Huber Automotive AG Anleihe 2019/2024

Mehr Liquidität durch Prolongation?

Tibor Pásztory. Der Automobilzulieferer Huber Automotive AG schlägt eine Prolongation samt Zinsanpassung der am 16. April fälligen Anleihe 2019/2024 vor. Was steckt dahinter? Der Börsen-Kurier befragte dazu Martin Huber, CEO des Unternehmens.

Börsen-Kurier: am 16. April wird eine 6 %-Anleihe (ISIN: DE000A2TR430), ausstehend in Höhe von 20,460.000 EUR, zur Rückzahlung fällig. Nun arbeiten Sie auf eine Verlängerung der Laufzeit hin und sind auch bereit, Anpassungen am Zinscoupon vorzunehmen. Salopp gefragt, geht Ihnen das Geld aus?

Martin Huber: Sie müssen sich die Bedingungen der Branche ansehen, in der wir uns bewegen. Da sind CAGR (Compound Annual Growth Rates) von mehr als 20 % per anno üblich und jede Aktivität in diesem Markt ist eine Investition in die Zukunft. Huber Automotive kann hier über einen größeren Zeitraum jährliche Werte von mehr als 30 % vorweisen. Das kostet viel Geld, ist aber unerlässlich, um die Marktposition des Unternehmens in einem begehrten Markt weiter auszubauen. Wir wollen ja nicht in einem Umsatzbereich von 50-100 Mio EUR p.a. stehen bleiben.

Börsen-Kurier: Das sind Werte, die erinnern eher an die Start-up-Welt…

Martin Huber: Das ist tatsächlich so, auch weil unser Tätigkeitsbereich – im weitesten Sinne, die Elektrifizierung der Fahrzeuge – von vielen Außenstehenden immer noch stark als Start-up-Szene wahrgenommen wird. Dabei besteht unser Unternehmen schon seit fast einem Vierteljahrhundert und wir betätigen uns seit 2010 in dem Thema Elektromobilität.

Börsen-Kurier: Können Sie unseren Lesern Ihr Geschäftsmodell näher skizzieren?

Martin Huber: Das Unternehmen mit rund 260 Mitarbeitern hat drei wesentliche Geschäftsbereiche: Die allgemeine Automotive Electronics, den Bereich Batteriemanagement-Komponenten und E-Drive/Hybrid-Systeme. In allen Bereichen bieten wir nicht nur die Produktion an, sondern auch die Hard- und Software Entwicklung. Wir beliefern sowohl OEMs (Fahrzeughersteller; Anm.) als auch Tier 1-Zulieferer. Wir beliefern auch einen der weltweit größten Fahrzeughersteller. Wir bedienen andererseits auch Spezialmärkte und bauen Prototypen und Kleinserien. Als Referenzprojekt dient hier etwa der von uns elektrifizierte Toyota Land Cruiser J7, welcher im Untertagebau eingesetzt wird.

Börsen-Kurier: Muss die Entwicklung Ihrer Produkte durch Sie vorfinanziert werden?

Martin Huber: Ja, das ist die Regel. Es gilt daher die Kunst des Spagats zu beherrschen und die Balance zwischen einem ständig bezuschussungsbedürftigem Start-up Wachstum und dem Bedürfnis Ertrag zu generieren, wie das im klassisch finanzierten Industriebetrieb mit moderatem Wachstum von 5-10% der Fall ist. Aber nur mit einem überproportionalen Wachstum kann in einem stark wachsenden Markt die eigene Position weiter ausgebaut werden. In diesem Zusammenhang muss man sich auch intensiv mit dem wachsenden Bedarf an Elektronik bei chinesischen Batterieherstellern auseinandersetzen, die in zunehmendem Maße Batteriewerke in Europa planen und errichten.

Börsen-Kurier: Ihr Argument lautet also: Um diese erforderlichen Investitionen besser bewerkstelligen zu können, hilft Ihnen eine durch Prolongation der Fälligkeit Ihrer Anleihe entstandene höhere Liquidität?

Martin Huber: Ein weiterer Wachstumskurs über dem marktüblichen wird eine Stärkung des Eigenkapitals erforderlich machen. Um die Anleger für eine Prolongation um drei Jahre zu gewinnen, bieten wir einen marktkonformen Coupon und haben den Zins von 6 % auf 7,5 % per anno angepasst.

Börsen-Kurier: Auffällig und ungewöhnlich ist, dass es seit 2018/19 keine testierten Jahresabschlüsse gibt. Gibt es dazu eine Erklärung?

Martin Huber: In den Wirtschaftsjahren 2019/2020 und 2020/2021 gab es diverse Bewertungsthemen, bei denen wir mit den für diese Jahre zuständigen Wirtschaftsprüfern keinen Konsens finden konnten. Im Dezember 2022 erklärte man uns, dass man für eine going concern-Betrachtung zum Testatstag eine 18-monatige Betrachtung machen muss und ein Testat nur erteilt werden kann, wenn wir die Refinanzierung der Anleihe nachweisen. Es wurde deshalb beschlossen, die Wirtschaftsjahre 2021/2022 sowie 2022/2023 von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Grant Thornton prüfen zu lassen, um die zeitnahe Fertigstellung aller Jahresabschlüsse zu forcieren. Aber auch hier gilt, die Refinanzierung bzw. die Prolongation der Anleihe stellt eine Grundvoraussetzung für das Testat dar.

Börsen-Kurier: Wie sieht das geplante Procedere nun aus?

Martin Huber: Bei der Anleiheemission 2019 handelte es sich um ein Private Placement mit qualifizierten Investoren und einer Mindestzeichnungssumme von 100.000 EUR. Durch Sekundärverkäufe an der Börse gibt es aber inzwischen auch Anleihegläubiger, die mit kleineren Beträgen investiert sind. Nachdem nun im Bundesanzeiger sowie auf unserer Website eine Aufforderung zur Stimmabgabe veröffentlicht worden ist, erhalten alle in die Anleihe Investierten von 2. bis 4. April die Möglichkeit per Post, Fax oder E-Mail ihr Stimmrecht zu nutzen. Es ist eine Abstimmung ohne Versammlung. Wird unser Vorschlag wirksam angenommen, kommt es nicht nur zu einer Prolongation um drei Jahre, sondern auch zur Erhöhung des Coupons auf 7,5 % in ebendiesem Zeitraum. Darüber hinaus wird damit einem Kündigungsverzicht seitens der Anleger zugestimmt, wenn und soweit bestimmte zur Kündigung berechtigende Umstände vorliegen, die bis einschließlich zum 15. Mai 2024 eingetreten sind.

Börsen-Kurier: Das Abstimmverhalten wird wohl auch vom Ausblick Ihres Unternehmens abhängen…

Martin Huber: Die Regularien im Kapitalmarkt sind streng, und wir können aus Haftungsgründen keine Wachstumsprognosen abgeben. Potenzielle Kunden können wir namentlich sowieso nicht benennen. Zählt man aber das Gesamtvolumen aller Ausschreibungen zusammen, an denen wir aktuell teilnehmen, so ist das tief im 3-stelligen Mio. Euro-Bereich. Wobei ich klarstellen möchte, dass abgegebene Angebote nichts darüber aussagen, welche Chancen man letztendlich hat als Lieferant final nominiert zu werden. Marktpotenzial für weiteres überproportionales Wachstum gibt es jedenfalls genug.

Börsen-Kurier: Wir danken für das Gespräch.