Günstiger Zeitpunkt für die Allokation in breit diversifizierte Rohstoffe
Autor Nitesh Shah ist Director Research und Rohstoff-Experte beim auf ETPs spezialisierten Vermögensverwalter WisdomTree.
Oft ist es am einfachsten, die unterschiedlichen Bausteine oder Anlageklassen eines Portfolios gedanklich voneinander zu trennen. Dies ist zwar wichtig, birgt aber das Risiko, dass eine fundamentale Tatsache bezüglich des Großteils der Anlegerportfolios nicht beachtet wird: Die meisten Anlegerportfolios sind nicht ausschließlich in Aktien, Anleihen oder Rohstoffen investiert. Sie umfassen eine diversifizierte Mischung von Aktien, Anleihen und Rohstoffen und manchmal sogar weitere Anlageklassen.
Rohstoffe haben sich schlechter entwickelt als traditionelle Anlageklassen
Die menschliche Wahrnehmung ist häufig auf den Wettbewerb und den Vergleich fokussiert. Dies gilt ganz besonders für Portfolioentscheidungen. Es ist in der Regel sehr einfach, über Anlageklassen zu sprechen, die sich besonders gut entwickelt haben, und sehr schwierig, über Anlageklassen zu sprechen, die schlecht abgeschnitten haben. Die Besprechung von Anlageklassen, die längere Zeit negative Renditen erzielt haben, ist jedoch fast unmöglich.
Kein Ersatz für breit angelegte Rohstoffallokationen
An dieser Stelle möchten wir anmerken, dass wir mit Anlegern sowohl über rohstoffbezogene Aktien als auch verwaltete Futures gesprochen haben. Manchmal stehen diese Allokationen im Portfolio mit Rohstoffen im Wettbewerb. Aber:
• Rohstoffbezogene Aktien reagieren für gewöhnlich empfindlicher auf die breiteren Aktienmärkte als reine, diversifizierte Rohstoffanlagen. Darüber hinaus erzielen Unternehmen Erträge, die von anderen Faktoren als der Entwicklung der Rohstoffpreise beeinflusst werden.
• Anlagen in verwaltete Futures können je nach ihrer Strukturierung stark vom Manager abhängen – oder zumindest von dem algorithmischen Ansatz, der die Positionen auswählt und gewichtet. Einige dieser Ansätze können zu Long- oder Short-Positionen führen. Ein angemessenes Management dieses Prozesses ist jedoch nicht einfach und das Renditeprofil kann ganz anders aussehen, als die Entwicklung der Rohstoffpreise allein vermuten ließe.
Korrelation: Der entscheidende Aspekt für eine effektive Diversifizierung
Wenn man nur die relative Performance berücksichtigt, könnte man etwas Bedeutendes übersehen. Eines der entscheidendsten Elemente eines Portfolios bezieht sich auf das Verhältnis zwischen unterschiedlichen Anlageklassen oder Vermögenswerten zueinander.
Wenn wir zugeben, dass wir vorab nicht wissen, in welche Richtung sich der Markt entwickeln wird, könnte ein Portfolio aus Anlagen mit niedrigerer Korrelation ziemlich nützlich sein. Es wäre nämlich eine Option, um die Volatilität der Anlagen insgesamt zu reduzieren.
• Der Bloomberg Commodity Index wies im betrachteten Zeitraum eine Korrelation von 0,47 mit dem MSCI ACWI Index und eine Korrelation von 0,34 mit dem Bloomberg Barclays Global Aggregate Index auf. Diese Zahlen veranschaulichen, dass Rohstoffe als Ergänzung zu traditionellen Anlageklassen das Volatilitätsprofil senken können.
• Noch interessanter sind die Korrelationen der Teilkomponenten des Bloomberg Commodity Index mit dem MSCI ACWI Index und dem Bloomberg Barclays Global Aggregate Index. Lebendvieh wies zum Beispiel in der Regel die niedrigste Korrelation auf. Industriemetalle korrelierten normalerweise am stärksten mit Aktien, Edelmetalle hingegen mit Anleihen.
• Wenn man die Teilkomponente des Bloomberg Commodity Index mit der stärksten Performance genau vorhersagen könnte, wäre eine Allokation in dieser Richtung sinnvoll. Da dies aber sehr schwierig ist, wird deutlich, was zu den größten Vorteilen einer breit angelegten Rohstoffallokation gehört. Nehmen wir den Energiesektor als Beispiel. Unserer Analyse zufolge wiesen die Renditen dieses Sektors mit 0,35 die höchste Korrelation mit Industriemetallen auf. Das leuchtet insofern ein, als die Dynamik, die die Preise im Energiesektor beeinflusst, die Dynamik anderer Sektoren nur unwahrscheinlich auf gleiche Weise beeinflussen würde.
Konnten risikobereinigte Renditen mit einem diversifizierten Rohstoffengagement erhöht werden?
Das Problem mit Begriffen wie „Korrelation“ besteht darin, dass sie zwar spannend sind, aber ohne statistische Hintergrundinformationen abstrakt erscheinen können. Aus diesem Grund gibt es keinen Ersatz für einen direkten Test, bei dem wir uns ein bestimmtes Portfolio mit Aktien und Anleihen ansehen und überprüfen, ob die risikobereinigten Renditen mit einem diversifizierten Rohstoffengagement verbessert wurden.
• 60 Prozent des „Basis“-Portfolios entfallen auf den MSCI World Index und 40 Prozent auf den Bloomberg Barclays US Aggregate Index, dessen Renditedaten sich über einen längeren Zeitraum erstrecken als die des Bloomberg Barclays Global Aggregate Index.
• Beim Portfolio „Basis + Rohstoffe“ entfallen 55 Prozent auf den MSCI World Index, 35 Prozent auf den Bloomberg Barclays US Aggregate Index und 10 Prozent auf den
Bloomberg Commodity Index. Dies ist bei Weitem nicht die einzige Möglichkeit, um einem Portfolio Rohstoffe hinzuzufügen, aber wir haben zur Veranschaulichung zunächst 5 Prozent jeder anderen Anlageklasse in die Allokation umgeschichtet.
Die Sharpe-Ratio ermöglicht einen Blick auf die überschüssige Rendite im Vergleich zum risikofreien Zins pro Einheit der Standardabweichung in jedem Zeitraum. Eine höhere Sharpe-Ratio deutet auf eine höhere risikobereinigte Rendite hin. Für die Berechnung basiert der risikolose Zins auf dem ICE BofA ML 3-Month Treasury Bill Index.
Wie viel Bedeutung sollte dem Zeitraum nach der globalen Finanzkrise 2008–09 beigemessen werden?
Wir stellen diese Frage, weil wir einige wichtige Details über die Reaktion globaler Zentralbanken auf die globale Finanzkrise von 2008–09 kennen. Quantitative Lockerungsmaßnahmen und die Senkung der Zinsen ließen die Renditen traditioneller Anlageklassen steigen. Allerdings führten sie bisher nicht zu einer höheren Inflation, die wiederum die Renditen von Rohstoffen nach oben treiben dürfte.
• In der Analyse ist zu erkennen, dass die Sharpe-Ratio des Basis-Portfolios sowie „Basis + Rohstoffe“ für den gesamten Zeitraum äußerst ähnlich ausfiel. Das Hinzufügen von Rohstoffen senkte die Standardabweichung um 0,3 Prozent pro Jahr und führte zu Renditen von 9,4 Prozent für das Basis-Portfolio und zu 9,1 Prozent für „Basis + Rohstoffe“.
• Während der Zeit vor der globalen Finanzkrise 2008–09 schnitt das Portfolio „Basis + Rohstoffe“ auf Grundlage der Sharpe-Ratio besser ab als das Basis-Portfolio. Dazu trugen eine höhere Rendite und eine niedrigere Standardabweichung bei.
• Während der Zeit nach der globalen Finanzkrise 2008–09 erzielte das Basis-Portfolio eine bessere Sharpe-Ratio als das Portfolio „Basis + Rohstoffe“. Der Hauptfaktor bestand darin, dass der Bloomberg Commodity Index in diesem Zeitraum eine negative Rendite hinnehmen musste, während die anderen beiden Indizes eine ziemlich starke Entwicklung verbuchten.
Woran denken Anleger heute, wenn sie Strategien für diversifizierte Rohstoffkörbe in Erwägung ziehen? Der Zeitraum nach der Krise 2008–09 ist noch sehr präsent in der Erinnerung. Damals hatten die anderen Anlageklassen so gut abgeschnitten, dass es manchem schwer fällt, die Vorteile einer zusätzlichen Allokation in diversifizierte Rohstoffe zu erkennen. Jetzt könnte allerdings ein guter Zeitpunkt hierfür gekommen sein, da das kommende Jahrzehnt bei der Betrachtung der Renditen unterschiedlicher Anlageklassen selten das vergangene Jahrzehnt widerspiegelt.
Foto von Nitesh Shah: Wisdom Tree