Umfrage von J.P. Morgan Asset Management: Inflation bedroht Ersparnisse
Aktuelle Befragung zeigt, dass die höheren Sparzinsen die Investmentkultur in Österreich nicht untergraben. Aber Unzufriedenheit, dass die Zinswende noch nicht in Sparprodukten angekommen ist
(21.08.) Angesichts des bisher schnellsten Zinserhöhungszyklus der EZB seit gut einem Jahr sollten die Einlagenzinsen für Sparer inzwischen wieder attraktiver sein. Doch scheinen die höheren Zinsen nicht überall anzukommen. Das mag einer der Gründe dafür sein, dass der Anteil der Österreicherinnen und Österreicher, die auf Sparbuch und Tages- oder Festgeld setzen, im Vergleich zum Vorjahr sogar etwas zurückgegangen ist. Der Besitz von Anleihen und festverzinslichen Wertpapieren stieg dagegen sogar leicht. Diese bemerkenswerte Entwicklung zeigt das „Finanzbarometer Österreich 2023“, eine repräsentative Befragung von 1.000 Frauen und Männern in Österreich durch J.P. Morgan Asset Management.
„Da während der Pandemie viele Österreicherinnen und Österreicher erste Gehversuche rund um das Thema ‚Investment‘ gewagt hatten, war es nach dem sowohl für Aktien als auch für Anleihen sehr turbulenten Jahr 2022 sehr spannend zu sehen, ob sich die Investmentkultur bereits gefestigt hat“, sagt Markus Sevcik, Senior Client Advisor bei J.P. Morgan Asset Management. „Sehr erfreulich ist, dass viele der neuen Investorinnen und Investoren das Thema scheinbar langfristig angehen und sich nicht durch Marktschwankungen entmutigen ließen“, so Sevcik. Zwar sei der Anteil derjenigen, die direkt in Aktien investieren, von 28 auf 22 Prozent zurückgegangen, wie der Vergleich mit den Ergebnissen des Finanzbarometers Österreich von 2022 zeigt. Allerdings ist der Anteil der befragten Österreicherinnen und Österreicher, die in Fonds und/oder ETFs investieren, nur um vier Prozentpunkte auf ebenfalls 22 Prozent gesunken. Damit liegen sie fast gleichauf mit Tages- oder Festgeldern, die von 30 auf 24 Prozent fielen.
„Überraschend ist vor allem, dass die Zinswende nach mehr als einem Jahrzehnt der Null- und Niedrigzinsen die Sparleidenschaft der traditionell sehr sparfreudigen Österreicherinnen und Österreicher nicht erneut befeuert hat“, betont Sevcik. So haben die Sparbücher sogar einen Prozentpunkt auf 63 Prozent abgegeben und Lebens-/Rentenversicherungen sanken um fünf Prozentpunkte auf 35 Prozent. Nichtsdestotrotz belegen diese Sparanlagen zusammen mit den Festgeldern weiterhin die ersten drei Plätze im Anlageranking, erst auf Rang 4 und 5 folgen Fonds/ETFs sowie Aktien. „Die Umfrage offenbart, dass die befragten Österreicherinnen und Österreicher beim Thema Geldanlage weiterhin zuerst auf Sicherheit setzen. Aber sie scheinen auch immer mehr zu verinnerlichen, dass Kapitalmarktinvestments als potenzieller Renditebringer unerlässlich sind – und das trotz der Achterbahnfahrt an den Aktien- und Anleihenmärkten in den letzten Jahren“, freut sich Sevcik.
Trotz Zinswende lässt die Zufriedenheit mit Sparanlagen auf sich warten
Die aktuelle Unzufriedenheit der Sparer mag daran liegen, dass die Zinserhöhungen noch nicht bei ihnen angekommen sind. Aber auch, dass die Zinsen die Inflation noch nicht ausgleichen können und somit die vermeintlich sichere Spareinlage mit einem realen Wertverlust einhergeht, trägt zur Unzufriedenheit bei. Im Vergleich zur Befragung des Vorjahres zeigt sich allerdings ein leichter Rückgang der Unzufriedenheit. Waren es 2022 mit 48 Prozent knapp die Hälfte der Sparerinnen und Sparer in Österreich, die „sehr unzufrieden“ oder „unzufrieden“ mit ihren Sparprodukten waren, ist dieser Anteil aktuell auf 54 Prozent angestiegen. Vor allem der Anteil der „etwas Unzufriedenen“ ist um 11 Punkte auf 30 Prozent angewachsen. Parallel ist der Anteil derjenigen, die „zufrieden“ mit ihren Sparerträgen sind, ebenfalls um vier Prozentpunkte auf 15 Prozent gefallen, während der Anteil der „sehr zufriedenen“ Sparer bei mageren 7 Prozent gleichblieb. „Dieses doch recht geringe Zufriedenheitsniveau wird durch aktuelle Zahlen der Österreichischen Nationalbank bestätigt, die eine Verhaltensänderung der privaten Haushalte beobachtet: Seit Jahren wurden erstmals wieder Bestände an Sichteinlagen abgebaut und stattdessen in höher verzinste Termingelder mit Laufzeit umgeschichtet“, erläutert Markus Sevcik.
Ebenfalls zeigen die Antworten auf die Frage, ob und wie die Zinserhöhungen das Spar- und Anlageverhalten beeinflusst haben, nur einen verhaltenen Sparenthusiasmus. Mit 33 Prozent setzt jetzt zwar ein Drittel der Befragten wieder stärker auf Sparbuch und Tagesgeld statt auf Kapitalmarktinvestments. Mit 27 Prozent will dagegen mehr als ein Viertel der Befragten in Österreich Sparanlagen weiterhin meiden, da die Zinsen nach wie vor die Inflation nicht ausgleichen, und sie von daher weiterhin lieber in Aktien bzw. Fonds und ETFs investieren. Und mit 26 Prozent fühlt sich mehr als ein Viertel dank breit gestreuter Investments gut aufgestellt und sieht keine Notwendigkeit, die Verteilung anzupassen. 9 Prozent gaben an, sogar wieder mehr in Anleihen sowie Fonds und ETFs zu investieren. „Dass ein Drittel der Österreicher anstatt am Kapitalmarkt zu investieren wieder eher verzinstes Tagesgeld und Spareinlagen berücksichtigen möchte, ist wenig verwunderlich angesichts der häufig anzutreffenden Präferenz für einfache, zinstragende Anlagen“, sagt Markus Sevcik. „Dass die Mehrheit der Befragten bei immer noch negativem Realzins aber weiterhin Spareinlagen meidet und lieber im Wertpapierbereich aktiv bleiben möchte, spricht dafür, dass sich die Erfahrungen der Österreicher am Kapitalmarkt während der Pandemie in einer gefestigteren Investmentkultur auszuzahlen scheinen“, betont Sevcik.
Inflation bremst Ersparnisse aus
Allerdings scheinen die während der Pandemie aufgebauten „Zusatzersparnisse“ aufgrund der anhaltenden Inflation inzwischen aufgebraucht zu sein. Zumindest legen dies die Antworten auf die Frage der Auswirkung der Inflation auf das Spar- und Anlageverhalten nahe. So gab mit 27 Prozent mehr als ein Viertel der Befragten in Österreich an, aufgrund der nach wie vor erhöhten Inflation und der damit verbundenen höheren Preise weniger zu sparen oder anzulegen. Mit 19 Prozent stellte rund ein Fünftel fest, dass wegen der höheren Kosten aktuell kein Geld übrigbleibt, um zu sparen. Und weitere 14 Prozent müssen sogar an ihre Ersparnisse gehen, um aktuell die Kosten decken zu können. Lediglich 13 Prozent können es sich leisten, mehr zu sparen oder anzulegen, um die hohe Inflation auszugleichen, und 26 Prozent legen gleichbleibend viel Geld an. Im letzten Jahr war dies mit 36 Prozent noch mehr als ein Drittel der befragten Österreicherinnen und Österreicher. „Die hohe Inflation seit rund eineinhalb Jahren geht an den Ersparnissen nicht spurlos vorbei. So ist es nachvollziehbar, dass Sparbeiträge aktuell reduziert werden müssen, um gestiegene Lebenshaltungskosten zu kompensieren. Allerdings bieten ja gerade die regelmäßigen Sparpläne für Fonds und ETFs die Chance, hohe Inflationsraten durch Rendite auszugleichen. Ein kompletter Verzicht auf renditeorientierte Investments verhindert zudem die Chance, von den weiterhin günstigeren Bewertungen in Anlageklassen wie Dividendenaktien zu profitieren“, erklärt Sevcik.
Grundsätzlich sieht mit 55 Prozent mehr als die Hälfte der Befragten in Österreich die Inflation als größte Gefahr für ihre Ersparnisse an. Die Folgen einer Rezession fürchtet mit 31 Prozent rund ein Drittel und die sonst so gefürchteten Marktschwankungen sind nur für 15 Prozent der Befragten ein Grund zur Sorge. „Es ist schön zu sehen, dass viele Österreicherinnen und Österreicher wichtige Grundprinzipien des Investierens inzwischen verinnerlicht zu haben scheinen“, sagt Sevcik.
So bewertet er die Ergebnisse des Finanzbarometers 2023 Österreich insgesamt positiv: „Trotz der Zinswende haben sich renditeorientierte Anlagen wie Aktien, Fonds und ETFs bei den Privatanlegerinnen und Privatanlegern in Österreich etabliert. Dem konnte auch das für fast alle Anlageklassen schwierige Jahr 2022 nur wenig Abbruch tun. So scheint das Wissen, dass auch in Zeiten wieder steigender Zinsen mit einem Sparbuch keine reale Rendite erzielt werden kann, inzwischen verankert zu sein“, so das Fazit von Sevcik. Interessant dürfte mit Blick auf die Zukunft sein, wie lange das Investment-Momentum bei Menschen in Österreich anhält – oder ob bei weiter steigenden Zinsen der Sicherheitsfokus wieder stärker wird.
Die hier zitierten Ergebnisse stammen aus dem Finanzbarometer Österreich 2023 von J.P. Morgan Asset Management, einer repräsentativen Online-Befragung über die Plattform von Attest. In der Zeit vom 28. Juni bis 3. Juli 2023 wurden 1.000 Frauen und Männer ab 20 Jahren in Österreich zu ihrem Spar- und Anlageverhalten befragt. Neben den Gründen und Wegen zu sparen und zu investieren, wurden die Auswirkungen von Inflation und Zinsumfeld untersucht, und das Thema Finanzbildung betrachtet. Nicht zuletzt standen die aktuellen Sorgen und das Risikoempfinden im Fokus. Vergleichswerte stammen vom Finanzbarometer 2022.