US-Wirtschaft und Finanzmärkte profitieren vom „Drei-J-Gespann“

Ein Kommentar von Olivier de Berranger, CIO bei Assetmanager LFDE in Paris.

(01.12.) Allem Anschein nach ist die wichtigste Eigenschaft, um in den USA gegenwärtig in eine Spitzenposition zu gelangen, ein Vorname, der mit „J“ beginnt. Nach Jerome Powell, der 2018 an die Spitze der Fed rückte, und Joe Biden, der in diesem Monat zum 46. US-Präsidenten gewählt wurde, kommt nun Janet Yellen, die jüngst als neue Chefin des US Treasury Department vorgeschlagen wurde. Seit dem 23. November ist der Name der künftigen Secretary of the Treasury, was dem Wirtschafts- und Finanzminister in anderen Ländern entspricht, bekannt. Janet Yellen wird im kommenden Januar ernannt werden, sofern der derzeit von den Republikanern kontrollierte Senat zustimmt.

Janet Yellen überzeugt mit beachtlichem Track-Record
Diese Personalie ist für die US-Wirtschaft und die Finanzmärkte eine hervorragende Nachricht. Vor allem, weil sie, die 2014 die erste Frau an der Spitze der Fed wurde, einen beispielhaften Werdegang für dieses Amt hat. Denn bisher erfüllte sie mit Bravour verschiedenste Aufgaben: in der Wissenschaft (Berkeley, Harvard, LSE), für die Regierung (Wirtschaftsberaterin von Bill Clinton) und in der Geldpolitik (von 2010 bis 2014 als Vize-Präsidentin der Fed und danach vier Jahre als Präsidentin). Darüber hinaus, weil Janet Yellen einen wichtigen politischen Trumpf verkörpert, falls der Kongress geteilt bleibt. Sie ist dem progressiven Flügel der Demokraten zuzurechnen, kann sich jedoch rühmen, bei ihrer Fed-Ernennung zahlreiche Stimmen der Republikaner erhalten zu haben und in beiden Lagern Wertschätzung zu genießen.

Aber auch, weil sie für die Bewältigung der aktuellen Herausforderungen wie geschaffen zu sein scheint. Die Arbeitslosigkeit liegt in den USA gegenwärtig bei 6,9 %, und fast die Hälfte der Arbeitnehmer, die im Zuge der COVID-Krise aus dem Arbeitsmarkt gefallen sind, steht nach wie vor im Abseits. Yellen ist als Ökonomin auf den Arbeitsmarkt spezialisiert und hat darüber hinaus mit ihrem Ehemann Georges Akerlof, einem Wirtschaftsnobelpreisträger, an diesem Thema wissenschaftlich gearbeitet.

Geldpolitische „Taube“ auf Lockerungskurs
Auch wenn sie als „Taube“ gilt, sprich eine Befürworterin lockerer Geldpolitik, kann sie geltend machen, die Zinssätze nach der Subprime-Krise als Erste angehoben zu haben, ohne die Börse Ende 2015 zu erschüttern. Sie, deren Amtszeit als Fed-Chefin von Donald Trump wider die Gepflogenheiten nicht verlängert wurde, tritt nun durch die Vordertür wieder ein. Ihr wird viel daran liegen, Haushalts- und Geldpolitik in einer wichtigen Phase bestmöglich abzustimmen. Zweifellos dürfte ihre Zusammenarbeit mit Jerome Powell, dem früheren Vize-Präsidenten der Fed in der Mandatszeit Yellens, reibungslos verlaufen. Obschon Republikaner, geizt ihr Nachfolger bei der Fed nie mit lobenden Worten für Yellen. Er führte ihre Politik in direkter Linie fort und legte den Schwerpunkt seines Mandats hierbei mehr auf Beschäftigung und Wachstum anstelle des sakrosankten Inflationsziels von 2 %.

In ihrer Amtszeit als Fed-Chefin konnte Janet Yellen gegenüber den Finanzmärkten zudem mit einer makellosen Bilanz aufwarten: Die langfristigen US-Zinssätze blieben zwischen Beginn und Ende ihres Mandats nahezu unverändert, während Aktien ohne größere Rückschläge eine Kursrally hinlegten. So stieg der S&P 500 in dieser Zeit um 72 %, das heißt annualisiert um fast 15 %.

Nun haben die USA ihr Dreigespann J-J-J, und die Rückkehr von Mario Draghi auf einen wichtigen Führungsposten könnte für Europa das Super-Trio M-M-M (Macron-Merkel-Mario) bedeuten. Zwei Starbesetzungen für die Konjunkturerholung und die Anleger.

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