Wasserstoff: Potenzial und viele offene Fragen

Ein Marktkommentar der Experten des Steiermärkische Sparkasse Private Banking.

(11.08.) Im Rahmen der großen Veränderungen bei der Energieversorgung rückt zunehmend Wasserstoff in den Blickpunkt, auch als Investmentthema. Viele Energie- und Industrieunternehmen arbeiten mit Hochdruck daran, das enorme Potenzial dieses emissionsfreien Kraftstoffs als Alternative zu Erdgas, Öl und Kohle zu nutzen, schreiben die Experten des Steiermärkische Sparkasse Private Banking im jüngsten Marktkommentar.

Eine klimaneutrale Welt
Wasserstoff ist ein Energieträger, der bei der Verbrennung keine Treibhausgase freisetzt. Das einzige Abfallprodukt ist Wasserdampf. Daher gilt Wasserstoff als einer der vielversprechendsten alternativen Kraftstoffe und könnte dazu beitragen, die Schwerindustrie zu dekarbonisieren, Erdgas zu ersetzen und erneuerbare Energien zu speichern, was den Weg für eine klimaneutrale Welt ebnet.

Die Energiegewinnung aus Wasserstoff erfolgt durch verschiedene Verfahren. Wasserstoff-Brennstoffzellen werden bereits in verschiedenen Bereichen wie der Transportwirtschaft, stationärer Stromerzeugung und in tragbaren elektronischen Geräten eingesetzt. In einer Brennstoffzelle reagieren Wasserstoff und Sauerstoff in einem kontrollierten Prozess und es entsteht direkt elektrische Energie. Die Vorteile der Brennstoffzellentechnologie liegen in ihrer Effizienz und der Möglichkeit, sie als saubere und nachhaltige Energiequelle zu nutzen, wenn der Wasserstoff aus erneuerbaren Energiequellen wie Solarenergie oder Windkraft hergestellt wird (grüner Wasserstoff).

Herstellung noch (zu) teuer
Noch ist allerdings die Herstellung von Wasserstoff sehr kostspielig, insbesondere wenn diese tatsächlich klimaneutral sein soll. Die Kosten für „grünen“ Wasserstoff, der den Einsatz erneuerbaren Energiequellen erfordert, müssen weiter gesenkt werden, um seine breite Nutzung als Energieträger wirtschaftlich rentabel zu machen. Kommerziell tragfähig wird Wasserstoff erst dann werden, wenn es der Branche gelingt, zu skalieren und die Kosten zu senken, um mit fossilen Brennstoffen und anderen neuen Technologien wettbewerbsfähig zu werden. Förderprogramme, Subventionen und politische Anreize könnten die Einführung und Nutzung von Wasserstoff beschleunigen. Die Förderung der Wasserstofftechnologie sollte aber nicht auf Kosten anderer etablierter und effizienter erneuerbarer Energiequellen wie Solar- und Windenergie gehen. Stattdessen sollten Wasserstoff und erneuerbare Energien als komplementäre Lösungen betrachtet werden, um den Energiebedarf nachhaltig zu decken.

Wie wird Wasserstoff gewonnen?
Wasserstoff kann auf mehrere Arten erzeugt werden. Obwohl das Gas farblos ist, wird es – je nach seiner Herstellung – nach Farben klassifiziert.

Grüner Wasserstoff wird aus der Elektrolyse von Wasser mit dem Beiprodukt Sauerstoff unter Verwendung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen und ist komplett klimaneutral. Nicht zu 100% frei von schädlichen Emissionen sind hingegen türkiser und blauer Wasserstoff, die aus Erdgas durch die Spaltung von Methan gewonnen werden. Das als Beiprodukt entstandene Kohlenstoffdioxid muss unterirdisch gelagert werden und kann durch Leckagen zu Umweltschäden führen. Zudem sind die Langzeiteffekte der Lagerung noch ungewiss. Grauer Wasserstoff wird durch die Spaltung fossiler Brennstoffe und Strom aus fossilen Energien gewonnen und ist daher nicht klimafreundlich.

Offene Fragen und Risiken
Neben den Fragen der CO2-Lagerung und der Erzeugungskosten ist die Speicherung von Wasserstoff mit seiner geringen Energiedichte im Vergleich zu fossilen Brennstoffen wie Erdöl und Erdgas eine technische Herausforderung. Man braucht riesige Tanks und es müssen effiziente Lösungen für den Transport gefunden werden. Außerdem ist Wasserstoff ein hochentzündliches Gas und erfordert daher besondere Sicherheitsvorkehrungen bei der Handhabung, dem Transport und der Lagerung. Die Einführung von Wasserstoff als Energiequelle erfordert auch eine erhebliche Anpassung der bestehenden Infrastruktur, einschließlich Tankstellen, Pipelines und Brennstoffzellen-Technologien. Die Umstellung wird voraussichtlich recht langsam und kostspielig sein.

Chancen und Risiken
Die Wasserstofftechnologie hat das Potenzial, in verschiedenen Sektoren wie Transport, Industrie und Energie eine wichtige Rolle zu spielen, insbesondere wenn erneuerbare Quellen die Grundlage bieten. Investoren sollten den Sektor eine Weile beobachten, um abzuschätzen, welche Unternehmen gute Chancen haben, mit neuen Technologien zu reüssieren. Wasserstoff als Investition kann Chancen bieten, birgt jedoch auch Risiken, die sorgfältig abgewogen werden sollten.