EY-Analyse Automotive Bilanzen 2024
Gewinn schrumpft bei allen Herstellern zusammen um 20 Prozent.
(22.04.) Der Umsatz der 16 weltweit führenden Autokonzerne legte im vergangenen Jahr um 1,6 Prozent zu. Vor allem die japanischen Hersteller Suzuki und Honda konnten sich über ein zweistelliges Wachstum freuen. Hingegen verzeichneten die deutschen Autobauer zusammen ein Umsatzminus von 2,8 Prozent. Nur der französisch-amerikanische Autokonzern Stellantis erzielte mit minus 17 Prozent eine noch deutlich schwächere Umsatzentwicklung als die drei deutschen Autokonzerne.
Insgesamt schrumpften die Gewinne über alle Konzerne hinweg um 20 Prozent. „Gerade die für österreichische Zulieferer sehr wichtige deutsche Autoindustrie verzeichnete ein sattes Minus“, sagt Axel Preiss, Leiter Advanced Manufacturing & Mobility bei EY. Insgesamt lag der Gewinnrückgang von Volkswagen, Mercedes-Benz und BMW bei 27 Prozent. Schlechter als Mercedes-Benz und BMW entwickelten sich nur Nissan (minus 73 %) und Stellantis (minus 84 %).
Das sind Ergebnisse einer Analyse der Finanzkennzahlen der 16 größten Autokonzerne der Welt, die die Beratungs- und Prüfungsorganisation EY quartalsweise erstellt.
Auch bei der Profitabilität gab es starke Einbußen. Im Vorjahr waren noch Mercedes-Benz, Stellantis und BMW die margenstärksten Autokonzerne der Welt gewesen. Im Jahr 2024 wurde das Margenranking hingegen angeführt von Kia, Suzuki und Toyota. Mercedes-Benz rutscht vom ersten auf den vierten Platz, BMW vom dritten auf den sechsten, und Stellantis sogar von Platz zwei auf Platz 15. Der Volkswagen-Konzern belegte 2024 wie im Vorjahr den zehnten Platz.
Vor allem die japanischen Hersteller entwickelten sich im internationalen Vergleich besser. Deren Gesamtumsatz legte um acht Prozent zu, während der Gewinn nur um ein Prozent schrumpfte. Die US-Autobauer legten zusammen sowohl beim Umsatz – um sechs Prozent –, als auch beim Gewinn – um fünf Prozent – zu.
Preiss sieht die Gründe für die Entwicklungen am deutschen Markt in folgenden Punkten: „Schwacher Absatz, hohe Investitionen in die Elektromobilität, die sich aufgrund der schwächeren Nachfrage nicht rechnen. Hinzu kommen Probleme wie teure Software-Fehlschläge, Restrukturierungskosten und Rückrufe. Außerdem noch hohe Investitionskosten in Forschung und Entwicklung, die die Marge belasten.“ Im vergangenen Jahr stiegen die Aufwendungen der drei deutschen Autokonzerne für Forschung und Entwicklung um fünf Prozent auf den Rekordwert von 31,2 Milliarden Euro. Die hohen Forschungsausgaben seien allerdings auch auf veraltete und ineffiziente Prozesse in diesem Bereich zurückzuführen, so Preiss – insbesondere im Vergleich zu den asiatischen Wettbewerbern. Zudem gebe es keine klare Fokussierung in Bezug auf die zu adressierenden Kundensegmente und bei der Modellpalette.
Noch im Jahr zuvor war es gerade den Premiumherstellern gelungen, hohe Preise durchzusetzen und hervorragende Margen einzufahren – dank den Nachwirkungen einer künstlichen Verknappung und einer hohen Nachfrage nach Premiumfahrzeugen in wirtschaftlich aufstrebenden Wirtschaftsregionen. „Das hat sich geändert“, sagt Preiss. „Geopolitische Spannungen und eine schwache Wirtschaft wirken sich negativ auf die Nachfrage aus. Das trifft besonders das Premiumsegment, da dieses am stärksten von potenziellen Verschiebungen in der Kaufentscheidung als auch einem möglich Down- oder Up-Grade bei der Entscheidung für ein Alternativfahrzeug betroffen ist. Der bestimmende Wettbewerbsfaktor ist daher im Moment der Preis.“
Weltweiter Absatz rückläufig
Die meisten großen Konzerne verkauften im vergangenen Jahr weniger Neuwagen als im Jahr zuvor: Insgesamt schrumpfte der Pkw-Absatz der 16 größten Autokonzerne um drei Prozent. Die stärksten Einbußen vermeldeten Stellantis (minus 12 %), und Honda (minus 6 %). Fünf Unternehmen konnten mehr Pkw verkaufen als im Vorjahr: Ford und Renault steigerten ihren Absatz jeweils um ein Prozent, Mazda um drei Prozent, Suzuki um sechs Prozent und Mitsubishi sogar um acht Prozent. Die deutschen Konzerne verzeichneten zusammen ein Absatzminus von vier Prozent.
Ausblick: Keine kurzfristige Besserung der Lage – Sparen ist das Gebot der Stunde
Preiss geht im laufenden Jahr von keiner Trendwende aus – weder beim Absatz noch bei Umsatz und Gewinn: „Europa steckt mitten in der Konjunkturkrise, die neuen Zölle dürften in den USA in erheblichen Absatzeinbußen resultieren und in China herrscht ein erbitterter Verdrängungswettbewerb.“
Umso wichtiger sei es daher, dass die Konzerne jetzt ihre Hausaufgaben machen, so Preiss: „Eine deutliche strategische Neuausrichtung und Konzentration auf den Markenkern, das eigene Leistungsversprechen sowie ein passendes Fahrzeugportfolio sind unerlässlich. Allerdings: Sparmaßnahmen können lediglich als Mittel zur Transformation dienen, indem notwendige finanzielle Mittel ‘freigemacht’ werden, um eine grundlegende Neuausrichtung aller wichtigen Unternehmensbereiche zu ermöglichen. Dazu zählt unter anderem die umfassende Digitalisierung der Unternehmensprozesse und die Harmonisierung der Datenstrukturen, die als Grundlage für den breiten Einsatz von AgenticAI in den indirekten Funktionen sowie besonders im Forschungsbereich dient. Darüber hinaus sind umfassende Partnerschaften in den Bereichen Software, Elektromobilitäts-Ökosystem sowie Batterien und Halbleiter erforderlich. Die Zeit drängt.“