Zertifikate: ideal für den Einstieg in den Kapitalmarkt
Im Gespräch mit den beiden ZFA-Vorständen Philipp Arnold und Uwe Kolar.
Marius Perger. Unbeeindruckt von der Corona-Pandemie ist das Handelsvolumen von Zertifikaten in Österreich im vergangenen Jahr weiter gestiegen. Es ließen sich dabei aber durchaus Trends feststellen, sagt Philipp Arnold, Vorstandsmitglied des Zertifikate Forum Austria (ZFA), im Gespräch mit dem Börsen-Kurier. Die Zahl der Selbstentscheider, die online handeln, habe zugenommen, und gefragt seien einfache, standardisierte Produkte.
Zertifikate seien aber nicht nur für Selbstentscheider geeignet, so Arnold. Berater hätten damit die Chance, ihren Kunden etwas Spezielles zu zeigen. Besonders interessant für Berater seien Produkte mit Kapitalgarantie wie beispielsweise Teilschutzzertifikate, ergänzt Vorstandskollege Uwe Kolar, weil sie für den Kunden transparent und leicht verständlich sind und es keine versteckten Kosten gibt. Vor allem aber würden Zertifikate den laufenden Kontakt zum Kunden erleichtern: „Die Chance, immer wieder etwas im Portfolio zu drehen, bietet Anknüpfungspunkte beim Kunden“, betont Arnold.
Denn die Emission von Zertifikaten ist extrem schnell möglich: Damit könne „blitzschnell“ auf aktuelle Trends reagiert werden, während es bei anderen Produkten Bewilligungspflichten gibt. Zertifikate können so die „großen Themen“ abdecken, so Kolar. Dazu kommt, dass das Auszahlungsprofil von Zertifikaten den Markt nicht 1:1 abbildet: Möglich seien beispielsweise Renditen durch Fixkupons, Bonuszahlungen auch bei Seitwärtsbewegungen oder eben Kapitalschutz, erläutert Arnold.
Zertifikate decken Megatrends ab
ESG, also Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung (englisch: Environment – Social – Governance) sei auch bei Zertifikaten eines der wichtigsten Themen geworden. Es sei ein „extremer Schwung dahinter“, sagt Arnold, der auch die nächsten Jahre „gigantisch“ bleiben werde. Auch für Selbstentscheider würden ESG-Kriterien immer wichtiger, auch wenn die Rendite entscheidend bleibe – es werde aber immer klarer, dass es durch ESG keinen Renditenachteil gebe.
Für die meisten Anleger mache dabei der „Best-in-Class-Ansatz“ (aus dem Anlageuniversum werden diejenigen Unternehmen ausgewählt, die in ihrer Branche die Nachhaltigkeitskriterien am besten erfüllen) Sinn, weil sie breit investiert sein wollen und so ein „marktähnliches“ Investment möglich werde. Neben Nachhaltigkeit gehörten aber auch Themen in Richtung Technologie – Stichworte Künstliche Intelligenz oder Robotik – zu den Megatrends.
Auch Österreicher entdecken den Kapitalmarkt
In Österreich seien die Kunden in den letzten Jahren risikobereiter geworden, das tiefe Zinsniveau habe bei Zertifikaten einen Trend in Richtung Teilschutz bewirkt, so Arnold. Und gerade in den letzten Monaten sei Rendite mehr in den Vordergrund gerückt als reine Sicherheit; dies könne sich aber schnell wieder ändern, wenn es zu ersten Rückschlägen kommt: „Der Sicherheitsgedanke wird wieder eine größere Rolle spielen“. Fazit: Kapitalschutz bleibt wichtig, aber Teilschutz nimmt zu.
Es sickere langsam durch, dass man mit dem Sparbuch nichts verdient, meint Kolar. Mit Produkten, die Sicherheit bieten, habe der Anleger einen Fuß in der Tür zum Kapitalmarkt, nach zwei bis drei Jahren Erfahrung wage er dann oft den nächsten Schritt und gehe mehr ins Risiko, wofür sich dann beispielsweise Bonuszertifikate und Fixkuponvarianten anbieten.
Wichtig sei es, Einsteigern klarzumachen, dass es neben Aktien auch Zertifikate auf Aktien gebe, betont Arnold. Gerade in der Kommunikation mit jungen Menschen gebe es aber Herausforderungen. Junge wollen für ihre Bedürfnisse Lösungen haben, verlangen klare Botschaften und bevorzugen eine einfache, schnelle und bequeme digitale Kommunikation. Zertifikate seien hier im Vorteil, weil sie kostengünstig und einfach seien und kein großes Portfolio nötig ist. Und außerdem würden auch junge Leute „checken“, dass sie sich langfristig um ihre Geldanlage kümmern müssen.
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