiherenditen entsprach allerdings die absolute Renditeveränderung bei den Investmentgrade-Unternehmensanleihen und deren Performance dem Wert Null. High Yield-Unternehmensanleihen konnten hingegen Renditerückgänge und eine positive Performance verzeichnen. Eine gute Berichtssaison und eine, während dieser Phase, geringe Emissionsaktivität dürfte das Segment der Unternehmensanleihen technisch gut gestützt haben. Das geringere EZB Ankaufvolumen wirkte sich nicht negativ aus.
Anleihen Emerging Markets: vorübergehende Schwächephase
Schwellenländer-Anleihen, die in Hartwährungen begeben wurden, konnten sich zuletzt dem Rendite-Aufwärtsdruck aus den USA nicht entziehen. Auch ihre Risikoaufschläge (Spreads) litten unter den vornehmlich US-induzierten (handels-)politischen Themen. Besser konnten sich die Renditen von Lokalwährungsanleihen halten, diese litten allerdings unter der US-Dollar-Stärke der letzten Tage. Wirtschaftlich bleibt das Bild trotz politischen Störfeuers und schwächeren Indikatoren grundlegend freundlich, diese Schwäche-Phase könnte von kurzer Dauer sein.
Mittelfristiger Aufwärtstrend der entwickelten Aktienmärkte weiterhin intakt
Die entwickelten Aktienmärkte konnten in den letzten Wochen zulegen. Belastungsthemen der letzten Monate (Ängste vor einem globalen Handelskrieg, Liquiditätsrückführung durch die Notenbanken bis hin zum Thema Datensicherheit im Technologiebereich) rückten etwas in den Hintergrund, wir erwarten jedoch, dass diese in den kommenden Monaten immer wieder für Volatilität an den Märkten sorgen werden. Das fundamentale Umfeld (Konjunkturumfeld und Ausblick für Unternehmensgewinne) präsentiert sich aber nach wie vor positiv. Wir sehen den mittelfristigen Aufwärtstrend der Aktienmärkte daher weiterhin intakt und erwarten steigende Kurse in den nächsten Monaten. In der jüngsten globalen Aktienerholung haben EM-Aktien mit einer schwächeren Performance als entwickelte Märkte reagiert. Dafür werden zwei Begründungen herangezogen: zum einen das zwischenzeitliche Hochkochen des Handelskonflikts USA-China und zum anderen zuletzt die Anstiege bei US-Renditen über die Schwelle von 3 %.